Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Samba Kullung der Narr

Sahel

Samba Kullung heißt soviel wie Samba, der nichts tut, Samba der Feigling. Wenn man neben dem Kinde Samba die Hand schnell aufhob, so schrak es zusammen. Wenn einer aufschrie, so rannte das Kind Hals über Kopf von dannen. So war Samba Kullung als Kind; so wuchs Samba Kullung heran. Sein Vater gab ihm ein Pferd, einen Dialli (Spielmann), einen Pferdeburschen namens Munjo Kadi. Sein Dialli war Sirima. So war Kullung denn erwachsen.

Samba war aber immer noch Samba Kullung, Samba der Feige. Er war groß und stark und sehr schön, aber alle Welt verlachte ihn wegen seiner Feigheit. Die Mutter Sambas sagte zum Dialli Sirima: »Alle Welt sagt Schlechtes von meinem Sohn. Kann man denn gar nichts tun?« Dialli Sirima sagte: »Man kann nichts, man kann gar nichts tun. Ich reize ihn jeden Tag. Ich erzähle ihm allerhand, um ihn begierig zu machen auch Abenteuer zu bestehen; aber es nützt nichts. Er ist schon als Kind von diesem Charakter gewesen und wird als Erwachsener kaum anders werden.« Die Mutter sagte: »Ach, diese Schande in meiner Familie. Ich werde es nicht überleben. Oh, diese Schande! Aber höre, Dialli Sirima; könnte man nicht eine Freundin für ihn gewinnen? Jedes Frauenzimmer regt und reizt den Mann zu Kriegsabenteuern an. Könnte man ihm nicht eine Freundin gewinnen?« Dialli Sirima sagte: »Nichts ist einfacher als das; denn Samba Kullung ist der schönste Mann in Kala.«

Am anderen Tage kam Dialli Sirima mit einem schönen Mädchen namens Kumba zu Samba Kullung. Samba Kullung saß auf der Ecke seines Bettes. Der Dialli setzte sich mit dem schönen Mädchen auch auf das Bett. Kumba saß in der Mitte. Nach einiger Zeit stand Dialli Sirima auf, ging hinaus und ließ die beiden allein. Einen ganzen Tag lang, bis zum anderen Morgen, blieb Samba Kullung mit dem schönen Mädchen allein. Dann kam er heraus. Dialli Sirima fragte: »Nun, was war denn?« Samba Kullung sagte: »Was soll gewesen sein? Wir haben nebeneinander auf dem Bett gesessen. Sie hat nichts gesagt, da habe ich auch nichts gesagt. Sie hat sich nicht bewegt, da habe ich mich auch nicht bewegt.« Dialli Sirima sagte: »Du hast es nicht recht gemacht. Wenn man neben einem schönen Mädchen sitzt, so muß man sie am Arm anfassen. Versuche das einmal!«

Dialli Sirima ging mit Samba Kullung in das Haus. Er setzte sich mit zu Kumba und Samba Kullung. Dann ging er hinaus. Samba Kullung faßte nun Kumba leicht am Arm. Kumba aber, wie das so die Art der Frauen ist, stieß ihn beiseite und sagte: »Ach, geh doch!« Samba Kullung stand auf und ging. Er traf draußen den Dialli Sirima. Der fragte: »Nun?« Samba Kullung sagte: »Ich habe Kumba angefaßt, da hat sie mich fortgestoßen und gesagt: Ach, geh doch! Darauf bin ich natürlich gegangen.« Dialli Sirima sagte: »So, so Da kennst du die Art der Frauen noch recht wenig! So machen sie es alle. Versuche es noch einmal, und wenn sie dich wieder wegstößt, so klopfe ihr ein wenig auf den Hintern. So und nicht anders mögen es die Frauen.«

