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Siebzehntes Capitel.
Unter der Loggia.


Die Loggia auf dem Dache von Bardo's Hause überragte die Gebäude zu beiden Seiten und bildete eine Galerie um viereckige Mauern. An der, der Straße zugekehrten Seite war das Dach durch Säulen, auf den übrigen Seiten aber durch eine von bogenförmigen Oeffnungen durchbrochene Mauer getragen, so daß auf der Rückseite, welche eine Masse unregelmäßiger ärmlicher Wohnungen gegen die Anhöhe von Bogoli hin überschaute, Romola zu jeder Zeit, vor lästigen Beobachtern geschützt, spazieren gehen konnte. Nahe bei einer dieser gewölbten Oeffnungen, dicht an der Thüre, durch welche er in die Loggia getreten war, wurde sie von Tito, dessen trübe Gedanken auf das Sonnenlicht gerichtet waren, das schräg vor ihm hinschimmerte und sich mit dem Ruin seiner Hoffnungen mischte, erwartet. Er hatte auch nicht einen einzigen Augenblick darauf gerechnet, daß Romola's Zuneigung zu ihm so gewaltig sei, daß sie dem Abscheu widerstehen könnte, den die Entdeckung seines Geheimnisses hervorrufen würde; er war nicht von der anmaßenden Eitelkeit besessen, welche ihn hätte verhindern können zu bemerken, daß ihre Liebe aus derselben Wurzel wie ihr Glaube an ihn emporgesprossen war. Als er sie sich aber dachte, wie sie ihm in ihrer strahlenden, von ihren sanften braunen Augen in so lieblicher Weise irdisch gemachten Majestät entgegenschritt, hegte er den Wunsch, daß sie etwas niedriger stehe, und wenn auch nur, damit er sie vor ihrem Scheiden umfangen und küssen könne. Er hatte noch keine wirklichen Liebkosungen von ihr erhalten, nichts als dann und wann einen langen Blick, einen Kuß, einen Händedruck; und er hatte sich so oft danach gesehnt, mit ihr allein zu sein. Jetzt sollten sie also allein sein; aber er sah sie unerbittlich in der Entfernung stehen. Sein Herz pochte gewaltsam, als er die Thür sich bewegen sah, – Romola war da! Es war wie ein Blitzstrahl; er fühlte die Glorie um ihr Haupt, die zährenvoll flehenden Augen mehr, als er sie sah; er fühlte ihren Liebesruf: »Tito!« mehr, als er ihn hörte.

Und in dem nämlichen Augenblicke lag sie in seinen Armen, und hatte schluchzend ihr Antlitz an das seinige gelehnt.

Wie hatte sich die arme Romola während der ganzen durchwachten Nacht danach gesehnt, das freundliche Antlitz zu sehen! Das ihr so neue Bild des Todes; die seltsamen verwirrenden Zweifel, welche die Geschichte eines ihren Begriffen und Sympathien so fremden Lebens in ihr erregt hatte; die Vision, die nicht von ihr ließ, und welche sie nicht nur von der dumpfen, keuchenden Stimme erzählen gehört, sondern die sie selbst mit durchlebt zu haben schien, als wäre es ihr eigener Traum gewesen – alles Dieses ließ sie klarer als je erkennen, daß es Tito gewesen war, der zuerst den warmen Strom von Hoffnung und Freude in ihr Leben geleitet, und zuerst die scharfe Schneide des Kummers bei der Erinnerung an ihren Bruder von ihr gewendet hatte. Sie wollte Tito Alles erzählen, sie hatte ja Niemanden, dem sie es sonst erzählen konnte. Sie hatte sich den ganzen Morgen über vor ihrem Vater zurückgehalten, aber jetzt durfte der lange gehemmte Schmerzensausbruch sich seinen Weg bahnen. Stolz und voll Selbstbeherrschung gegen Jedermann, war Romola einfach und hingebend wie ein Kind in ihrer Liebe zu Tito. Sie war mit den Tagen, wo sie einander nur in die Augen geblickt hatten, ganz zufrieden gewesen; aber jetzt, da sie die Nothwendigkeit, sich fest an ihn zu schmiegen, fühlte, stieg kein Gedanke in ihr auf, der sie davon zurückhielt.

