Charles Darwin
Die Abstammung des Menschen
Charles Darwin

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Achtzehntes Capitel.

Secundäre Sexualcharaktere der Säugethiere (Fortsetzung)

Stimme. – Merkwürdige geschlechtliche Eigenthümlichkeiten bei Robben. – Geruch. – Entwicklung des Haars. – Farbe des Haars und der Haut. – Anomaler Fall, wo das Weibchen mehr geschmückt ist als das Männchen. – Farbe und Schmuck Folgen geschlechtlicher Zuchtwahl. – Farbe zum Zwecke des Schutzes erlangt. – Farbe, wenn schon beiden Geschlechtern gemeinsam, doch häufig Folge geschlechtlicher Zuchtwahl. – Über das Verschwinden von Flecken und Streifen bei erwachsenen Säugethieren. – Über die Farben und Zierathen der Quadrumanen. – Zusammenfassung.

Säugethiere brauchen ihre Stimmen zu verschiedenen Zwecken, zu Warnungsrufen, oder ein Glied einer Truppe ruft ein anderes an, oder eine Mutter ruft die von ihr verlorenen Jungen, oder die letzteren rufen nach ihrer Mutter um Schutz; aber derartige Benutzungen brauchen hier nicht betrachtet zu werden. Wir haben es hier nur mit der Verschiedenheit zwischen den Stimmen der beiden Geschlechter zu thun, z. B. zwischen der des Löwen und der Löwin oder des Bullen und der Kuh. Beinahe alle männlichen Säugethiere brauchen ihre Stimmen viel mehr während der Brunstzeit als zu irgend einer anderen Zeit, und einige, wie die Giraffe und das StachelschweinOwen. Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 585. sollen, wie man sagt, mit Ausnahme dieser Zeit vollständig stumm sein. Da die Kehlen (d. h. der Kehlkopf und die Schilddrüsen)Owen. Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 595. der Hirsche im Anfange der Paarungszeit periodisch vergrößert werden, so könnte man meinen, daß ihre mächtigen Stimmen dann in irgendwelcher Weise für sie von großer Bedeutung sein müßten; doch ist dies sehr zweifelhaft. Nach Mittheilungen, welche mir zwei erfahrene Beobachter, Mr. M'Neill und Sir Ph. Egerton, gegeben haben, scheint es, als wenn junge Hirsche unter dem Alter von drei Jahren nicht brüllten oder schrieen und als ob die älteren mit dem Beginne der Paarungszeit anfangs nur gelegentlich und mäßig zu schreien anfingen, während sie beim Suchen der Weibchen ruhelos umherwandern. Ihre Kämpfe werden durch ein lautes und anhaltendes Geschrei eingeleitet; aber während des eigentlichen Conflicts selbst verhalten sie sich schweigend. Thiere aller Art, welche gewöhnlich ihre Stimme gebrauchen, bringen unter jeder starken Gemüthserregung, so wenn sie wüthend werden oder sich zum Kampfe vorbereiten, verschiedene Laute hervor; doch kann dies einfach nur das Resultat ihrer nervösen Aufregung sein, welches zu der krampfhaften Zusammenziehung beinahe aller Muskeln des Körpers führt, ebenso wie ein Mensch seine Zähne zusammenbeißt und seine Hände ringt, wenn er in Wuth oder Angst ist. Ohne Zweifel fordern die Hirsche einander zum Kampfe durch Geschrei heraus; aber wenn die Hirsche mit der kraftvolleren Stimme nicht zu derselben Zeit auch die stärkeren, besser bewaffneten und muthvolleren sind, werden sie über ihre Nebenbuhler keinen Vortheil erlangen.

Es ist möglich, daß das Brüllen des Löwen für ihn von irgend welchem factischen Nutzen ist, und zwar dadurch, daß es seinen Gegner mit Schrecken erfüllt; denn wenn er in Wuth geräth, so richtet er gleichfalls seine Mähne empor und versucht instinctiv, sich damit so schrecklich als möglich aussehend zu machen. Es kann aber kaum angenommen werden, daß das Geschrei des Hirsches, selbst wenn es ihm in dieser Weise irgendwie von Nutzen wäre, von hinreichender Bedeutung gewesen sei, um zur periodischen Vergrößerung der Kehle zu führen. Einige Schriftsteller vermuthen, daß das Geschrei als ein Ruf für das Weibchen diene; aber die oben citierten erfahrenen Beobachter theilen mir mit, daß der weibliche Hirsch nicht das Männchen sucht, daß vielmehr die Männchen gierig die Weibchen aufsuchen, wie sich in der That nach dem, was wir von den Gewohnheiten anderer männlichen Säugethiere wissen, erwarten ließ. Auf der anderen Seite ruft die Stimme des Weibchens schnell einen oder mehrere Hirsche zu ihm,s. z. B. Major W. Ross King (The Sportsman in Canada, 1866, p. 53, 131) über die Gewohnheiten des Orignal und des wilden Renthiers. wie den Jägern wohl bekannt ist, welche in wilden Gegenden ihren Ruf nachahmen. Wenn wir glauben könnten, daß das Männchen das Vermögen hätte, das Weibchen durch seine Stimme zu reizen oder zu locken, so würde die periodische Vergrößerung seiner Stimmorgane nach dem Gesetze geschlechtlicher Zuchtwahl, in Verbindung mit einer auf ein und dasselbe Geschlecht und auf dieselbe Jahreszeit beschränkten Vererbung, verständlich sein; wir haben aber keine diese Ansicht begünstigenden Belege. Wie der Fall liegt, so scheint die laute Stimme des Hirsches während der Paarungszeit für ihn von keinem speciellen Nutzen zu sein, weder während seiner Bewerbung noch während seiner Kämpfe, noch in irgend einer anderen Weise. Dürfen wir aber nicht annehmen, daß der häufige Gebrauch der Stimme unter der starken Erregung von Liebe, Eifersucht und Wuth, während vieler Generationen fortgesetzt, zuletzt doch eine vererbte Wirkung auf die Stimmorgane des Hirsches ebenso gut ausgeübt haben kann, wie bei irgend welchen anderen männlichen Thieren? Nach dem gegenwärtigen Zustande unserer Kenntnis scheint mir dies die wahrscheinlichste Ansicht zu sein.

Der männliche Gorilla hat eine furchtbare Stimme und ist, wenn er erwachsen ist, mit einem Kehlsacke versehen, wie auch der männliche Orang einen solchen besitzt.Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 600. Die Gibbons zählen zu den lautesten unter allen Affen und die Sumatraner Species (Hylobates syndactylus) ist gleichfalls mit einem Kehlsacke versehen. Aber Mr. Blyth, welcher Gelegenheit zur Beobachtung gehabt hat, glaubt nicht, daß das Männchen geräuschvoller ist als das Weibchen. Es brauchen daher wahrscheinlich diese letzteren Affen ihre Stimmen zu gegenseitigem Rufen und dies ist sicher bei einigen Säugethieren, z. B. beim Biber,M. Green in: Journal of the Linnean Society. Vol. X. Zoology. 1869, p. 362. der Fall. Ein anderer Gibbon, der H. agilis, ist dadurch merkwürdig, daß er das Vermögen besitzt, eine vollständige und correcte Octave musikalischer Noten hervorzubringen,C. L. Martin, General Introduction to the Natural History of Mammal. Animals. 1841, p. 431. welche, wie wir wohl mit Grund vermuthen können, als geschlechtliches Reizmittel dienen. Ich werde aber auf diesen Gegenstand im nächsten Capitel zurückzukommen haben. Die Stimmorgane des amerikanischen Mycetes caraya sind beim Männchen um ein Drittel größer als beim Weibchen und sind wunderbar kräftig. Wenn das Wetter warm ist, lassen diese Affen die Wälder während der Morgen und Abende von ihrem überwältigenden Geschreie erklingen. Die Männchen fangen das fürchterliche Concert an, in welches die Weibchen mit ihren weniger kraftvollen Stimmen zuweilen einstimmen und welches häufig mehrere Stunden lang fortgesetzt wird. Ein ausgezeichneter Beobachter, Rengger,Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay. 1830, p. 15, 21. konnte nicht wahrnehmen, daß sie durch irgend eine specielle Ursache angeregt wurden, ihr Concert zu beginnen; er glaubt, daß sie wie viele Vögel an ihrer eigenen Musik Ergötzen finden und einander zu übertreffen suchen. Ob die meisten der vorstehend angeführten Affen ihre kräftigen Stimmen erlangt haben, um ihre Nebenbuhler zu besiegen und die Weibchen zu bezaubern, – oder ob die Stimmorgane durch die vererbten Wirkungen lange fortgesetzten Gebrauches gekräftigt und vergrößert worden sind, ohne daß irgend ein besonderer Vortheil dadurch erreicht wurde, – das will ich nicht zu entscheiden wagen. Doch scheint mindestens in Bezug auf den Fall von Hylobates agilis die erste Ansicht die wahrscheinlichste zu sein.

