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Einundzwanzigstes Capitel.

Diesen Abend verfluchte Kálmán hundertmal sein Schicksal, welches, wie es schien, ihm nicht gestattete, Nyúzó zu berauschen. Von Macskaházy rede ich gar nicht. Der Fiskal gehörte unter jene unglücklichen Geschöpfe, die immer nüchtern sind – mit diesem versuchte es Kálmán gar nicht; die Uebrigen, der Baron selbst nicht ausgenommen, erfüllten von selbst die Wünsche ihres jungen Hausherrn. Aber wie ein Fels, über den der Regen ohne Spur hinwegrauscht, bestand der Oberstuhlrichter die Macht des besten rothen und weißen Weines, ohne zu wanken. Nyúzó trank gewöhnlich leichten Gartenwein, So heißt der in sandigen Ebenen wachsende Wein an der Theiß. und Kálmán benützte den Kellerschlüssel dazu, den zwar guten, aber gewöhnlichen weißen und rothen Tischwein, der sonst Kislaky's Gästen geboten wurde und der neben dem Spieltische stand, mit dem besten Erlauer und Tokayer zu vertauschen; der Oberstuhlrichter gehörte nicht unter Jene, über die, wie wir zu sagen pflegen, die Schwäche eine Gewalt hat, und meine Leser selbst haben ihn zu Garacs in einem solchen Zustande gesehen, in welchen ihn Kálmán jetzt versetzen wollte; aber die Gegenwart des verhaßten Völgyesy, Macskaházy's Ermahnungen, vor Allem aber das ruhmwürdige Streben, seinen bisherigen Ruf als stärkster Säufer des ganzen Comitates aufrecht zu erhalten, wogen die Macht des Weines dergestalt auf, daß nach allen Saufmeisterstücken, die er diesen Abend geleistet, noch keine Spur der Berauschung an ihm bemerkbar war.

»Du willst mich bezechen, nicht wahr?« sprach Nyúzó, nachdem er eben wieder ein Glas rothen Weines geleert, sein Gesicht hatte dabei den Ausdruck, als wenn der Trank bittere Medicin gewesen. »Gib den Narrengedanken auf, mich hat noch kein Mensch besoffen gesehen.«

»Ich habe dich gesehen, Bruder,« rief der Geschworene freundschaftlich lächelnd vom Spieltisch her, wo er neben dem Baron saß, »und du warst recht honett besoffen.«

»Wer?« schrie Nyúzó.

Unter allen Gegenständen, über welche Menschen streiten, ist keiner, über welchen mehr Lärm und Erbitterung entstände, als wenn die Frage aufgeworfen wird, wer unter ihnen nüchtern ist; und Mancher, der in seinem ganzen Leben nicht ein einziges Glas Wein an die Lippen gebracht, hat sich mit seinen besten Freunden gezankt und gerauft, damit Niemand seine Nüchternheit bezweifle. Wer kann also erwarten, daß bei dieser Gelegenheit Nyúzó oder Keniházy nachgeben würden; besonders nachdem Kálmán alles beitrug, die Bitterkeit des Streites zu mehren, und der Oberstuhlrichter um Völgyesy's Lippen ein Hohnlächeln schweben sah, was er nichts Anderem zuschrieb, als daß dieser Verhaßte an der kühnen Behauptung zweifelte, daß er, Paul Nyúzó, auf jedes Glas, welches Keniházy trinke, mit 3 Gläsern antworten werde, ohne berauscht zu sein.

»Freund, was zu viel ist, ist zu viel,« sprach Kálmán, »das glaube ich in meinem Leben nicht!«

»Du glaubst es nicht?« schrie Nyúzó.

»Ich wahrlich nicht,« antwortete Kálmán, »ich wette, was du willst.«

»Gut; zwei Melkkühe gegen meinen Windhund.«

»Meinetwegen, obschon der Windhund nicht viel werth ist; du verlierst ihn ohnedies.«

»Die Wette steht, her mit den Gläsern.«

Kálmán konnte seine heimliche Freude kaum verbergen. Macskaházy versuchte Alles, um die Wette rückgängig zu machen. Keniházy hatte indessen lachend das erste Glas geleert: der Wette gemäß leerte Nyúzó darauf drei Gläser und das Spiel wurde etwas lärmender fortgesetzt.

Während Kálmán sich dergestalt mit den Herren beschäftigte, wirkte János mit nicht minderem Erfolge auf die Haiduken und Wachen, so daß, einen Kislaker Bauern und einen alten Haiduken ausgenommen, der einst auch Soldat gewesen, nach 8 Uhr kaum Einer unter ihnen zu finden war, den selbst der größte Schmeichler für nüchtern hätte erklären können.