Samba Kullung ging sogleich wieder in das Haus. Nun kam er aber sobald nicht wieder heraus. Sie blieben einen Tag darin. Als Dialli Sirima ihn am nächsten Tag fragte, wie es gewesen sei, sagte Samba Kullung: »Höre, mein Dialli Sirima, es war sehr unrecht von dir, daß du mir nicht schon lange gesagt hast, daß es etwas so Schönes auf der Erde gibt. Als sie mich wieder wegstieß, klopfte ich ihr auf den Hintern und dabei wurde mir so wohl, daß ich Achtung gab, was weiter geschehen könne, und darauf habe ich dann Kumba beschlafen. Ach, Dialli Sirima, warum hast du mir nicht früher gesagt, daß es so etwas auf Erden gibt!«

Am nächsten Tag kam die Mutter des Burschen zum Dialli Sirima und fragte: »Nun? Hat es etwas genützt?« Dialli Sirima sagte: »Der Rat war gut. Etwas hat er sich schon gebessert.«

Einige Tage nachher wurde die Tabele (Kriegspauke) geschlagen, weil in der Nachbarschaft ein Gefecht war. Dialli Sirima ging zu Samba Kullung, setzte sich neben ihn und sagte: »Die Tabele wird geschlagen!« Samba Kullung sagte nichts. Dialli Sirima sagte nach einer Weile: »Die Tabele wird geschlagen. Wollen wir nicht mit in den Krieg ziehen?« Samba Kullung sagte: »Ach, denkst du vielleicht, weil ihr mir die Kumba gegeben habt, müßte ich auch etwas tun und in den Krieg ziehen? Das fällt mir nicht ein. Ich bleibe zu Haus.« Der Vater Samba Kullungs fragte Samba Kullung: »Nun, mein Sohn, du bist nicht mit in den Krieg gezogen?« Der Bursche sagte: »Nein, ich mag nicht in den Krieg, ich will zu Hause bleiben.« Der Vater sagte: »Ich schäme mich deiner. Mach', daß du mir aus den Augen kommst. Geh weg!« Die Mutter Samba Kullungs sagte zu ihrem Sohne: »Wenn ich dich sehe, muß ich mich schämen. Geh mir aus den Augen.« Samba Kullung ging.

Samba Kullung rief Munjo Kadi, seinen Sufa, und sagte: »Meine Eltern wollen nichts mehr von mir wissen, weil ich nicht in den Krieg ziehen will. Sattle also mein Pferd, ich will in die Ferne ziehen, wo es keinen Krieg und Streit gibt.« Munjo Kadi sattelte das Pferd. Dialli Sirima kam zu ihm und sagte: »Ich will bei dir bleiben, ich will mit dir in die Fremde ziehen.« Die drei machten sich auf, verließen die Stadt und zogen in die Wildnis. Ein und einen halben Monat irrten sie in der Wildnis umher. Dann kamen sie in die Nähe eines großen Dorfes.

Dem Dorfe stand ein großer Häuptling vor, der hatte eine sehr schöne, ledige Tochter. Die Sklavin des Mädchens war eines Tages am Buschrande, hatte Holz gesammelt, es auf den Kopf gehoben und wollte es nun nach Hause tragen. Sie sah die drei Wanderer, und als ihr Blick auf Samba Kullung fiel, da wurde sie so befangen von der Schönheit des jungen Reiters, daß sie ihr Holz hinwarf und so schnell sie konnte nach Hause rannte. Daheim sagte sie zu ihrer Herrin: »Es kommt ein schöner, schöner Reiter mit seinem Dialli und einem Sufa. Sorge, daß dein Vater ihn würdig empfängt und ihm ein gutes Gehöft anweist.« Die Tochter des Oberhauptes ging hin und sagte das ihrem Vater. Samba Kullung kam mit seinem Dialli und seinem Sufa in dem großen Ort an. Der Dugutigi empfing ihn freundlich. Er führte ihn in ein schönes, weites Gehöft und tötete einen Hammel, um ihn zu ehren. Alle Leute sagten: »Was ist dieser Mann schön!« Samba Kullung machte es sich bequem und wohnte zwei Tage daselbst. Während zwei Nächten beschlief er die Tochter des Dugutigi.