Ich will hier zwei sehr merkwürdige Eigenthümlichkeiten bei Robben erwähnen, weil mehrere Schriftsteller vermuthet haben, daß sie die Stimme afficieren. Die Nase des männlichen See-Elephanten (Macrorhinus proboscideus) ist, wenn das Thier ungefähr drei Jahre alt ist, während der Paarungszeit bedeutend verlängert und kann dann aufgerichtet werden. In diesem Zustande ist sie zuweilen einen Fuß lang. Das Weibchen ist auf keiner Periode des Lebens mit einem solchen Gebilde versehen. Das Männchen bringt ein wildes, rauhes, gurgelndes Geräusch hervor, welches in großer Entfernung hörbar ist und von dem man glaubt, daß es durch den Rüssel verstärkt wird; die Stimme des Weibchens ist hiervon verschieden. Lesson vergleicht das Aufrichten des Rüssels mit dem Anschwellen der Fleischlappen männlicher hühnerartiger Vögel, während sie die Weibchen umwerben. Bei einer anderen verwandten Art von Robben, nämlich der Klappmütze (Cystophora cristata) ist der Kopf von einer großen Haube oder Blase bedeckt. Diese wird innen durch die Nasenscheidewand gestützt, welche sehr weit nach rückwärts verlängert ist und sich in eine sieben Zoll hohe Leiste erhebt. Die Klappe ist mit kurzen Haaren bedeckt und ist muskulös; sie kann aufgeblasen werden, bis sie an Größe mehr beträgt als der ganze Kopf groß ist! In der Brunstzeit kämpfen die Männchen auf dem Eise wüthend mit einander und ihr Brüllen »soll dann zuweilen so laut sein, daß man es vier Meilen (miles) weit hört«. Werden sie angegriffen, so brüllen und schreien sie gleichfalls, und so oft sie überhaupt erregt werden, wird die Haube aufgeblasen und zittert. Einige Naturforscher glauben, daß die Stimme hierdurch verstärkt wird, aber andere haben dieser außerordentlichen Bildung verschiedene andere Functionen zugeschrieben. Mr. R. Brown glaubt, daß sie als Schutz gegen Zufälle aller Arten diene; dies ist indessen nicht wahrscheinlich; denn Mr. Lamont, welcher sechshundert dieser Thiere erlegt hat, versichert mir, daß die Klappe bei den Weibchen rudimentär und bei den Männchen während der Jugend nicht entwickelt ist.Über den See-Elephanten s. einen Artikel von Lesson im Diction. class. d'Hist. natur. Tom. XIII, p. 418. Wegen der Cystophora oder Stemmatopus s. Dr. Dekay in: Annals of the Lyceum of Natur. Hist. New York. Vol. I. 1824, p. 94. Auch Pennant hat von Robbenjägern Mittheilungen über dieses Thier gesammelt. Den ausführlichsten Bericht hat Mr. Brown gegeben in: Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 435.

 
Geruch. – Bei einigen Thieren, so bei den bekannten Skunks von Amerika, scheint der überwältigende Geruch, den sie von sich geben, ausschließlich als Vertheidigungsmittel zu dienen. Bei Spitzmäusen (Sorex) besitzen beide Geschlechter abdominale Geruchdrüsen, und es läßt sich wegen der Art und Weise, in welcher ihre Körper von Vögeln und Raubthieren verschmäht werden, nur wenig zweifeln, daß dieser Geruch für die Thiere protectiv ist; nichtsdestoweniger werden die Drüsen bei den Männchen während der Paarungszeit vergrößert. Bei vielen andern vierfüßigen Thieren sind die Drüsen in beiden Geschlechtern von der nämlichen Größe; aber ihr Gebrauch ist unbekannt. Bei anderen Species sind die Drüsen auf die Männchen beschränktWie beim Castoreum des Bibers, s. Mr. L. H. Morgan's äußerst interessantes Werk: The American Beaver. 1868, p. 300. Pallas hat (Spicileg. Zoolog. Fasc. VIII. 1779, p. 23) die Riechdrüsen der Säugethiere sehr gut erörtert. Auch Owen (Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 632) giebt eine Schilderung dieser Drüsen mit Einschluß der des Elephanten und (p. 634) der Spitzmäuse. Über Fledermäuse s. Dobson in: Proceed. Zoolog. Soc. 1873, p. 241. oder sind bei diesen mehr entwickelt als bei den Weibchen und sie werden beinahe immer während der Brunstzeit thätiger. In dieser Periode vergrößern sich die Drüsen an den Seiten des männlichen Elephanten und sondern eine Secretion ab, die einen starken Moschusgeruch hat. Die Männchen, selbst auch die Weibchen, vieler Arten von Fledermäusen haben an verschiedenen Theilen ihres Körpers gelegene Drüsen und ausstülpbare Taschen; man glaubt, daß sie einen Geruch von sich geben.

Die scharfe Aussonderung des Ziegenbocks ist wohlbekannt und die gewisser Hirsche ist wunderbar stark und persistent. An den Ufern des La Plata habe ich die ganze Luft mit dem Geruche des männlichen Cervus campestris bis in eine Entfernung von einer halben Meile windabwärts von einer Herde durchzogen gefunden, und ein seidenes Taschentuch, in welchem ich eine Haut nach Hause trug, behielt, trotzdem es wiederholt benutzt und gewaschen worden war, wenn es zuerst entfaltet wurde, Spuren des Geruches noch ein Jahr und sieben Monate lang. Dieses Thier giebt den starken Geruch nicht eher von sich, als bis es über ein Jahr alt ist, und wenn es jung castriert wird, sondert es denselben niemals ab.Rengger, Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay. 1830, p. 355. Dieser Beobachter theilt auch einige merkwürdige Eigentümlichkeiten in Bezug auf den entwickelten Geruch mit. Außer dem allgemeinen Geruche, mit welchem der ganze Körper gewisser Wiederkäuer während der Paarungszeit durchdrungen zu sein scheint (so z. B. Bos moschatus), besitzen viele Hirsche, Antilopen, Schafe und Ziegen riechbare Stoffe absondernde Drüsen an verschiedenen Stellen, besonders an dem Gesichte. Die sogenannten Thränensäcke oder Suborbitalgruben fallen unter diese Kategorie. Diese Drüsen sondern eine halbflüssige stinkende Substanz ab, welche zuweilen so reichlich ist, daß sie das ganze Gesicht tränkt, wie ich es bei einer Antilope gesehen habe. Sie sind »gewöhnlich beim Männchen größer als beim Weibchen und ihre Entwicklung wird durch die Castration gehemmt«.Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 632. s. auch Dr. Murie's Beobachtungen über diese Drüse in: Proceed. Zoolog. Soc. 1870, p. 340. Desmarest über die Antilope subgutturosa in seiner Mammalogie. 1820, p. 455. Desmarest zufolge fehlen sie beim Weibchen von Antilope subgutturosa vollständig. Es kann daher kein Zweifel sein, daß sie in irgend einer Beziehung zu den reproductiven Functionen stehen. Sie sind auch bei nahe verwandten Formen zuweilen vorhanden und zuweilen fehlen sie. Bei dem erwachsenen männlichen Moschusthiere (Moschus moschiferus) ist ein nackter Raum rund um den Schwanz von einer riechenden Flüssigkeit angefeuchtet, während bei dem erwachsenen Weibchen und beim Männchen, ehe es zwei Jahre alt wird, dieser Raum mit Haaren bedeckt und nicht riechend ist. Der eigentliche Moschusbeutel ist seiner Lage nach nothwendig auf das Männchen beschränkt und bildet noch ein weiteres riechendes Organ. Es ist eine eigenthümliche Thatsache, daß die von dieser letzteren Drüse abgesonderte Substanz sich der Angabe von Pallas zufolge während der Paarungszeit weder in der Consistenz verändert noch der Quantität nach zunimmt. Nichtsdestoweniger nimmt dieser Forscher an, daß ihr Vorhandensein in irgend welcher Weise mit dem Acte der Reproduction in Zusammenhang steht. Er giebt indessen nur eine vermuthungsweise und nicht befriedigende Erklärung von ihrem Gebrauche.Pallas, Spicilegia Zoologica. Fasc. XIII. 1799, p. 24. Desmoulins, Diction. class. d Hist. Natur. Tom. III, p. 556.) mit Muskeln zum Umwenden des Sacks und zum Schließen und Öffnen der Mündung versehen sind. Die Entwicklung dieser Organe durch geschlechtliche Zuchtwahl ist wohl verständlich, wenn die stärker riechenden Männchen beim Gewinnen des Weibchens die erfolgreichsten gewesen sind und Nachkommen hinterlassen haben, ihre allmählich vervollkommneten Drüsen und stärkeren Gerüche zu erben.

