Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Von Fakiren, Yogin, Samnyasi, Gosain und anderen Heiligen

Es ist ein seltsam Ding um das Okkulte!

Irgendwo auf der abendlichen Sommerwiese leuchtet ein kleines Licht. Der Knabe eilt ihm nach, durch hohe Gräser, zwischen Schilf und Ried. Schon glaubt er es zu haschen, streckt lang den Arm aus und greift zu – – da ist es weg. Taucht irgendwo auf an einer andern Stelle, narrt den wilden Knaben von neuem und verschwindet wieder. Der Knabe läuft ihm nach, minutenlang, stundenlang; er muß das kleine Licht erhaschen. Er fällt lang hin in den Morast, zerreißt Kleider und Schuhe, sein Gesicht ist zerkratzt, und die Arme und Hände sind von den Dornen zerfetzt. Rotes Blut tropft aus seiner weißen Haut, aber er gibt nicht nach, er muß das kleine Ding haben, muß wissen, was das für ein seltsam Licht ist, das da vor ihm durch die Luft huscht.

Vielleicht mag er sich verirren, drinnen im Sumpfe. Mag kleben im Moor und nicht mehr loskommen, mag sinken und ertrinken –

Selten genug – den Göttern sei Dank, öfter wird er am Ende müde, wird schreien und weinen. Die Eltern werden ihn suchen und finden, oder er wird selbst herauskommen aus den feuchten Wiesen. Das kleine glühende Licht hat er nicht gefunden – es huscht immer noch herum, dahinten zwischen den Weiden.

Oder aber: er ist ein Sonntagskind. Dann greift er gut – ah, nun hält er das Lichtlein in der Hand. Da läuft er und rennt, zur Landstraße; bleibt stehen und betrachtet, bei der nächsten Laterne Schein, seinen leuchtenden Schatz. Und er sieht, daß es ein unscheinbarer kleiner Käfer ist oder gar ein häßlicher weicher Wurm.

Rasch wirft er ihn fort. Und wen er dann später fragt, der sagt ihm, daß es ein Leuchtkäfer gewesen sei oder ein Glühwürmchen, und erklärt ihm gut, warum das Ding eigentlich leuchte. Da sind seine Illusionen begraben.

Ich denke immer, die großen Menschen, die nach dem Okkulten suchen, sind kleine Knaben, die durch die Wiesen laufen. Die mit glühheißen Wangen in die Nacht hinauslaufen, das seltsame, flatternde Lichtlein zu haschen.

Ich kenne viele. Irgendeine geheime Sehnsucht treibt sie, ein Wissensdrang oder eine Neubegierde. Sie grübeln und träumen, und ihre Gesichter werden bleich und müde. Das Licht narrt sie und treibt sie in die Sümpfe. Sie suchen und suchen durch lange Tage und viele Nächte. Sie glauben fest – – aber woran sie glauben, das wissen sie nicht. Und wenn man sie festhält und sie bedrängt mit Fragen, und wenn man ihnen alle Wege verstellt, so haben sie doch noch einen Ausweg. Sie geben dann zu: der Weg, den sie gingen, war falsch, und jener andere ist's auch und auch dieser. Viele Wege waren Irrpfade, o ja! Aber einen Weg gibt es doch, einen großen, unfehlbaren Weg, der ganz gewiß zu den geheimsten Zielen führt: Indien.

Indien! Wie oft habe ich das Wort gehört von allen Okkultisten, Spiritisten, Theosophen, Mystikern und Spiritualisten! Es ist die letzte Rettung, die letzte Zuflucht gegen die schlimmen Angriffe der Vernunft und der Logik. Indien – da gibt es Geheimnisse, die allen Menschenwitz über den Haufen werfen, da blühen Wunder, deren tiefe Mysterien geradeaus in das Land des Übersinnlichen führen!