Am dritten Tage ward die Tabele geschlagen. Samba Kullung saß in seinem Haus. Er achtete nicht auf den Kriegslärm. Die Tochter des Bürgermeisters aber kam, ließ sich, um ihn zu ehren, vor der Tür auf die Knie nieder und sagte: »Samba, höre die Tabele! Samba, willst du nicht in den Krieg ziehen?« Samba sprang auf und sagte: »Ach, du denkst, weil dein Vater mir einen Hammel geschlachtet hat, soll ich nun in den Krieg ziehen? Nein, das tue ich nicht. Ich mag den Krieg nicht! Ich bin Samba Kullung. Vater und Mutter haben mich schon aus dem Hause gejagt, weil ich Samba Kullung bin und nicht in den Krieg ziehen will. Du denkst nun, daß ich für den Hammel deines Vaters zum Krieg ausziehen würde!?« Das Mädchen sprang auf und sagte: »Ach, so einer bist du? Du bist Samba Kullung? Nein, dann will ich nichts mehr von dir wissen. Zieh deiner Wege, mich kümmerst du nicht mehr.« Samba Kullung rief seinen Sufa. Er sagte zu ihm: »Munjo Kadi, sattle mein Pferd, wir wollen diesen Platz verlassen.« Munjo Kadi sagte: »Es ist gut.« Er tat so. Samba Kullung bestieg sein Pferd. Dialli Sirima aber sagte: »Ich werde heimkehren und werde nicht länger bei dir bleiben. Denn du wirst nicht anders, und nur Schmach und Schande habe ich als deinen Lohn zu erwarten.« Dialli Sirima ging heim. Samba Kullung aber zog mit seinem Sufa allein weiter.

In einer großen Stadt herrschte ein großer König. Der war reich, hatte viel Land und Leute und eine sehr schöne und kluge Tochter, die noch keinem Mann in die Ehe gefolgt war. Die Sklavin dieser Prinzessin wusch vor den Toren der Stadt die Kleider ihrer Herrin an einem Teichrand. Sie sah von der Arbeit auf, und ihr Blick fiel auf Samba Kullung, der mit seinem Munjo Kadi angeritten kam. Allsogleich war das Mädchen von der Schönheit dieses Reiters so befangen, daß es seine Wäsche vergaß, aufsprang und zu seiner Herrin in die Stadt lief. Das Mädchen kam in deren Haus und sagte: »Fatumata, ich sah soeben einen schönen, sehr schönen Reiter kommen, der in unsere Stadt einzieht. Bitte nur sogleich deinen Vater, den König, daß er den Fremden würdig empfange, denn nie sahen meine Augen einen so schönen Mann wie diesen Reiter.« Fatumata ging zu ihrem Vater und sagte: »Mein Vater, ich höre, es soll ein sehr stattlicher und schöner Reiter in deine Stadt einziehen. Ich bitte dich, ihn würdig zu empfangen und ihm deine Freundschaft zu gewähren.« Darauf ließ der Fama ein großes Gehöft herrichten, und als nun Samba kam, empfing er ihn und ließ einen Ochsen schlachten und Fatumata sagte zu ihrer Sklavin: »Du hast recht gehabt, das ist der schönste Mann, den ich je gesehen habe.« Dazu schenkte Fatumata ihrer Sklavin einen hübschen Lendenschurz. Samba Kullung machte es sich in seiner schönen Wohnung sehr bequem, und es erschien ihm das alles außerordentlich angenehm. Während fünf Tagen ging es ihm ganz vorzüglich. Alle Tage wurde ihm mehrmals ausgezeichnetes Essen gebracht, zudem schlief er nachts bei der schönen Fatumata und der König erwies ihm große Ehre. Am sechsten Tage aber ward die Tabele gegen Abend geschlagen und es hieß überall: »Die Feinde kommen, die Feinde kommen, man muß ihnen entgegenreiten.« Samba Kullung tat so, als ob er von alledem nichts bemerke.

