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Surro Sanke

Mande

Ein Mann machte in Kaarta mit dem Sohn eines Königs Freundschaft. Sie waren sehr gute Freunde, bis eines Tages der König starb und nun dieser Sohn König wurde. Da war es mit der Freundschaft vorbei, und nun suchte der junge König sich des früheren Freundes auf irgendeine Weise zu entledigen. Der König verfolgte ihn auf alle Art; aber er wußte Surro Sanke nicht beizukommen. Da sagte Surro Sanke: »Das ist sehr einfach. Du willst mich töten. Du kannst mich töten, erstens wenn du mich eifersüchtig siehst, d.h. wenn du mich dabei ertappst, daß ich eifersüchtig auf meine Frau bin. Zweitens kannst du mich töten, wenn ich etwas lüge oder irgend etwas Unwahres sage. Drittens kannst du mich töten, wenn du mir eine Feigheit nachweisen kannst.« Der König sagte: »Gut, das soll gelten!«

Der König beschloß, sogleich seine Maßnahmen zu treffen. Er ließ umgehend einen Dugutigi kommen, dessen Dorf einen kleinen Tagemarsch entfernt lag, und sagte ihm: »Ich werde morgen früh Surro Sanke zu dir senden. Der wird dir sagen, du sollst sofort zu mir kommen. Sage das dann zu und sattle gleich deine Pferde. Laß ihn vorausgehen, weil du ja zu Pferde schnell nachkommen würdest, und wenn er fortgegangen ist, laß wieder abzäumen und komme nicht. Surro Sanke wird bei mir eintreffen und sagen, daß du kämest, und das ist dann eine Unwahrheit.« Der Häuptling sagte: »So werde ich es machen.« Danach ließ der König 100 Soldaten kommen und sagte: »Morgen werde ich Surro Sanke auf dieser Straße zu jenem Häuptling senden. Nehmt ordentlich Pulver mit euch, aber keine Kugeln; wenn nun Surro Sanke des Weges kommt und an nichts Schlimmes denkt, funkt kräftig mit Pulver auf ihn, aber nicht mit Kugeln, damit er ordentlich erschrecke.« Die 100 Soldaten sagten: »So werden wir es machen.«

Danach ließ der König drei Männer kommen und sagte ihnen: »Morgen werde ich Surro Sanke früh zu jenem Häuptling senden. Surro Sanke hat drei Frauen. Sobald er fort ist, gehe ein jeder von euch zu einer der Frauen Surro Sankes und schlafe bei ihr. Ihr müßt so lange bei jeder der Frauen bleiben, bis Surro Sanke zu euch kommt. Dann sorgt dafür, daß Surro Sanke euch bei seinen Frauen in entsprechender Weise sieht. Auf diese Weise wird Surro Sanke eifersüchtig werden.« Die drei Männer sagten: »So werden wir es machen.« Am anderen Morgen ließ der König Surro Sanke kommen und sagte zu ihm: »Geh diesen Weg zu jenem Häuptling und sage ihm, er soll sogleich zu mir kommen.« Surro Sanke sagte: »Es ist gut.« Er ging von dannen. Als er ein Stück weit gegangen war, fingen an der Stelle, an der sie versteckt waren, die 100 Mann an, mit Pulver nach ihm zu schießen. Surro Sanke blieb sogleich stehen. Er hatte einen Bogen und drei Pfeile bei sich. Als er einen Mann erblickte, legte er einen Pfeil auf und schoß. Sogleich fiel der tot zu Boden. Hierauf schoß er noch einen zweiten und einen dritten Soldaten tot, so daß die anderen von Furcht ergriffen wurden und nach der Stadt zurückkehrten. Die 97 kamen zum König und sagten: »Der Mann Surro Sanke hat drei von uns getötet. Er hat keinerlei Schreck gezeigt, als wir schossen. Du wirst ihn töten lassen. Du wirst ihm aber nie Furcht einjagen können!«

