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Als Karl Maria beim Nachhausekommen in die Tasche griff, fand er darin eine gelbe Seidenschleife, die die wilde Trix einfach von ihrem schönen Bindehut gerissen haben mußte. Er schlang das gelbe Band um die Saiten seiner alten Kindergeige, die nun in einer braunen, mit rosenrotem Seidenpapier austapezierten Schachtel ruhte. Die ganze Nacht aber träumte er von seinem ersten öffentlichen Geigenspiel und von der schlanken, dunkelhaarigen Trix. Am Morgen lief er früher als sonst vom Hause und schnurstracks nach dem alten Platz Am Wasserturm.

Altersgraue Paläste standen dort und kleine niedere Häuschen mit Hahnenbalken. Die Paläste trotzig und düster wie kleine Burgen, durch noch deutlich erkennbare Gräben, aus denen Efeu die grauen Mauern hinanwucherte, von der Straße geschieden oder in kleinen Parks halb versteckt. Alles schien noch zu schlafen, kein Fenster war geöffnet, auf den weißen Läden spielte die Morgensonne. In einem Baum sang noch ein verspäteter Vogel, irgendein kecker Fink, der diesen warmen September für einen zweiten Frühling hielt. Karl Maria spazierte voll bedächtiger Wichtigkeit hin und her und dachte, jetzt müßte ein Fensterladen aufstiegen und der schwarze Trotzkopf der Trix heraus gucken.

Und richtig klappte ein Haustor auf, und herausmarschierte ein gelbhäutiger, dürrer Mensch, schier anzusehen wie der Rat Krespel. Ein langer schwarzer Schnurrbart hing traurig links und rechts vom Munde und wehte gar zierlich hinterdrein, als die Vogelscheuche lautlos und gemessen die Straße hinabschritt.

Karl Maria faßte sich ein Herz, rannte ihm nach und fragte atemlos: »Bitte, wo wohnt hier die Trix?«

Tadelnd schüttelte sich der gewaltige Schnauzbart: » Che Premura! Der Herr Graf Rothenwolff, Exzellenza, wohnen dort auf Nr. 3, und Donna Beatrice schlafen noch.«

»Danke,« stammelte Karl Maria und starrte andächtig nach dem alten grauen Haus. Dann aber packte ihn die Scheu, weil Trix ihm ja gar nicht erlaubt hatte herzukommen, und er lief nach dem Gymnasium, wo er wegen völliger Unaufmerksamkeit eine schlechte Note in Latein bekam.

Seine Morgenbesuche am Wasserturm aber gab er nicht auf. Zwei- oder dreimal in der Woche lief er hin und beguckte das schlafende Haus. Seine Schwester befragte er niemals nach der Trix und ihren Tanten. Sie würde ihn nur auslachen und einen dummen Jungen nennen. So lebte er allein in seinem Geheimnis.

 


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