Eine Zeitlang beobachtete Fatumata von ihrem Hause aus, was Samba nun tun würde. Als sie sah, daß in dessen Gehöft gar nichts geschah, ging sie hin und warf sich vor ihm auf die Knie. Sie sagte: »Samba, die Tabele ist geschlagen. Laß dein Pferd rüsten, zieh auch mit den Königsleuten gegen den Feind!« Samba sagte: »Ich werde nicht gehen! Weil ich den Krieg nicht leiden mag, haben mich Vater und Mutter aus dem Hause gewiesen. Weil ich den Krieg nicht leiden mag, nennen sie mich Samba Kullung. Weil ich Samba Kullung bin, hat mich ein anderes schönes Mädchen von sich gestoßen. Und wenn dein Vater mir auch Ochsen schlachtet, so werde ich den Krieg doch nicht beginnen. Wenn du mich nicht so magst, wie ich bin, werde ich gehen.«

Fatumata war schön und stolz und sehr klug. Sie hatte in diesen Tagen schon vieles mit Samba gesprochen. Sie hatte seinen Charakter gesehen, und da Samba sehr schön war, hatte sie ihn sehr lieb. Sie sagte zu Samba: »Wenn du auch Samba Kullung bist, werde ich doch nicht von dir lassen. Aber ich will deine Kleider anziehen und dein Pferd besteigen und mit gegen den Feind ziehen. Es ist so dunkel, daß niemand das Gesicht und jeder nur das Kleid erkennen kann.« Es waren ein paar Sklaven dabei, die hörten und sahen alles. Fatumata zog die Beinkleider und den Mantel Samba Kullungs an und sagte zu den Sklaven: »Wenn heute oder später je einer das sagt, was hier geschieht, so lasse ich euch töten.« Fatumata stieg auf Samba Kullungs Pferd und ritt von dannen in die Nacht hinaus. Samba Kullung sah ihr heimlich und lange nach.

Die Tabele war umsonst geschlagen, es war blinder Lärm. Es kam kein Feind, sondern nur eine falsche Nachricht. Alle kehrten noch in gleicher Nacht um und Fatumata wechselte wieder die Kleider. Samba Kullung betrachtete lange sein Kleid, das Fatumata getragen hatte. Am anderen Tag ging Samba über den großen Platz in der Stadt. Da saß ein Dialli, der sang: »In dieser Nacht habe ich einen herrlichen Reiter gesehen, der war kein Mann unserer Stadt, aber er wollte gegen den Feind zu Felde ziehen. Wenn es zum Kampf gekommen wäre, dann hätte er sicherlich manchen fremden Räuber niedergeschossen. Sicher hätte er Großes geleistet.« Samba Kullung blieb an der Ecke stehen und hörte dem Dialli lange Zeit zu. Dann ging er nach Hause.

Fatumata war sehr traurig, daß der schöne Samba so gar nicht für den Krieg gesonnen sei. Sie überlegte lange; sie betrachtete den Charakter Samba Kullungs und fand, daß er sehr jung war.

Eines Tages sagte Fatumatas Vater zu seiner Tochter: »Wenn ich nicht sehr irre, wird es heute abend noch zu einem Gefecht mit den Nachbarn kommen. Sage das Samba, aber sorge, daß die Stadtleute nichts vorzeitig erfahren.« Fatumata überlegte. Sie sagte Samba Kullung und niemand anderem etwas, wohl aber kaufte sie auf dem Markt eine große Kalebasse voll Honigbier. Als es Abend war, ging sie zu Samba hinüber und ließ das Honigbier auch dorthin tragen. Samba Kullung fragte: »Was ist das?« Samba Kullung war noch so unerfahren, daß er nicht wußte, was ein berauschendes Getränk war. Fatumata sagte: »Ach, das hier ist nichts anderes als ein gutes Magenelixier. Versuche es nur!« Samba Kullung trank.

Samba Kullung trank. Er sagte: »Weshalb hat mir niemand früher gesagt, was es für herrliche Sachen gibt?!« Samba Kullung trank und ward betrunken. Er nahm Fatumata auf die Knie. Fatumata sagte: »Alle Leute der Stadt sagen, daß, wenn du nur willst, du allein eine ganze Räuberbande überwinden kannst.« Samba Kullung lachte. Samba Kullung trank.