Der alte János hatte sich vorgenommen, den ganzen Befreiungsplan Viola erst im letzten Augenblick zu eröffnen. »Gott bewahre mich!« sprach er zu Kálmán, als dieser ihm den Wunsch mittheilte, daß man die armen Leute nicht länger mehr in ihrem hoffnungslosen Zustande lassen solle; »der gnädige Herr würde Alles verderben, denn wenn die Frau erfährt, daß wir ihren Mann retten wollen, so wird sie ihre Freude nicht mäßigen können, man wird es bemerken und dann ist Alles aus. Das Beste ist, wenn sie bis auf den letzten Augenblick glauben, daß für Viola keine Hoffnung mehr ist; dann wird wenigstens Niemand an ihnen eine Veränderung bemerken.« Dies schien so vernünftig, daß Kálmán ohne Widerspruch darauf einging. So viel wir aber auch von Plänen und Berechnungen reden, ist das Leben doch kein Schachspiel. Die Gebilde, mit welchen wir unsere Pläne aufführen, sind nicht gefühllose Puppen, sondern fühlende Wesen, wie wir, an die uns hundert Empfindungen und Gedanken binden, – wer kann unter diesen Verhältnissen immer seinen Plan im Auge behalten? Als der alte Husar in das Zimmer trat, wo Susi mit ihren Kindern saß; als er die bleiche Frau sah, die ihr schlafendes Kind in den Armen wiegte und dergestalt in düstere Gedanken versunken war, daß sie den Eintretenden gar nicht bemerkte; als ihm der kleine Pista mit rothgeweinten Augen entgegentrat und ihn mit unwiderstehlicher Freundlichkeit bei der Hand nahm, zur Mutter führte und ihn bat, daß er sie trösten möge, als das Kind in Susis Armen auf das Geräusch erwachte, und die Mutter lächelnd anblickte, als deren Augen sich darüber mit Thränen füllten, da gingen die Vorsätze des alten Husaren in Rauch auf, und als Susi das Kind an ihre Lippen drückte und seufzend ausrief: »Das arme unglückliche Kind weiß nicht, wie bald es zur Waise wird,« wischte sich der Husar mit der harten Hand ein paar Thränen aus den Augen und konnte nichts anderes sagen, als: »Das wird es nicht, meine gute Susi, ebenso wenig, als du Witwe,« und erst auf dem erstaunten Blick, den die Frau auf ihn warf, bemerkte er, was er gesagt habe.

Nach diesen Worten konnte das Geheimniß nicht länger bewahrt werden, der kleine Pista wurde also hinausgeschickt und János erzählte flüsternd alle Vorbereitungen. »Du siehst,« fuhr er wohlgemuth fort, »daß wir Alles bedacht haben. Sei ohne Sorgen, nach ein paar Stunden, wenn die Herren und die Wachen schnarchen – und sie haben gut aufgeschüttet – ist dein Mann frei, er schwingt sich auf sein gutes Roß und dann sollen sie ihn suchen. Man muß nicht gleich der Welt entsagen, man muß nicht gleich verzweifeln, das heißt – was hab' ich denn jetzt gesagt,« sprach er seine Rede verbessernd weiter, »du mußt verzweifeln, du mußt traurig sein; heule und bitte, sonst merken die Herren etwas. Ich alter Esel hätte dir nichts von der Sache sagen sollen, denn du wirst dich nicht verstellen können und dann ist Alles aus.«

Susi stellte flüsternd einige Fragen über die Flucht ihres Mannes.

Nachdem János darauf geantwortet hatte, setzte er hinzu: »Gib mir dein Kind ein wenig her, daß ich es auf meinen Knieen tanzen lassen kann. Was das für ein hübsches Kind ist,« sprach er und sein ganzes Gesicht lächelte, als er es vorsichtig in die Hände nahm, »und wie es lacht, als ob ich es schon hundertmal herumgetragen hätte! Nein, das werden wir nicht zugeben, daß seinem Vater ein Leid geschieht! Ei, Susi, wenn ich ein solches Kind hätte!«

»Die Meinen werden Euch lieben wie ihren zweiten Vater,« sprach sie und warf einen Blick auf ihn, in welchem das Glück der Mutter, die ihres Kindes Lob hörte und ihre ganze Dankbarkeit sich ausdrückte.

»Ja, wie ihren zweiten Vater,« erwiderte der Alte seufzend, »aber es muß doch etwas ganz Anderes sein, wenn der Mensch als erster Vater geliebt wird. Siehst du, Susi, ich habe öfter nachgedacht, warum mir Gott nicht auch Kinder gegeben hat. – Sie sagen, weil ich keine Frau habe. Aber warum habe ich keine Frau? Wenn ich nicht in den Krieg hätte müssen, so könnte ich schon Enkel haben; und glaube mir, die silberne Medaille und das Kreuz, beides würde ich heute noch hingeben für ein einziges Kind. Nun, wie Gott will, vielleicht habe ich darum keine Kinder, weil ich die Anderen dann nicht so lieben würde wie jetzt.«

János sah, daß der kleine Pista mit Vándory zurückkam, um die Mutter zu Viola zu rufen, er gab ihr nur noch schnell die Mahnung, sich um des Himmels willen nicht zu verrathen, und entfernte sich mit nicht geringer Besorgniß, als er alle die Gefahren überlegte, die sein Geheimniß bedrohten, wenn Susi ihre Hoffnungen verriethe.

