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Sahel
Aus der Familie des Königs Ardo, welche fünfhundert Jahre über Massina herrschte, ging auch Goroba-Dike hervor. Er war aber ein jüngerer Bruder, somit fiel für ihn keine Herrschaft ab und er irrte unzufrieden und schlechter Laune im Lande der Bammana umher und ließ diese seine schlechten Schicksale und Bitternis gründlich fühlen. Goroba-Dike wurde zu einem rohen, grausamen, gewalttätigen Mann. Wenn er abends in einem Bammanadorf abstieg, ließ er ein kleines Kind schlachten und stampfen, im Mörser Wasser darauf gießen und das seinem Pferd als Futter vorsetzen. Wenn er vor eine Schmiede kam, so mußte der Schmied ihm Messer und Lanzen schmieden, ohne dabei aber Feuer und Blasebalg anzurühren. Traf er auf einen Lederarbeiter, so verlangte er von ihm, daß er den Schädel eines Nilpferdes mit Leder benähe und solche Sachen mehr, so daß die Bammanastämme vor seiner Wildheit große Furcht hatten.
In ihrer Not wandten sich die Bammana einmal an den Mabo Alal. Das war der kluge Spielmann Goroba-Dikes. Sie brachten ihm eine große Mulle mit Gold zum Geschenk und sagten zu ihm: »Du bist der einzige, der auf den Willen Goroba-Dikes Einfluß hat. Wir bringen dir dies Geschenk, damit du ihm sagst, daß er auf diese Art das Land nur zerstört, daß er oder wir aber damit gar nichts gewinnen können. Suche doch seinen Sinn zu ändern!« Der Mabo Alal sagte: »Es ist gut, ich werde sehen, was ich in der Sache tun kann.« Er nahm die Mulle mit Gold an, und er war wirklich der einzige, von dem Goroba-Dike sich etwas sagen ließ. Nach einigen Tagen sagte er zu Goroba-Dike: »Höre, diese Bammana haben dir eigentlich nichts Übles getan. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich einmal etwas gegen meine Landsleute, die Pulo, wenden, die dir ein Königreich schuldig sind.«
Goroba-Dike sagte: »Du hast recht. Welche Stadt soll ich denn einmal aufsuchen?« Der Mabo Alal sagte: »Wie wäre es, wenn du einmal nach Sariam reistest, in welchem Orte Hamadi Ardo König ist?« Goroba-Dike sagte: »Gut, das können wir machen. Reiten wir dahin.«
Die beiden kamen in die Nähe Sariams. In einem Landgehöft der Umgebung machten sie bei einem Dimadio Halt und stiegen ab. Goroba-Dike sagte zu seinem Mabo: »Bleibe du zunächst hier. Ich will mir die Stadt einmal allein ansehen.« Dabei legte er seine guten Kleider ab, ließ sich von dem Dimadio das älteste und schlechteste Zeug eines Arbeiters geben, legte es an und wanderte in einem gar schäbigen Zustand in die Ortschaft. Bei einem Schmied sprach er zunächst vor und sagte: »Ich bin ein Pulo, dem es augenblicklich sehr schlecht geht. Wenn du mir ein wenig zu essen geben willst, bin ich bereit, dir tüchtig bei der Arbeit zu helfen.« Der Schmied sagte: »Das einzige, wozu ich dich eigentlich recht gebrauchen könnte, wäre, daß du mir den Blasebalg stößt.« Goroba-Dike sagte: »Das will ich gerne tun.« Er stellte sich an. Er arbeitete ordentlich.