Wenn während der Paarungszeit das Männchen allein einen starken Geruch von sich giebt, so dient dieser in den meisten Fällen wahrscheinlich dazu, das Weibchen zu reizen oder zu locken. Wir dürfen in Bezug auf diesen Punkt nicht nach unserem eigenen Geschmacke urtheilen; denn es ist wohl bekannt, daß Ratten von gewissen ätherischen Ölen und Katzen von Baldrian berauscht werden, Substanzen, welche weit entfernt davon sind, uns angenehm zu sein, und daß Hunde, trotzdem sie Aas nicht fressen, doch dasselbe beschnuppern und sich darin wälzen. Aus den bei der Erörterung der Stimme des Hirsches gegebenen Gründen können wir wohl die Idee zurückweisen, daß der Geruch dazu diene, die Weibchen aus der Entfernung zu den Männchen hinzuführen. Reichlicher und lange fortgesetzter Gebrauch kann hier nicht in das Spiel gekommen sein, wie bei den Stimmorganen. Der ausgegebene Geruch muß für das Männchen von einer beträchtlichen Bedeutung sein, insofern in einigen Fällen große und complicierte Drüsen entwickelt worden sind, die mit Muskeln zum Umwenden des Sacks und zum Schließen und Öffnen der Mündung versehen wird. Die Entwicklung dieser Organe durch geschlechtliche Zuchtwahl ist wohl verständlich, wenn die stärker riechenden Männchen beim Gewinnen des Weibchens die erfolgreichsten gewesen sind und Nachkommen hinterlassen haben, ihre allmählich vervollkommneten Drüsen und stärkeren Gerüche zu erben.

 
Entwicklung der Haare. – Wir haben gesehen, daß männliche Säugethiere häufig das Haar an ihrem Nacken und ihren Schultern viel stärker entwickelt haben als die Weibchen und es ließen sich noch viele weitere Beispiele hierfür anführen. Dies dient zuweilen als Vertheidigungsmittel für das Männchen während seiner Kämpfe; ob aber das Haar in den meisten Fällen speciell zu diesem Zwecke entwickelt worden ist, ist sehr zweifelhaft. Wir können ziemlich sicher sein, daß dies nicht der Fall ist, wenn nur ein dünner und schmaler Haarkamm der ganzen Länge des Rückens entlang läuft; denn ein Haarkamm dieser Art würde kaum irgend welchen Schutz darbieten und die Kante des Rückens ist nicht wohl eine gerade verletzliche Stelle. Nichtsdestoweniger sind derartige Haarkämme zuweilen auf die Männchen beschränkt oder sind bei ihnen viel mehr entwickelt als bei den Weibchen. Zwei Antilopen, der Tragelaphus scriptusDr. Gray, Gleanings from the Menagerie at Knowsley, pl. 28. (Fig. 70) und Portax picta, mögen als Beispiel angeführt werden. Die Haarkämme gewisser Hirsche und des wilden Ziegenbockes stehen aufrecht, wenn diese Thiere in Wuth oder Schrecken versetzt werden.Judge Caton über den Wapiti, in: Transact. Ottawa Acad. Natur. Scienc. 1868, p. 36, 40. Blyth, Land and Water, 1867, p. 37, über Capra aegagrus. Es läßt sich aber kaum vermuthen, daß dieselben nur zu dem Zwecke entwickelt worden sind, damit bei ihren Feinden Furcht zu erregen. Eine der eben erwähnten Antilopen, Portax picta, hat einen großen scharf umschriebenen Pinsel schwarzen Haares an der Kehle und dieser ist beim Männchen viel größer als beim Weibchen. Bei dem Ammotragus tragelaphus von Nord-Afrika, einem Gliede der Familie der Schafe, sind die Vorderbeine beinahe gänzlich durch ein außerordentliches Wachsthum von Haaren verborgen, welche vom Nacken und der oberen Hälfte der Beine herabhängen. Mr. Bartlett glaubt aber nicht, daß dieser Mantel für's Männchen, bei welchem er viel mehr entwickelt ist als beim Weibchen, auch nur von dem geringsten Nutzen ist.

Männliche Säugethiere vieler Arten weichen von den Weibchen darin ab, daß sie mehr Haare oder Haare eines verschiedenen Charakters an gewissen Theilen ihrer Gesichter haben. Der Bulle allein hat gekräuselte Haare an der Stirn.Hunter's Essays and Observations, edited by Owen. 1861. Vol. I, p. 236. Bei drei nahe verwandten Untergattungen der Familie der Ziegen besitzen allein die Männchen Bärte und zuweilen von bedeutender Größe; in zwei anderen Untergattungen haben beide Geschlechter einen Bart, aber dieser verschwindet bei einigen domesticierten Rassen der gemeine Ziege, und bei Hemitragus hat keines von beiden Geschlechtern einen Bart. Beim Steinbock ist der Bart während des Sommers nicht entwickelt und ist zu anderen Jahreszeiten so klein, daß er rudimentär genannt werden kann.s. Dr. Gray's Catal. Mammalia British Museum. Part. III. 1852, p. 144. Bei einigen Affen ist der Bart auf das Männchen beschränkt, so beim Orang, oder ist beim Männchen viel größer als beim Weibchen, wie beim Mycetes caraya und Pithecia satanas (Fig. 68). Dasselbe ist mit dem Backenbarte einiger Species von MacacusRengger, Säugethiere von Paraguay etc., p. 14; Desmarest, Mammalogie, p. 66. und, wie wir gesehen haben, mit den Mähnen einiger Arten von Pavianen der Fall. Aber bei den meisten Arten der Affen sind verschiedene Haarbüschel um das Gesicht und den Kopf in beiden Geschlechtern gleich.

Fig. 68. Pithecia satanas, Männchen. (Aus Brehm, Thierleben.)

Die Männchen verschiedener Glieder der Rinderfamilie (Bovidae) und gewisser Antilopen sind mit einer Wamme versehen oder einer großen Hautfalte am Halse, welche beim Weibchen viel weniger entwickelt ist.

