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Der Verwalter eines Landguts ( villa rustica) hieß bei den Römern der Villicus. Er war selbst ein leibeigner Knecht ( mancipium), sollte aber, von Rechtswegen, bei den Feldarbeiten aufgewachsen sein, und von der ganzen Landwirtschaft eine vollständige praktische Erfahrenheit haben. Sein Amt war, das Gut auf alle mögliche Weise geltend zu machen, zu erhalten, und zu verbessern. Alle übrige Knechte und Taglöhner, und alle Teile der Wirtschaft standen unter ihm; er hatte alle Einnahmen und Ausgaben zu besorgen, legte dem Herrn des Gutes die Rechnung ab, und regierte, mit einem Wort, unter den Befehlen desselben, die ganze villam rusticam.
Horaz scheint mit dem seinigen nicht zum besten versehen gewesen zu sein. Der Mensch hatte eine Zeitlang in Rom gedient; es wollte ihm daher, da er aufs Land versetzt wurde, nicht recht dort gefallen; er sehnte sich immer wieder nach der Stadt, und es lag nicht an ihm, wenn sein Herr dem Landleben nicht völlig entsagte. Er konnte gar nicht begreifen, was ein Mann, der es doch in der Hauptstadt so gut haben, alle Tage mit großen Herren schmausen könne u. s. w., an dem Aufenthalt in einem so abgelegnen, einsamen, leidigen Bauergute für Vergnügen finde. Horaz nimmt hievon Gelegenheit, ihm mit seiner gewöhnlichen Jovialität den Text zu lesen: indessen scheint er doch diesen Brief weniger für seinen Villicus, als zu seinem eignen Zeitvertreib, während eines wider seine Neigung verlängerten Aufenthalts in der Stadt, vielleicht auch nicht ohne Rücksicht auf das Publikum, geschrieben zu haben; dem er, bei jedem guten Anlaß, seine Art über die Angelegenheiten des Lebens zu denken, und den eigentlichen Grund seiner Liebe zum einsamen Landleben – die vielleicht dem größten Teil seiner Stadtfreunde eben so wenig als seinem Villicus einleuchten wollte – gern begreiflich gemacht hätte.