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Papeete befand sich in großer Aufregung. Schon am frühen Morgen liefen dumpfe Gerüchte durch den kleinen Ort. Als sich die englischen Kriegsschiffe zum Auslaufen fertig machten und in der Nähe die »Reine blanche« gesichtet wurde, schlug die Stimmung teilweise in Panik um. Der gefürchtete Du Petit Thouars war wieder in der Nähe!
Die englischen Kapitäne waren am Vortag lange Zeit an Land und der Kapitän des »Talbot« sogar mehrere Stunden mit dem zurückgekehrten englischen Konsul und früheren Missionar Pritchard zusammen. Nur er konnte also wirkliche Aufklärung über das sonst unbegreifliche Zurückziehen der englischen Streitmacht geben. Zu seinem Haus strömte die Masse, um Aufklärung zu bekommen.
Mr. Pritchard tröstete sie mit dem Beistand Gottes, der die Seinen nicht verlassen werde. Dann berief er eine Versammlung der Geistlichen nach Papeete, um die nächsten Schritte zu beraten, falls die französische Flotte wirklich Tahiti erneut heimsuchen sollte. Nur wenige Tage später lief allerdings erneut ein kleines englisches Kriegsschiff, eine sogenannte »Catch« mit nur zweihundert Tonnen, ein. Aber sie sollte nur die anderen Schiffe ablösen und sich ruhig in der Bai vor Anker legen. Es war der »Basilisk«, und kurz darauf wurden von den Höhen Schiffe signalisiert, die auf Tahiti zuhielten. Die Angst vor der »Reine blanche« gab dem größeren der Schiffe schon lange ihren Namen, ehe nur Takelage und Bau des Fahrzeuges erkennbar waren. Am anderen Morgen ankerten die Kriegsschiffe in der Bai von Papeete, von ihrem Heck flatterten die französischen Nationalfarben, und das Echo der Berge gab den donnernden Eisengruß der Fremden dumpf und grollend zurück, als wären sie über den erneuten Besuch zornig.
Die Mannschaft der »Jeanne d'Arc« war erleichtert, denn die Bevölkerung hatte ihnen nach der Rückkehr Pritchards oft gezeigt, daß sie weder sie noch ihre Religion wollten. Welchen Unterschied hatten die letzten Tage gebracht! Die englischen Kriegsschiffe überließen dem Feind die Insel. Während die Missionare bestürzt und zornig die Schiffe im entscheidenden Augenblick absegeln sahen, triumphierten die anderen. Die Missionare wagten noch nicht einmal, ihre ganzen Befürchtungen auszusprechen. Von ihnen ging deshalb das Gerücht aus, daß die Engländer bloß losgesegelt seien, um die Marquesas-Inseln ebenfalls von dem Druck der Franzosen zu befreien. Einige Wochen später würden sie mit Verstärkung zurückkehren. Das war ihre letzte Hoffnung.
Besonders mißtrauisch beobachtete Aimata, die Königin der Inseln, die Bewegungen der Feranis. Zornig schoß ihr das Blut der Pomaren in die Schläfen, als sie das Banner Frankreichs wieder trotzig in der Brise flattern sah und den Kanonendonner hörte, der grüßend dem Feind aus ihrer eigenen Bai entgegenschallte. Sie stand an ihrem Fenster und preßte die heiße Stirn gegen das Glas. Der ehrwürdige Mr. Pritchard ging mit untergeschlagenen Armen in ihrem Zimmer auf und ab. Auf dem Tisch lag die tahitische rote Flagge mit dem einzelnen weißen Stern, über dem eine goldene, von Palmenzweigen umgebene Krone eingesteckt war.
