August Neidhardt von Gneisenau
1813 - Briefe
August Neidhardt von Gneisenau

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25. An Hardenberg

Hennersdorf, den 23. Mai 1813.

Gestern sind wir hier angelangt, um eine Stellung hier zu nehmen und den Truppen einige Ruhe zu geben, deren sie so sehr bedurften. Jetzt in diesem Augenblick erhalten wir von dem Grafen Wittgenstein den Befehl, bis hinter den Queis bei Naumburg zu gehen. Dieser abermalige Rückmarsch wird die gestern noch geschlossen gehenden Truppen, die so sehr ermüdet sind und zum Teil sich 3 Tage lang geschlagen haben, sehr auseinander bringen. Der Graf Wittgenstein ist für den Befehl ganz unfähig. Aus dieser Armeeführung kann nur Unsegen entstehen. In dem vorgestern gefochtenen Treffen hat er weder Barclay de Tolly noch das Blüchersche Korps unterstützt. Für letzteres sollten die Unterstützungen abgehen, nachdem schon das Blüchersche Korps, um nicht gänzlich aufgerieben oder gefangen zu werden, seine Stellung hatte aufgeben müssen. Der Rückzug ward in der schönsten Ordnung gemacht. Beikommender Bericht, den wir für das Publikum bestimmt haben, enthält nichts als die reinste Wahrheit; dafür verbürge ich mich Ew. Exzellenz mit meiner Ehre, aber er enthält nicht die ganze Wahrheit, die für unsere Alliierten bitter gewesen wäre, die wir folglich verschweigen mußten.

Ich sehe voraus, daß der Rückzug der Russen nun unaufhaltsam fortgehen wird, bis die Entwicklungen der Politik etwa dem Feinde Stillstand gebieten. Wir Preußen möchten dadurch bis nach Silberberg zurückweichen müssen. Die Läger bei Glatz und Neiße werden nun wichtig, und es ist nötig, daß dieselben mit Lebensmitteln versehen werden. Dorthin können Landwehren und andere Truppen gehen, die man nicht zur Armee ruft. Vorderhand müssen wir von eigener Standhaftigkeit abhängen, und selbst damit allein können wir noch lange ausdauern. Daß nur Ihre Räte nicht zaghaft werden, wie schon geschehen ist. Lesen ihnen Ew. Exzellenz den Text und geben Sie ihnen wieder etwas moralische Kraft. Verlieren wir in diesem Augenblick die Besinnung, so vertraut uns Österreich nicht, und wir gehen dann durch Kleinmut zugrunde. Standhaftigkeit und Beharrlichkeit werden uns sicherlich retten.

Senden mir Ew. Exzellenz einen Ihrer Sekretärs mit einer Mappe mit Schreibmaterialien, durch den ich mit Ihnen in unablässiger Verbindung sein kann, und womöglich einige Postillione zu Estafetten. Wir sind ohne alle diese Hilfsmittel, da sich alles von uns getrennt hat.

Gott nehme Ew. Exzellenz in seinen Schutz.

N. v. Gneisenau.

Meine Familie muß unter diesen Umständen von Hirschberg fort und nach Böhmen. Seien Ew. Exzellenz so gnädig, selbige mit Geld zu versehen. Ich bin seit 3 Wochen von meiner Bagage getrennt und besitze nur noch einige Goldstücke. Der Leutnant v. Zedlitz, den ich als Kurier Ew. Exzellenz sende, wird das von Ew. Exzellenz meiner Familie zur Emigration bestimmte Geld meiner Frau überbringen. Seien Sie daher so gnädig, selbigen sogleich damit versehen zu lassen, damit er sofort nach Hirschberg und von da wieder zur Armee gehen kann. Ew. Exzellenz werden um so williger in dieses mein Gesuch willigen, damit ich durch Beseitigung der Familiensorgen mich um so getroster dann für die öffentlichen Angelegenheiten hingeben kann. Gott befohlen.


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