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Die Karthäuser, im 11. Jahrhundert von dem ehrwürdigen Bruno gestiftet, sind durch strenge Bußübungen und ihr beschaulich-eintöniges Leben sprichwörtlich geworden. Ihr Orden erlebte viele merkwürdige Revolutionen; niemals verläugnete sich ganz des Stifters Geist, wiewohl der Zeitgeist auch hier mehr als einmal verderblichen Einfluß übte. Eine Hauptrolle unter den Reformatoren spielte Guigo; seine Statuten gehören zu den heiligen Büchern der Karthause.
Natürlich nahmen die Disciplinen auch in ihnen eine wichtige Stelle ein. Das Kapitel, welches von der Zucht und Strafe handelt, zeichnet sich durch besondere Sorgfalt in diesem Punkte aus. Es gebrauchte nur leichte Uebersehen, um zur Geisselung verurtheilt zu werden; die guten Mönche mußten Schuhe, Strümpfe und Habit ausziehen, mit Ruthen in der Hand von ihren Obern erscheinen und in aller Demuth sich züchtigen lassen. Für die Novitzen bestanden ganz besondere Bestimmungen; die Karthäuser beobachteten darin, vor manchen andern Orden lobenswerth sich unterscheidend, einen eigenen Takt. Keiner übrigens, der gegen das Ansehen der Prioren oder Mönche sich verfehlte, entging der verdienten Ahndung. Verbrecher und Abtrünnige wurden desto schärfer behandelt. Meist endigte die auferlegte Pönitenz mit vierzigtägigem Fasten und vierzigtägiger Geisselung in vollen Konvent. Den lieben Mönchen diente es zu einer ordentlichen Erquickung, jeden Tag einen solchen Delinquenten entblößen und stäupen zu können.
Auch in den neueren Statuten hielt man streng auf das Geisseln mit Ruthen; selbst die Reisen der Ordensglieder wurden streng beobachtet und jeder Mißgriff und jede Ausschweifung nachdrücklich bestraft.
Bei den Postulanten und Novitzen übten die Patres Lehrmeister eine fast diktatorische Gewalt; kein General-Kapitel ward abgehalten, ohne daß die treuen Freundinnen, Ruthe und Geissel, reichlich zu thun bekamen. Der Pater Prior selbst befaßte sich in der Regel mit dem gottseligen Werke. Die Geisselungen der Apostaten im Gefängnisse waren fürchterlich.
Die Laienbrüder bei den Karthäusern hatten ein noch elenderes Loos, als die eigentlichen Fratres. Sie wurden wie Sklaven und Leibeigene behandelt, und, meist an bestimmten festlichen Tagen, ganz nackt, vom Rücken bis zur Kniekehle, mit Ruthen gepeitscht. Die Ruthen schienen ein ganz unentbehrliches Salarium und Solatium. Bisweilen fand man die saftigen kräftigen Birkenreiser noch viel zu unwirksam und ersetzte oder ergänzte sie durch befreundete Werkzeuge von etwas mehr Nachdruck. Es herrschte dabei eine ungemeine Gewissenhaftigkeit. Am meisten Schläge bekamen diejenigen, welche ein geläuterter Geschmack zur Verehrung des schönen Geschlechts trieb.
Natürlich erging es den Frauenzimmern in den zahlreichen Klöstern des Ordens nicht besser. Die frommen Geschöpfe hatten sich ganz unter die weise Leitung des männlichen Theils gestellt; derselbe war ungalant genug, einen sehr wirksamen Einfluß auf das Schicksal der Nonnen auszuüben, ohne durch ein freundschaftliches persönliches Verhältniß einigen Ersatz zu gewähren. Die bestrafende, die regulirte und die freiwillige Disciplin bildeten drei wesentliche Hauptrubriken, welche fruchtreich und angenehm mit einander abwechselten.
Die Trinitarier, die Mönche und Nonnen des Ordens zur Auswechslung der Gefangenen und von der Gnade von Unserer lieben Frau blieben nicht hinter den Karthäusern und Karthäuserinnen zurück. Selbst Soldaten wurden von ihnen in's Feld gestellt; die Peitsche, die Ruthe, die Geissel gehörten zu den furchtbarsten Begeisterungsmitteln. Die Komthure übten oft eine unmäßige Gewalt; Flagellationen bis auf's Blut nahmen eine bedeutende Stelle im Militär- und Civil-Codex ein.