Die Literatur über diese Geheimlehren Indiens füllt manches Tausend von dicken Bänden. Viele sind nur Spekulationsobjekte, nur auf die Dummen berechnet, sind ein glänzendes Geschäft für gewissenlose Schreiber und Verleger. Wir haben in Deutschland und England Verlagsanstalten, die nur solches Zeug herausbringen, immer unter einer Maske, die dem Halbgebildeten höchst wissenschaftlich vorkommt. Es ist fast stets ein plumper und frecher Schwindel, der freilich sich häufig genug auch nicht um eines Haares Breite von andern vollständig ernst gemeinten Werken unterscheidet, mit dem manche Fanatiker ihre leichtgläubigen Leser erquicken. In Hunderten von Vereinen werden von neurasthenischen Jünglingen und hysterischen Mädchen diese »Geheimlehren Indiens« wie Manna verschluckt, werden ihre Apostel zu Heiligen gestempelt.

Wenn man eines von diesen Büchern liest, so weiß man alles – leider stimmt nur irgend etwas nicht, wenn man die Ratschläge in praktische Übungen umsetzen will. Liest man ein zweites Buch, so weiß man schon viel weniger – und je mehr man liest, um so mehr gerät man ins Leere und Ungewisse. Aber gut, sagen die bleichen Jünglinge, mögen auch die Bücher irren, eines bleibt doch noch: – Indien!

Das schlimmste ist, daß es diesen armen Menschen gar nichts hilft, wenn man ihnen Dutzende ihrer sogenannten Wunder und Phänomene erklärt. Einmal kam ich beinahe in bösen Streit mit einem solchen Fanatiker, der diese und jene übernatürlichen Geschehnisse durchaus nicht fallen lassen mochte. Als ich ihm schließlich das vormachte, was er ein Wunder nannte, war er doch nicht zufrieden: es stimme wohl, meinte er, aber – ich hätte schwarze Magie angewandt und nicht weiße!

Am letzten Ende liegt die Sache so: das Okkulte ist das Unbewußte, ist das, was wir »nicht wissen«. Oder, wie ich es fasse, was wir noch nicht wissen. Es gibt also zweifellos noch manches »Okkulte«. Von dem Augenblicke an aber, in dem wir das eine oder andere erkannt haben, hört dieses auf, ein Unbewußtes zu sein, wird vielmehr ein uns sehr Bewußtes. Das ist das, was der Forscher erstrebt – und zugleich das, was der Schwärmer nie sehen will. Das Geheimnis an sich ist ihm die Hauptsache, er will gar nicht den Schleier des Bildes zu Saïs lüften. Denn dann ist ja das Rätselhafte verschwunden, ist das Okkulte ans Licht gezogen – ist aus dem seltsamen flatternden Lichtlein ein armseliges kleines Würmchen geworden.

Indien! Fast mit heiligem Schaudern nennt der Okkultist das Wort Yogin! Er erschrickt beinahe, wenn er von all ihren Wundern erzählt! Aber leider – nie ist er selbst in Indien gewesen, noch hat er je einen lebendigen Yogin gesehen! – Und ganz sicher ist das so die beste Art, sich alle Illusionen zu wahren. – Man mag Indien durchsieben von oben bis unten, man wird da wohl manchen plumpen Schwindel, wie die Witze der sehr gerissenen Brahmanen und vieler Gaukler und Yogin finden, auch manch höchst abgeschmackte Narretei, wie die theosophische Gesellschaft von Hindumystikern der famosen Annie Besant, auch wohl manchen wilden und furchtbar-grandiosen Wahnsinn – aber Okkultes findet man kaum mehr als irgendwoanders in der Welt. Und was gar die Yogin und ihre Wunder anbetrifft, so wird man neben manchem Betrug wohl viel Seltsames, viel Entsetzliches und noch mehr Ekelerregendes finden – nie aber etwas Übernatürliches. Das alles ist viel äußerlicher als beispielsweise die Ekstasen der christlichen Mystiker, und wenn wir heute deren große Wunder als recht natürliche, wenn auch außergewöhnliche Geschehnisse erkennen, so kann es uns nicht schwer fallen, in den Mysterien der indischen Fanatiker das Okkulte so zu fassen, daß es uns zu einem sehr Offenbaren wird.