»Meine Romola! meine Göttin!« flüsterte Tito mit leidenschaftlicher Inbrunst, indem er sie sanft umarmte und die schweren goldenen Wogen auf ihrem Halse küßte. Er fühlte sich im Paradiese; Schmach, Schande, Trennung – die Furcht vor ihnen war verschwunden. Diese Seligkeit war zu gewaltig, um von dem Gedanken, daß Romola sich in ihm täuschte, geschwächt zu werden; ja, er konnte sich nur ihres Irrthums freuen, denn seine Verheimlichung war ja eben ein Werk der Weisheit gewesen. Das Einzige, was er bedauern durfte, war seine überflüssige Angst, und wurde dieselbe nicht reichlich von dieser unvermutheten Wonne aufgewogen?

Das Schluchzen hatte sich erschöpft, und Romola erhob ihr Haupt. Keiner von Beiden sprach; sie blickten einander mit der, junger Liebe eigenthümlichen, lieblichen Verwunderung an; sie mit ihrer schmalen weißen Hand über seine dunkelbraunen Locken streichend, er seine braunen Finger in das herabströmende Gold tauchend. Jedes erschien dem Andern so schön, Jedes empfand zum ersten Male jenes ungestörte, gegenseitige Erkennen. Der kalte Druck einer neuen Traurigkeit auf Romola's Herz ließ sie um so mehr in der schweigenden, wohlthuenden Empfindung von Nähe und Liebe verweilen, und Tito konnte nicht einmal versuchen, seine Lippen auf ihre zu drücken, denn dieses wäre ja eine Veränderung gewesen.

»Tito,« sagte sie endlich, »es war sehr schmerzlich; aber ich muß Euch Alles sagen. Eure Kraft wird mir helfen den Eindrücken zu widerstehen, denen der Verstand sich nicht entringen kann.«

»Ich weiß, Romola, ich weiß es, er ist todt,« sagte Tito, und das große glänzende Auge verrieth nichts von den vielen Wünschen, welche diesen Tod schon längst herbeigeführt hätten, wenn bloßen Wünschen eine solche Macht gegeben wäre. Romola las nur ihre eigenen reinen Gedanken in jenen dunklen Tiefen, wie wir Briefe in glücklichen Träumen lesen.

»Wie verändert er aussah, Tito! – Es schnitt mir durch die Seele, zu denken, daß dies mein Dino war! und so furchtbar hart, nicht ein Wort für den Vater, nichts als eine Vision, die er mir mittheilen wollte! Und dennoch war es so jammererregend, der röchelnde Athem, und die Augen, die sich dem Crucifix zuzuwenden schienen, ohne es aber zu sehen. Nie werde ich es vergessen; es ist mir, als ob es sich zwischen mich und Alles, was ich künftig anblicken werde, drängen müßte.«

Romola's Herz war so voll, daß sie nicht weiter konnte; aber der Drang, ihren Busen vor Tito zu erleichtern, machte sich so gewaltig fühlbar, daß sie ihre Qual zu unterdrücken suchte, und als sie wieder zu sprechen anhub, waren ihre Gedanken etwas verworren.

»Es war seltsam, Tito; die Vision betraf unsere Heirath, und doch kannte er Euch gar nicht.«

»Was war denn eigentlich, Romola? setzt Euch, und theilt mir Alles mit!« sagte Tito, sie zu einer in der Nähe befindlichen Bank führend. Die Furcht, daß die Vision irgendwie sich auf Baldassarre beziehen könne, hatte ihn beschlichen, und dieser plötzliche Wechsel der Gefühle trieb ihn an, eine veränderte Stellung zu suchen.

Romola erzählte ihm Alles, was ihr seit ihrem Eintritt in San Marco begegnet war, kaum ein einziges der Worte ihres Bruders auslassend, weiche sich mit feurigen Zügen ihrem Gedächtniß eingeprägt hatten. Als sie aber die Vision zu Ende erzählt hatte, hielt sie inne; das Uebrige drängte sich zu lebhaft vor ihre Seele, als daß sie darüber sprechen konnte, und sie saß da, vor sich hinstarrend und im Augenblick fast ganz vergessend, daß Tito bei ihr war. Sein Geist war jetzt ruhig, die dunkle Vision war an ihm wie ein weißlicher Nebel, ohne eine Spur zu hinterlassen, vorübergegangen; dennoch schwieg er und wartete, daß sie weiter fortfahren solle.