Was haben wir nun in Bezug auf derartige geschlechtliche Verschiedenheiten wie die angeführten zu folgern? Niemand wird behaupten wollen, daß die Bärte gewisser männlicher Ziegen oder die Wamme des Bullen oder die Haarkämme entlang dem Rücken gewisser männlicher Antilopen diesen Thieren während des gewöhnlichen Verlaufs ihres Lebens von irgendwelchem Nutzen sind. Es ist möglich, daß der ungeheure Bart der männlichen Pithecia und der große Bart des männlichen Orang ihre Kehle schützen, wenn sie mit einander kämpfen; denn die Wärter im zoologischen Garten sagen mir, daß viele Affen einander bei der Kehle angreifen. Es ist aber nicht wahrscheinlich, daß der Kinnbart zu einem besonderen Zwecke entwickelt worden ist, der verschieden von dem wäre, welchem der Backenbart, Schnurrbart und andere Haarbüschel am Gesichte dienen, und Niemand wird annehmen, daß diese als Schutzmittel von Nutzen sind. Müssen wir nun alle diese Anhänge von Haaren oder von Haut einfacher, zweckloser Variabilität beim Männchen zuschreiben? Es kann nicht geleugnet werden, daß dies möglich ist; denn bei vielen domesticierten Säugethieren sind gewisse Charaktere, die allem Anscheine nach nicht auf Rückschlag von irgend einer wilden elterlichen Form her bezogen werden können, auf die Männchen beschränkt oder bei diesen viel bedeutender entwickelt als bei den Weibchen – z. B. der Buckel beim männlichen Zeburinde von Indien, der Schwanz beim fettschwänzigen Widder, die gewölbte Umrißlinie der Stirn bei dem Männchen mehrerer Rassen von Schafen und endlich die Mähne, die langen Haare an den Hinterbeinen und die Wamme allein beim Männchen der Berbura-Ziege.s. die Capitel über diese verschiedenen Thiere im 1. Bande meines »Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication« auch Bd. II, 2. Aufl., p. 84; auch Cap. 20 über die Ausübung von Zuchtwahl seitens halbcivilisierter Völker. Wegen der Berbura-Ziege s. Dr. Gray, Catalogue etc., p. 157. Die Mähne, welche allein bei dem Widder einer afrikanischen Schafrasse auftritt, ist ein echter secundärer Sexualcharakter, denn er wird, wie ich von Mr. Winwood Reade höre, nicht entwickelt, wenn das Thier castriert ist. Obschon wir, wie ich in meinem Buche: »das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication« gezeigt habe, äußerst vorsichtig sein müssen, wenn wir folgern wollen, daß irgend ein Charakter, selbst bei Thieren, die von halbcivilisierten Völkern gehalten werden, nicht der Zuchtwahl des Menschen unterlegen und hierdurch gehäuft sei, so ist dies doch in den soeben speciell angeführten Fällen unwahrscheinlich und noch besonders deshalb, weil diese Charaktere auf die Männchen beschränkt oder bei ihnen stärker entwickelt sind, als bei den Weibchen. Wenn es positiv bekannt wäre, daß der afrikanische Widder mit einer Mähne von demselben primitiven Stamme, wie die anderen Schafrassen, oder der Berbura-Ziegenbock mit seiner Mähne, seiner Wamme u. s. w. von demselben Stamme wie andere Ziegen abstammten, so müssen sie, angenommen, daß Zuchtwahl nicht auf diese Charaktere angewendet worden ist, Folge einfacher Variabilität in Verbindung mit geschlechtlich beschränkter Vererbung sein.

Es erscheint hiernach verständig, dieselbe Ansicht auf alle analogen Fälle auszudehnen, welche bei Thieren im Naturzustande vorkommen. Nichtsdestoweniger kann ich mich doch nicht davon überzeugen, daß diese Ansicht ganz allgemein anwendbar ist, wie z. B. bei der außerordentlichen Entwicklung von Haaren an der Kehle und den Vorderbeinen des männlichen Ammotragus oder des ungeheuren Bartes der männlichen Pithecia. Nach den Studien, welche ich der Natur habe widmen können, bin ich der Ansicht, daß bedeutend entwickelte Theile oder Organe in irgend einer Periode zu einem besonderen Zwecke erlangt wurden. Bei denjenigen Antilopen, bei welchen das Männchen im erwachsenen Alter auffallender gefärbt ist, als das Weibchen, und bei denjenigen Affen, bei welchen das Haar am Gesicht in einer eleganten Weise angeordnet und von einer verschiedenen Farbe ist, scheinen wahrscheinlicher Weise die Haarkämme und Haarbüschel als Zierathen erlangt worden zu sein; und ich weiß auch, daß dies die Ansicht einiger Naturforscher ist. Ist die Ansicht correct, dann läßt sich wenig daran zweifeln, daß diese Charaktere durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt oder mindestens modificiert worden sind; in wie weit aber diese selbe Ansicht auf andere Säugethiere ausgedehnt werden kann, ist zweifelhaft.

 
Farbe des Haars und der nackten Haut. – Ich will zuerst alle die Fälle kurz aufführen, die mir bekannt sind, wo männliche Säugethiere in der Farbe von den Weibchen verschieden sind. Wie mir Mr. Gould mitgetheilt hat, weichen bei Beutelthieren die Geschlechter selten in dieser Beziehung von einander ab. Aber das große rothbraune Känguruh bietet eine auffallende Ausnahme dar, indem hier »zartes Blau an denjenigen Theilen des Weibchens der vorherrschende Farbenton ist, welche beim Männchen roth sind«.Osphranter rufus, Gould, Mammals of Australia. Vol. II. 1863. Über Didelphis s. Desmarest, Mammalogie, p. 304. Bei dem Didelphis opossum von Cayenne soll das Weibchen ein wenig mehr roth sein als das Männchen. In Bezug auf Nagethiere bemerkt Dr. Gray: »afrikanische Eichhörner, besonders die in den tropischen Ländern gefundenen, haben einen Pelz, der zu gewissen Zeiten viel glänzender und lebhafter ist als zu anderen, und der Pelz des Männchens ist meist heller als der des Weibchens«.Annals and Magaz. of Natur. Hist. Nov. 1867, p. 325. Über Mus minutus s. Desmarest, Mammalogie, p. 304. Dr. Gray theilt mir mit, daß er die afrikanischen Eichhörner deshalb speciell erwähnt, weil sie wegen ihrer ungewöhnlich hellen Färbungen diese Verschiedenheiten am besten darbieten. Das Weibchen von Mus minutus Rußlands ist von einer blässeren und schmutzigeren Färbung als das Männchen. Bei einer großen Anzahl von Fledermäusen ist das Haarkleid des Männchens heller und glänzender als beim Weibchen.J. A. Allen in: Bulletin of Museum Compar. Zoolog. Cambridge, Mass. Unit. St. 1869, p. 207. Mr. Dobson, Über die sexuellen Charaktere bei Fledermäusen, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1873, p. 241. Dr. Gray, Über Faulthiere, ebenda, 1871, p. 436. Mr. Dobson bemerkt ferner in Bezug auf diese Thiere: »Verschiedenheiten, welche zum Theil oder gänzlich davon abhängen, daß das Männchen ein Pelzkleid von einem viel brillanteren Farbentone, oder welches durch verschiedene Zeichnungen oder durch größere Länge gewisser Partieen ausgezeichnet ist, besitzt, finden sich in einem irgendwie nachweisbaren Grade nur bei früchtefressenden Fledermäusen, bei denen der Gesichtssinn gut entwickelt ist«. Diese letzte Bemerkung verdient Beachtung, da sie sich auf die Frage bezieht, ob helle Farben dadurch männlichen Thieren von Nutzen sein können, daß sie als Schmuck dienen. Wie Dr. Gray angiebt, ist jetzt bei einer Gattung von Faulthieren ermittelt, »daß die Männchen in einer von den Weibchen verschiedenen Weise geschmückt sind, – d. h. sie haben einen Fleck von kurzem weichen Haar zwischen den Schultern, welcher allgemein mehr oder weniger orangenfarbig und in einer Species rein weiß ist. Die Weibchen dagegen besitzen diese Zeichnung nicht«.

Die auf dem Lande lebenden Carnivoren und Insectivoren bieten selten geschlechtliche Verschiedenheiten irgend welcher Art dar, mit Einschluß ihrer Färbung. Indessen bietet der Ocelot (Felis pardalis) eine Ausnahme dar; denn hier sind die Farben des Weibchens mit denen des Männchens verglichen »moins apparentes, le fauve étant plus terne, le blanc moins pur, les raies ayant moins de largeur et les taches moins de diamètre«.Desmarest, Mammalogie. 1820, p. 220. Über Felis mitis s. Rengger, Säugethiere von Paraguay etc., p. 194. Auch die Geschlechter der verwandten Felis mitis weichen, aber selbst in einem noch geringeren Grade, von einander ab, indem der allgemeine Farbenton des Weibchens im Ganzen etwas blässer ist, auch die Flecken weniger schwarz sind. Die See-Carnivoren oder Robben weichen auf der anderen Seite zuweilen beträchtlich in der Farbe von einander ab, auch bieten sie, wie wir bereits gesehen haben, andere merkwürdige geschlechtliche Verschiedenheit dar. So ist das Männchen der Otaria nigrescens von der südlichen Hemisphäre oben von einer reichen braunen Schattierung, während das Weibchen, welches seine erwachsenen Farben früher im Leben erhält als das Männchen, oben dunkelgrau ist und die Jungen beider Geschlechter von einer sehr tiefen Chocoladefärbung sind. Das Männchen der nordischen Phoca groenlandica ist grauroth mit einer merkwürdigen sattelförmigen dunklen Zeichnung am Rücken; das Weibchen ist viel kleiner und hat ein sehr verschiedenes Ansehen, indem es »schmutzig weiß, oder von einer gelblichen Strohfarbe ist, mit einem braunrothen Hauch über den Rücken«. Die Jungen sind anfangs rein weiß und können »kaum unter den Eisblöcken und dem Schnee unterschieden werden, wobei also ihre Farbe als Schutzmittel dient«.Dr. Murie, Über die Otaria, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869. p. 108. Mr. R. Brown, Über die Phoca groenlandica, ebenda, 1868, p. 417. Über die Farbe der Robben s. auch Desmarest Mammalogie. 1820, p. 243, 249.