Wenn ich die schönen Worte Fakir, Yogin, Samnyasi, Gosain oder eines der andern Worte irgendeiner indischen Sprache, die dasselbe bedeuten, übersetzen soll, so bin ich in starker Verlegenheit. Gemeiniglich möchte man Büßer sagen – aber man muß dann gleich hinzufügen, daß fast keiner von ihnen etwas »büßt«, ja, daß der Gedanke der »Buße« überhaupt diesen seltsamen Leuten fast durchweg fremd ist. Was sie tun, tun sie zur höhern Ehre irgendeines Gottes – genau so wie im frühen und späten Mittelalter die frommen Mönche und Nonnen sich selbst gepeinigt haben. Fakir heißt eigentlich der mohammedanische »Büßer«, Yogin der brahmanische und Samnyasi der Jaina; übrigens werden alle diese Ausdrücke willkürlich durcheinandergeworfen.

Wie die Mystik des Mittelalters hauptsächlich in den Klöstern ihren Sitz aufschlug, dann bei Eremiten und Einsiedlern in Wald und Wüste sich kräftig weiter entwickelte, genau so ist noch heute der Vorgang in Indien. Benares, die heilige Stadt des Wahnsinns, hat eine ganze Reihe von Asketenschulen, in denen die »Söhne Schiwas« sich vorbereiten – durch systematische Abtötung des Körpers und des Geistes, genau wie einst bei uns. Starrend vor Schmutz, die Haare zu filzigen Klumpen verwachsen, sitzen die Neophyten in der stickigen Luft und starren auf einen schwarzen Lingam – das steinerne Glied Schiwas, des Zerstörers, das zu Tausenden wächst, in allen Gassen und Plätzen und Tempeln und Häusern von Benares. Sie starren tagelang, monatelang, bis sie »Erlöste« werden, Samnyasi; dann ziehen sie aus als wandernde Büßer, als Selbstpeiniger, den Kranz mit kleinen Totenschädeln um den Hals. Viele befolgen die uralten Bußübungen der Veden, andere haben sich eigene neue ausgedacht.

Ich sah einen Urdhva Bahu am Dasaswamedh-Ghat, einen Büßer mit hochgerecktem Arm. Vor zehn Jahren begann er seine Buße, indem er den rechten Arm an einen Balken der Decke festbinden ließ; er selbst saß dabei angeschnallt auf einem Stuhl. Die Adern wurden abgebunden und so der Blutlauf gehemmt; allmählich erstarb dann das Leben des Armes. Die Sehnen verwuchsen, das Fleisch verschrumpfte. Natürlich litt der Mann entsetzliche Qualen, die nur durch die Bewunderung der ihn stets umgebenden Menge etwas gelindert wurden. Als der Arm steif und starr senkrecht in die Höhe ragte wie ein Stock, war die Vorbereitung zu Ende; seither läuft er nun so als Heiliger durch die Stadt – zu Ehren Schiwas. Etwas Leben ist immer noch in dem Knochenarme, das beweisen die Nägel der geballten Faust: sie sind durch das Fleisch der Handfläche gewachsen und ragen als lange Krallen auf der andern Seite wieder heraus.

Ich sah Yogin, die von einem Ende Indiens zum andern pilgerten und sich bei jedem Schritte lang hinfallen ließen: so maßen sie mit ihrem Körper die Größe des heiligen Landes. Ich sah andere, die stets ein dickes Tuch vor dem Kopfe trugen, und eine ganze Schar, die mit glühendem Eisen sich Löcher durch die Zunge gebrannt hatte. Ich sah zwei in Ajodhja, die ihre Sandalen mit langen Nägeln an die Füße genagelt hatten, und drei andere, darunter eine Frau, die jeden Tag zehn Stunden lang nackt auf einem langen Nagelbette ruhten. Das ist nicht so selten, wie man annimmt; in Benares mag man im Kuhtempel Dutzende alter Weiblein sehen, die mit glattrasiertem Schädel im Pilgergewande mit ihrem Stabe daher trotteln. Die Yoginfrau in Ajodhja war gerade von ihrem Nagelbette heruntergestiegen, auf dem sie zwölf Stunden gelegen hatte, mir zu Ehren stieg sie wieder auf. Sie ließ sich gern photographieren und nahm noch lieber ihren Backschisch. Ihr Büßerbett bestand aus aneinandergefügten Brettern, für den Kopf waren ein paar Leisten etwas erhöht. Von unten her war ein gutes Tausend langer Nägel hindurchgeschlagen; die Nägel waren nicht gerade scharf; auch war die Haut der Yogin im Laufe der Jahre wahrscheinlich recht abgehärtet, wenigstens schien sie sich da recht wohl zu fühlen. Ich war von dem berühmten Nagelbett etwas enttäuscht; wenn es auch gewiß eine recht peinliche Ruhestätte war, so schien sie mir doch keineswegs geeignet, der Yogindame andauernde Qualen und Schmerzen zu erregen. Am Schiwala-Ghat saßen und starrten viele Gosain mit geschorenem Kopfe durch alle Tagesstunden unbeweglich in die glühende Sonne; andere standen durch Stunden auf einem Beine wie ein Marabu. Ich sah einen Kerl in Madura, der sich bis zum Hals in die Erde hatte graben lassen und nur mit dem Kopfe herausschaute; in seiner Nähe hatten sich zwei Yogin mit den Beinen an die Bäume hängen lassen.