Des alten János Besorgnisse waren aber in dieser Beziehung ganz unbegründet. Die gute Nachricht, die er ihr gebracht, und die sie, sobald sie mit ihrem Manne allein war, diesem mittheilte, erfüllte ihre Herzen mit unnennbarer Unruhe, und wer Viola jetzt sah, als ihm die Befreiung so wahrscheinlich schien, und die Ursache seiner Aufregung nicht wußte, konnte nichts Anderes denken, als daß den starken Mann die Todesfurcht jetzt überwältigt habe. Und dürfen wir uns darüber wundern, schlägt nicht in jedem Pulse jene Lebenskraft, die uns nothwendig an das Leben bindet, wie traurig auch sonst unsere Tage verfließen? Sah er nicht sein Weib neben sich? Mußten ihm nicht seine Kinder einfallen, die sein Tod gewisser Noth, ja vielleicht dem Verbrechen entgegenführte? Die Kinder, denen er noch nothwendig war? – Viola hatte längst daran gedacht, sein Leben zu ändern, jetzt war ein sicheres Mittel dazu in seiner Hand; der Bruder des Kislaker Gulyás war gestorben, hatte aber früher von dem Herrn ein Entlassungsschreiben und Zeugniß und vom Comitat einen Paß erhalten, in demselben Augenblick als er mit seiner Frau und drei Kindern gesonnen war ins dritte Comitat zu gehen, wo ihm auf die Empfehlung seines Bruders, der einst selbst dort gewesen, der Dienst als Gulyás versprochen war. Die Schriften waren beim alten István, der Viola an Stelle seines Bruders selbst dorthin führen wollte. Dort, gute 20 Meilen entfernt von dem Schauplatze seines früheren Lebens, auf einer einzelnen Tanya, von Niemandem gekannt, öffnete sich ihm nicht da ein neues Leben, neues Glück, ihm dem so lange Verfolgten? Und all' dieses Glück, das so nahe, das er vor sich sah, hing es nicht an einem Haare? – Wenn Jemandem im Hause die Verbindung zwischen des Hofrichters Dach und dem Speicher in den Sinn kam und vor dem Schüttboden Wachen aufgestellt würden? Wenn über dem Lärm, den das Aufheben der Bretter im Gebälke verursachen mußte, die Hüter erwachten? – Hundert Möglichkeiten gab es da, und bei jeder war statt des Glückes, welches sich vor Viola aufzuthun schien, schmählicher Tod und Noth und Kummer seiner Frau und der Kinder zu erwarten!

In diesem Zustande fand ihn Nyúzó, der gegen halb zehn Uhr, als der Geschworene ohne Bewußtsein in sein Zimmer war getragen worden, in Begleitung Macskaházy's und des Hofrichters zwar nicht mit sicheren Schritten, aber mit umso mehr Majestät im Antlitze in die Kammer trat. Die Veränderung, die mit Viola vorgegangen, war viel zu auffallend, als daß sie besonders Macskaházy's und des Hofrichters Aufmerksamkeit hätte entgehen können.

»Na,« sprach Nyúzó hell auflachend, »wo ist denn jetzt deine Dreistigkeit, Viola? warum bist du jetzt so unterthänig, sonst warst du ja ein ganzer Kerl?«

»Gnädiger Herr,« antwortete der Angeredete und biß sich in die Lippen, »der Schritt, zu dem ich mich jetzt vorbereiten muß, ist keine Kinderei und am Ende hat der Mensch ein Herz: ich lasse Weib und Kinder zurück, und wer weiß, was aus den Armen wird.«

»Dein Weib, die Susi? Na,« setzte Nyúzó lächelnd hinzu, »für die werde ich sorgen.«

Violas Blut gerieth in Wallung, aber er bezwang sich und schwieg.

»Und deine Kinder? Nun, die werden aufwachsen,« fuhr der Oberstuhlrichter lustig fort, »und gelangen dorthin, wo du – aber zu was dieses Geschwätz,« unterbrach er sich mit dem ganzen Ansehen eines Oberstuhlrichters. »Du Susi, trolle dich, Ihr habt Zeit genug gehabt zum Schwätzen und du bereite dich auf morgen Früh.«

Der Gefangene, in dem die Ungewißheit seiner Lage in diesem Augenblick ebenso erwachte wie in Susi, umarmte zitternd sein Weib, und die unglückliche Frau konnte von dem Geliebten nicht scheiden; krampfhaft umschloß sie ihn mit ihren Armen und preßte ihn mit der ganzen Leidenschaftlichkeit des Schmerzes an ihre Brust.

