Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)
Alwin
Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)

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Vierzehntes Kapitel.

Ein klarer Herbsttag war über die Wellen der Ostsee emporgestiegen, die Wasser breiteten sich wie ein behaglicher Teppich aus, Rügen schaute einladend mit seinen dichten Wäldern her.

Alwin ging am diesseitigen Strande auf und ab, und freute sich über das immer näher wogende Fahrzeug, welches ihn und seine trauten Gefährten in das Eiland der Ruhe und des Friedens hinübertragen sollte.

294 Da schritt vom nächsten Orte ein langer Mann eilfertig auf ihn zu, dessen Gestalt ihm sehr bekannt vorkam. Er hatte sich auch darin nicht geirrt, denn als der Fremde näher kam, war es Thorwald, der ihn ohne weitre Vorrede mit folgenden Worten ansprach:

Seid Ihr es! Seid Ihr es denn wirklich! Mir bleibt nun weiter kein Zweifel mehr übrig. Der Wirth, bei dem ich übernachtete, hat recht gehört. Und dort kommt ja auch schon der Nachen angeschwommen, der Euch nach Euern elysisch trägen Gefilden fortschaffen soll. Nicht Euch allein, sondern auch die königliche Mathilde. Daß der Poet Raimund mitzieht, ist in der Ordnung, und ich habe nichts dawider zu sagen. Aber Ihr! O Alwin, es braust von gewaltiger, 295 neuschaffender Gährung im Vaterland auf, jeglicher kühne Geist stemmt sich, hier oder dort den Weltbau zu halten, und Ihr flieht, ein klugsorgender Emigrant. War das die Flamme, die in Euch bei Heldengeschichten aufsprühte? Waren das die Erwartungen, die ich wie aus Frühlingsblumen verheissend aus Euern Träumen emporsprossen sah? Nun ist Euer Sommer gekommen, und ich betrogner Erndter wandle zwischen nutzlosem Gestripp umher. Glaubt nicht. daß mir Euer bisheriges Leben fremd geblieben sei. Den ruhmvollen Degen habt Ihr abgelegt, um Euch zwischen einem phantastischen Poetenvolk herumzutreiben, und dieses nur wieder verlassen, um zur theosophisch-mystischen Schule eines Schwärmers überzugehn. Billig folgt nun daraus die arkadische Ruhe. Wohl bekomm' sie Euch!

296 Damit wandte er sich ab, blickte aber zögernd noch einmal nach Alwin zurück, der ihm freundlich in's Auge sah, und ihm die Hand entgegen streckte.

Ich bin toll, auf Euch zu hören, sagte Thorwald. Aber was wollt Ihr? sprecht nur.

Lieber Thorwald, erwiederte Alwin, ich bitte Euch, zu bedenken, daß wir zwei verschiedne Personen sind. Ich meine Euch nicht aus Euerm Secretariat zu verdrängen; laßt mich dafür hübsch in meiner Poesie, oder wie Ihr es sonsten benennen wollt. An Euern Kämpfen finde ich keine Freude, denn mir kommt die eine Parthei so verrückt, als die andre vor. Ueberhaupt habe ich mich nur von jeher in den Krieg gestürzt, wie Leander in's Meer, als er zur 297 Hero hinüberschwamm: des schönen Zieles wegen, nicht aber um lebenslang unter Schaum und Wogen herumzuplätschern. Daß ich noch aus gleicher Ursach, mit gleichem Muthe dem Gewühl trotzen kann, steht bei Euch zu erproben, wenn Ihr etwa eine Landung auf Rügen versuchen wollt. Sonst aber behagt mir's nicht. Daß Ihr ganz recht habt, mit der Welt um die Welt zu ringen, gestehe ich Euch gern zu, und Jedwedem, der gleichen Sinnes ist. Dafür aber wünscht' ich auch, daß Ihr Euch nicht erhitztet, wenn ich offenherzig bekenne, daß ich lieber Verse mache. Mein wackrer Thorwald, Ihr seid mir sehr werth, und daß Ihr um meinetwillen ungestüm werden könnt. zeigt, daß Ihr auch gut von mir denkt. Aber eben deshalb verlangt doch nicht, daß ich ein Andrer sein soll, als ich bin. 298 Erinnert Euch der Verlobungsrede, welche Ihr mir an jenem Abende in Braunschweig hieltet. Jetzt heisse ich sie wahrhaft und verständig, so sehr ich mich auch damals thörichter Weise dawieder sträubte. Wir können nicht Alle Alles sein, laßt nur Jeden recht wacker sein, wozu ihn der Himmel berufen hat. Ihr habt Euch wirklich, wie Ihr damals halb spottend sagtet, nur in der Ankündigung versehn. Es hat blos ein freundliches Spiel ausgeführt werden sollen, keinesweges aber eine Haupt- und Staats-Action, wozu Ihr wohlmeinender Zuschauer es durchaus umgestalten wolltet. Jetzt bin ich Alwin, und zeige mich Euch als solcher. Wollt und könnt Ihr den nun ertragen, so empfangt seinen freundlichen Abschiedsgruß, und laßt mich hinzusetzen: auf baldiges Wiedersehn.

Thorwald schloß ihn bewegt in seine Arme, und als bald darauf die drei Glücklichen vom Anker stießen, winkte er ihnen ein trauliches Lebewohl zu. Das heilige Rügen aber nahm sie in seine begeisternde Waldungen auf.


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