Franz Dingelstedt
Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters
Franz Dingelstedt

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Metamorphose

In nova fert animus . . .
Corpora . . .     OVIDIVS
        Daß sich mein Lied so grell verändert,
Soll keine Seele Wunder nehmen:
Wer so umher im Lande schlendert,
Lernt bald sich schicken und bequemen.

Der feine Ton, das noble Wesen,
Es übt sich alle Stunde besser;
Schon kann ich jede Zeitung lesen
Und heiße überall Professer.

Sonst machten Kleider doch nur Leute,
Jetzt auch Verstand und Witz und Wissen,
Autoren sind die Schneider heute,
Und nur ein Fürst geht noch zerrissen.

Ein ander' Städtchen, ander' Mädchen,
So sangen einst die Studiosen;
Jetzt lautet es: Ein ander' Städtchen,
Ein and'rer Rock und and're Hosen.

Der steht in seinem Reisepasse
Als Hoftheater-Lampenputzer,
Begegnest du ihm auf der Gasse,
Riecht er nach Haaröl nur, der Stutzer.

Als Vagabond zog mancher Lümmel
Auf Schusters Rappen aus dem Thore;
Wie kommt er wieder? Hoch zu Schimmel,
Den Hut auf einem (Esels-) Ohre.

Man titulirt ihn Euer Gnaden,
Er hält sich Hunde und Lakaien,
Und hätt' er nicht so dicke Waden,
Man würd' als Grafen ihn verschreien.

Die Zeit hat Alles ausgeglichen,
Und was du scheinst, das bist du eben;
Dem Adel wird sein »Von« gestrichen,
Um es dem Schreiber aufzukleben.

Sollt' ich der Mode mich nicht fügen,
Dem Weltgesetz für alles Wandern?
Nachtwächter gar und Dichter liegen
Der Eine nicht so weit vom Andern.

Die graue Puppe ist zerbrochen,
Nun steh' ich im Phalänen-Alter,
Und was aus jener ausgekrochen,
Sagt, ist's ein Nacht-, ein Tage-Falter?


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