»Ich sage, Ihr habt genug Zeit gehabt zum Lamentiren!«

schrie Nyúzó und schlug ungeduldig mit seinem Stock auf die Bank. »Fort, jetzt ist es aus!« Susi schied nun ohne Widerrede von ihrem Manne. Macskaházy und der Hofrichter gingen ihr nach. Nyúzó blieb noch einen Augenblick stehen und heftete seine Augen auf den Gefangenen. Mit dem Lächeln der Befriedigung sah er das fahle Angesicht und das Beben des Mundes, beides schrieb er der Furcht zu. – »Nun, Viola,« sprach er endlich lachend, »wer läßt morgen den Andern henken, wir haben's uns wechselseitig versprochen, nicht wahr?! Na, ich halte Wort.« Damit entfernte sich der Oberstuhlrichter und schloß die Thüre hinter sich ab.

Wie gesagt, waren an die Thüre des Gefängnisses die zwei nüchternsten Wachen gestellt worden; aber nach dem vielen Wein, den die Beiden, durch János aufgemuntert, genossen hatten, war ihre Nüchternheit nicht von der Art, daß Macskaházy mit ihnen zufrieden hätte sein können, und er klagte eben seufzend dem Hofrichter, daß in Folge der übertriebenen Gastfreundschaft des Hausherrn das ganze Haus besoffen sei, als Nyúzó aus der Kammer trat.

»Wer ist besoffen, was ist besoffen?« sprach dieser grimmig zum Redenden, dessen letzte Worte er gehört, »ich bitte mir es aus, hier ist Niemand besoffen.«

»Wer spricht denn von dir?« flüsterte ihm Macskaházy ins Ohr. »Aber schau nur diese Menschen an, sie sind ja berauscht wie ein Zapfen.«

»Du hast Recht,« schrie nun Nyúzó, »Ihr seid alle berauscht, Ihr Nichtswürdigen! ich lasse Euch henken; wenn der Räuber entkommt, so baumelt Einer von Euch! – Also habt Acht, es ist eine Schande für den Menschen, den Verstand im Weine zu ertränken wie das wilde Thier.«

Natürlich schwuren die Wachen, daß sie keinen Tropfen Wein gesehen und daß der Gefangene nicht entkommen solle, und wenn er der Teufel selber wäre. Macskaházy hielt es aber für sicherer, daß er trotzdem die Thüre mit dem Schloß absperre und den Schlüssel mit sich nähme; aber Nyúzó litt das nicht, weil er es für einen Eingriff in sein Amt hielt und weil er bemerkte, daß Macskaházy den Schlüssel darum zu sich nehmen wolle, weil er an seiner Nüchternheit zweifelte. Der Oberstuhlrichter steckte also die Schlüssel in seine eigene Tasche und ging unter nicht geringen Flüchen gegen die schmutzige Sünde des Rausches mit den Uebrigen schlafen.

Sobald sich der Oberstuhlrichter entfernt hatte, legten sich die Wachen am Thore und um das Haus herum nieder, und verkündeten schnarchend das Lob des Kislaker Weines. Der Hofrichter setzte die Schlafhaube auf und im Gefühle seiner Wichtigkeit und der heute entwickelten Thätigkeit kroch er unter die Flaumen. Obschon Susi mit allen Qualen der Ungewißheit im Herzen neben dem Bette saß, auf welchem ihre Kinder schliefen, und obschon Kálmán in der Ungeduld seines Alters und seiner Natur mit schnellen Schritten in seinem Zimmer auf- und abging und den Augenblick kaum erwarten konnte, in welchem er seinen Plan ausführen sollte, und obwohl der alte Kislaky selbst zum erstenmal seit vielen Jahren den Schlaf nicht fand und sich seufzend im Bette herumwälzte, war doch Alles um das Haus herum still, und nur die Hunde, die im Dorfe von Zeit zu Zeit ihren laut werdenden Kameraden bellend antworteten, unterbrachen die ernste Stille.

Auch in der Kammer des Gefangenen war es still, und die Wachen vor der Thür gähnten, sobald die Furcht, die ihnen der Oberstuhlrichter eingeprägt, zu wirken aufgehört hatte, und erwarteten sehnsüchtig den Augenblick, in welchem sie von ihrer unangenehmen Anstellung durch Andere würden abgelöst werden.