Während der Arbeit fragte er den Schmied: »Wem gehört denn diese Stadt eigentlich?« Der Schmied sagte: »Die Stadt gehört dem Hamadi, der ein Ardosproß ist.« Goroba-Dike fragte: »Also dem Hamadi Ardo! Hat er denn ein paar Pferde?« Der Schmied sagte: »Ach, der hat eine Unzahl Pferde, überhaupt reich ist der! Die Stadt und er sind reich, sehr reich. Er hat alles, was er braucht. Er hat auch drei Töchter, und zwei von den Töchtern haben ordentliche, tapfere Fulbe zu Männern.« Goroba-Dike sagte: »Und die dritte Tochter ist wohl noch ein Kind?« Der Schmied sagte: »Nein, ein Kind ist sie nicht, eher könnte sie schon mehrere Kinder haben. Aber die Kode Ardo ist das stolzeste Fulbemädchen Massinas. Sie trägt einen silbernen Ring auf dem kleinen Finger und will nur den heiraten, auf dessen kleinen Finger dieser Ring auch paßt. Denn sie sagt, ein echter Fulbe muß ganz feine Glieder und zarte Finger haben. Sonst ist er kein echter Fulbe.«
Am anderen Morgen versammelten sich wie an jedem Tage alle vornehmen jungen Fulbe vor dem Hause Hamadi Ardos, lagen und standen plaudernd umher. Dann kam die stolze, kleine Tochter des Königs, Kode Ardo, aus ihrem Hause, zog den Silberring von ihrem Finger und suchte unter den Anwesenden einen Mann, der ihn auch über den kleinen Finger streifen könne. Der eine konnte ihn nicht einmal auf die Spitze setzen. Der zweite schob ihn mit knapper Not bis an das erste Gelenk. Einige wenige brachten ihn bis gegen das zweite Gelenk hin, aber darüber hinaus war er nicht mehr zu verschieben auch nicht von einem einzigen mit der unglaublichsten Anstrengung. Denn von allen diesen hätte jeder herzlich gern Kode Ardo zur Frau gehabt. Sie zu besitzen galt als Beweis der Rassenreinheit. Sie war die Tochter des Königs. Sie brachte ihren Mann in ein wohlhabendes Anwesen.
Am darauffolgenden Morgen spielte sich die gleiche Sache ab. Wieder fand sich unter all den Fulbe, die von nah und fern herbeigekommen waren, nicht einer, der den Ring aufzusetzen imstande gewesen wäre. An diesem Tage war aber die Geduld des Hamadi Ardo bis aufs äußerste erschöpft. Er sagte zu seiner Tochter: »Du wirst nunmehr den ersten besten heiraten.« Der Schmied, bei dem Goroba-Dike in Arbeit stand, war unter denen, die das hörten. Er sagte: »Ach, in meinem Hause arbeitet jetzt ein Mann. Der ist nicht sauber gekleidet. Er kommt aus dem Lande. Er sagt er sei ein Pulo und man sieht es ihm auch an, daß er ein Fulbe ist.« Hamadi Ardo sagte: »Bringt mir diesen Mann herbei. Er soll auch versuchen, den Ring meiner Tochter überzuziehen.« Der Schmied und einige Leute gingen zu Goroba-Dike und sagten zu ihm: »Komm schnell, der König will dich sprechen.« Goroba-Dike sagte: »Was, mich will der König sprechen? Ich kann da nicht hingehen, ich habe ja ganz schmutzige und zerrissene Kleider an.« Der Schmied sagte: »Komm nur, der König will es so.«
Goroba-Dike ging mit dem Schmied auf den großen Platz, wo der König Hamadi, Kode Ardo und alle Vornehmen standen. Er ging in zerlumpten Kleidern. Der Schmied sagte: »Hier ist er.« Hamadi Ardo fragte ihn: »Du bist ein Fulbe?« Goroba-Dike sagte: »Ja, ich bin ein reiner Fulbe.« Hamadi Ardo sagte: »Wie heißest du?« Goroba-Dike sagte: »Das werde ich nicht sagen.« Hamadi Ardo nahm den Ring seiner Tochter und sagte: »Versuche diesen Ring über den kleinen Finger deiner Hand zu schieben.« Goroba-Dike nahm den Ring und schob ihn über den Finger. Der Ring paßte. König Hamadi Ardo sagte: »Du wirst meine Tochter heiraten.«