Samba Kullung trank. Draußen auf dem großen Platz ward die Tabele geschlagen. Fatumata hörte es. Fatumata stand auf. Samba Kullung hörte es. Er sagte zu Fatumata: »Ach, du denkst wohl, du könntest jedesmal so für mich in den Krieg ziehen? Nein, Fatumata, du sollst die Dialli einmal von mir singen hören! Morgen werden sie das Pui singen. Heute ist die Tabele nur für mich geschlagen denn alle Leute der Stadt sagen: Wenn Samba Kullung will, kann er eine ganze Räuberbande allein überwinden Hörst du, wie sie die Tabele für mich schlagen?« Samba Kullung rief Munjo Kadi. Er sagte zu seinem Sufa: »Rüste mein Pferd, ich will wieder einmal in den Krieg reiten.«

Munjo Kadi sattelte das Pferd; Samba Kullung ritt von dannen. Er ritt mit den anderen. Er tötete einen Feind. Er kam zu Fatumata zurück und sagte: »Heute hatte ich kein Glück; denn ich habe nur einen Feind töten können.« Dann schlief er ein.

In der Nähe der Stadt, in der der Vater Fatumatas König war, lebte ein Jäger mit Namen Gomble. Das war ein großartiger Mann, begütert und über alle Maßen gewalttätig und jähzornig.

Er hatte große Ländereien und viele Sklaven, die seine Äcker bestellten. Er konnte es aber nicht mit ansehen, daß ein Pferdehuf seinen Acker betrat. Gar viele Leute, die mit oder ohne Willen über seinen Acker geritten kamen, hatte er angegriffen, und da er sehr stark war, hatte er sie alle getötet. Anschließend hatte er ihnen dann die Köpfe abgeschlagen und die Köpfe in die großen Bäume gehängt, die seine Äcker umgaben. Alle Welt hatte vor Gomble solche Furcht, daß niemand wagte, auf dem Kriegszug seinen Namen auszusprechen. Auch traute sich kein Mensch den Weg einzuschlagen, der zu seinen Besitzungen führte.

Als Fatumata sah, welche Wirkung das Bier auf ihren Samba Kullung ausgeübt hatte und nun hörte, daß die Dialli von seiner Schönheit und seiner Tapferkeit sangen, kaufte sie viel Durra und machte selbst daheim das beste Dolo. Das Dolo setzte sie Samba Kullung eines Morgens vor, und er begann zu trinken. Er nahm Fatumata auf die Knie. Als Samba Kullung genug getrunken hatte, sagte Fatumata: »Alle Leute loben dich wegen deiner Tapferkeit.« Samba Kullung sagte: »Ach, ich habe noch nichts getan. Aber ich habe gehört, daß es einen Jäger namens Gomble gibt.« Fatumata sagte: »Ach, schweig von dem! Kein Mensch wagt es, seinen Namen auszusprechen. Noch viel weniger wird ein Mensch wagen, ihn anzugreifen.«

Samba Kullung ergriff den Dolotopf. Er trank. Er setzte Fatumata auf die Erde und sagte: »Geh zu deinem Vater und sage ihm, er möchte für mich die Tabele schlagen lassen, dann möchte er mir Leute mitgeben, die mir den Weg zu Gomble zeigen.« Fatumata ging sogleich zu ihrem Vater und sagte: »Laß für Samba die Tabele schlagen. Er will mit Gomble kämpfen und bittet dich, ihm Leute mitzugeben, die ihm den Weg zeigen.« Der Fama sagte: »Das ist eine gute Botschaft.« Er ließ die Tabele schlagen.

Samba Kullung bestieg sein Pferd, er nahm seine Büchse. Es folgten ihm 100 Freie, 100 Dialli, 100 Numu und 100 Sklaven, alle zu Pferde. Als sie ein Stück weit geritten waren, teilte sich der Weg. Rechts ging eine breite Straße ab, die gingen viele Leute. Links führte ein schmaler Pfad zum Lande Gombles. Die Leute sagten: »Wir müssen nach links. Das ist der Weg zu Gomble.« Als das die vielen, vielen Gaffer, die aus der Stadt mitgekommen waren, hörten, blieben sie stehen und sahen Samba Kullung nach, der nach links von dannen ritt. Nach einer Weile sagten die 100 Sklaven: »Das wird eine schlimme Sache. Wir lassen wohl lieber davon ab.« Und die 100 Sklaven blieben fort. Nach einer Weile sagten die Dialli und Numu: »Ich denke, das wird genügen, wenn wir bis hierher gefolgt sind, denn dort vor uns hinter dem Hügel liegen schon die Äcker Gombles.« Die Numu und Dialli blieben dort. Die 100 Freien aber stiegen von den Pferden ab und begleiteten Samba Kullung noch eine Weile zu Fuß. Dann lagerten auch sie zur Seite.