Die Nacht war kalt und finster, die Wolken, die den ganzen Tag über den Himmel bedeckt hatten, senkten sich tiefer und breiteten einen feuchten Schleier über die ganze Gegend, und obschon die beiden Hüter mit Hilfe des alten Husaren ihren Magen gut erwärmt hatten, begann doch die Feuchtigkeit, die von außen ihre Kleider durchdrang, über die edlere Flüssigkeit zu siegen, die in ihrem Innersten hauste; der Soldat gewesene Haiduk trug zwar sein Los geduldiger, aber sein Kamerad klagte seufzend über die Kälte, in welcher er bestimmt erfrieren werde, wenn er nicht abgelöst würde. János, der in seinem Innern die Finsterniß der Nacht nicht genug loben konnte, die so stark war, daß man auf drei Schritte nichts zu sehen vermochte, und sich ebenso freute, daß die äußeren Wachen alle im tiefen Schlafe lagen, hatte indessen sich mit Peti zusammengefunden. Dieser hatte alle Vorbereitungen getroffen und harrte mit Viola's Pferd am Ende der Gartenumzäunung. Der alte Zigeuner hatte Alles beigeschafft, was zum Erbrechen des Gebälkes nothwendig war. Er brachte auch die Nachricht, daß der Gulyás István mit seinen Pferden und dem Wagen vor Mitternacht beim Tretplatz sein werde, um Susi und ihre Kinder alsobald fortzuführen. Peti hatte gemeint, daß man Susi und die Kinder nicht in der Gewalt des Oberstuhlrichters lassen könne. Der Gulyás István hatte es für das Beste befunden, wenn er diese geradenwegs nach Viola's erster Station brächte; Viola sollte zu Pferde nachkommen.

Bei der Mittheilung aller dieser guten Nachrichten strich sich János den Schnurrbart mit nicht geringer Selbstzufriedenheit. Er streichelte Viola's gutes Roß und band es an den Zaun; er trug Peti auf, sich in der Nähe des Speichers zu verbergen und ging dann wieder zu den Wachen an der Kammerthüre, die er zu seinem Verdruße noch wach fand.

»Ist es denn noch nicht zehn Uhr?« sprach der Eine, als er János erkannte. Der Fragende hatte sich niedergesetzt und das Gewehr neben sich auf die Erde gelegt, um die Bunda fester zusammenhalten zu können.

»Freilich,« sprach seufzend der Andere, »ich ginge lieber sechsmal auf die Robot, selbst einem Soldaten ist das zu viel; mein Kamerad hier war im Kriege, und er sagt doch, daß er nie so lange hat Wache stehen müssen.«

»Wer kann dafür,« sprach der Erste, »so ist der Befehl.«

»Befehl!« seufzte wieder der Andere, »die Herren haben leicht befehlen, sie legen sich satt nieder; wenn sie uns zum Mindesten etwas zum Essen geben würden, oder doch etwas Branntwein – wir erfrieren ja beinahe.«

»Geduldet Euch nur ein wenig,« sprach János, »als ich heute ankam, ließ mir der junge Herr Kálmán guten Branntwein geben, er steht oben im Zimmer; die Flasche ist beinahe voll, die werde ich Euch bringen.«

Und János ging fort, benachrichtigte Kálmán von der Lage der Dinge und kehrte mit einer Flasche Sliwowitz und einem Laibe Brot zurück.

»Seht Ihr,« sprach der alte Husar, nachdem er einen Schluck aus der Flasche getrunken und sie zuerst dem Haiduken und dann dem Anderen hinreichte, »wenn der Oberstuhlrichter oder sonst Jemand von den Herren Soldat gewesen wäre, so hätte er für eine Ablösung gesorgt und Ihr würdet jetzt ausruhen können, aber so –«

»Sie werden uns am Ende doch ablösen,« sprach der Eine, erschrocken über die Aussicht, daß er die ganze Nacht hier zuzubringen habe.

»Ich möchte wissen, wer Euch ablösen soll? die Anderen schlafen Alle,« entgegnete János.

»Gib die Flasche her, mich friert noch immer,« sprach der zweite Wächter und schüttelte ungeduldig das Haupt, während sein Kamerad sich gähnend auf sein Gewehr stützte.

János reichte diesem die Flasche hin und stellte sich, als trinke er auch, wodurch er den Haiduken bewog, seinem Beispiele zu folgen. Eine Weile unterhielt der alte Husar die Wachen mit der Aussicht, daß sie nicht abgelöst würden, und daß sie wahrscheinlich gegen Morgen gerade dann einschlafen dürften, wenn der Stuhlrichter nachzuschauen käme, und daß es ihnen dann schlecht gehen werde. – Unter solchen Gesprächen ging die Flasche von Hand zu Hand, endlich schwur der Eine gähnend, daß er es nicht mehr länger aushalten könne und sich gleich niederlegen werde; der Haiduk sprach von dem strengen Befehle, gestand aber selbst, daß er nicht wisse, ob er bis zum Morgen noch wach bleiben könne.

»Wißt ihr was,« sprach János im freundschaftlichen Tone, »ich bin Soldat gewesen, bin in meinem Leben genug Wache gestanden und bin nicht im geringsten schläfrig. Geht dorthin unter den Schoppen und legt Euch dort auf das trockene Stroh; wenn ich schläfrig werde, so will ich Euch schon wecken; indessen schlaft Ihr Euch ein wenig aus und wenn der Stuhlrichter morgen kommt, so findet er Euch wach auf Euren Posten.«

Dieser Antrag wurde von dem Bauer allsogleich, von dem Haiduken aber, bei dem noch einige Bruchstücke der militärischen Disciplin übrig geblieben waren, nach einigem Bedenken angenommen und nach kurzer Zeit vernahm János aus dem Schoppen tiefes Schnarchen, woraus er schließen durfte, daß der Ausführung seiner Pläne jetzt nichts mehr im Wege stehe.

