Franz Dingelstedt
Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters
Franz Dingelstedt

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Drittes Staziönchen

I

        Duzend-Fürsten, Taschen-Höflein,
Glücklich, wer euch niemals kennt!
Hoffouriers- und Kammerzöflein-
Und Actricen-Regiment!

Alles ein Intriguen-Knäuel,
Theegeklatsch und Weiberschnack, –
Schütz' Euch Gott vor solchem Gräuel
Und vor seid'nem Lumpenpack!

Mittags spart man's ab am Essen,
Trinkt Zichorien statt Kaffe,
Und der Wein wird karg gemessen,
Alles für die Soirée.

Ohne Hosen wird gesessen
Morgens früh bei dem Lever,
Denn der Schneider näht die Tressen
An zur heut'gen Soirée.

Aber Abends welcher Lüstre,
Welch' Getümmel, welcher Glanz,
Welch' vornehmes Hofgeflüster,
Welcher reiche Damenkranz!

Eines Kammerherren Schlüssel
Reibt sich am Minister-Stern,
Und von einer leeren Schüssel
Nähmen alle beide gern.

Generalen-Epauletten
Werden roth, weil sie nicht ächt,
Neben den massiven Ketten,
Die der Herr Hofbanquier trägt.

Plötzlich fliegen auf die Thüren,
»!Ha, der HErr!« heißt's überall:
Seine Durchlaucht sieht man führen
Ihre Durchlaucht in den Saal!

Und nach dem Adreßkalender
Reiht sich Alles hoch und tief,
Alle Herren steh'n wie Ständer,
Alle Damen knixen schief

Sieh' mit spanischer Grandezza
Geht der Herr durch ihre Reih'n,
Er nur redet laut, und mezza
Voce
fall'n die Ander'n ein.

Hungern, Dursten, Gähnen, Frieren,
Echo und Maschine sein,
Obendrein im Whist verlieren
Und im Tanz sich abkastei'n –

O der übertünchten Leere,
Draus die Armuth allwärts schielt,
Just als ob's ein Jahrmarkt wäre,
Wo man Volkstheater spielt!

Munter, munter, Marionetten,
Tanzt zu Seinem Zeitvertreib!
Ha, wenn sie den Draht nicht hätten,
Hätten sie nichts in Kopf und Leib!


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