Urdhva-Mukhi nennen die Veden eine uralte und sehr beliebte Art der Buße. Der Yogin hängt einen Strick an einen Ast und legt sich die Schlinge um den Hals; diese wird so angezogen, daß er nur eben noch auf den großen Zehen stehen kann. Da nun Auf-den-großen-Zehen-stehen nicht gerade sehr einfach ist, so fällt der Yogin alle paar Minuten um und droht zu ersticken. Mit Mühe richtet man ihn wieder auf und er steht weiter – zwölf Stunden am Tage.

Einen anderen Yogin sah ich, der sich rösten ließ. Er hatte um sich einen großen Haufen von Mistkuchen – Kuhdüngerkuchen, Krähen und Eichhörnchen, das sind die drei Dinge, die man in Indien zu jeder Minute sieht – angehäuft und saß nun in diesem brennenden, stinkenden Ofen. Der milchweiße Rauch schwelte um ihn herum, und der Sohn Schiwas ließ sich zu Ehren seines Gottes rösten. Ein Kollege stand in der guten Sonne des indischen Sommers am Manikarnikaghat; seine Ansicht war die, daß es verdienstvoller sei, sich von der Sonne rösten zu lassen. Ich weiß nicht, wieviel Grad es in der Sonne war, aber ich weiß, daß es im Schatten 48 Zentigrad war, und daß mein Freund, der Kapitänleutnant Baller, sein Bett in der Badewanne aufgeschlagen hatte und mächtig fluchte, wenn einer seiner Kulis für einen Augenblick etwas laxer wurde im Punkaziehen. Der Yogin aber stand jeden Tag zwölf Stunden lang mit kahlgeschorenem Schädel unbeweglich in der Sonne!

Alle diese »Vollkommenen« sind entsetzlich dürr und mager und starren vor Schmutz. Sie sind mit Asche bedeckt und oft von oben bis unten mit weißen und roten Farbstrichen, Schiwas Zeichen, bemalt. Sie tragen einen Kranz um den Hals, dessen kleine Nüsse Totenschädel darstellen; haben dazu einen Stab und einen Bettelnapf, in den das gläubige Volk Kupferstücke wirft. Ihre schwarzen fanatischen Augen liegen tief in den Höhlen, sie sind stechend und scharf, wie die von Raubtieren. Es ist, als ob da die Flamme des Wahnsinns aus den Hirnen hinauslecke.

Aber die schlimmsten von allen sind die Aghorpunt, diese seltsamen Gosain, die man auch heute noch, wenn man das Glück hat – – oder soll ich sagen: das Unglück? – an den Toren von Benares antreffen kann. Sie sind die Zyniker Indiens, die Anhänger des krassesten Pessimismus, die Vertreter absoluter Gleichgiltigkeit gegen alles. Sie nennen nichts ihr eigen als eine Schädeldecke – man sagt, daß sie mit Fingern und Zähnen selbst diesen Schädel »gereinigt«, das heißt: Fleisch, Augen und Hirn herausgefressen hätten. Nun essen sie und trinken sie aus diesem Schädel. Alles ist gleich viel wert, sagen sie, oder vielmehr: nichts ist etwas wert. Gibt man ihnen Wasser in ihren Schädelnapf, so trinken sie es – gibt man ihnen Petroleum, trinken sie es auch. Wirft man ihnen Reis zu, so sagen sie: Danke; schlägt man ihnen mit dem Stock ins Gesicht, so sagen sie auch: Danke! – Alles ist gleich!