»Ich nahm es,« hub sie an, als ob Tito in ihren Gedanken gelesen hätte, »ich nahm das Crucifix, es ist unten in meinem Schlafzimmer.«

»Und nun, theurer Engel,« sagte Tito flehentlich, »verbannt diese grauenhaften Gedanken. Diese Vision war weiter nichts als eine gewöhnliche, mönchische Erscheinung, vom Fasten und von fanatischen Ideen erzeugt. Ihr werdet sicher kein Gewicht darauf legen.«

»Nein, Tito, nein! aber der arme Dino glaubte, sie sei eine göttliche Botschaft. Seltsam,« fuhr sie nachdenklich fort »wie das Leben dieser Menschen mit feurigen Glaubensbezeugungen behaftet ist, welche ihren Mitmenschen wie Wahnsinn erscheinen. Dino war kein gemeiner Schwärmer, und die Stimme dieses Girolamo durchdrang mich mit dem Gefühle, daß etwas Wahres in dem sei, was diese Leute erregt, etwas Wahres, von dem ich nichts weiß.«

»Das kam nur daher, theure Romola, weil Eure Gefühle in hohem Grade aufgeregt waren. Eures Bruders geistiger Zustand war eben nur eine Form jener Theosophie, welche die gewöhnliche Krankheit reizbarer träumerischer Naturen im allen Jahrhunderten war; dieselben Ideen, welche Marsilio Ficino, der alte Gegner Eures Vaters, auf die Neuplatoniker überträgt, nur daß der leidenschaftliche Charakter Eures Bruders ihn trieb das zu thun, worüber Andere nur reden und schreiben. Und was Fra Girolamo betrifft, so ist er ganz einfach ein engherziger Mönch, mit der Gabe zu predigen und dem großen Haufen Angst einzujagen. Irgend welche Worte und die erste beste Stimme hätten Euch damals eben so erschüttert. Wenn Euer Geist nur erst wieder zur Ruhe gekommen ist, so werdet Ihr über derlei Dinge urteilen, wie Ihr zu thun gewohnt waret.«

»Nicht über meinen armen Dino,« entgegnete Romola. »Ich war böse auf ihn, mein Herz schien sich ihm, während er sprach, zu verschließen; aber seitdem habe ich mehr über das nachgedacht, was in seinem Herzen, als über das, was in dem meinigen vorging. O, Tito, es war ein Jammer, sein junges Leben auf diese Weise zu Ende gehen zu sehen. Nie werde ich den sehnsuchtsvollen Blick auf das Crucifix, während er nach Athem rang, vergessen! In verwichener Nacht blickte ich lange Zeit auf das Crucifix und versuchte zu sehen, daß es ihm helfen würde, so daß es mir zuletzt beim Scheine der Lampe vorkam, als ob das Dulderantlitz Mitleid von sich strahle.«

»Theure Romola, Ihr müßt mir geloben, solchen Gedanken zu widerstehen, die sich für kränkelnde Nonnen passen, aber nicht für meine goldlockige Aurora, die geschaffen scheint, alle solche Dämmerungsphantasien zu verscheuchen. Versucht es jetzt nicht, daran zu denken; wir werden ohnehin nicht lange allein sein.«

Diese letzten Worte waren im zärtlich bittenden Tone gesprochen, und mit einer sanften Berührung seiner Rechten wendete er sich ihr Antlitz zu.

Romola hatte ihre Augen wie abwesend auf die gewölbte Oeffnung gerichtet, ohne aber nach den fernen Anhöhen zu blicken; sie war die ganze Zeit über mit ihrem Geiste im Ordenshause gewesen, und hatte die bleichen Bilder des Kummers und Todes gesehen.