»Das sind nun eure Versprechungen!« sagte die Königin nach einer langen Pause. »Das ist euer Schutz vor den Feranis. Da draußen entfernen sich eure Schiffe, und mitten in meinem Reich darf der stolze, landgierige Ferani seine Flagge trotzig entrollen. Wie soll ich ihm bei seinen Kanonen neue Forderungen verweigern?«
»Er darf nicht weiter gehen, als er bis jetzt gegangen ist«, entgegnete finster der Missionar. »Die neue Flagge mit dem Emblem der Majestät wird ihm beweisen, welche Ansprüche Pomares durch England unterstützt werden. Mit dem ganzen Volk gegen sich und dem Wissen, daß englische Kriegsschiffe in der Nähe kreuzen, ist Du Petit Thouars zu klug, um einen trostlosen Feldzug zu eröffnen.«
»Wer schützt aber mein armes Volk jetzt vor ihren Kugeln, wenn ich die Flagge hisse und ihren Zorn reize?«
»Du bist hier die Königin. So, wie die englische Königin ihr Banner über ihrem Schloß wehen läßt, kannst du deine Flagge hier zeigen. Der Franke darf es dir nicht verwehren. Ich müßte mich auch sehr täuschen, wenn er es versuchen würde nach den bisherigen Ereignissen. Die Franzosen sind höflich, wenn man ihnen auch sonst nichts Gutes nachsagen kann«, sagte der Missionar ernst und feierlich.
Pomare sah ihn forschend an. Ihre Fahne durch Kanonenschüsse der gefürchteten Feranis geehrt – der Gedanke hatte einen besonderen Reiz für sie.
»Und du hißt gleichzeitig die englische Flagge vor deinem Haus?« sagte sie rasch und ergriff den Arm des Priesters.
»Als Gruß der königlich-tahitischen auf jeden Fall, ich bin dazu von meinem Amt her sogar verpflichtet!«
»Nun gut, so sei es!« rief die Königin, und ein besonderes Lächeln belebte ihre schönen Züge. »Der Wi-wi soll mir die Krone grüßen müssen, die er nicht berühren darf. Dein Gott mag mir jetzt beweisen, ob er mit Wohlgefallen auf die Inseln sieht, wie ihr immer sagt. Ruf mir die Häuptlinge, die schon den ganzen Morgen draußen ungeduldig auf meine Befehle harren. Ich will Königin sein, und eine Königin, wie sie über dem großen Wasser auf deiner Insel herrscht. Nicht nur Spott und Teil eines Spieles, dem jeder fremde Freibeuter die Krone abnehmen darf!«
»Du wirst sehen, Pomare, daß du nichts zu befürchten hast«, sagte der Geistliche. »In deinem Reich darf keine fremde Macht die Hand an deine Flagge legen. Die erzwungenen Zugeständnisse sind ungültig, und dein Volk ist stark und mächtig in der Begeisterung des Herrn. Ich gehe jetzt in mein Haus, um das königliche Signal zu beantworten, sobald es in der Brise flattert. Der Herr sei mit dir in dieser Stunde und gebe dir seinen Segen und Frieden in Jesu Christo.«
Freundlich streckte er wie zum Segen die Hände gegen sie aus und verließ langsam das Zimmer. Pomare hatte sich dabei leicht verneigt. Jetzt blieb sie mit klopfendem Herzen stehen, zitternd vor innerer Aufregung. Kaum hörte sie aber die Schritte der nahenden Häuptlinge, als sie auch mit der ihr eigenen Energie alle Schwäche abschüttelte.
»Joranna, Pomare!« riefen Aonui und Potowai. »Joranna, und schütze dich Gott in dem nahen Kampf.«
»Dem nahen Kampf?« erkundigte sich Pomare erstaunt. »Wer spricht von einem Kampf?«
»Der fromme Mann, der dich verließ, ermahnte uns, standhaft auszuhalten, selbst gegen die Übermacht des Feindes draußen. Mit Gott brauchen wir keine irdischen Waffen zu fürchten!« sagte Aonui.