Da fing Kode Ardo an zu weinen und sagte: »Nein, diesen Mann von dem Lande, diesen häßlichen, schmutzigen Menschen will ich nicht heiraten.« Der König aber sagte: »Es war dein eigener Wille. Nun wirst du den Mann heiraten.« Kode Ardo weinte den ganzen Tag, aber sie mußte den schmutzigen Goroba-Dike heiraten. Man feierte am gleichen Tage die Hochzeit. In dieser Nacht schon schlief Goroba-Dike bei seiner Frau. Am anderen Tage weinte Kode Ardo. Sie weinte den ganzen Tag und sagte: »Oh, an welchen schmutzigen Menschen hat mich doch mein Vater verheiratet.«
Eines Morgens kamen die Burdam ins Land und raubten das gesamte Rindvieh König Hamadi Ardos und der Stadt Sariam. Es kamen die Hirten angelaufen und meldeten: »Die Burdam haben alles Rindvieh geraubt. Ihr müßt sie sogleich verfolgen.« Alle Leute der Stadt rüsteten sich. Goroba-Dike lag müßig in einer Ecke. König Hamadi Ardo trat zu ihm und fragte ihn: »Willst du nicht ein Pferd besteigen und auch mit in den Krieg ziehen?« Goroba-Dike sagte: »Auf ein Pferd steigen? Ich habe noch nie ein Pferd bestiegen. Ich bin das Kind armer Leute. Gebt mir einen Esel. Auf einem Esel kann ich mich halten.« Korde Ardo weinte. Goroba-Dike bestieg seinen Esel, hieb auf ihn drauf und ritt nach einer anderen Richtung fort als die Kriegsschar. Kode Ardo weinte und weinte. Sie sagte: »Vater, Vater, welches Elend hast du mir aufgeladen.«
Goroba-Dike ritt zu dem Dimadioweiler, wo er sein Pferd, seine Waffen und seinen Mabo zurückgelassen hatte. Er sprang vom Esel und sagte: »Alal, ich habe geheiratet!« Der Mabo sagte: »Was, du hast geheiratet? Wen hast du geheiratet?« Goroba-Dike sagte: »Ich habe das stolzeste Mädchen der Stadt geheiratet, Kode Ardo, die Tochter des Königs Hamadi Ardo.« Der Mabo sagte: »Was, solch ein Glück hattest du?« Goroba-Dike sagte: »Ja, heute gibt's aber noch etwas anderes. Die Burdam haben das Rindvieh meines Schwiegervaters gestohlen. Nun gib mir schnell die Kleider und Waffen, rüste mein Pferd, ich will den andern den Weg abschneiden.« Der Mabo rüstete alles, reichte ihm alles und fragte: »Darf ich dich begleiten?« Goroba-Dike sagte: »Nein, heute nicht.« Damit ritt er so schnell er nur konnte von dannen.
Er hatte die anderen bald eingeholt, und nun ritt er in einiger Entfernung immer neben ihnen her. Die beiden Schwiegersöhne König Hamadi Ardos und die anderen Fulbe sahen ihn von der Seite herkommen und sagten untereinander: »Das muß Djinar (der Teufel) sein. Den sollten wir für uns gewinnen, dann wäre der Sieg und die Rückkehr der Herden sicher.« Einer sagte: »Man sollte mit ihm sprechen.« Es ritten einige hin und fragten Goroba-Dike: »Wo reitest du denn hin? Was hast du vor?« Goroba-Dike sagte: »Ich reite dahin, wo es Kämpfe gibt und helfe dem, dem mir zu helfen paßt.« Die Leute sagten: »So bist du also Djinar?« Goroba-Dike sagte: »Gewiß bin ich Djinar.« Die Leute fragten: »Willst du uns helfen?« Goroba-Dike fragte: »Warum soll ich euch nicht helfen? Wieviel Schwiegersöhne König Hamadi Ardos sind bei euch?« Die Leute sagten: »Es sind zwei bei uns.« Goroba-Dike sagte: »Wenn mir jeder von beiden als Lohn eines seiner Ohren gibt, werde ich helfen.« Die Leute sagten: »Das geht nicht. Was würde man in der Stadt sagen!« Goroba-Dike sagte: »Das ist sehr einfach. Die zwei Schwiegersöhne sagen: Im Gefecht ist mir das Ohr abgeschlagen worden. Ich hielt den Kopf so, da glitt der Schlag ab. Das gilt dann noch als sehr ehrenvoll.« Die Leute ritten zurück und berichteten den beiden Schwiegersöhnen des Königs. Erst waren sie nicht einverstanden, dann ließen sie sich jeder ein Ohr abschlagen und sandten es Goroba-Dike. Der steckte die Ohren in die Tasche. Nun kam Goroba-Dike und setzte sich an die Spitze des Zuges. Er sagte zu den Fulbe: »Ihr dürft aber nicht sagen, daß euch Djinar half.« Die Fulbe sagten: »Nein, nein, wir werden es gewiß nicht sagen.«
