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Abbildung deß Zauberers.
MJtten in diesem meinem Jammer und elenden Zustand spatzirte ich vor Unmuth / und in der allerhöchsten Traurigkeit / als die Zeit eben gegen dem Ende deß Augusti zulieff / in meinen grossen Garten / den ich zu nächst vorm Thor an der Statt ligen hatte; und wann einer / der mich also hinwandern sehen / auch damahls meine grosse Hertzens-Betrübnus so wol schauen und betrachten können / als die äusserliche Gestalt / die mit der innerlichen Beschaffenheit gemeiniglich überein zu stimmen pflegt / so hätte er ohne Zweiffel geschlossen / ich wäre auff dem Weg begriffen gewesen / auff Chinesische Gattung mich irgends an einen Baum zu knüpffen: aber es gieng GOtt Lob viel besser ab; dann diß war derselbige Ort / da ich meinen ersten Trost empfieng / den ich auß meiner eygenen Vernunfft / vermittelst Göttlicher Gnaden schöpffte / als ich nemlich betrachtet / was massen die Königs-Cronen / Tulipanen / Narcissen / Hyacinten / und andere Blumen-Zwiblen ihrer schönen Zierde gäntzlich beraubt waren / die deßwegen aber drumb nicht gar verdorben / sondern in versicherter Hoffnung gantz frisch im Erdreich lagen / auff den künfftigen Frühling mit ihrer gewöhnlichen Tracht wiederumb auff das neue prächtig zu prangen: du Narr / sagte ich damahls zu mir selbst / wann du keine Vernunfft hast / wie ein verständiger Mensch haben soll / und wann dirs an Weisheit und Wissenschafft mangelt / so lerne doch hier an diesen stummen Gewächsen / wer weiß / wie dich Gott wiederumb zu segnen beschlossen? als der dir noch kein Glück versagt hat / hastu doch noch den Samen / das ist / die Mittel und Gelegenheit / gleich wie diese Blumen-Zwiebeln die Art ihres Wachsthumbs in Händen / grössere Reichthumb und Schätze zu pflantzen und einzuerndten / als du verloren: kurtz gesagt / mein Trost / Hoffnung und guter Vorsatz wurde gehling so mächtig / gewaltig und groß / daß ich mir einbildete / ich wäre jetzt erst auß einem Blinden zu einem Gesehenden / auß einem Cyclops zu einem Argo worden / derowegen schalte ich mich selbst / umb daß ich wegen meines Verlusts so närrisch gethan / mir selbst das Leben bey nahe mehr als halber abgefrettet / und was das aller-abscheulichste ist / wider das außtrückliche Gebot Gottes / und frommer Christen Gebühr / mich bey den Siebträhern / Schatzgräbern und Teuffelsbannern umb Hülff und Rath beworben hätte; Ja / ich setzte mir schon vor / wie ich solch Ubersehen büssen / und wann ich einmal wieder reich würde / mich bessern wolte: Jn Summa Summarum / ich geriethe plötzlich in einen solchen vermögten Stand / als ich in einem halben Jahr nicht gewesen / und in einen solchen die Tag meines Lebens wieder einsmals zu kommen / mir vor ein paar Stunden nicht einbilden dörffen: und damahl prießte ich die Zeit glückselig / in deren ich etwan vor ein einzige Blumen-Zwiebel ein dutzet Thaler verspendirt / als welche mich jetzunder in meiner höchsten Trübsal auff einen Weg zu tretten veranlaßt / auff welchen mich weder der Geist / noch Weltlichen Freunde Zusprechen nicht bringen mögen.
Nach diesem bedachte ich was ich thun: und wie ich meine Händel anstellen wolte / damit ich wieder recht grün würde / und in solchen Gedancken wurde ich gewahr / wie untüchtig mein bißhero gehabtes Anligen mich zu allen Geschäfften / so die prosperität erfordert / gemacht / und was ich seyter demselben verabsaumt hatte / derohalben setzt ich mir vor / hinfürder anders zu hausen / und alles wieder doppelt einzubringen / was ich bißher verliederlicht / gieng auch in solchen Gedancken eben so frölich wieder auß dem Garten / als bekümmert und zerschlagen ich zuvor hinein gangen war / umb so balden nach Hauß zu gehen / zu dem Meinigen zu sehen / und an dem / was ich mir vorgesetzt / einen guten Anfang zu machen.
Aber! aber! wie eytel und nichtig / wie lär / mangelhafftig und hinflüchtig macht unsere Unbeständigkeit die einmal richtig verabfaßte Concepta und Anschläg / sie ists / die gemeiniglich verursacht / daß wir die in unserm gantzen Leben verlangte Güter / nach denen wir in allem unsern Handel und Wandel gestrebet / nicht allein hie zeitlich vielmals nicht erlangen / sondern auch das Ewige / ob wir gleich zum öfftern in die Händ gespyen / und die Axt dapffer angesetzt / den Sündenbaum in uns außzureuten / ach! das Ewige verlieren.