Samba Kullung ritt nun allein und sah auch bald die Felder Gombles vor sich. Siebenhundert Söhne und Sklaven arbeiteten auf den Feldern Gombles. Gomble selbst aber saß am Rande der Felder unter einem Butterbaum und trank aus einer Kalebasse sein Bier. Samba Kullung tat so, als sähe er Gomble nicht und ritt auf den Acker des Jägers zu und ein Stück auf ihm hin. Gomble sah dem kühnen Unternehmen eine Weile erstaunt zu, dann rief er: »He, du schöner Mann, bist du ein Fremder, oder bist du aus diesem Land?« Samba Kullung erwiderte: »Ich bin ein Fremder in diesem Land.«

Gomble sagte: »Wie, kein Alter, kein freundlicher Ratgeber fand sich in der Gegend, aus der du kommst, in jener Stadt, die du gekreuzt haben mußt, der dir gesagt hätte, was es um mich und meine Äcker für eine Bewandtnis hat? So wisse denn, ich bin Gomble, ein Jäger und übelgesinnter Mann, und zumal alle, deren Pferde meinen Ackerboden berührten, haben bis heute ein hartes Schicksal erfahren. Ich habe sie eingefangen, getötet und ihre Köpfe in jene Bäume gehängt. Nun weißt du, wo du bist!« Samba Kullung sagte: »So bin ich ja genau vor dem rechten Stadttor angekommen. Mit dem Gomble wollte ich ein Wort reden.« Gomble sagte: »Es ist recht, ich will mit dir sprechen, denn du bist ein schöner Bursche und ich mache deshalb gern mit dir Kameradschaft. Steige aber sogleich von deinem Pferd und führe es an den Grenzrain dort. Dann fülle die Erde, die von den Hufen deines Pferdes berührt ist, in deine Mütze und trage sie beiseite. Das beanspruche ich. Nachher können wir gut Freund sein.« Samba Kullung sagte: »Ah, so hast du mich falsch verstanden! Nicht so will ich. Ich will dich packen.« Gomble sagte: »Treibe nicht solche Scherze mit mir. Wenn du nicht so ein schöner Jüngling wärst, dessen Anblick mir angenehm ist, würde ich dich schon lange an einem jener Bäume aufgehängt haben. So aber will ich dir etwas sagen. Vielleicht bist du ein junger Hungerleider, der das Glück für den Lebensunterhalt einsetzt. Brauchst du etwas, so nimm dir die zwei Sklaven dort ich will sie dir schenken, weil du hübsch bist.«

Samba Kullung sagte: »Ach, du hast mich doch falsch verstanden. Nur dich, niemand anderes will ich packen.« Gomble sagte: »Reize mich nicht allzusehr, denn schon länger als mit anderen hielt sich meine Geduld mit dir auf. Nimm deine Sklaven dort meinetwegen und trolle dich von dannen.«

Samba Kullung sagte: »Ach, noch immer hast du mich nicht verstanden. Nur dich, dich allein will ich jetzt packen. Eile dich!« Gomble sagte: »Wie du willst!« Gomble packte sein Gewehr. Er stieß nach Jägerart mit dem Kolben auf Samba Kullung zu, mit dem Kolben in die Luft, dann drehte er es um, um auf Samba zu schießen. Gomble drückte ab, aber sein Gewehr versagte. Da packte ihn Samba an der Brust und schwenkte ihn hoch in die Luft. Gomble aber rief den Söhnen und Ackerknechten zu: »Laßt euch durch dieses kleine Ungemach nicht in eurer Arbeit stören!«