Tito's Berührung und flehende Stimme brachte sie wieder zu sich, und jetzt im warmen Sonnenlichte erblickte sie die üppige dunkle Schönheit, welche alle Bilder der Freude um sich zu schaaren schien: purpurne Weinreben in Festons zwischen den Ulmen, das kräftige Korn in der vibrirenden Hitze reifend, glänzende beschwingte Geschöpfe zwischen den Blumen umherflatternd und auf ihnen ruhend, üppige Körperformen fröhlich, mit hoch erhobenen Cymbeln, die Erde stampfend, leichte Weisen zu dem tönenden Rhythmus der Saiten gesungen, lauter Gegenstände und Klänge, welche die in ihrer Kraft schwelgende Natur verkünden. Seltsamer, verwirrender Uebergang von jenen bleichen Bildern des Kummers und Todes zu dieser glänzenden Jugendfülle, gleich der eines Sonnengottes, dem die Nacht etwas Fremdes ist! Welcher Gedanke konnte die lebensmatte Pein in ihres Bruders Antlitz, das Streben nach etwas Unsichtbarem, mit dieser zufriedenheitsvollen Kraft und Schönheit in Einklang bringen, und es erklärlich machen, daß sie derselben Welt angehörten? Oder gab es keinen Einklang zwischen ihnen, als nur die blinde Anbetung erst in toller Lust, und dann in Wehklagen mit einander ringender Gottheiten? Romola fühlte zum ersten Male diese fragende Nothwendigkeit wie einen unvermutheten widrigen Schwindel und ein Bedürfniß, sich an etwas zu halten. Es war eine Empfindung, die nicht länger dauerte als ein Seufzer, denn das eifrige Theorisiren der Jahrhunderte ist, wie in einem Saatkorn, in dem augenblicklichen Bedürfniß eines einzelnen Geistes zusammengefaßt. Aber es erfolgte keine Antwort auf jenes Bedürfniß, und dieses verschwand vor dem wiederkehrenden Andrang jugendlicher Sympathie mit der frohen, liebenden Schönheit, die in neuem Glanze sie überstrahlte, wie die Morgenröthe, wenn wir eine Zeit lang von ihr fort nach dem grauen Westen gesehen haben.

»Euer Geist weilt jetzt fern von unserer Liebe, Romola,« sagte Tito mit sanftem, vorwurfsvollem Flüstern, »sie scheint für Euch etwas Vergessenes zu sein.«

Sie blickte schweigend in seine flehenden Augen, bis aus den ihrigen die Traurigkeit nach und nach entschwand.

»Mein theures Leben, meine Wonne!« rief sie mit ihrer vollen hellen Stimme.

»Also habt Ihr mich doch lieb genug, um alle diese kalten Phantasieen zu verbannen, oder werdet Ihr mich noch immer in Verdacht haben, daß ich der große Versucher bin?« sagte Tito mit einem hellen Lächeln.

»Wie sollte ich Euch nicht vor allem Andern lieben? Alles, was ich in meinem früheren Leben wegen meines Vaters, wegen meiner Vereinsamung empfunden habe, war weiter nichts als eine Vorbereitung, Euch zu lieben. Ihr würdet mich auslachen, Tito, wenn Ihr wüßtet, was für eine Art von Mann ich mir immer dachte einst heirathen zu müssen; einen Gelehrten mit tiefen Furchen im Gesicht, wie Alamanno Rinuccini, und mit grauendem Haar, der mit meinem Vater darin übereinstimmen würde, die Partei der Aristotelianer zu nehmen, und sich dazu bequemen könnte, bei ihm zu wohnen. Ich pflegte über die Liebe nachzudenken, von der ich in den Dichtern las, aber das ließ ich mir nie träumen, daß mir so etwas hier in Florenz, in unserer alten Bibliothek begegnen würde. Da kamt Ihr, Tito, und thatet so viel für meinen Vater, und der Glaube, daß auch mir das Leben noch ein Glück bieten könne, stieg in mir auf.«

»Mein Gottheit! Giebt es noch ein Weib, das Dir gleicht?« rief Tito mit einer Mischung von Zärtlichkeit und staunender Bewunderung so vieler Erhabenheit bei so großer Einfachheit.