»Hier ist von keinem Kampf die Rede«, entgegnete Pomare ernst. »Ihr sollt nur unsere Landesflagge vor meinem Haus aufziehen. Ich will keinem etwas Böses, und unsere Religion ist eine Religion des Friedens. Sagt das den Leuten! Sie sollen keinen Streit mit den Feranis anfangen, sondern sie freundlich behandeln und ihnen alles geben, was sie an Nahrungsmitteln brauchen. Pomare hat keinen Zorn gegen sie und will in Frieden mit ihnen leben.«
»In Frieden mit ihnen leben?« wiederholte kopfschüttelnd Potowai. »Das wird schwer. Ein Frieden mit den Feranis ist wie der durchsichtige Stein, den sie uns gebracht haben, damit unsere Häuser heller werden. Wenn du ihn anrührst, zerbricht er und verwundet die Hand, die sich freundlich gegen ihn gestreckt hat. Traue den Feranis! Aber was soll's? Wir haben die Bibel und unser gutes Recht, Zehntausendmal lieber sehe ich unsere Flagge als irgendein anderes Tuch im Winde flattern. Also mit Gott, und das Volk wird dir zeigen, Pomare, wie dankbar es für diesen Beweis deiner Liebe sein kann.«
Er hatte die Fahne aufgenommen und verließ jetzt rasch das Haus, von dem frommen Aonui gefolgt. Um den Fahnenmast hatte sich schon eine neugierige Menge versammelt. Sie maßen dem Hissen der Flagge aber keine besondere Bedeutung bei. Als die Nachricht vom Strand kam, daß eines der englischen Kriegsschiffe zurückgekehrt sei, kam Leben in die Menge. Aber die meisten englischen oder amerikanischen Matrosen, die mit der Menge gekommen waren, schwuren, daß das neue Schiff sowenig englisch sei wie die »Reine blanche« oder die »Danae«. So bildeten sich einzelne Gruppen, die das Für und Wider eifrig besprachen. Die Eingeborenen sahen dabei stolz auf ihre stattliche Fahne, die im Wind hinauswehte und die Schiffe zu grüßen schien.
Unter ihnen war unser alter Bekannter Bob Candy und schien eine gewisse Autorität auszuüben. Er galt bei vielen als Kenner aller Schiffe und hatte ebenfalls von einem französischen Schiff gesprochen. Daß er sich nicht irrte, wurde bald darauf durch die aufgezogene Flagge bewiesen.
»Uns hat der ehrwürdige Bruder Mi-ti (Smith) immer gesagt, daß Feranis nur ein einziges Kriegsschiff haben, und das schicken sie überallhin, mit verschiedenen Namen und anders angemalt!« rief der Häuptling Teraitane aus. »Jetzt liegen schon drei im Hafen, und das vierte segelt herein, und eines ist immer größer als das andere. Der ehrwürdige Bruder Miti muß geträumt haben!«
»Bruder Miti träumt mit offenen Augen. Merkwürdige Geschichten hat man euch erzählt, Die Feranis könnten einen ganzen Monat lang jeden Tag vier andere Kriegsschiffe herschicken, und es blieben immer noch so viele zu Hause!« antwortete Bob trocken.
Jemand übersetzte das den Eingeborenen, und alle drängten sich um ihn, um noch mehr über den Feind zu erfahren.
Die Schiffe hatten untereinander Signale gewechselt, aber bislang nicht die wehende Landesflagge gegrüßt. Vor dem Hause Pritchards wehte jetzt auch die englische. Von der »Reine blanche« stieß ein Boot ab, das ebenfalls die Trikolore am Heck führte. Sechzehn Riemen trieben es pfeilschnell auf Pomares Haus zu, vor dem sich eine immer größere Menge versammelte. Im Stern des Bootes saß Du Petit Thouars selbst. Ehe man ihn erkannt hatte, war er schon vor dem Haus stehengeblieben. Er musterte kurz die Flagge und warf einen Blick auf die englischen Farben. Fast schien es, als ob ein spöttisches Lächeln um seine Mundwinkel zuckte. Dann sprang er die wenigen Stufen zur Veranda hoch.
Die Einanas im Vorzimmer wollten ihm den Eintritt verweigern. Eine erkannte ihn aber und eilte mit einem Schreckensruf zu ihrer Herrin.
Pomare erschrak. Was wollte der Befehlshaber der Kriegsflotte da draußen von ihr ohne vorherige Audienzanmeldung? Sie stand noch zögernd, als sie die lachende Stimme des Franzosen vor der Tür hörte.