Gomble sagte dann zu Samba: »Samba, du raubst (soll heißen: du nutzest das Unglück, das ich mit der Flinte hatte, ungebührlich aus)!« Samba Kullung sagte: »Niemand soll behaupten, daß ich geraubt habe. Geh, gib die beiden Kolanüsse deinen Baschi zu essen, daß sie dich besser schützen.« Er ließ Gomble auf die Erde gleiten und warf zwei Kolanüsse hin. Gomble ging zur Seite. Nach einiger Zeit fragte Samba Kullung: »Gomble, bist du fertig?« Gomble sagte: »Ich bin fertig. Du kannst kommen.« Gomble nahm die Büchse und schoß. Er traf die Mütze Samba Kullungs, der sich gebückt hatte. Die Kugel riß sie ihm, ohne ihn selbst zu streifen, vom Kopf. Samba Kullung aber stürmte auf Gomble los, packte ihn zum zweiten Mal und schwenkte ihn hoch in der Luft. Samba Kullung sagte: »Gomble, wenn ich dich dreimal so packe und schwenke, willst du mir dann als Sufa folgen? Willst du dann mein Sklave sein?« Gomble sagte: »Das kann nicht dreimal geschehen!« Samba sagte: »Wir werden es sehen!« Samba ließ Gomble auf die Erde gleiten. Gomble aber rief seinen Söhnen und Hörigen zu: »Was hier vor sich geht, darf eure Arbeit nicht stören.«

Gomble ging zur Seite. Samba Kullung fragte Gomble: »Bist du fertig?« Gomble sagte: »Ja, du kannst kommen.« Er wollte dann sein Gewehr abdrücken, aber Samba Kullung stürmte so schnell und gewaltig heran, daß er das Gewehr Gombles zur Seite schlagen konnte, ehe es noch abgeschossen war. Jetzt packte er Gomble zum dritten Mal und schwenkte ihn hoch in der Luft. Dann sagte er: »Nun, Gomble, das wäre ja wohl das dritte Mal!« Die 700 Söhne und Arbeiter Gombles wollten sich auf den schönen Jüngling stürzen, aber Gomble rief: »Was geht euch diese Sache an? Wollt ihr machen, daß ihr zu eurer Arbeit kommt?« Die 700 Söhne und Arbeiter gingen wieder fort. Gomble sagte aber zu Samba Kullung: »Samba, du hast mich dreimal überwunden. Ich will dir als Höriger folgen, wohin du mich führst.«

Da machte sich Samba Kullung auf den Heimweg. Gomble folgte ihm. Sie kamen zu den 100 Freien, zu den 100 Numu, zu den 100 Dialli, zu den 100 Sklaven. Alle Leute jubelten: »Samba hat den Gomble überwunden. Gomble ist ganz allein der Hörige Sambas geworden. Seht, er geht hinter Samba. Samba ist der Tapferste. Seht Samba!« Gomble sagte aber zu den Leuten: »Laßt es euch nicht einfallen, meiner zu spotten; denn das würde für euch schlimm ausfallen. Wohl bin ich Sambas Höriger, aber nicht der eure. Ihr habt mich nicht überwunden.« Samba sagte: »Gomble hat recht. Ihr dürft ihn nicht verspotten.« Gomble sagte: »Ihr sollt aber meinen Herrn preisen, denn Samba ist stark und tapfer und schön.« Da riefen die Leute: »Samba ist der tapferste aller Männer!« So kamen sie bis zur Wohnung Fatumatas, und Gomble ging hinter Samba Kullung her als dessen Sklave. Darauf ernannte man Samba Kullung zum Kelle-tigi, der in Zukunft alle Kriege und Fehde der Städter leiten sollte. Nie war aber in dieser Stadt ein Krieger, der so herrlich und gewaltig war wie Samba Kullung.