Der berühmte Orden von St. Benedict war bei allen sonstigen, reellen Verdiensten um Religion, Kultur und Wissenschaften, von dem Wahnsinne so vieler Jahrhunderte nicht frei; doch gehörten die ursprünglichen Bußvorschriften jenes poetischen Heiligen in mancher Beziehung noch zu den erträglichsten.
Natürlich durfte die Disciplin nicht fehlen, besonders bei den Novitzen. Die Jungfrauen bekamen ebenfalls die Ruthe und Geissel sehr häufig, jedoch mit Maaß; auch beim Miserere und der Profundit, im Refektorium. Es fehlte nicht an Querulantinnen, besonders aus dem adelichen Stande: denn der weibliche Benediktiner-Orden war von oben herab sehr beschützt und zählte viele schöne und reiche Damen aus den ersten Geschlechtern unter seinen Mitgliedern. Besondere Sorgfalt weihte ihm die Königin Anna von Oesterreich. Für die Sünden, die sie an des Kardinals von Richelieu Seite begangen, züchtigte sie sich voll edler Reue, mit den Insignien des heil. Benediktus angethan, oder der Prälat selbst übernahm bisweilen die Mühe bei der erhabenen Geliebten. Es gewährte einen höchst erbaulichen Anblick, die reizende, geistvolle Fürstin wie eine gemeine Laienschwester der heiligen Disciplin unterworfen zu sehen. Demüthig zu den Füßen des gekreuzigten Heilandes hingeworfen, entblößte sie willig den stolzen königlichen Leib den sühnenden Streichen und küßte die schmerzbringende Geissel, während sie selbst in mancher Beziehung eine Geissel für das Land war. Der faunische Kardinal lächelte und billigte. St. Evremond erlaubte sich auf die Benediktinerinnen mehrere scherzhafte Lieder, welche den Orden sehr lächerlich machten und mehr als ein zartes Fräulein vom Eintritt in denselben abgeschreckt haben.
Es ließ sich erwarten, daß die Väter des Todes, sowohl die Cönobiten, als die Eremiten, mit ihrem traurigen Memento Mori, in Bußübungen gleichen Schritt mit andern halten würden. Fasten, härene Hemder und Geisselungen der strengsten Art wechselten jede Woche, und das eine oder andere wurde bisweilen als eine Gnade betrachtet, die man von dem Prior sich erst erflehen mußte. Der Prior selbst empfing, wenn er andern sie ausgetheilt, seine Schläge vom Superior, unter Hersagung des Mea culpa. Jeder Mönch, der zu spät in der Hora erschien, ward öffentlich gegeisselt.
Auch der Prämonstratenser-Orden war ein Zweig der weitverbreiteten Familie St. Benedikts und eine Schöpfung Norberts, eines weiland überaus üppigen Chorherrn zu Köln im 11. Jahrhundert. Er zählte bald eine Menge Mannsklöster und noch zu Lebzeiten des Stifters über 10,000 Nonnen. Die Reformation machte ihn bedeutend dünner, besonders was den weiblichen Theil betrifft. Die Bußeinrichtungen betreffend, hatten die Statuten Folgendes verfügt:
Bußkapitel wird jeden Tag gehalten; Niemand ist davon befreit. Die Religiosen, selbst die unsträflichsten und ordentlichsten, sollen hier nicht anders, denn zitternd, erscheinen; denn hier wägt man alles nach dem Seckel des Heiligthums und richtet die Fehler, nicht etwa nach den falschen Vorurtheilen der Welt, oder nach der in einigen Häusern herrschenden Nachsicht, sondern nach dem Geiste der Regel allein. Präsidirt der Abt in Person, oder soll eine Geisselung vorgenommen werden, so darf schlechterdings keiner von den Klosterbedienten, sei es unter welchem Vorwand immer, fehlen.
Den Anfang macht der Vorsitzende, unter Hersagung des Benedicite! sämmtliche Fratres bücken sich hierauf und rufen: Dominus! Jeder, der eines Fehlers sich bewußt ist, wirft sich mitten in dem Kapitel auf die Kniee: die jüngsten eröffnen die Scene mit einer offenen Beicht und erwarteten aus dem Munde des Priors ihre Strafe. Bei schwereren Vergehen haben sie vor allen übrigen sich auszukleiden. Nach empfangener Strafe bleiben sie auf der Erde liegen, bis der Prior wieder aufzustehen erlaubt; dann erst begiebt er sich unter einer tiefen Verbeugung wieder auf seinen Platz.