»Ruft den ehrwürdigen Bruder Pi-ri-ta-ti«, sagte sie schnell. Als das Mädchen die Tür wieder öffnete, stand der Admiral von den ängstlichen Frauen umgeben, auf der Schwelle. Er zog seinen Hut, streckte ihr die Hand entgegen und rief ihr fröhlich zu: »Joranna, Pomare!«
»Joranna, Peti-Tua!« antwortete die Königin ernst. »Bringst du mir den Frieden oder Krieg mit deinen großen Schiffen? Bist du den weiten Weg noch einmal gekommen, um eine schwache Frau zu kränken, oder hat dich dein König mit freundlichem Wort hergeschickt, und war das Joranna treu gemeint?«
»Ich bringe dir Frieden, Pomare!« sagte Du Petit Thouars freundlich und hielt ihre Hand. »Frieden und Freundschaft, wenn du nicht selbst alles trotzig von dir weist und mich zwingst, dir weh zu tun.«
»Du willst wieder Geld von mir haben? Aber ich habe nichts mehr. Das letzte haben die Missionare von mir bekommen, um unglückliche Heiden in Australien und Afrika zu bekehren.«
Der Admiral biß sich in die Unterlippe, und ein verlegenes Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Nein«, sagte er nach einer Pause. »Du irrst, Pomare. Ich will von dir nichts haben, was du uns nicht schon freiwillig gegeben hast. Ich möchte mir nur nichts nehmen lassen, deshalb bin ich hier. Ich hoffe, wir werden mit wenigen Worten alles freundlich lösen können. Ich meine es gut mit dir, Pomare, und möchte dich weder kränken noch betrüben.«
»Das ist eine lange Vorrede zu einem freundlichen Wort«, sagte Pomare.
»So will ich kurz zur Sache kommen. Ich brauche dir nicht die Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen seit meiner Abwesenheit. Eine Rotte unnützes Volk hat die französische Flagge beleidigt und die Verträge gebrochen, die du mit uns eingegangen bist. Ich will aber annehmen, daß dir alle Vorfälle selbst leid tun und du sie nur nicht verhindern konntest. Ich verlange nicht einmal eine Entschuldigung von dir. Aber du mußt mir beweisen, daß es dir jetzt ernst ist. Seine Majestät, der König von Frankreich, soll dein Freund sein.«
»Und was verlangst du?« wollte Pomare ungeduldig wissen. »Etwas willst du doch von mir, das fühle ich.«
»Du sollst nur den eingegangenen Vertrag halten und das französische Protektorat anerkennen, das du selbst mit allen Häuptlingen unterschrieben hast. Auch deine selbständige Krone auf deinem bunten Schmuck vor deinem Haus mußt du wegnehmen, da sie dir nicht gebührt.«
»Wem denn, wenn nicht mir, stolzer Ferani, der Königin dieses Landes?« rief Pomare gereizt.
»Ach was, das sind Redensarten«, sagte der Offizier mit zusammengezogenen Brauen. »Du verkennst deinen Rang, Pomare. Seit du unter dem Schutz eines anderen Staates stehst, dessen Oberherrschaft du anerkannt hast, gibt es keine Krone mehr für dich. Ich muß dich deshalb deinetwegen bitten, deine Flagge in aller Stille einzuholen und nicht wieder aufzuziehen. Das soll mir ein Zeichen sein, daß du meinen vernünftigen und ruhigen Vorstellungen Gehör gegeben hast und, mir nicht wieder die Stirn bieten willst.«
»Die Königin Victoria hat ebenfalls ihre Fahne mit der Krone wehen, und niemand darf es ihr verwehren!« rief Pomare aus.
»Ach, Kinderspiel! Was haben wir hier mit der Königin Victoria zu tun? Sie ist mächtig genug, um sich selbst zu beschützen, und hat das Recht, eine Krone zu führen! Wer hat dich überhaupt auf den Einfall gebracht, dich mit der Königin Victoria zu vergleichen?«
»Peti-Tua«, erwiderte Pomare gereizt. »Es sind auch noch andere Europäer auf der Insel, die wissen. was sich für eine Königin schickt. Wärst du allein da, müßte ich dir glauben.«
Wieder preßte der Admiral seine Unterlippe zwischen die Zähne, sprang auf und ging rasch im Zimmer auf und ab. Nach einem Augenblick des Nachdenkens sah er mit freundlichem Ausdruck Pomare an, ergriff ihre Hand und hob mit der anderen ihr Kinn etwas an.
»Sei vernünftig, Pomare, und höre dieses eine Mal auf den Rat eines Mannes, der es gut mit dir meint, ganz gleich, was dir die anderen über mich gesagt haben. Die Depeschen sind schon in Frankreich angekommen, nach denen dein Reich unter dem Protektorat meines Königs steht. Selbst wenn ich wollte, dürfte ich nicht mehr anders handeln. Traue auch nicht allem, was dir die englischen Priester sagen. Du hast schon oft feststellen müssen, daß sie sich irrten. Sie wollen nur Macht hier im Lande gewinnen und die Alleinherrschaft haben. Wir Franzosen passen doch viel besser zu euch als die Kopfhänger!«
Da öffnete sich, leise die Tür. Pomare entzog ihm rasch die Hand und trat einen Schritt von ihm zurück. Eine der Einanas meldete, den Kopf hereinsteckend, den »hohen Piritati«, der draußen stände und die Königin sprechen möchte.