Der alte Husar legte das Gewehr nieder, das er vom Haiduken übernommen und eilte alsbald zum Speicher, wo ihn Peti und Kálmán mit der größten Ungeduld erwarteten.

Nachdem sie auf den Stufen eine Lampe angezündet, stiegen sie mit leisen Schritten die Stiege hinauf und kamen auf den Boden des Speichers. Kálmán blieb unten an der Thüre stehen, hüllte sich in den Mantel und horchte pochenden Herzens, ob sich nicht etwas ereigne, was im letzten Augenblick die Ausführung seines Planes zu hindern vermöchte.

Nicht lange stand er so, als er Tritte hörte. Der Nahende kam vom Hause, wo die Gerichtsmitglieder schliefen. Kálmán zog sich auf die andere Seite des Speichers, so daß er nicht gesehen werden konnte, und erschrak nicht wenig, als er in dem Wesen, das sich mit der Lampe in einer, einen starken Knüttel in der anderen Hand, mit vorsichtigen Schritten näherte, Macskaházy erkannte. Es gab einen Moment, in welchem der vorsichtige Fiscal in der höchsten Gefahr schwebte, niedergeschlagen zu werden. Zu des Fiscals Glück fiel es aber Kálmán ein, daß dies nicht ohne Lärm geschehen könne, und daß jeder Augenblick, in welchem Lärm früher als nöthig entstehe, Viola's Rettung mehr und mehr erschwerte. Macskaházy schritt immer weiter und immer näher der Kammer zu, und man vermag sich kaum seine Ueberraschung und den Zorn vorzustellen, der seine Brust erfüllte, als er bei der Kammer angelangt, mit der Lampe herum leuchtete und sah, daß der Gefangene ohne Wache geblieben. »Ich habe es gleich gedacht,« sprach er zu sich selbst, »hier geht eine Spitzbüberei vor. Dieser junge Kálmán hat Nyúzó, die Wachen und das ganze Hausgesinde berauscht. Sie wollen ihn entwischen lassen, das ist klar; vor Gericht ist es nicht gelungen, jetzt wollen sie Gewalt versuchen. Ich muß gleich zurück, muß ein paar Leute aufwecken und am Ende halte ich selbst Wache bis morgen früh – Viola muß sterben! Wenn seine Sache vor das gewöhnliche Gericht gelangt, so werde ich durch sein Geständniß in den Proceß mit hineingerissen, und wer weiß, was da noch geschehen könnte; denn ich habe viele Feinde.« Der Fiscal, den diese Gedanken nicht schlafen ließen und der nicht ruhig sein konnte, so lange Viola, ein Zeuge seiner Unthat, lebte, hatte sich schon auf den Rückweg gemacht, als ein ungewöhnliches Geräusch aus der Kammer des Gefangenen seine ganze Aufmerksamkeit fesselte. Er legte das Ohr an die Thür und es war ihm, als würden Bretter aufgehoben, als würde etwas in die Kammer herabgelassen. »Der Boden wird aufgebrochen,« so schrie er auf, »verflucht, ist denn Niemand hier; wartet nur, ihr Verdammten, ich bin da!« und trotz seiner Klugheit vergaß Macskaházy dergestalt seiner selbst, daß er zu dem Gefangenen hineingegangen wäre, wenn Nyúzó nicht die Kammer abgesperrt und den Schlüssel zu sich gesteckt hätte. Die auf dem Boden Arbeitenden hatte einige Schemel gefunden, wie man sie gewöhnlich hat, um Dinge herablangen zu können, die man sonst nicht zu erreichen vermöchte; sie ließen diese in die Kammer hinab. Der Lärm, den dies verursachte, wurde nur von Kálmán deutlich vernommen; die Wächter im Schoppen erwachten wohl darüber, aber nicht so, daß sie zum vollkommenen Bewußtsein gekommen wären; allein mit umso größerem Zittern erfüllte sich das Herz des Hofrichters.