Die Geissel wird allen Professen allein durch den Prior oder Superior ertheilt, ohne die Novitzen, welche von den Händen ihres Lehrmeisters jeden Freitag, an einem bestimmten Orte, sie bekommen. Dauer und Grad sind hiebei nicht vorgeschrieben, vielmehr hat man es der Klugheit, dem Eifer und der Inbrunst einer jeden Provinz anheimgestellt, hierin die beliebige Verfügung zu treffen. Jede hat demnach ihren eigenen Gebrauch. In einigen dauert das Discipliniren länger, als in andern, schlägt aber nicht so scharf; in noch andern züchtigt man nachdrücklicher und ersetzt so durch die Schärfe der Strafe die Kürze der Zeit. Bisweilen steigert man sie durch besondere Demüthigungen; etwa, daß die jungen Leute die Ruthe auf die Lenden, statt auf den Rücken erhalten.
Der Pater Lehrmeister ist verantwortlich für alle Vergehen seiner Novitzen. Sobald sie im Kapitel angeklagt worden, stellt er selbst darüber die Untersuchung an, und straft, wen er schuldig findet, nach Maßgabe der Vergehungen, an dem zur Zucht bestimmten Orte des Novitziathauses. Anbei ist den Novitzen aller Umgang mit den Professen und den Professen aller Umgang mit den Priestern gänzlich untersagt.
Nach den artigen, ungezwungenen, ja manchmal recht freien Sitten dieser Religiosen zu schließen, sollte man da wohl denken, daß es keinen Orden in der Welt gab, der strengere Pönitenzen hatte? schärfere Strafgerechtigkeit übte? Um solches zu entscheiden, lassen wir uns ein wenig umständlicher in ihre Pönitenzgesetze (Canones poenitentiales) ein. Sie theilten sie in vier Klassen, wie der Gebrauch fast in allen Klöstern war. Die erste Klasse faßt die geringe Sündenschuld in sich; die zweite die mittlere Schuld; die dritte die schwere; die vierte die schwerere Sündenschuld. Die ganze dritte Distinktion (der Statuten) beschäftigt sich mit Abhandlung dieser wichtigen Materie.
Das erste Kapitel (der dritten Distinktion) handelt von den leichten Schulden; als da sind: auf den ersten Klang der Glocke sich nicht augenblicklich zu den bewußten Uebungen anzuschicken; im Singen Fehler zu machen; zu spät zu kommen, zu Tische, oder auch zu der Barbierstube, sich rasiren zu lassen; Geräusch machen im Kloster oder im Schlafsaale; ein Buch aus Nachlässigkeit vergessen; ebenso, wenn man zum Vorleser über Tisch ernannt ist, zu lesen beginnen, ehe man um den Segen gebeten hat.
Gleichwie nun alle diese Fehler aus bloßer menschlicher Schwachheit, keinesweges mit Vorsatz, geschehen (denn, wie sehr sich auch jemand in Acht nimmt, so ist es doch fast unmöglich, daß nicht auch der beste und vollkommenste einmal darein verfallen sollte) so sind auch die Strafen hier sehr gering. Das Hersagen einiger Gebete, oder sonst irgend eine leichte Pönitenz; die kleine Demüthigung, daß man den Brüdern die Füße küsse; das öffentliche eigene Geständniß schon; oder die Proklamation (Anklage) von einem der Brüder; die vor dem ganzen Konvent abgelegte Abbitte des Fehlers; dieß ist alles, was man zur Büßung solcher Schulden fordert.
Das zweite Kapitel betrifft die mittleren Sündenschulden, culpas medias; und das sind eigentlich lauter Uebertretungen der Mönchszucht und guten Klosterordnung. Man findet deren neunerlei Art. Erstens, am Weihnachtstage in dem Kapitel nicht vor der Vorlesung des Martyrologium (d. i. viel zu spät) sich einzufinden, zweitens, im Chore nicht Acht geben, oder drittens, daselbst lachen oder andere zu lachen machen. Viertens, im Chor, im Kapitel oder bei Tische fehlen, ohne eigentliche Erlaubniß; fünftens, in die Frühmette, erst nach dem Venite, oder selbst an späteren Stunden nach dem ersten Psalm, kommen; sechstens, ohne den Segen zu sprechen, essen oder trinken; siebentens, aus- oder eingehen, ohne den Segen zu nehmen; achtens, seinen Ordensgenossen nennen oder rufen, ohne dabei zu sagen: Frater oder Bruder, und zwar aus Gewohnheit; neuntens, das Stillschweigen brechen.