Lieber / was wolte aber mein Vorsatz vor einen Bestand gehabt haben / und mir vor gute Früchten zubringen können? der nie auff Widergewinnung Gelts und Guts / mit nichten aber auß Liebe zu Gott auff Besserung meines Lebens gegründet war? Doch kan ich eines theils der Unbeständigkeit Lob auch nicht verhalten / als welche offt auß betrübten fröliche Leut macht / welches ich damahl an mir selbst erfahren / als ich gleichsam wie verzweifelt in den Garten gieng / hingegen aber / vermittelst ihrer gegenwärtigen würckung wieder wolgemuth herauß kam / geschweige / daß sie gleichsam als eine Göttliche Krafft und Tugend offtmals auch auß armen Verachten: Reiche und ansehenliche Leut macht / die Niderige erhöhet / und die Hoffärtige stürtzet.
Jch kan aber nicht eygentlich sagen / ob sie mir vor dißmal mit ihrer Veränderung schädlich oder nutzlich gewesen / dann siehe / so bald ich zu der Garten-Thür herauß getretten / fande ich einen Stein deß Anstosses: dann mir / weiß nicht was vor ein Geist in Weg gesetzt / daran sich mein damahliger obenerzehlter Vorsatz wieder zertrümmerte / nemlich ein altes / magers / buckelts Männel / mit kleinen Augen / einem kleinen spitzigen eingebogenen Näßlein / grossen schwartzgrauen Bart / bleich von Farb / und zimlich abgeschaben bekleidet / das sahe mich so trauff / barmhertzig und mitleidenlich an / daß ich ihm ohnschwer in seinem Angesicht ablesen konte / daß seine Person etwas besonders / und noch darzu deß Willens seyn müste / mit mir auch von etwas importirlichem zu reden / derohalben konte ich nicht vorbey gehen / ohne ihm mit einem freundlichen Gruß zuzusprechen.
Was ich mir eingebildet / das wars auch / und zwar noch wol ein mehrers / als ich von ihm gedencken mögen; dann nach gar weniger Wortwexlung (wie dann bald ein Wort das ander gibt) sagte er mir nicht allein den Verlust den ich erlitten / sondern er wuste auch / wie viel die Leyrerin darvon verworffen / und dem Beckenknecht spendirt hatte: und das specificirte er so nett / als wann er mich selbst bestolen / und so wol die verlorne Müntzsorten / als auch meine deßwegen in die Lufft geschickte Seufftzen gezehlt hätte.
Diß! diß gedachte ich / ist ein Mann vor dich: als ich vor Verwunderung über seiner Erzehlung gleichsam erstaunete! Jch gedachte / weistu diß? so weistu mehr: fragte ihn derowegen / obs nicht müglich wäre / daß ich wiederumb zu dem meinigen gelangen könte? Freylich / antwortet er / kans wol seyn / so fern mir der Herr anders vertrauen und folgen will / doch mit dieser Bescheidenheit / wann seyther die Diebin ihne bestohlen / noch kein Mensch den noch vorhandenen Rest deß verlornen Gelts gesehen / welches auff anderthalbe Stund Spanier-Wegs weit von hinnen im Wald verborgen lege / und wann ich wolte / sey er bereit mit mir dorthin zu gehen / umb denselben einzuholen / weilen ohne das anjetzo die bestimbte Zeit vorhanden wäre / desselben habhafft zu werden / welche in bälde verstreichen / und künfftig nimmermehr so bequem fallen würde / daß man auch nur den geringsten Heller darvon erheben könte.
Wer war fröher als ich? dann weil mir diß Männlein / ehe ich ihn umb etwas gefragt / die pure Warheit gesagt / hielte ich darvor / daß er mir auch jetzt nicht lügen würde: Jch war in meinem Sinn bereits wiederumb eben so reich / als ich zuvor gewesen / und wuste vor Freuden nicht / ob ich auff dem Kopff / oder auff den Füssen stünde / welches mich viel fertiger machte mit ihm gegen den Wald zu gehen / als eine geile Dirn zum tantzen seyn mag / doch erbate ich ihn zuvor / daß er mich ein wenig in die Statt nach Hauß gehen liesse / meinem lieben Weib meine Abwesenheit zu verkündigen / damit sie sich meinetwegen nicht bekümmern solte; dann weil ihr mein unerträglicher Kummer bekand war / besorgte ich / wann sie mich manglete / würde sie schliessen / ich hätte mir selbst Leyds angethan / und sie würde derohalben auch in einen Brunnen springen: welchen Hingang er mir anfänglich gar nicht erlauben wolte / endlich aber mit dieser außtrücklichen protestation ungern gönnete / daß er kein Schuld daran haben wolte / wann ich die beste Zeit / darinn mein Schatz wieder zu bekommen wäre / verstreichen lassen würde / mit Versicherung / je länger ich verzögerte / je weniger würde mir darvon wiederumb zu theil werden; Also gieng ich hin / beschirmte mein Weib / und vertröstete sie meiner balden Widerkunfft / ohne daß ich ihr in der Eyl gesagt / wohin / oder was ich verrichten / oder wie bald ich wieder kommen wolte: hernach kehrte ich wieder zu gedachtem Männel / der indessen bey meinem Garten auff mich gewartet.