Inzwischen kam Surro Sanke zu dem Häuptling und sagte: »Der König läßt dir sagen, du sollst sogleich zu ihm kommen.« Der Häuptling sagte: »Das soll geschehen.« Er sattelte sein Pferd. Er stieg mit einem Fuß in den rechten Steigbügel, ehe er aber noch den anderen Fuß im Steigbügel hatte, sagte er: »Geh nur voraus. Du bist zu Fuß; ich komme zu Pferde schnell nach.« Surro Sanke sagte: »Es ist gut« und ging von dannen. Der Häuptling stieg aber wieder ab, ließ das Pferd absatteln und blieb daheim. Surro Sanke kam zum König. Der König fragte: »Wird der Häuptling kommen?« Surro Sanke sagte: »Ich weiß es nicht.« Der König sagte: »Wieso weißt du es nicht? Hast du den Auftrag nicht richtig ausgerichtet?« Surro Sanke sagte: »Gewiß habe ich ihn richtig ausgerichtet. Aber deshalb kann ich noch nicht wissen, ob er wirklich kommt. Wenn der linke Fuß in den Steigbügel kam, wie der rechte, dann kommt er vielleicht; ich sah den Häuptling aber nur zur Hälfte aufsteigen.« Der König sagte: »Dann geh nur zu dir nach Hause.«

Surro Sanke kam in sein Gehöft. Er kam auf das Haus seiner ersten Frau zu, öffnete und sah neben seiner Frau einen Mann, der gerade seine Hosen anzog. Darauf machte er gelassen die Tür zu und ging auf das Haus seiner zweiten Frau zu. Gerade als er öffnete, sah er einen Mann herauskommen, der ging an ihm vorbei, hockte sich nieder und urinierte. Darauf schloß er auch diese Tür, ging auf das Haus der dritten Frau zu und öffnete; aber als er eintreten wollte, stieß er mit der Stirn gegen die Stirn eines anderen Mannes, der gerade herausgehen wollte. Somit schloß er ganz gelassen auch diese Tür. Er ging hierauf in die Mitte des Platzes und rief: »Hat mir jemand Essen bereitet? So sagt mir, wo der Teil für mich niedergesetzt ist.« Darauf kamen alle drei Frauen mit den Kalebassen voll Essen heraus, und neben einer jeden ging ein Galan. Die drei Männer wollten gehen. Surro Sanke aber rief: »Ihr werdet doch so nicht gehen wollen? Ich hoffe, daß meine Frauen für uns alle vier genug Essen bereitet haben. Kommt also her und speist mit mir.« Die drei Männer gingen hin und wuschen sich die Hände, und hierauf hockten alle vier zum Essen nieder. Die vier aßen miteinander. Als die drei Männer gehen wollten, sagte Surro Sanke: »Wartet, ich werde euch noch begleiten.« Er begleitete sie bis an das Tor und noch weiter, bis dahin, wo aller dreier Wege sich abzweigten. Surro Sanke reichte noch jedem Tabak zum Schnupfen und einige Kola als Wegzehrung. Er schüttelte jedem die Hand und ging wieder nach Hause. Die drei Männer gingen aber zum König und sagten: »Du kannst diesen Surro Sanke töten, aber eifersüchtig machen kannst du ihn nicht.« Der König ließ am anderen Tage die drei Frauen Surro Sankes kommen und fragte: »Hat euer Mann Surro Sanke euch irgendwie gescholten, weil ihr gestern drei Männer bei euch hattet?« Alle drei Frauen sagten: »Er hat nichts gesagt und getan.« Der König sagte: »Man kann ihn nicht eifersüchtig machen.«

Der König ließ Surro Sanke rufen. Als er kam, sagte der König zu ihm: »Das, was du sagtest, ist wahr; du fürchtest dich nicht, du bist nicht eifersüchtig und du lügst nicht.« Surro Sanke sagte: »Ich kann dir das auch erklären.« Surro Sanke sagte: »Ich war einmal im Krieg. Wir hatten eine heiße Zeit. Es kam ein Gefecht. Alle meine Kameraden fielen. Ich blieb allein übrig. Ich hatte ungeheuren Durst. Ich dachte, ich müßte vor Durst sterben. Dann kam ich an ein Wasser, in dem lag ein Kaiman neben dem anderen. Es war ganz angefüllt mit Kaimanen. Ich dachte, wenn ich schnell im Vorüberlaufen ein wenig Wasser mit der Hand schöpfen könne, würde ich wohl heil davon kommen. Ich versuchte es. Aber ein großer Kaiman schlug mit dem Schwanz nach mir, so daß ich in das Wasser stürzte. Sofort kamen alle Kaimane herbei, um mit den Schwänzen nach mir zu schlagen und mich zu beißen. Der Kaiman, der mich zuerst geschlagen hatte, nahm mich aber unter seinen Leib und schützte mich vor den anderen. Dann brachte er mich in seine Höhle, die vom Spiegel des Wassers unter der Erde hinführte. In der Höhle saß ich nun. Der Kaiman ging von dannen. Vor dem Eingang der Höhle lagen Kaimane. Ich wußte nicht, wie herauskommen. Da toste über mir ein Rudel großer Antilopen vorbei. Eine trat mit dem Fuß ein Loch in den Boden, so daß Tageslicht hereinschien, und ich sah, daß die Decke über mir hier ganz dünn war. Ich erweiterte die kleine Öffnung und kroch heraus. Seit dem Tage füchte ich mich nicht mehr.«