»Aber Theuerste,« fuhr er etwas schüchtern fort, »wenn Euch unsere Hochzeit etwas mehr am Herzen läge, so würdet Ihr den Vater und Messer Bernardo überreden, daß sie die Sache nicht ferner hinhalten. Aber Ihr scheint nicht ernstlich daran zu denken.«

»O doch, Tito, ich werde es thun, ich denke daran; aber ich bin überzeugt, mein Pathe wird gerade jetzt, wegen Dino's Tod, noch mehr auf einen Aufschub dringen. Er war nie mit meinem Vater darin einverstanden, daß Dino verstoßen werden sollte; auch wißt Ihr ja, daß er immer gesagt hat, wir sollten warten, bis Ihr wenigstens ein Jahr lang Euch in Florenz aufgehalten hättet. Denkt aber darum nicht schlecht von meinem Pathen. Ich weiß, daß er von Vorurteilen befangen und engherzig, aber auch, daß er ein edler Charakter ist. Er hat sehr oft wiederholt, es sei eine Thorheit, daß mein Vater seine Bibliothek abgesondert aufbewahrt wissen wollte, damit sie seinen Namen trage, und dennoch hat er sich bemüht, daß des Vaters Wunsch in Erfüllung gehen möge. Das scheint mir denn doch sehr groß und edel, diese Kraft zu haben, ein Gefühl zu achten, welches er weder theilt noch begreift.«

»Ich hege durchaus keinen Groll gegen Messer Bernardo, daß er Euch zu gut für mich hält,« sagte Tito, und das war wahr; »Euer Vater weiß also um den Tod seines Sohnes?«

»Ja, ich konnte nicht umhin, ihm denselben mitzutheilen. Ich sagte ihm, wo ich gewesen war, und daß ich Dino sterben gesehen habe, weiter aber nichts, und er befahl mir, kein Wort mehr darüber zu reden. Er ist aber den ganzen Morgen über sehr still gewesen und hat die unstäten Bewegungen gehabt, die mir stets so zu Herzen gehen, und die mir den Eindruck machen, als versuche er sich aus dem Kerker seiner Blindheit zu befreien. Laßt uns jetzt zu ihm gehen. Ich habe ihn beredet, ein wenig zu schlafen, weil er fast die ganze Nacht über kein Auge geschlossen hat. Eure Stimme wird ihn, wie gewöhnlich, beruhigen, Tito!«

»Und nicht einen Kuß? Ich habe noch keinen bekommen,« sagte Tito in seinem sanft vorwurfsvollen Tone, welcher ihm eine, bei einer mit so seltenen, einige Anmaßung entschuldigen könnenden Gaben ausgerüsteten Person reizende Miene von Unterwürfigkeit verlieh.

Eine liebliche Röthe verbreitete sich blitzschnell über Romola's Antlitz und Hals, während sie sich zu ihm beugte. Es schien unmöglich, daß ihre Küsse jemals zum Gewöhnlichen herabsinken könnten.

»Laßt uns noch einmal um die Loggia gehen,« sagte Romola, »ehe wir hinunter gehen.«

»Es ist mir stets etwas Widerwärtiges und Finsteres um dieses Florenz,« sagte Tito, während sie an der Façade des Hauses standen, wo sie über die gegenüberliegenden Dächer nach der andern Seite des Ufers sehen konnten, »und selbst in seiner Lustigkeit liegt etwas Grelles und Wüstes, das mehr verletzend als heiter ist. Ich wünschte, wir lebten im südlichen Italien, wo die Gedanken nicht von Ermattung unterbrochen werden, sondern von einem köstlichen Schmachten, wie die ingenia acerrima florentina Das lebhafte Naturell (oder auch: die beißende Geistesschärfe) der Florentiner. – D. Uebers. es nicht kennen. Ich möchte Euch gern unter dieser südlichen Sonne sehen, auf Blumen ruhend, in reine Wonne getaucht, während ich mich über Euch neigen, die Laute spielen und ein, dem Licht und der Wärme entsprechendes Liedchen improvisiren würde. Ihr habt diese Seligkeit der Nymphen nie gekannt, Romola.«

»Nein, Tito, aber ich habe, seitdem Ihr kamt, oft davon geträumt. Mich dürstet nach einem Zug aus dem Becher der Freude, nach einem Leben, so hell und klar, wie Ihr selbst. Doch wir wollen daran jetzt nicht denken, denn es scheint mir, daß zwischen den Blumen stets traurige, bleiche Gesichter und Augen, die vergeblich sehen, hervorblicken. Laßt uns gehen.«



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