Bei Wiederkäuern kommen geschlechtliche Verschiedenheiten der Farbe gewöhnlicher vor als in irgend einer anderen Ordnung. Eine Verschiedenheit dieser Art ist bei den Strepsiceros-artigen Antilopen sehr allgemein. So ist das männliche Nilghau (Portax picta) bläulich grau und viel dunkler als das Weibchen; auch sind die viereckigen weißen Flecke an der Kehle, die weißen Zeichnungen an den Fesseln und die schwarzen Flecke an den Ohren sämmtlich viel deutlicher. Wir haben gesehen, daß in dieser Species die Kämme und Büschel von Haaren gleichfalls beim Männchen entwickelter sind als bei dem hornlosen Weibchen. Wie mir Mr. Blyth mitgetheilt hat, wird das Männchen, ohne sein Haar abzustoßen, periodisch während der Paarungszeit dunkler. Junge Männchen können von jungen Weibchen, wenn sie nicht über zwölf Monate alt sind, nicht unterschieden werden, und wenn das Männchen vor dieser Zeit entmannt wird, so verändert es nach derselben Autorität niemals seine Farbe. Die Bedeutsamkeit dieser letzteren Thatsache als entscheidend für die sexuelle Natur der Färbung beim Nilghau wird offenbar, wenn wir hören,Judge Caton in: Transact. Ottawa Acad. of Natur. Sciences. 1868, p. 4. daß weder das rothe Sommerkleid noch das blaue Winterkleid des virginischen Hirsches durch Entmannung im Geringsten afficiert wird. Bei den meisten oder sämmtlichen äußerst verzierten Species von Tragelaphus sind die Männchen dunkler als die hornlosen Weibchen und ihre Haarkämme sind vollständiger entwickelt. Bei dem Männchen jener prachtvollen Antilope Oreas derbyanus (Derby's Eland), ist der Körper röther, der ganze Hals viel schwärzer und das weiße Band, welches diese Färbungen von einander trennt, breiter als beim Weibchen. Auch beim Eland vom Cap ist das Männchen unbedeutend dunkler als das Weibchen.Dr. Gray, Catalogue of Mammalia in the British Museum. Part. III. 1852, p. 134-142; s. auch Dr. Gray's Gleanings from the Menagerie of Knowsley, worin sich eine prachtvolle Abbildung des Oreas derbyanus findet: vergleiche den Text über Tragelaphus. Wegen des capischen Eland (Oreas canna) s. Andrew Smith, Zoology of South Africa, pl. 41 und 42. Viele dieser Antilopen finden sich auch im Garten der zoologischen Gesellschaft.

Bei dem indischen Schwarzbocke (Antilope bezoartica), welcher zu einem anderen Stamme der Antilopen gehört, ist das Männchen sehr dunkel, beinahe schwarz, während das hornlose Weibchen rehfarbig ist. Wir haben in dieser Species, wie mir Dr. Blyth mittheilt, eine genau parallele Reihe von Thatsachen wie bei der Portax picta vor uns, nämlich beim Männchen periodisch sich verändernde Farbe während der Paarungszeit, Wirkungen der Entmannung auf diese Veränderung, und die Jungen beider Geschlechter von einander nicht zu unterscheiden. Bei der Antilope nigra ist das Männchen schwarz, das Weibchen, ebenso wie die Jungen, braun. Bei A. singsing ist das Männchen viel heller gefärbt als das hornlose Weibchen und seine Brust und sein Bauch sind viel schwärzer. Bei der männlichen A. caama sind die Zeichnungen und Linien, welche an verschiedenen Theilen des Körpers vorkommen, schwarz, statt wie beim Weibchen braun zu sein. Beim gefleckten Gnu (A. gorgon) sind »die Farben des Männchens nahezu dieselben wie die des Weibchens, nur gesättigter und von einem glänzenderen Tone«.Über die Antilope nigra s. Proceed. Zoolog. Soc. 1850, p. 133. In Bezug auf eine verwandte Species, bei welcher sich eine gleiche geschlechtliche Verschiedenheit in der Färbung findet, s. Sir S. Baker, The Albert Nyanza. 1866. Vol. II, p. 327. Wegen der A. sing-sing s. Gray, Catal. Mamm. Brit. Mus. p. 100. Über die A. caama s. Desmarest, Mammalogie, p. 468. Über das Gnu s. Sir Andrew Smith, Zoology of South Africa. Andere analoge Fälle könnten noch angeführt werden.

Der Bantengbulle (Bos sondaicus) des malayischen Archipels ist beinahe schwarz mit weißen Beinen und weißem Kreuz. Die Kuh ist von einem hellen Graubraun, wie auch die jungen Männchen bis ungefähr in das Alter von drei Jahren, wo sie sehr schnell die Farbe verändern. Der castrierte Bulle kehrt zur Färbung des Weibchens zurück. Die weibliche Kemas-Ziege ist blässer und die weibliche Capra aegagrus soll gleichförmiger gefärbt sein, als ihre beziehentlichen Männchen. Hirsche bieten selten irgend welche geschlechtliche Verschiedenheiten in der Farbe dar. Judge Caton theilt mir indessen mit, daß bei den Männchen des Wapitihirsches (Cervus canadensis) der Hals, Bauch und die Beine viel dunkler sind als dieselben Theile beim Weibchen, aber während des Winters bleichen die dunklen Färbungen allmählich ab und verschwinden. Ich will hier noch erwähnen, daß Judge Caton in seinem Parke drei Rassen des virginischen Hirsches besitzt, welche leicht in der Farbe von einander verschieden sind; aber die Verschiedenheiten sind beinahe ausschließlich auf das blaue Winter- oder Paarungskleid beschränkt, so daß dieser Fall mit denen verglichen werden kann, welche in einem früheren Capitel von nahe verwandten oder stellvertretenden Species von Vögeln angeführt wurden, die nur in ihrem Hochzeitsgefieder von einander abweichen.Ottawa Academy of Natur. Scienc. May, 21., 1868, p. 3, 5. Die Weibchen des Cervus paludosus von Süd-Amerika, ebenso wie die Jungen beiderlei Geschlechts, besitzen die schwarzen Streifen an der Nase und die schwärzlich braune Linie an der Brust nicht, welche die erwachsenen Männchen charakterisieren.Sal. Müller, Über den Banteng, in: Over de Zoogdieren van den Indischen Archipel, 1839-44, Tab. 35. s. auch Raffles von Blyth citiert in: Land and Water. 1867, p. 476. Über Ziegen: Dr. Gray, Catal. Mamm. Brit. Mus., p. 146. Desmarest, Mammalogie, p. 482. Über Cervus paludosus: Rengger Säugethiere von Paraguay etc., p. 345. Endlich ist das reife Männchen des wunderschön gefärbten und gefleckten Axishirsches beträchtlich dunkler als das Weibchen, wie mir Mr. Blyth mittheilt; und diese Färbung erlangt das castrierte Männchen niemals.