Surro Sanke sagte: »Eines Tages brach ich mit guten Kameraden zum Raubzuge auf. Wir waren dreißig Mann. Drei Monate lang zogen wir umher, ohne einen einzigen Fang zu machen. Nichts glückte. Drei Monate waren wir in der Steppe, ohne ein Weib zu sehen. Da eines Tages gelang es uns, einer Frau habhaft zu werden und brünstig, wie wir waren, beschliefen wir sie sogleich alle dreißig einer nach dem anderen. So lebten wir wieder drei Monate lang, und während dieser Zeit beschlief jeder diese Frau jeden Abend. Dann gelang es, eine zweite Frau zu ergattern, und nun beschlossen wir, daß je fünfzehn von uns je eine Frau erhielten. Wir sagten das den Frauen. Dann gingen die beiden Frauen hin, um Wasser zu schöpfen. Als sie am Brunnen waren, stürzte die Frau, die schon drei Monate lang bei uns war, die neuangekommene in den Brunnen hinab. Sie sagte: Was, jetzt soll ich nur noch mit fünfzehn Männern schlafen? Das halte ich nicht aus. Seit dem Tage bin ich nicht mehr eifersüchtig.«

Surro Sanke sagte: »Eines Tages war ich auf der Wanderschaft. Weitab vom Dorfe sah ich einen Menschenschädel am Wege liegen. Ich sagte: Wie kommt wohl der Menschenschädel dahin, wo es so weit vom Dorfe entfernt ist? Der Schädel sprach: Weil ich soviel sprach! Ich fragte: Weshalb? Der Schädel sagte: Weil ich soviel sprach. Ich fragte: Weshalb? Der Schädel sagte: Weil ich soviel sprach. Dreimal sprach der Schädel zu mir. Dann ging ich weiter. Ich kam im nächsten Dorfe an. Ich erzählte dem Dugutigi: Zwischen deinem und dem vorigen Dorfe liegt ein Schädel, der spricht. Der Dugutigi sagte: Du lügst. Ich sagte: Nein, ich spreche die Wahrheit. Der Dugutigi sagte: Du lügst. Ich sagte: Nein, ich lüge nicht, und wenn du es nicht glaubst, so gib mir zwei Menschen mit, denen will ich das zeigen und die mögen es selbst hören. Der Dugutigi sagte: Gut, zwei Leute mögen mit ihm gehen. Wenn es wahr ist, daß der Schädel spricht, so mag es gut sein. Sonst soll man ihm sogleich wegen seiner Lügen den Kopf abschlagen. Ich ging mit den beiden Leuten hin. Als wir an den Schädel kamen, fragte ich ihn: Weshalb liegst du hier? Der Schädel antwortete nicht. Ich fragte ihn dreimal, aber er antwortete nicht. Darauf banden mich die drei Leute, wie es ihnen befohlen war, und schon hob einer den Säbel auf, um mich zu köpfen. Ich sagte: Ach, weshalb hast du gestern gesprochen und weshalb sprichst du heute nicht? Da sagte der Schädel plötzlich: Nda, Nda (der Mund, der Mund). Meine Begleiter sagten: Ja, er hat gesprochen. Sie banden mich los. Sie brachten mich zum Dugutigi und sagten: Es ist wahr, der Schädel spricht. Seitdem sage ich: Von den beiden Löchern im Menschenleibe, aus denen das Schlechte kommt, ist der Mund das gefährlichere. Und seitdem lüge ich nicht mehr.«

Der König sagte: »Es ist gut, ich kann dich nicht töten.«

Surro Sanke sagte: »Es gibt ein Mittel für dich, mich zu töten. Ich habe drei Haare auf dem Kopf. Wenn du die Namen dieser drei Haare erfährst, dann kannst du mich töten.« Der König sagte: »Es ist gut.«