Mag man sagen, was man will – – es liegt dem ekelhaften Treiben dieser Aghorpunt doch eine philosophische Idee zugrunde. Und eine viel tiefere für mein Gefühl, als bei dem großen Büßer Swami Saraswati, dem Heiligen von Benares, der vor ein paar Jahren starb. Die Tatsache, daß Swami in Benares wirkte, ist eines der merkwürdigen Rätsel der seltsamen Hinduwelt. Man stelle sich etwa vor, daß in Lourdes ein mohammedanischer Derwisch als Heiliger verehrt würde – denn dem Grabe des Jaina-Gläubigen Swami in der heiligen Stadt Schiwas erweisen sowohl Brahmanen wie Sikh und Mohammedaner Verehrung. Swami war ein sehr reicher Mann – eines Tages verschenkte er sein Vermögen an die Armen. Er ging in den Garten eines ihm befreundeten Jainakaufmanns und büßte; das heißt, er setzte sich mit untergeschlagenen Beinen und ausgespreizten Händen nackt dahin. Nach ein paar Jahren fand er Bewunderer und mit ihnen kam das Geld. Swami Saraswati ließ sich einen Bildhauer aus Agra kommen, der fertigte einen kleinen Tempel und darin aus Marmor die lebensgroße Figur Swamis. Oder auch Mahaviras, des Stifters der Jainareligion – wie man will. Denn die, übrigens ausgezeichnet gearbeitete Figur, trägt Swamis Züge – Swami aber wieder saß in der klassischen Stellung des Religionsstifters. Die Jainalehre ist, daß Mahavira vierundzwanzigmal im Laufe der Zeiten wieder zur Erde geboren wird – – Swami Saraswati ambitionierte also nichts weniger als einer dieser Buddhas – Jinas in der Jainalehre – zu sein. Und so setzte er sich unter sein eigenes Bild – oder das der Gottheit – und saß da weiter durch einige fünfzehn Jahre im starken Geruche ungeheuerer Heiligkeit. Seine Tätigkeit – eben sein Dasitzen – war von außerordentlichem Erfolge gekrönt: ein Lac Lac = 100 000. Rupien nach dem andern konnte er in der Bank von Bengalen hinterlegen. Als er starb, war er ein Heiliger für Benares und für viele Millionen Inder, dazu ward er in seiner Jainagemeinde zum Jina, zum wiedergeborenen Gott, erklärt. Die Opfergaben hatten rund sieben Millionen Rupien erreicht; für einen Teil davon ließ er sich – neben seinem alten Platze – einen schönen Grabtempel bauen, den größeren erhielten seine Erben. Der Erfolg dieses Gosain war also zweifellos ein ungeheuerer, aber immerhin – – zwanzig lange Jahre auf demselben Flecke sitzen zu müssen! Ich für meinen Teil würde mich bedanken.

Swami Saraswati war ein Schlauer. Er erhielt für eine – für indische Begriffe – sehr leichte Buße eine sehr große Belohnung, freilich war er ein Reicher und ein Mitglied einer hohen Kaste. Die meisten Yogin und Samnyasi aber sind blutarme Teufel und aus der niederen Kaste der Sudra – – wenn sie sich auch noch so furchtbare, jahrelange Qualen auferlegen, so bringen sie es doch recht selten zu etwas.

Man erwarte nicht, daß man bei diesen Menschen etwas Übernatürliches finde! Ganz gewiß, sie alle zeigen einen ungeheuerlichen Willen, eine grandiose Überwindung alles menschlichen Empfindens. Aber alles das, was sie tun und zeigen, führt nicht nach oben – – führt vielmehr tief hinab auf eine elende, jämmerliche Stufe menschlicher Entwicklung. Die Seelenerlebnisse der indischen Büßer sind kindlich im Vergleich zu dem, was die christliche Mystik hier geleistet hat. Diese darf mit Recht für sich in Anspruch nehmen, daß sie bei allem Wahnsinn und aller widerlichen Narrheit doch tief in das Innerliche eingedrungen ist, während der indische Büßer von dem Alleräußerlichsten auch nicht eine Sekunde lang loskommt. Selbst in den schlimmsten Auswüchsen irrgeleiteten Denkens zeigt sich die weiße Rasse noch allen andern weit überlegen.


 << zurück weiter >>