Daß nun diese obstehende Vergehungen schon von mehrerer Bedeutung sind, als die der vorhergehenden Klasse, sieht wohl jeder leicht ein; denn sie entspringen daraus, daß solche Religiosen nicht pünktlich und genau genug in den klösterlichen Uebungen sind, oder zu wenig Achtung gegen die regulirten Observanzen hegen. Um sie demnach zu strafen und zugleich zu bessern, damit sie die Verzeihung ihrer Fehler gleichsam verdienen, läßt man sie entweder den Brüdern die Füße küssen, mit kreuzweis ausgestreckten Armen etliche Vater Unser im Refenter hersagen, oder auch auf der Erde essen. Ist das Silentium an den regulirten Orten gebrochen worden, so verstärkt man solche Pönitenzen noch durch eine oder die andere demüthigende Büßung, z. E. wer ordentlich in dem Kapitel deßfalls verklagt worden, empfängt in demselben die Korrektion und muß einen Tag Wasser und Brod speisen.
Das dritte Kapitel ist den schweren Schulden, culpis gravibus gewidmet. Die vornehmsten sind folgende: Aergerniß geben, durch unanständige Sitten oder freie Reden – unehrbare oder unzüchtige Reden führen – Lügen, es seien vorsetzliche oder Nothlügen – Gern nach dem Frauenzimmer schielen – Seine eigene, oder auch eines andern, Vergehungen entschuldigen – Seine Verwandten oder jemanden, wer es auch sei, sprechen, ohne des Superiors Erlaubniß.
Wenn der, in irgend einem der hier benannten Fälle schuldige Bruder die ganze Schändlichkeit seines Vergehens mit herzlichem Abscheu, mit Reue und Leid einsieht, solches mit Demuth seines Herzens bekennet und um Gnade und Vergebung fleht, so findet er Richter, die Mitleiden haben, die gegen seine Bitten, Seufzer und Thränen nicht unempfindlich sein werden. Dann erlassen sie ihm aus Gnaden etwas von der strengen Strafe: sie besteht dann nur noch aus zwei Tage Wasser und Brod und drei Bußübungen von der härtesten Art, d. i. drei öffentlichen Geisselungen. Und so wird Gerechtigkeit auf der einen Seite und auf der andern doch auch Barmherzigkeit geübt. Insofern aber im Gegentheil der Uebertreter nicht auf solche Weise seine Richter selbst zu gewinnen suchen, sondern warten sollte, bis ordentliche Zeugen gegen ihn abgehört worden, er förmlich angeklagt und vor den Richterstuhl des Kapitels gerufen ist, dann mag er Reue bezeugen, und seufzen und weinen und klagen, so lang er will! es ist alles vergeblich, alles zu spät! Er ist nun, nach aller Strenge, und, wie die Worte des Gesetzes lauten, zu einem dreitägigen Fasten und zu vier Geisselungen verdammt.
In dem vierten Kapitel werden die strafbaren Fälle abgehandelt, die zu der gröberen Sündenschuld, culpa gravior, gehören. Dergleichen sind, z. E. Fluchen und Schwören – Im Zorn schlagen – Berauben – Würfel spielen – Alles andere Spielen um Geld – Widerstreben gegen seinen Superior – Seine Vorgesetzten bei der weltlichen Obrigkeit verklagen (der Recursus ad saeculares).
Auf alle diese Fälle ohne Ausnahme ist die Pönitenz der culpa gravior gesetzt; jedoch mit einiger Verschiedenheit. Für die Spieler dauert sie nur sechs Tage; für die Ungehorsamen ist sie bald schärfer, bald gelinder, nachdem es der Widerstrebende verdient hat. Hat sich jemand dem Superior widersetzt, so ist sie nur auf zehn Tage bestimmt; ist es der Prior, so dauert sie zwanzig; ist's aber der Abt selbst, so bleibt es bei dreißig Tagen.