Die letzte Ordnung, welche wir zu betrachten haben, ist die der Primaten. Das Männchen des Lemur macaco ist gewöhnlich kohlschwarz, während das Weibchen braun ist.Sclater, Proceed. Zoolog. Soc. 1866, pl. 1. Dieselbe Thatsache ist auch von Pollen und van Dam vollständig bestätigt worden, s. auch Dr. Gray in: Annals and Mag. of Nat. Hist., May, 1871, p. 340. Unter den Quadrumanen der neuen Welt sind die Weibchen und Jungen von Mycetes caraya graulich gelb und einander gleich; im zweiten Jahre wird das junge Männchen röthlich braun und im dritten Jahre schwarz, mit Ausnahme des Bauches, welcher indessen auch im vierten oder fünften Jahre vollständig schwarz wird. Es besteht auch ein scharf markierter Unterschied in der Farbe zwischen den Geschlechtern bei Mycetes seniculus und Cebus capucinus; die Jungen der ersteren Art und, wie ich glaube, auch der letzteren gleichen den Weibchen. Bei Pithecia leucocephala sind die Jungen gleichfalls den Weibchen ähnlich, welche oben bräunlich schwarz und unten hell rostroth sind, während die erwachsenen Männchen schwarz sind. Die Haarkrause rings um das Gesicht bei Ateles Marginatus ist beim Männchen gelb gefärbt, beim Weibchen weiß. Wenden wir uns zu den altweltlichen Affen: die Männchen von Hylobates Hoolock sind immer schwarz mit Ausnahme einer weißen Binde oberhalb der Brauen; die Weibchen variieren von weißlich braun bis zu einem dunkleren mit schwarz gemischten Tone, sind aber niemals völlig schwarz.Über Mycetes s. Rengger Säugethiere von Paraguay etc., p. 14 und Brehm, Illustrirtes Thierleben. 2. Aufl. Bd. I, p. 176. Über Ateles s. Desmarest, Mammalogie, p. 75. Über Hylobates s. Blyth, Land and Water. 1867, p. 135. Über den Semnopithecus: Sal. Müller, Over de Zoogdieren van den Ind. Archipel. Tab. X. Bei dem schönen Cercopithecus diana ist der Kopf des erwachsenen Männchens von einem intensiven Schwarz, während der des Weibchens dunkelgrau ist. Bei ersterem ist der Pelz zwischen den Schenkeln von einer eleganten Rehfarbe, bei letzterem ist er blässer. Bei dem schönen und merkwürdigen Schnurrbartaffen (Cercopithecus cephus) ist die einzige Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern die, daß der Schwanz des Männchens nußbraun und der des Weibchens grau ist; aber Mr. Bartlett theilt mir mit, daß alle diese Töne beim Männchen, wenn es erwachsen ist, schärfer ausgesprochen werden, während sie beim Weibchen so bleiben, wie sie während der Jugend waren. Nach den colorierten Abbildungen, welche Salomon Müller gegeben hat, ist das Männchen von Semnopithecus chrysomelas nahezu schwarz, während das Weibchen blaßbraun ist. Bei dem Cercopithecus cynosurus und griseoviridis ist ein Theil des Körpers, der auf das männliche Geschlecht beschränkt ist, von dem brillantesten Blau oder Grün und contrastiert auffallend mit der nackten Haut an dem Hintertheile des Körpers, welche lebhaft roth ist.

Endlich weicht in der Familie der Paviane das erwachsene Männchen von Cynocephalus hamadryas vom Weibchen nicht bloß durch seine ungeheure Mähne, sondern auch unbedeutend in der Farbe des Haars und der nackten Hautschwielen ab. Beim männlichen Drill (Cynocephalus leucophaeus) sind die Weibchen und Jungen viel blässer gefärbt, mit weniger Grün, als die erwachsenen Männchen. Kein anderes Glied der ganzen Classe der Säugethiere ist in so außerordentlicher Weise gefärbt als der männliche Mandrill (Cynocephalus mormon), wenn er erwachsen ist. In diesem Alter wird sein Gesicht schön blau, während der Rücken und die Spitze der Nase von dem brillantesten Roth ist. Nach einigen Autoren ist das Gesicht auch mit weißlichen Streifen gezeichnet und an anderen Theilen mit Schwarz schattiert; doch scheinen die Färbungen variabel zu sein. An der Stirn findet sich ein Haarkamm und am Kinne ein gelber Bart. »Toutes les parties supérieures de leurs cuisses et le grand espace nu de leurs fesses sont également colorés du rouge le plus vif avec un mélange de bleu, qui ne manque réellement pas d'élégance«.Gervais, Hist. natur. des Mammifères. 1854, p. 103. Hier werden auch Abbildungen des Schädels vom Männchen gegeben. Desmarest, Mammalogie, p. 70. Geoffroy St. Hilaire et F. Cuvier, Hist. natur. des Mammifères. 1824. Tom. I. Wenn das Thier erregt wird, werden alle die nackten Theile viel lebhafter gefärbt. Mehrere Schriftsteller haben bei Beschreibung dieser letzteren glänzenden Farben, welche sie mit denen der brillantesten Vögel vergleichen, die allerlebhaftesten Ausdrücke gebraucht. Eine andere merkwürdige Eigenthümlichkeit ist die, daß, wenn die großen Eckzähne völlig entwickelt sind, ungeheure Knochenprotuberanzen an jeder Wange gebildet werden, welche tief longitudinal gefurcht sind und über welchen die nackte Haut, so wie eben beschrieben worden ist, brillant gefärbt wird (Fig. 69). Bei den erwachsenen Weibchen und den Jungen beiderlei Geschlechts sind diese Protuberanzen kaum bemerkbar, und die nackten Theile sind viel weniger hell gefärbt, das Gesicht ist fast schwarz, etwas mit Blau gefärbt. Indeß wird beim erwachsenen Weibchen die Nase zu gewissen eintretenden Zeiten mit Roth gefärbt.

Fig. 69. Kopf des männlichen Mandrill. (Nach Gervais, Hist. nat. des Mammifères.)

 

In allen den bis jetzt angeführten Fällen ist das Männchen auffallender oder heller gefärbt als das Weibchen und weicht in einem bedeutenderen Grade von den Jungen beiderlei Geschlechts ab. Wie aber bei einigen wenigen Vögeln das Weibchen glänzender gefärbt ist als das Männchen, so hat auch beim Rhesus-Affen (Macacus rhesus) das Weibchen eine größere Fläche nackter Haut rund um den Schwanz von einem brillanten Carmoisinroth, welches periodisch selbst noch lebhafter wird, wie mir die Wärter im zoologischen Garten versichert haben; auch ist sein Gesicht blaßroth. Auf der anderen Seite zeigen weder das erwachsene Männchen, noch die Jungen beiderlei Geschlechts, wie ich in dem Garten selbst sah, eine Spur von Roth an der nackten Haut am hinteren Ende des Körpers oder an dem Gesicht. Nach einigen veröffentlichten Berichten scheint es indeß, als wenn das Männchen gelegentlich oder während gewisser Jahreszeiten einige Spuren von Roth darböte. Obgleich es hiernach weniger geschmückt ist als das Weibchen, folgt es doch in der bedeutenderen Größe seines Körpers, den größeren Eckzähnen, entwickelterem Backenbarte und vorspringenden Augenbrauenleisten der allgemeinen Regel, daß das Männchen das Weibchen übertrifft.