Sie trafen auf die Burdam. Sie fochten mit den Burdam. Goroba-Dike tötete mehrere und gewann die Pferde. Er gab sie den Schwiegersöhnen. Die Fulbe gewannen das Gefecht. Darauf trieben die Fulbe die Herden wieder zurück. Goroba-Dike aber zweigte seitwärts ab und ritt zu dem Dimadiogehöft, in dem sein Mabo auf ihn wartete. Hier stieg er von seinem Pferd, legte Waffen und Kleidung ab, zog die Lumpen an, schwang sich auf den Esel und ritt wieder in die Stadt hinein. Als er durch Sariam ritt, sah ihn der Schmied, der ihn die ersten Tage beherbergt hatte. Der rief: »Bleib mir von meiner Schwelle. Du bist kein Fulbe, du bist ein ganz gemeiner Bastard oder ein Sklave; aber ein Kriegsmann oder ein Fulbe bist du nicht.« Die Frau des Schmiedes hörte das. Sie sagte zu ihrem Mann: »Laß solches Gerede, ein Fulbe ist ein Fulbe, und du bist auch nicht so klug, daß du wissen könntest, was dahinter steckt.«
Inzwischen waren die siegreichen Fulbe mit den wiedergewonnenen Herden glücklich daheim angekommen. Alles begrüßte sie mit Jubel. Hamadi Ardo, der König, kam ihnen selbst entgegen und sagte: »Das ist doch noch echte Kriegsart. Ihr seid doch noch Fulbe. Ihr habt ja wohl auch Wunden.« Der eine Schwiegersohn sagte: »Wie ich so auf der einen Seite angriff, schlug mir ein langer Burdam mit seinem Säbel so über den Kopf. Ich bog den Kopf, da schnitt das Schwert mir ein Ohr ab und ich war gerettet.« Der andere Schwiegersohn sagte: »Wie ich so auf der anderen Seite angriff, schlug mir ein kleiner Burdam mit seinem langen Schwert von unten her gegen den Hals. Um ein Haar hätte ich den Kopf eingebüßt. Ich drehte mich aber so, und da flog nur das Ohr weg. Der Kopf war aber gerettet.« König Hamadi Ardo sagte: »So etwas zu hören, macht Freude. Ihr seid Helden. Aber sagt, hat denn keiner meinen dritten Schwiegersohn gesehen?« Alle lachten und sagten: »Ach der! Er ritt ja schon von Anfang an nach einer falschen Richtung! Nein, wir haben ihn nicht gesehen.«
Von der anderen Seite kam Goroba-Dike auf seinem Esel angeritten. Als er näher heran war, hieb er auf das Tier, daß es in Galoppsprüngen dahersetzte. Als Kode Ardo ihn so ankommen sah, begann sie bitterlich zu weinen und sagte: »Vater, Vater, welches Unglück hast du mir aufgeladen!« Abends lagen die vornehmen Fulbe in einem Kreise umher und erzählten von dem, was sie heute getan hatten. Goroba-Dike lag in seinen Lumpen in einer Ecke und hörte alles mit an. Der eine sagte: »Wie ich so als erster in die Menge der Feinde hineinsprengte«, der Zweite sagte: »Als ich die Pferde erbeutet hatte«, der Dritte sagte: »Ja, ihr seid nicht wie der Mann der Kode Ardo. Ihr seid noch wahre Helden!« Die beiden anderen Schwiegersöhne mußten wieder erzählen, wie sie im harten Kampf ihre Ohren verloren hatten. Goroba-Dike saß aber daneben und hörte alles, und in der Tasche hatte er die beiden Ohren und ließ sie immer durch die Finger gleiten. Als es Nacht war, ging er in sein Haus. Kode Ardo sagte zu ihm: »Du schläfst nicht mehr neben mir. Du kannst auf der anderen Seite schlafen.«
