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86. Trostgesang wider das Aergernis der bösen glücklichen Welt.

Mel.: Mein' Augen schließ ich jetzt in Gottes Namen zu.

1. Du liebe Unschuld du, wie schlecht wirst du geacht't!
Wie oftmals wird dein Tun von aller Welt verlacht!
Du dienest deinem Gott, hältst dich nach seinen Worten,
Darüber höhnt man dich und drückt dich allerorten.

2. Du gehst geraden Weg, fleuchst vor der krummen Bahn,
Ein andrer tut sich zu, und wird ein reicher Mann,
Vermehrt sein kleines Gut, füllt Kasten, Boden, Scheunen,
Du bleibst ein armer Tropf und darbest samt den Deinen.

3. Du strafst der Bösen Werk, und sagst, was unrecht sei,
Ein andrer übt die Kunst der süßen Heuchelei:
Die bringt ihm Lieb und Huld, und hebt ihn an die Höhen,
Du aber bleibst zurück und mußt da unten stehen.

4. Du sprichst, die Tugend sei der Christen schönste Kron,
Hingegen hält die Welt von Reputation:
Wer diese haben will, sagt sie, der muß gar eben
Sich schicken in die Zeit, und gleich den andern leben.

5. Du rühmest viel von Gott, und streichst gewaltig aus
Den Segen, den Er schickt in seiner Kinder Haus:
Ist denn nun dem also, so laß doch, sagt man, sehen,
Was ist denn dir für Guts, für Glück und Heil geschehen?

6. Halt fest, o frommes Herz, halt fest und bleib getreu
In Widerwärtigkeit: dein Gott, der steht dir bei;
Laß diesen deine Sach handhaben, schützen, führen,
So wirst du wohl bestehn und endlich triumphieren.

7. Gefällst du Menschen nicht, das ist ein schlechter Schad,
Allgnug ist's, wenn du hast des ewgen Vaters Gnad.
Ein Mensch kann doch nicht mehr, als irren, fehlen, lügen;
Gott aber ist gerecht, sein Urteil kann nicht trügen.

8. Spricht Er nun: Du bist mein, dein Tun gefällt mir wohl,
Wohlan, so sei dein Herz getrost und freudenvoll!
Schlag alles in den Wind, was böse Leute dichten;
Sei still und siehe zu, Gott wird sie balde richten.

9. Stolz, Uebermut und Pracht währt in die Länge nicht;
Wenn's Glas am hellsten scheint, fällt's auf die Erd und bricht,
Und wenn des Menschen Glück am höchsten ist gestiegen,
So stürzt es unter sich, und muß zu Boden liegen.

10. Das ungerechte Gut, wer's recht und wohl besieht,
Ist lauter Zentnerlast, die Herz, Sinn und Gemüt
Ohn Unterlaß beschwert, Seel und Gewissen dringet,
Und aus der sanften Ruh in schweres Leiden bringet.

11. Was hat doch mancher mehr, als armer Leute Schweiß?
Was ißt und trinket er? worin besteht sein Preis,
Als im geraubten Erb und armer Witwen Tränen,
Die, wie ein dürres Land, sich nach Erquickung sehnen?

12. Heißt das nun selig sein? ist das die Herrlichkeit?
O, welch ein hartes Wort wird über solche Leut
Am Tage des Gerichts aus Gottes Thron erschallen,
Wie schändlich wird ihr Ruhm und großes Prahlen fallen!

13. Du aber, der du Gott von ganzem Herzen ehrst
Und deine Füße nicht von seinen Wegen kehrst,
Wirst in der schönen Schar, die Gott mit Manna weidet,
Hergehn, mit Lob und Ehr, als einem Rock, gekleidet.

14. Drum fasse deine Seel ein wenig mit Geduld,
Fahr immer fort, tu recht, leb außer Sündenschuld.
Halt, daß den schönsten Schatz dort in dem andern Leben
Des Höchsten milde Hand dir werd aus Gnade geben.

15. Was hier ist in der Welt, das sei nur unbemüht:
Wird dir's ersprießlich sein, wie's Gott am besten sieht,
So glaube du gewiß, Er wird dir deinen Willen
Schon geben, und mit Freud all dein Begehren stillen.


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