Der König war so zornig darüber, daß er Surro Sanke nicht zu töten vermocht hatte, daß er beschloß, jetzt kein Mittel unversucht zu lassen, das Geheimnis der drei Haare zu ergründen. Er ließ also die erste Frau Surro Sankes zu sich kommen und fragte: »Du bist die Frau eines Mannes, der nicht reich ist. Wenn du mir nun sagst, welches die Namen der Haare deines Mannes sind, so will ich dich zu meiner Frau machen und dir viele Kühe schenken.« Die Frau sagte: »Ich kann dir das nicht sagen, denn ich weiß es nicht.« Der König ließ die zweite Frau Surro Sankes kommen und sagte zu ihr: »Du bist die Frau eines Mannes, der nicht reich ist. Ich will dich zu meiner Frau und wohlhabend machen, aber du mußt mir die Namen der drei Haare auf dem Kopfe deines Mannes nennen.« Die Frau sagte: »Ich bin die Lieblingsfrau meines Mannes. Mein Mann hat mich lieber als alle Weiber; ich kann es nicht sagen!« Der König sagte: »Ich kann dir viel Vieh und Schmuck schenken.« Die Frau sagte: »Würdest du mich zu deiner Frau machen?« Der König sagte: »Ich will dir erfüllen, was du willst.« Die Frau sagte: »Das Härchen auf der rechten Seite heißt: Wallidi-tege-mogo-dinje (frei übersetzt: Nicht einmal des Freundes Sohn kann dir deinen Sohn ersetzen). Das Härchen auf der linken Seite heißt: Kani-kono-fo-mussue (frei übersetzt: Erzähle deine Sachen nicht den Frauen). Das starke Haar in der Mitte heißt: Kekorro-ba-kanji-kaphula (frei übersetzt: Es ist gut, wenn ein alter Mann in der Gesellschaft ist). Das sind die Namen der drei Haare auf dem Kopfe meines Mannes.«

Als der König das wußte, wurde er froh und sagte zu seinen Leuten: »Ruft mir Surro Sanke herbei.« Die Boten gingen hin und sagten das dem Surro Sanke. Der war gerade bei einer Arbeit und hatte keinen Überhang. Es war aber ein Bursche da, den hatte eine seiner Frauen mit in die Ehe gebracht. In der Eile nahm Surro Sanke dessen Überwurf, der sehr klein und kurz war, und ging zum König. Der König sagte ihm sogleich: »Das Härchen auf deiner rechten Seite heißt: Wallidi-tege-mogo-dinje. Das Härchen auf deiner linken Seite heißt: Kani-kono-fo-mussue. Das große Haar in der Mitte heißt: Kekorro-ba-kanji-kaphula. Ist es nicht so?« Surro Sanke sagte: »Nun kannst du mich töten.«

Surro Sanke wurde hinausgeführt. Der Henkersknecht mit dem Schwert ging neben ihm. Der König folgte. Da kam der unechte Sohn Surro Sankes hergelaufen und schrie: »Omein Überhang, omein Überhang, nun wird er vom Blute bespritzt werden.« Der Bursche dachte nicht daran, daß sein Vater nun hingeschlachtet werden sollte, sondern dachte nur an seinen Überwurf. In eiligem Laufe kam der richtige Sohn Surro Sankes an und schrie: »Omein armer Vater, omein armer Vater. Hier nimm meinen Überwurf für deinen letzten Weg. Omein Vater! Omein armer Vater!« Darauf wurde der Überwurf gewechselt und der Vater erhielt anstatt des kleinen Überwurfes des unechten Sohnes den kleinen Überwurf des rechten Sohnes.

Sie kamen zur Stelle. Surro Sanke kniete nieder. Der Henker hob den Säbel. Surro Sanke beugte das Haupt vor. Da kam ein alter Mann auf den Knien herangerutscht und bat leise Surro Sanke: »Grüß mir meinen alten Vater, grüß mir meine alte Mutter!« Der König, der das sah, rief: »Oho, da will wohl jemand eine Botschaft über mich und mein Leben mit hinübersenden? Ihr wollt Euch wohl drüben über mich beschweren? Nein, dann erlaube ich nicht, daß dieser Mann getötet wird.« Da banden sie Surro Sanke wieder frei.

Der König fragte: »Nun sage mir aber, was die drei Namen deiner Haare bedeuten!« Surro Sanke sagte: »Du hast gesehen, wie vorhin mein Stiefsohn für seinen Überhang Sorge hatte, ohne an mich zu denken. Da hast du den Sinn des Härchens auf der rechten Seite. Du hast durch die Frau, die ich am meisten liebte, die Haarnamen erfahren; da hast du den Sinn des Namens des Härchens auf der linken Seite. Wenn dieser Alte im Kreise nicht gewesen wäre, hättest du mich töten lassen. Das ist der Sinn des Namens des Haares in der Mitte meines Kopfes.«


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