»Schick ihn fort, Waihine!« rief Du Petit Thouars ärgerlich. »Wir haben hier wichtige, weltliche Dinge zu reden und brauchen keinen Pfaffen. Schick ihn fort!«
»Ich habe ihn rufen lassen, und er ist nicht nur Mitonare, sondern auch Konsul der Beretanis!« entgegnete Pomare.
»Ein Zwitterding. Ich habe mit ihm weder in der einen noch in der anderen Eigenschaft etwas zu schaffen. Schick ihn fort, oder ich gehe, und die Folgen hast du dir selbst zuzuschreiben.«
»Er wird warten, denn ich muß mit ihm sprechen. Weiter hast du mir ja doch nichts mehr zu sagen.«
»Nichts mehr zu sagen? Frau, das ist gerade genug, denn es betrifft dein ganzes Reich...«
»Du darfst es mir nicht nehmen!« rief die Königin. »Piritati hat mir selbst gesagt, daß mich England gegen meine Feinde beschützen wird!«
»Gebe Gott, daß du deine Feinde erkennen könntest!« warnte sie der Franzose. »Aber meine Zeit ist knapp. So antworte mir, wenn du dem Freundesrat nicht folgen willst, ob du dich fügen willst oder nicht.«
»Was heißt das?«
»Die Anerkennung unseres Vertrages«, entgegnete Du Petit Thouars. »Zum Zeichen dafür ziehst du die Flagge mit der Krone ein und hißt die Trikolore.«
»Nie im Leben!« rief Pomare und stampfte mit dem Fuß auf.
»Du zwingst mich also, die Flagge mit Gewalt zu streichen und Frankreichs Banner dafür aufzupflanzen. Bedenke, Pomare, daß du von dem Augenblick, wo das durch meine Hand geschieht, aufgehört hast zu regieren. Das Land steht dann nicht nur unter Frankreichs Schutz, sondern es ist erobert. Der Sieger verfügt darüber, wie er möchte!!«
»Ich verstehe nicht, was du mit den fremden Worten sagen willst. Aber du darfst mir mein Land nicht nehmen, die englischen Schiffe werden das nicht erlauben.«
»Wer dir das sagt, ist dein Feind!« entgegnete der Admiral rasch. »Denk an mich und was ich dir geraten habe. Meine Zeit ist um, und ich fürchte, es war nutzlos, denn der Missionar wird dir das Kreuz wieder vorhalten und mit der Bibel drohen.«
»Ich lasse mir nicht drohen!«
»Ich habe dich darum gebeten, Pomare!« sagte mit leiser Stimme der Admiral und trat noch einmal zu ihr. »Deinetwegen gebeten, weil ich dich achte – und dir dein kleines Reich nicht nehmen will. Zwinge mich nicht dazu, nimm die Fahne mit dem unnützen Schmuck und ziehe die Farben meines Landes auf. Du bleibst dann, was du bist, zwar nicht uneingeschränkt, aber doch Königin dieses Landes!«
»Und wenn nicht?«
»Trotzkopf!« murmelte der Franzose ärgerlich. »So nimm die Folgen hin. Ich gebe dir noch Zeit zum Nachdenken bis morgen früh. Überlege es dir noch und handle danach. Wenn aber nach dem Morgenschuß nicht die Trikolore vor deinem Haus weht, dann komme ich nicht mehr zu dir herüber, sondern schicke dir rauheren Besuch.«
Damit verließ er rasch das Zimmer und rannte fast gegen den Missionar, der gerade eintreten wollte. Mr. Pritchard grüßte ihn und wollte ihn ansprechen, aber der französische Admiral war nicht in Plauderstimmung. Er berührte kurz seinen Hut und ging mit raschen Schritten der Landestelle zu. Das Boot flog herum und schäumend der »Reine blanche« entgegen, die in ihrer furchtbaren, dunklen Majestät vielleicht eine Kabellänge davon vor Anker lag.