Der Hofrichter hatte nie in seinem Leben die Schlafmütze mit stolzerem Gefühle aufgesetzt als diesen Abend. Die herablassende Art, mit welcher sämmtliche Mitglieder des Gerichtes den ganzen Tag über mit ihm sprachen; die für das Comitat, ja für das ganze Land wichtige Obliegenheit, den Gefangenen zu hüten, die er an diesem Tage übernommen hatte; der staunenswerthe Scharfsinn, den er durch so viele zweckmäßige Anordnungen kundgegeben, verdoppelten vor seinen Augen gleichsam den eigenen Werth, obschon er auch sonst nicht gewohnt war, sich geringzuschätzen. »Zu solchen Dingen bin ich geboren,« dachte er bei sich selbst, »was heißt die dumme Landwirthschaft! Dünger führen, anbauen, ackern, dreschen lassen, das ist nicht für mich. Ich hätte ein Jurist werden sollen, dazu hat mich Gott erschaffen.« Er überdachte, was er hätte werden können, wenn er die Rechte gehört hätte – Vicegespan, wer weiß, vielleicht Assessor der Septemviraltafel-Beisitzer, Die oberste Justizbehörde in Ungarn. Obergespan, Kammerpräsident oder einer der Großwürdenträger des Reiches. Seine Einbildungskraft wurde durch den starken Wein unterstützt, den er beim Nachtessen ebenso getrunken, wie die Uebrigen, und der dicke Mann wälzte sich unruhig im Bette, als ob die Sorgen aller jener Aemter, die er nach zweijährigen Rechtsstudien hätte erlangen können, schon jetzt auf seinen Schultern lägen.

Wir wissen Alle, daß nichts so sehr den Schlaf vertreibt, als dergleichen Spiele der Einbildungskraft; wie oft auch der Hofrichter die Augen schloß und wie oft er sich auch zum Gähnen zwang, er vermochte durchaus nicht einzuschlafen. Die Stelle der Würden und Aemter nahm jetzt die Erinnerung an so viele Räubergeschichten ein. Der größte Räuber des Comitates, zum Tode verurtheilt, saß in seinem Hause gefangen. Wer weiß, wie zahlreich seine Bande ist? Und wenn nun diese, um ihren Führer zu befreien, das Haus überfallen, was würde dann aus dem armen Hofrichter, der selbst den Galgen beim Zimmermann bestellt, und der auf dem Hofe vor hundert Menschen mehr als einmal gesagt hatte, daß Viola gehenkt werden müsse? Die Räuber hatten das gewiß schon erfahren! Und schlief er seit zwei Jahren, seitdem er nämlich sich vor dem Schlagfluß fürchtete, nicht immer bei offenen Thüren? Könnten die Räuber nicht ohne Hinderniß in sein Zimmer gelangen, nachdem der Haiduk, der sonst vor der Thür schlief, jetzt zur Wache beordert war? Im Angstschweiß lag er im Bette. In diesem Augenblick hörte er über seinem Haupte auf dem Boden ein Geräusch von Tritten; erschrocken setzte er sich im Bette auf. Deutlich vernahm er die Schritte und gleich darauf das Geräusch, welches das Ausbrechen der Bretter verursachte. Es blieb kein Zweifel übrig. »Barmherziger Gott!« sprach er leise und seine Hände schlossen sich unwillkürlich wie zum Gebet. Was sollte er thun? Sollte er die Thüre schließen? Die Ohren sausten ihm, als umschwirrte ihn ein großer fliegender Vogel; sein Herz schlug so stürmisch, seine Brust war so gepreßt, daß er kaum zu athmen vermochte; hierzu der kalte Angstschweiß auf der Stirn und dieses Zittern in all' seinen Gliedern, lauter offenkundige Zeichen des nahenden Schlagflusses. »Wenn ich die Thüre abschließe und mir Niemand zu Hilfe kommen kann, so bin ich verloren.« So dachte er bei sich selbst und verkroch sich unter die Federdecke. Andererseits nahm das Krachen immer zu, und in der Stille der Nacht schien es ihm, als werde die Decke des benachbarten Zimmers aufgesprengt. Wer weiß, wie viele Räuber da sind und was er von ihrer Grausamkeit zu leiden haben werde; wenn er die Thüre nicht zusperrt und dadurch zum Schreien Zeit gewinnt, bis sie die Thüre sprengen, so ist ja sein Tod noch viel gewisser. Endlich wenn er in diesem kalten Zimmer so im Schweiß aufsteht, ist es nicht wahrscheinlich, daß ihn der Schlag in dem Augenblicke trifft, in dem er aus dem Bette steigt? Der Unglückliche seufzte und betete in seiner Qual. Zehnmal schwur er es sich zu, daß er nie mehr allein in einem Zimmer schlafen, daß er am nächsten Morgen seine Wirthschafterin heiraten, daß er nie mehr zum Nachtmahl Wein trinken werde, um nimmermehr in Schweiß zu gerathen! aber alles dieses waren nur Hilfsmittel für die Zukunft. Als er endlich Macskaházy's schreiende Stimme vernahm, die er in seiner Angst nicht erkannte, überwand die nähere Gefahr alle anderen Rücksichten und der Hofrichter sprang auf, wickelte sich in seine Decke und ging der Thüre zu. Aber wer kann sich seinen Schauder vorstellen, als er die Thüre des Vorzimmers aufgehen und Jemanden mit raschen Schritten nahen hörte. Auch er eilte und, die Decke wegwerfend, langte er eben nach dem Schlüssel, als die Thür aufgerissen wurde, und plötzlich ein Mann in einer Bunda vor ihm stand.