Eines Tages hatte Fatumata ausgezeichnetes Dolo bereitet. Da machte sich Samba Kullung auf und zog gegen den Feind, ganz allein, und er brachte alle ihre Ochsen und Kühe heim eine große Herde. Ein anderes Mal machte sich Samba Kullung wieder auf, als Fatumata herrliches Dolo bereitet hatte. Er brachte eine Herde von Kühen und Ochsen heim, die war noch viel, viel größer. Ein drittes Mal bereitete Fatumata vorzügliches Dolo. Abermals zog Samba Kullung aus und gegen die Feinde, und er gewann eine Herde, die war über alle Maßen stolz, und nun war er der reichste Mann der Stadt und des Landes.

Alle Leute sagten, daß er an Heldentat und Macht allem weit voranstehe, was bis dahin im Lande bekannt war.

Samba Kullung trieb alle seine Herden zusammen und übergab sie Fatumata. Er sagte zu Fatumata: »Nimm alles, was ich erworben habe. Ich selbst werde zu meinen Eltern nach Kalla fahren. Sie haben mich hinausgewiesen, weil ich nie einen Kampf beginnen mochte. Nun will ich ihnen zeigen, was in Wahrheit an mir ist. Ich werde wohl wiederkommen. Leb wohl und hüte das, was ich dir erwarb.«

Samba Kullung machte sich auf den Weg nach Kalla. Er kam heim. Er sah seine Eltern wieder und blieb längere Zeit bei ihnen.

Als aber Samba Kullung von dannen geritten war, erhoben sich alle, die der Kelle-tigi unterworfen hatte, und an ihrer Spitze war Gomble. Gomble sagte: »Die beste Kraft ist von der Stadt gewichen; nun wollen wir die Stadt angreifen.« Alle Gegner kamen und sammelten sich um die Stadt. Die Stadt war umringt von Feinden. Es war eine große Gefahr.

Samba Kullung war auf dem Heimweg. Da kam ihm ein Marabut entgegen. Das war aber kein ehrlicher Mann, sondern er war gemietet und bezahlt von Gomble und seinen Leuten. Der Marabut sagte zu Samba Kullung: »Die Stadt Fatumatas und ihres Vaters ist belagert, und Gomble ist an der Spitze der Feindlichen. Wenn du nun heimkehrst, und wenn es dir gelingt, sieben von den Belagerern gefangen zu nehmen, so ist die Stadt von allem Unheil befreit.« Es war das aber keine rechte Sache, sondern nur eine falsche Prophezeiung, die es darauf absah, Samba Kullung in einen Hinterhalt zu locken.

Samba Kullung kam vor der Stadt an. Er stürzte sich auf zwei Mann der Belagerer er nahm sie gefangen. Er stürzte sich auf noch zwei der Belagerer und nahm sie gefangen. Er stürzte sich auf noch drei der Belagerer; er nahm sie gefangen. Dann aber kamen die Leute Gombles, und nun wurde er selbst festgenommen.

Zwei Leute Gombles führten Samba Kullung zu ihrem Herrn auf dessen Besitzungen. Samba Kullung sagte zum einen: »Gib mir etwas Wasser; ich habe Durst.« Der Mann sagte: »Ach was, du hast im vorigen Jahr meinen Vater totgeschlagen. Ich tue es nicht.« Samba Kullung wandte sich an den zweiten Mann und sagte: »Gib mir etwas Wasser; ich habe Durst.« Der Mann sagte: »Ach was, du hast im vorigen Jahr meinen Vater totgeschlagen. Von mir erhältst du nichts.« Als die beiden Sklaven dann sahen, daß Samba Kullung, der weit gereist war und hart gestritten hatte, matt wurde, schlugen sie ihn tot.

Die beiden Leute kamen zu Gomble und sagten: »Dein Feind Samba Kullung ist gestorben.« Da wurde Gomble traurig und sagte: »Wie ist er ums Leben gekommen?« Die beiden Leute sagten: »Samba Kullung hatte Durst. Wir gaben ihm nichts zu trinken, denn er hat unsere Väter erschlagen. Als er dann matt wurde, schlugen wir ihn tot.« Da wurde Gomble traurig und sagte: »Ihr habt sehr schlecht gehandelt, denn einen Mann, der so tapfer ist und der so Großes zu tun imstande ist, den soll man suchen zum Freunde zu gewinnen. Ihr aber seid elende Räuber.«


 << zurück weiter >>