 

Ich habe nun alle mir bekannten Fälle von einer Verschiedenheit in der Farbe zwischen den Geschlechtern der Säugethiere angeführt. In einigen Fällen mögen die Verschiedenheiten das Resultat von Abänderungen sein, welche auf ein Geschlecht beschränkt und auch diesem selben Geschlecht überliefert wurden, ohne daß irgend ein Vortheil dadurch erreicht wurde, und daher auch ohne die Hülfe einer Zuchtwahl. Wir haben Beispiele dieser Art bei unseren domesticierten Thieren, wie bei den Männchen gewisser Katzen, welche bräunlichroth sind, während die Weibchen dreifarbig sind (tortoise-shell). Analoge Fälle kommen auch in der Natur vor. Mr. Bartlett hat viele schwarze Varietäten des Jaguar, des Leoparden, des fuchsartigen Phalangers und des Wombat gesehen; und er ist sicher, daß alle oder beinahe alle diese Thiere Männchen waren. Auf der anderen Seite werden Wölfe, Füchse und wie es scheint auch amerikanische Eichhörner gelegentlich und zwar in beiden Geschlechtern schwarz geboren. Es ist daher vollkommen möglich, daß bei einigen Säugethieren eine Verschiedenheit der Geschlechter in der Färbung, besonders wenn diese Farbe angeboren ist, einfach, ohne die Hülfe von Zuchtwahl, das Resultat davon ist, daß eine oder mehrere Abänderungen auftraten, welche vom Anfange an in ihrer Überlieferung geschlechtlich beschränkt waren. Nichtsdestoweniger ist es unwahrscheinlich, daß die mannichfaltigen lebhaften und contrastierenden Farben gewisser Säugethiere, z. B. der oben erwähnten Affen und Antilopen auf diese Weise erklärt werden können. Wir müssen uns daran erinnern, daß diese Farben beim Männchen nicht bei der Geburt erscheinen, sondern nur zur Zeit oder nahe der Zeit der Reife und daß, verschieden von gewöhnlichen Abänderungen, diese Farben, wenn das Männchen entmannt wird, verloren werden. Es ist im Ganzen eine viel wahrscheinlichere Folgerung, daß die scharf markierten Färbungen und anderen ornamentalen Charaktere männlicher Säugethiere für dieselben in ihrer Rivalität mit anderen Männchen vortheilhaft waren und daher durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden. Die Wahrscheinlichkeit dieser Ansicht wird dadurch verstärkt, daß die Verschiedenheiten in der Farbe zwischen den Geschlechtern beinahe ausschließlich, wie man beim Durchgehen der vorhin angeführten Einzelheiten beobachten kann, in denjenigen Gruppen und Untergruppen von Säugethieren auftreten, welche andere und bestimmte secundäre Sexualcharaktere darbieten; und auch diese sind Folge der Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl.

Säugethiere nehmen offenbar von Farben Notiz. Sir S. Baker beobachtete wiederholt, daß der afrikanische Elephant und das Rhinoceros mit besonderer Wuth Schimmel und Grauschimmel angriffen. Ich habe an einer anderen Stelle gezeigt,Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 1873. 2. Aufl. Bd. II, p. 117 und 118. daß halbwilde Pferde allem Anscheine nach vorziehen, sich mit solchen von der nämlichen Farbe zu paaren, und daß Herden von Damhirschen von verschiedener Farbe, trotzdem sie zusammenlebten, sich doch lange Zeit gesondert hielten. Es ist eine noch bezeichnendere Thatsache, daß ein weibliches Zebra die Liebeserklärungen eines männlichen Esels nicht annehmen wollte, bis derselbe so angemalt war, daß er einem Zebra ähnlich wurde, und dann »nahm es ihn«, wie John Hunter bemerkt, »sehr gern an. In dieser merkwürdigen Thatsache haben wir einen Fall von einem durch bloße Farbe angeregten Instinct, welcher eine so starke Wirkung hatte, daß er alle übrigen Erregungen bemeisterte. Aber das Männchen bedurfte dies nicht; das Weibchen, welches ein ihm selbst einigermaßen ähnliches Thier war, war als solches schon hinreichend, es zu reizen«.Essays and Observations by J. Hunter, edited by R. Owen, 1861. Vol I, p. 194.

In einem früheren Capitel haben wir gesehen, daß die geistigen Kräfte der höheren Thiere nicht der Art nach, wenn auch schon bedeutend dem Grade nach, von den entsprechenden Kräften des Menschen und besonders der niederen und barbarischen Rassen verschieden sind; und es möchte den Anschein haben, als ob selbst der Geschmack der letztern für das Schöne nicht so weit von dem der Affen verschieden sei. Wie der Neger von Afrika das Fleisch in seinem Gesichte in parallelen Leisten sich erheben läßt, »oder in Narben, welche, hoch über der natürlichen Oberfläche als widerwärtige Deformitäten hervortretend, doch für große persönliche Reize angesehen werden«,Sir S. Baker, The Nile Tributaries of Abyssinia, 1867. – wie Neger ebenso wie Wilde in vielen Theilen der Welt ihre Gesichter mit Roth, Blau, Weiß oder Schwarz in verschiedenen Zeichnungen anmalen – so scheint auch der männliche Mandrill von Afrika sein tief durchfurchtes und auffallend gefärbtes Gesicht dadurch erlangt zu haben, daß er hierdurch für das Weibchen anziehend wurde. Es ist ohne Zweifel für uns eine äußerst groteske Idee, daß das hintere Ende des Körpers zum Zwecke einer Verzierung selbst noch brillanter gefärbt sein solle als das Gesicht. Es ist dies aber in der That nicht mehr befremdend, als daß der Schwanz vieler Vögel ganz besonders geschmückt worden ist.

Bei Säugethieren sind wir gegenwärtig nicht im Besitze irgend welcher Beweise, daß die Männchen sich Mühe geben, ihre Reize vor den Weibchen zu entfalten; und gerade die ausgesuchte Sorgfalt, mit welcher dies von Seiten der männlichen Vögel und andrer Thiere geschieht, ist das stärkste Argument zu Gunsten der Annahme, daß die Weibchen die Verzierungen und Farben, die vor ihnen entfaltet werden, bewundern oder daß sie durch sie angeregt werden. Es besteht indessen ein auffallender Parallelismus zwischen Säugethieren und Vögeln in allen ihren secundären Sexualcharakteren, nämlich in ihren Waffen zum Kampfe mit rivalisierenden Männchen, in ihren ornamentalen Anhängen und in ihren Farben. Wenn das Männchen vom Weibchen verschieden ist, so gleichen in beiden Classen die Jungen beiderlei Geschlechts beinahe immer einander und in einer großen Majorität von Fällen auch dem erwachsenen Weibchen. In beiden Classen erhält das Männchen die seinem Geschlechte eigenen Charaktere kurz vor dem fortpflanzungsfähigen Alter. Wird es in einem frühen Alter entmannt, so verliert es derartige Merkmale. In beiden Classen ist der Farbenwechsel zuweilen an die Jahreszeit gebunden und die Färbungen der nackten Theile werden zuweilen während des Actes der Bewerbung lebhafter. In beiden Classen ist das Männchen beinahe immer lebhafter oder stärker gefärbt als das Weibchen und ist mit größeren Kämmen entweder von Haaren oder Federn oder mit anderen Anhängen verziert. In einigen wenigen ausnahmsweisen Fällen ist in beiden Classen das Weibchen bedeutender geschmückt als das Männchen. Bei vielen Säugethieren, und was die Vögel betrifft, wenigstens bei einem, ist das Männchen stärker riechend als das Weibchen. In beiden Classen ist die Stimme des Männchens kräftiger als die des Weibchens. Betrachtet man diesen Parallelismus, so läßt sich nur wenig daran zweifeln, daß hier eine und die nämliche Ursache, welche dieselbe auch gewesen sein mag, auf die Vögel und Säugethiere gewirkt hat, und soweit ornamentale Charaktere in Betracht kommen, kann das Resultat, wie es mir scheint, getrost der lange fortgesetzten Bevorzugung von Individuen des einen Geschlechtes durch gewisse Individuen des anderen Geschlechtes zugeschrieben werden, in Verbindung mit ihrem Erfolge, eine größere Anzahl von Nachkommen zu hinterlassen, welche ihre höheren Anziehungsreize erbten.