Am anderen Tage griffen die Burdam die Stadt in großen Mengen an. Als sie am Horizont auftauchten, versammelten sich alle kriegstüchtigen Männer. Goroba-Dike schwang sich aber auf seinen Esel und jagte von dannen. Die Leute schrien: »Da flieht Goroba-Dike. Da flieht Goroba-Dike.« Kode Ardo brach in Tränen aus. Sie weinte und sagte: »Vater, Vater, welches Unglück hast du mir aufgeladen.« Goroba-Dike ritt in das Dimadiogehöft, in dem er seine Kleider, Waffen, sein Pferd und seinen Mabo zurückgelassen hatte. In dem Dorf sprang er mit großer Hast vom Esel und sagte zu seinem Mabo: »Schnell, schnell, rüste mein Pferd, reich meine Waffen! Denn heute ist eine ganz große Sache! Die Burdam greifen die Stadt in gewaltigen Scharen an und niemand ist da zur Verteidigung.« Der Mabo Alal fragte: »Darf ich mitreiten?« Goroba-Dike sagte: »Heute noch nicht.« Er zog seine anderen Kleider an, ergriff seine Waffen, sprang auf sein Pferd und jagte von dannen. Die Burdam hatten inzwischen die Stadt Sariam angegriffen und umzingelt. Dann waren sie aber auch schon in die Stadt eingedrungen, und ein Teil rückte gegen den Kraal des Königs vor. Goroba-Dike, der von außen kam, durchbrach ihre Reihen. Er warf die Burdam nach rechts und links aus den Sätteln, sprengte über sie hinweg und langte gerade in einem entscheidenden Augenblick im Gehöft seines Schwiegervaters an. Soeben griffen die Burdam nämlich nach Kode Ardo und wollten sie fortführen. Als Kode Ardo den tapferen Fulbe ankommen sah, rief sie: »Mein großer Bruder, komm und hilf mir, denn die Burdam wollen mich fortschleppen und mein Mann ist feige geflohen.« Gordoba-Dike schlug mit dem Speer einen Burdam beiseite. Ein Zweiter hieb ihm selbst eine klaffende Wunde, aber dann stach Goroba-Dike ihn nieder. Die anderen flohen. Kode Ardo sah, daß Goroba-Dike eine schwere Wunde hatte. Sie rief: »Oh, mein großer Bruder, du hast mich gerettet, aber du bist verwundet.« Sie riß schnell die Hälfte ihrer Kleider herab und wand sie als Verband um das blutende Bein Goroba-Dikes. Dann sprengte Goroba-Dike von dannen, jagte in die größte Menge der Burdam hinein und drängte sie nach allen Seiten auseinander. Er stach hier einen Mann nieder und schlug da einen zu Boden, so daß sich der Burdam ein großer Schrecken bemächtigte. Sie drängten aus der Stadt und jagten in wilder Flucht von dannen. Die Fulbe verfolgten sie.
Goroba-Dike aber ritt seitwärts in das Gehöft des Dimadio, in dem sein Mabo Alal war. Dort stieg er vom Pferde, legte Kleider und Waffen ab, hüllte sich in seine Lumpen und kehrte auf seinem Esel in die Stadt zurück. Als er an dem Schmied vorüberkam, bei dem er zuerst aufgenommen war, schrie der: »Sieh diesen elenden Bastard, diesen Straßenhund, diesen Feigling! Mach, daß du schnell an meinem Hause vorüberkommst.« Die Frau des Schmiedes sagte: »Laß das Gerede, denn dies ist ein Fulbe, und nie soll man einen Fulbe schimpflich anreden!« Der Schmied aber rief: »Laß mich, Weib! Laß mich reden, Weib! Über diesen elenden Schurken, der fortgelaufen ist, als es uns am bittersten nötig war, Männer zu haben, kann ich nicht anders als schelten!« Goroba-Dike sagte: »Was willst du, seit ich hier ankam, sagte ich nichts anderes, als daß ich Kind armer Eltern sei.«
Dann gab er dem Esel Schläge, so daß er in Sätzen auf den großen Platz sprengte. Da waren viele Fulbe um den König Hamadi Ardo versammelt und sprachen von den Ereignissen des Tages. Auch Kode Ardo stand da. Als Goroba-Dike so angesprengt kam, begann sie zu weinen und sagte: »Mein Vater, weshalb hast du mir ein so elendes Schicksal aufgebürdet, wo es doch so tapfere und mutige Männer unter den Fulbe gibt.« Goroba-Dike sagte: »Schon am ersten Tage, da ich dich heiratete, sagte ich dir, daß ich das Kind armer Eltern sei, und ich habe es vor deinem Vater gesagt, daß ich von Pferden und vom Kriegsbrauch nichts wisse.« Kode Ardo aber weinte und sagte: »Du Feigling, du elender Flüchtling! Du sollst nie wieder mein Lager teilen!« Goroba-Dike legte sich gleichgültig in einen Winkel.