Es gibt einen Moment, über welchen hinaus die Furcht zur Verzweiflung wird und den Feigen zum Helden umwandelt. Dies geschah auch mit unserem Hofrichter – halb außer sich, wüthend wie Jemand, der um sein Leben kämpft, schonungslos, wie Jemand, der keine Schonung erwartet, fiel er über den Eintretenden her, und im nächsten Augenblicke lag Macskaházy um Hilfe brüllend auf dem Boden. »Räuber!« schrie der Hofrichter und drückte seinem Gegner die Gurgel zu, indeß er mit der anderen Hand ihm das Haupt zerbläute.

»Er ist wahnsinnig,« kreischte der Andere, faßte ihn bei den Ohren und schlug auf den Angreifer los, bis auf den ungeheuren Lärm hin Männer mit Laternen herbeieilten und die beiden Raufenden auseinanderrissen, die nun mit blutenden Nasen und blutendem Mund vor einander standen und sich verwundert erkannten.

»Also hat mich der gnädige Herr ausrauben wollen?« sprach der Hofrichter verwundert.

»Der Hofrichter ist verrückt geworden,« schrie Macskaházy, »sperren wir ihn in dieses Zimmer ein, kommt aber schnell mit mir, denn der Gefangene entwischt.« Der schwer aufathmende Hofrichter wurde eingesperrt und Macskaházy und die Uebrigen eilten zur Kammer. Der Hofrichter blieb erstaunt über die Unverschämtheit des Fiscals vor Angst, Zorn und Anstrengung zitternd im Zimmer stehen, bis ihn die Kälte an den Schlagfluß mahnte; schnell kroch er in das Bett und zwischen den Flaumen dachte er nach über die Falschheit der Welt.

Macskaházy ließ die Kammer aufsprengen; – daß er den Räuber nicht mehr darin fand, ist natürlich, wenn wir die Zeit bedenken, die er in des Hofrichters Armen oder vielmehr unter dessen Fäusten zugebracht hatte.

Als Macskaházy noch vor der Thüre der Kammer schrie, war Viola schon auf dem Boden, eine Minute nachher bei Kálmán, dem er einen flüchtigen Dank sagte und sah sich dann im Freien. Kálmán schloß den Speicher ab, eilte zu Susi, um ihr Nachricht zu bringen und sie durch die Hinterthüre des Gartens hinauszulassen. Kaum hatten sie den Garten betreten, als sie flüchtigen Rosseshufschlag hörten und somit wußten, daß der Gefangene gerettet sei. – Die Frau küßte mit Gewalt Kálmán's Hände und enteilte gleichfalls; dieser, glücklich wie ein Mensch, der eine gute That vollbracht, eilte der Wohnung des Hofrichters zu, von woher immer mehr wachsender Lärm ertönte.

Ich werde den Lärm und die Unordnung nicht beschreiben, die Kálmán dort gefunden. Meine Leser kennen die Personen und den Zustand, in den sie durch die Hilfe des Kislaker Kellers versetzt worden waren. Es genügt zu sagen, daß das ganze Haus: Herren, Diener, Panduren und Bauern, die der Lärm aus dem Dorfe herbeigezogen, mit Kerzen und Laternen in wilder Unordnung durcheinander liefen, und nachdem Alle in die Kammer hineingeguckt und Alle erklärt hatten, daß der Gefangene sicherlich durch das Dach entkommen sei – woran Niemand zweifelte – gab jeder Rathschläge, ertheilte jeder Befehle, aber Niemand hielt es für seine Person nothwendig, den Räuber zu verfolgen; so daß Macskaházy für seine Wachsamkeit keinen anderen Lohn erntete, als eine blutige Nase und ein paar eingeschlagene Zähne.

Der Morgen begann bereits zu grauen, als Alle sammt und sonders mit Erstaunen wahrnahmen, daß Niemand den Räuber verfolgt habe. Nachdem es nun nicht wahrscheinlich war, daß er aus eigenem Antriebe zurückkehren würde, fühlten sie, daß sie die Nacht schlaflos zugebracht hatten und Jeder suchte seine Schlafstelle zu kurzer Ruhe wieder auf.

Als Kislaky mit seinem Sohne in das Zimmer trat, fiel der gute Alte Kálmán um den Hals. »Was immer die Folgen sein mögen,« sprach er bewegt, »Gott segne dich dafür, daß du meine Seele von ewigen Vorwürfen befreit hast. Mein ganzes Leben über sitze ich nicht mehr in einem Statarialgericht.«

Gerührt drückte ihm Kálmán die Hand und zog sich ebenfalls in sein Zimmer zurück; um das Herrenhaus und um die Hofrichter-Wohnung herrschte wieder Stille.


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