Die Art und Weise solcher Pönitenz ist, wie folgt: der Schuldige kömmt in das Kapitel, wirft sich an der gewöhnlichen Stelle auf die Kniee, bekennt mit lauter kläglicher Stimme sein abscheuliches Verbrechen, und bittet deßhalb demüthig um Verzeihung. Wenn es der Abt nun entweder zum heilsamen Strafexempel für die andern Fratres oder auch zum geistlichen Besten des Strafbaren selbst für nöthig oder dienlich erachtet, so gibt er ihm hier erst die Geissel oder läßt sie ihm von einem andern geben, und bestimmt zugleich die Frist, wie lange seine Pönitenz dauern soll. Während dieser ganzen Frist hat derselbe die unterste Stelle im Konvent, ist von allen übrigen Brüdern abgesondert, wie ein Excommunicirter; er speißt allein, mitten im Refektorium, auf der bloßen Erde, oder auch von seinem Schoose; er bekömmt nichts denn grobes Brod zu essen und Wasser zu trinken; auch dürfen die Ueberbleibsel seines Essens nicht mit denen der andern zusammengegeben werden; keiner der andern darf zu ihm gehen, noch mit ihm sprechen, und überdieß muß er alle Freitag bei Wasser und Brod fasten.
Außer den vorbenannten Fällen erstreckt sich die Pönitenz auch noch auf manche andere, die in den Konstitutionen umständlich angegeben sind. Wer die Geheimnisse des Ordens offenbart, soll die Strafe zwanzig Tage leiden. Wer sich der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Superioren des Ordens entzieht, und an irgend einen auswärtigen Gerichtshof, sei es ein weltlicher oder ein geistlicher, Recurs nimmt, wofern er nicht binnen drei Tagen sich eines Bessern besinnt, und von seiner Appellation gänzlich absteht, soll sie vierzig Tage lang leiden, und dazu drei Jahre oder noch länger, nach Verhältniß seines Verbrechens, im Gefängniß sitzen. Wer seinen Bruder schlägt, soll sie ebenfalls auf vierzig Tage haben, und wenigstens drei Jahre gefangen sitzen. Wer zu einigem, wenn schon nicht genugsam gegründetem Verdacht hinsichtlich des Gebotes der Keuschheit Anlaß gegeben, soll, ob man ihn gleich dessen nicht förmlich überführen kann, sie zwanzig Tage tragen und drei Jahre Gefangener sein. Wer überführt worden, daß er eine Weibsperson in das Kloster gebracht, um sie zu seinem Willen zu mißbrauchen, soll gefangen gesetzt werden. Wer eine Schwester des Ordens geschwängert hat, soll die Pönitenz der gröberen Schuld vierzig Tage lang tragen, und mit Gefängniß bestraft werden. (Auf wie lange Zeit ist gar nicht dabei gesagt, aber vermuthlich ist zu verstehen auf immer.) Ferner, wer überführt worden, in Hurerei, in Sodomiterei oder andere dergleichen grobe Sünden verfallen zu sein, wird zum ewigen Gefängniß verurtheilt.
Nun kommen noch die Verordnungen über die Apostasie. Wir wissen schon, daß dieses eines von den größten Verbrechen ist, die je ein Mönch begehen kann. Klosterapostasie läuft in gleichem Grade mit Glaubensapostasie. Ausser der Kirche kein Heil noch Seligkeit für den Gläubigen, außer dem Kloster kein Heil noch Seligkeit für den Mönch. Wenn denn nun der Apostat, aus wahrer Reue und Leid, innerhalb der Zeit von vierzig Tagen nach seinem Kloster wieder zurückkehrt, muß er sich mit Ruthen in den Händen darstellen, sich mitten in dem Kapitel auf die Kniee werfen, die allgemeine Beichte thun, und seine Schuld hersagen. Alsdann wird er vor den Augen der ganzen Gesellschaft gegeisselt; auch verfällt er in die Pönitenz der gröberen Sündenschuld nach Maaßgabe seines Verbrechens und Gutfinden des Superiors. Hat der Abtrünnige ausserdem, entweder das Ordenskleid abgelegt, oder auch in demselben irgend eine grobe Lasterthat begangen oder ein öffentliches Aergerniß gegeben, so wird seine Strafe noch dadurch vermehrt, daß er vor der Thüre des Chors, zu Anfang und Ende aller kanonischen Stunden, es sei bei Tag oder bei Nacht, ausgestreckt der ganzen Länge nach, auf der Erde liegen muß. Hat er zum zweitenmal apostasirt, so wiederfährt ihm, wie gesagt, die ebenbeschriebene Pönitenz, und er muß dreißig Tage lang so auf der Erde liegen. Zum drittenmal aber nimmt man zwar noch wohl auf's höchste den Abtrünnigen aus Gnad aus Barmherzigkeit wieder auf; allein seine Pönitenz währet dann vierzig Tage, und zugleich ist er auf seine ganze Lebzeit dem Range nach der unterste in dem ganzen Konvent, und dies ohne alle Hoffnung jemaliger Erlassung.