Bis zum Abend saßen die Fulbe zusammen und sprachen über den Tag. Der eine sagte: »Als ich jenen Teil der Burdam zurückwarf«, der andere sagte: »Als ich dort die Burdam auseinandersprengte«, der Dritte sagte: »Als ich die Hauptmasse der Burdam in die Flucht jagte«. Viele aber spotteten und fragten Kode Ardo: »Wo ist denn eigentlich dein Mann geblieben?« Kode Ardo sagte: »Laßt mich. Mein Vater hätte mich lieber mit einem Affen verheiraten sollen, als mit diesem Feigling. Oh, wie ich mich schäme.«
Es wurde Nacht. Die Fulbe begaben sich wieder in die Häuser. Kode Ardo konnte nicht schlafen. Sie dachte an ihren feigen Mann und an den tapferen Fremden, der sie gerettet hatte. Um Mitternacht sah sie zum Lager ihres Mannes hinüber, der auf der anderen Seite des Raumes schlief. Sie sah, daß ihm das Kleid zur Seite geglitten war, sie sah, daß die Lumpen heruntergefallen waren, sie sah Blut. Sie erhob sich und sah scharf hin. Das Blut tropfte aus einem Verband von dem Schenkel herab, und der Verband war ein Teil ihres Kleides. Das war der Teil des Kleides, den sie heute sich selbst heruntergerissen hatte, um den tapferen fremden Fulbe damit zu verbinden. Der Verband lag auf dem Schenkel ihres Mannes, der mit dem Esel zurückgeritten war. Kode Ardo stand auf, ging zu ihrem Mann, beugte sich weit über ihn und fragte: »Goroba-Dike, wo empfingst du diese Wunde?« Goroba-Dike sagte: »Überlege es dir!« Kode Ardo fragte: »Wer riß sich das Kleid ab und legte es dir als Verband um?« Goroba-Dike sagte: »Überlege es dir!« Kode Ardo fragte: »Wer bist du?« Goroba-Dike sagte: »Der Sohn eines Königs.« Kode Ardo sagte: »Ich danke dir.« Goroba-Dike sagte: »Sage es vorerst nicht weiter. Mache aber Carite (Baumbutter) warm und lege sie mir auf die Wunde.« Kode Ardo holte Baumbutter. Sie machte sie warm. Sie träufelte sie auf die Wunde. Sie band den Verband um. Dann schlich sie hinaus. Sie ging zu ihrer Mutter, setzte sich bei ihr nieder, weinte und sagte: »Mein Mann ist kein Feigling er ist kein Flüchtling. Er ist der Mann, der heute die Stadt vor den Burdam gerettet hat. Sage es aber niemand.« Dann schlich sie zurück.
Am anderen Tage bestieg Goroba-Dike wieder seinen Esel und ritt in das Gehöft des Dimadio, in dem er seinen Mabo, seine Kleider und Waffen und sein Pferd zurückgelassen hatte. Er sagte zu seinem Mabo: »Alal, heute ist der Tag gekommen, da wir uns wirklich und wie wir sind in Sariam und vor dem stolzen Hamadi Ardo vorstellen können. Rüste also mein Pferd. Rüste auch das deine.« Goroba-Dike kleidete sich und nahm seine Waffen. Er ritt in Sariam ein. Sein Mabo folgte ihm. Er stieg auf dem großen Platz ab, wo viele Fulbe versammelt waren. Dann schlug der Mabo die Pferdepflöcke in die Erde. Sie waren von Silber.
Goroba-Dike rief seine Frau herbei. Sie begrüßte ihn und sie lachte. Dann wandte er sich zu den Fulbe und sagte: »Ich bin Goroba-Dike, und das hier ist meine Frau Kode Ardo. Ich bin der Sohn eines Königs und bin es gewesen, der gestern und vorgestern die Burdam geschlagen hat.« König Hamadi Ardo sagte: »Das glaube ich nicht. Wir haben dich nur immer auf einem Esel gesehen.« Goroba-Dike sagte: »So frage die, die mit im Kampfe waren.« Die anderen sagten: »Es ist so!« Nur die ersten zwei Schwiegersöhne des Königs sagten: »Es ist nicht sicher.« Darauf zog Goroba-Dike die beiden Ohren hervor und fragte: »Nun, kennt ihr denn diese Ohren nicht wieder?« Da gingen die beiden still zur Seite.
König Hamadi Ardo aber trat an Goroba-Dike heran. Er kniete vor ihm nieder und sagte: »Verzeihe mir! Nimm aber das Königreich aus meinen Händen.« Goroba-Dike sagte: »König Hamadi Ardo, ich bin nicht weniger als du. Ich bin auch ein Ardosproß. Wenn ich nun König bin, so befehle ich als erstes, daß man dem Schmied, der mich mehrfach verhöhnt hat und doch nichts anderes ist als ein Schmied, fünfzig mit dem Knotenstock auf den Hintern zähle!« So geschah es.