Das allerärgste Verbrechen endlich, und was über alle andern geht, ist hier der hartnäckige Ungehorsam oder die Halsstarrigkeit. Diese wird entweder mit Gefängniß oder mit Fasten bei Wasser und Brod geahndet. Sollte auch dieses Mittel noch nicht helfen wollen, so verordnen die Konstitutionen seine Ausstoßung; jedoch wird dabei vorausgesetzt, daß ein solcher halsstarriger Frater bereits ein Jahr zuvor im Gefängniß gesessen, und durch Fasten und andere Strafen hinreichend gezüchtiget worden sei.
Weil nun Gefängnißstrafe in diesem Orden sehr gewöhnlich ist, und doch die Verbrechen, um welcher willen man sie braucht, von verschiedener Art sind, so sind es auch, wie billig, die Gefängnisse selbst. Es soll deren in jedem Kloster regelmäßig zwei geben, ein gelinderes, nicht ganz finsteres Gefängniß, wo der Schuldige nicht so hart gehalten wird, und ein anderes, härteres, engeres, finsteres. In dieses letztere gehören alle jene groben Verbrecher, wovon wir so eben geredet haben. Gleichfalls setzt man hier in dieses härtere die Todtschläger, Mordbrenner, Diebe und Eigenthümer, wofern nämlich solches Eigenthum so viel als zwanzig Livres beträgt. Drei Jahre lang wenigstens müssen sie hier sitzen. Die Satzungen verbieten nachdrücklich, das mindeste hierin zu erlassen. Während dieser ganzen Zeit ist der Gefangene auch von dem heil. Abendmahl ausgeschlossen, ausgenommen in seinen letzten Stunden. In diesem Falle werden ihm die Halseisen und Schellen für einige Momente abgenommen, damit er gebührlich das Sakrament genießen kann; aber sofort nach der Kommunion legt man ihm seine Ketten wieder an, auch hat er es denselben Tag sonst in keinem Stück besser, sondern er bekömmt blos Wasser und Brod. Denn dies ist die tägliche Nahrung aller, zu beständigem Gefängniß verurtheilten Brüder; und in mehreren General-Kapiteln finden sich einige Beschlüsse darüber, die ausdrücklich untersagen, solchen Gefangenen das Geringste mehr zu geben.
Um solcher Strenge, in Abstrafung der Verbrechen, willen, muß man also wohl einen Orden recht lieben und ehren, der, wie wir sehen, nichts ungestraft läßt. Was aber noch recht viel dazu beiträgt, ist auch dieses, daß diese Religiosen eine ganz außerordentliche Ehrerbietung gegen den Altar beweisen, und mit sonderbarer Ehrfurcht das heilige Sakrament verwalten. In den Konstitutionen befindet sich ein eigenes Kapitel darüber, wo die Pönitenzen für alle diejenigen vorgeschrieben sind, die es in irgend einem der wesentlichen oder nothwendigen Stücke bei Vollbringung des heiligen Meßopfers versehen. In diesem Fall, heißt es, soll der Abt selbst Kapitel halten. Der Schuldige soll voll Schaam und Reue vor demselben erscheinen, auf die Kniee fallen, seine Schuld hersagen, um die Pönitenz bitten, und sodann sich ganz zur Erde niederwerfen. Der Abt hört ihn an, gibt ihm einen scharfen Verweis, und wenn der Fehler solches verdient, legt er ihm ein zwei- oder dreitägiges oder noch längeres Fasten bei Wasser und Brod, nebst eben so viel Geisselungen, die er sich selbst geben muß, auf. Ist das Versehen sehr wichtig, oder hat es öffentliches Aergerniß veranlaßt, so legt der Abt den sämmtlichen Brüdern eine Privatgeisselung (und einen Fasttag) auf, und der Abt selbst muß diese Pönitenz verrichten, wie sie. In den Briefen des heiligen Bernhard findet sich eine ähnliche Stelle: da einst ein gewisser Frater bei dem Celebriren den Fehler begangen, daß er vergessen, Wein in den Kelch zu gießen, so räth er, die ganze Klostergemeine solle dieses büßen durch eine öffentliche Geisselung.
Doch, wir könnten ein halbes Buch mit derlei flagellatorischen Bestimmungen in dieser Kongregation anfüllen, und gehen daher zu anderen Orden über.