 
Gleichmäßige Überlieferung ornamentaler Charaktere auf beide Geschlechter. – Bei vielen Vögeln sind Zierathen, von welchen uns die Analogie veranlaßt anzunehmen, daß sie ursprünglich von den Männchen erlangt wurden, gleichmäßig oder beinahe gleichmäßig auf beide Geschlechter überliefert worden, und wir wollen nun untersuchen, inwieweit diese Ansicht auf Säugethiere ausgedehnt werden kann. Bei einer beträchtlichen Anzahl von Species, besonders von kleineren Arten, sind beide Geschlechter unabhängig von geschlechtlicher Zuchtwahl zum Zwecke eines Schutzes gefärbt worden; soweit ich es aber beurtheilen kann, weder in so vielen Fällen, noch in nahezu so auffallender Art und Weise wie in den meisten niederen Classen. Audubon bemerkt, daß er die Bisamratte,Fiber zibethicus, Audubon und Bachman, The Quadrupeds of North America. 1846, p. 109. während sie an den Ufern eines schlammigen Stromes saß, häufig für einen Erdkloß gehalten habe, so vollständig wäre die Ähnlichkeit. Der Hase ist ein sehr bekanntes Beispiel von Geschütztsein durch Farbe, und doch schlägt dieses Princip in einer nahe verwandten Species fehl, nämlich beim Kaninchen; denn sobald dieses Thier nach seinem Baue läuft, wird es dem Jäger und ohne Zweifel allen Raubthieren durch seinen nach oben gewendeten reinweißen Schwanz auffallend. Niemand hat jemals bezweifelt, daß die Säugethiere, welche mit Schnee bedeckte Gegenden bewohnen, weiß geworden sind, um sich gegen ihre Feinde zu schützen oder um das Beschleichen ihrer Beute zu begünstigen. In Gegenden, wo der Schnee niemals lange auf dem Boden liegen bleibt, würde ein weißes Kleid von Nachtheil sein; in Folge dessen sind so gefärbte Arten in den wärmeren Theilen der Erde äußerst selten. Es verdient Beachtung, daß viele, mäßig kalte Gegenden bewohnende Säugethiere, trotzdem sie kein weißes Winterkleid annehmen, doch während dieser Zeit blässer werden; und dies ist augenscheinlich das directe Resultat der Bedingungen, welchen sie lange Zeit ausgesetzt gewesen sind. Pallas giebt an,Novae Species Quadrupedum e Glirium ordine. 1788, p. 7. Was ich oben Reh genannt habe, ist der Capreolus sibiricus subecaudatus von Pallas. daß in Sibirien eine Veränderung dieser Art beim Wolfe, bei zwei Species von Mustela, bei dem domesticierten Pferde, Equus hemionus, der Hauskuh, bei zwei Species von Antilopen, dem Moschusthiere, beim Rehe, dem Elk und dem Renthiere vorkommt. Das Reh hat z. B. ein rothes Sommer- und ein graulich weißes Winterkleid, und das Letztere kann vielleicht als Schutz für das Thier dienen, während es durch die laublosen, von Schnee und Rauchfrost überzogenen Dickichte wandert. Wenn die eben angeführten Thiere ihre Verbreitung allmählich in Gegenden ausdehnten, welche beständig mit Schnee bedeckt bleiben, so würde wahrscheinlich ihr blasses Winterkleid durch natürliche Zuchtwahl gradweise immer weißer und weißer werden, bis es zuletzt so weiß wie Schnee wäre.

Mr. Reeks hat mir ein merkwürdiges Beispiel von einem Thiere mitgetheilt, welches durch seine eigenthümliche Färbung Vortheil hatte. Er erzog in einem großen von einer Mauer umgebenen Obstgarten fünfzig bis sechzig weiß und braun gescheckte Kaninchen; zu derselben Zeit hatte er einige ähnlich gescheckte Katzen in seinem Hause. Derartige Katzen sind, wie ich oft bemerkt habe, bei Tage sehr auffallend; da sie aber während der Dämmerung vor den Löchern der Kaninchenbaue auf Beute lauernd geduckt dazuliegen pflegten, so unterschieden sie die Kaninchen offenbar nicht von ihren ähnlich gefärbten Genossen. Das Resultat war, daß innerhalb achtzehn Monaten jedes einzelne dieser gescheckt-gefärbten Kaninchen zerstört war; und es fanden sich Beweise, daß dies durch die Katzen geschehen war. Bei einem andern Thiere, dem Skunk, scheint die Farbe in einer Art und Weise von Vortheil zu sein, von der wir in andern Classen viele Beispiele finden. Kein Thier wird eines dieser Geschöpfe absichtlich angreifen, wegen des schauderhaften Geruchs, welchen es abgiebt, wenn es gereizt wird; während der Dämmerung dürfte es aber doch nicht leicht erkannt werden, und dann könnte ein Raubthier es angreifen. Deshalb nun ist der Skunk, wie Mr. Belt glaubt,The Naturalist in Nicaragua, p. 249. mit einem großen buschigen Schwanze ausgerüstet, der als auffallendes Warnungszeichen dient.

Obgleich wir zugeben müssen, daß viele Säugethiere ihre jetzigen Farben entweder als Schutzmittel oder als Hülfsmittel zur Erlangung der Beute erhalten haben, so sind doch bei einer Menge von Species die Farben viel zu auffallend und zu eigenthümlich angeordnet, um uns die Vermuthung zu gestatten, daß sie diesen Zwecken dienen. Wir können als Erläuterung gewisse Antilopen betrachten. Wenn wir sehen, daß der viereckige weiße Fleck an der Kehle, die weißen Zeichnungen an den Fesseln und die runden schwarzen Flecke an den Ohren sämmtlich beim Männchen der Portax picta viel deutlicher sind als beim Weibchen, – wenn wir sehen, daß die Farben bei dem männlichen Oreas derbyanus viel lebhafter, daß die schmalen weißen Linien an den Flanken und die breiten weißen Balken an der Schulter deutlicher sind als beim Weibchen, – wenn wir eine ähnliche Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern der so merkwürdig verzierten Art Tragelaphus scriptus (Fig. 70) sehen, so können wir nicht annehmen, daß Verschiedenheiten dieser Art beiden Geschlechtern in ihrer täglichen Lebensweise von irgendwelchem Nutzen sind. Ein viel wahrscheinlicherer Schluß scheint der zu sein, daß die verschiedenartigen Zeichnungen zuerst von den Männchen erlangt, daß ihre Färbungen durch geschlechtliche Zuchtwahl intensiver geworden sind und dann theilweise auf die Weibchen überliefert wurden. Wird diese Ansicht angenommen, dann kann man nur wenig daran zweifeln, daß die in gleicher Weise eigenthümlichen Färbungen und Zeichnungen vieler Antilopen, trotzdem sie beiden Geschlechtern gemeinsam zukommen, in derselben Weise erlangt und überliefert wurden. So haben z. B. beide Geschlechter der Kudu-Antilope (Strepsiceros kudu, Fig. 64) schmale weiße senkrechte Linien an dem hinteren Theile ihrer Flanken und eine elegante winkelige weiße Zeichnung an ihrer Stirn. Beide Geschlechter der Gattung Damalis sind sehr merkwürdig gefärbt. Bei D. pygarga sind der Rücken und Hals purpurroth, schattieren an den Seiten in Schwarz ab und sind dann von dem weißen Bauche und einem großen weißen Flecke auf der Kruppe scharf abgesetzt. Der Kopf ist noch merkwürdiger gefärbt. Eine große oblonge weiße, schmal mit Schwarz geränderte Larve bedeckt das Gesicht bis herauf zu den Augen (Fig. 71); auf der Stirn finden sich drei weiße Streifen und die Ohren sind mit Weiß gezeichnet. Die Kälber dieser Species sind von einem gleichförmigen blassen Gelblichbraun. Bei Damalis albifrons weicht die Färbung des Kopfes von der letzterwähnten Species darin ab, daß hier ein einziger weißer Streif die drei Streifen ersetzt und daß die Ohren beinahe vollständig weiß sind.s. die schönen Tafeln in Sir Andrew Smith, Zoology of South Africa und Dr. Gray's Gleanings from the Menagerie of Knowsley. Nachdem ich, soweit ich es nach meinen besten Kräften zu thun im Stande war, die geschlechtlichen Verschiedenheiten zu allen Classen gehöriger Thiere studiert habe, konnte ich nicht vermeiden, zu dem Schlusse zu kommen, daß die merkwürdig angeordneten Farben vieler Antilopen, trotzdem sie beiden Geschlechtern gemeinsam sind, das Resultat ursprünglich auf das Männchen angewandter geschlechtlicher Zuchtwahl sind.

Fig. 70. Tragelaphus scriptus, Männchen. (Nach der Knowsley-Menagerie.)

Fig. 71. Damalis pygarga, Männchen. (Nach der Knowsley-Menagerie.)

Dieselbe Folgerung kann vielleicht auch auf den Tiger ausgedehnt werden, eines der schönsten Thiere in der Welt, dessen Geschlechter selbst von den mit wilden Thieren Handelnden nicht an der Farbe unterschieden werden können. Mr. Wallace glaubt,Westminster Review, July 1., 1767, p. 5. daß das gestreifte Fell des Tigers »so übereinstimmend mit senkrechten Stämmen des Bambusrohrs sei, daß es das Thier bedeutend beim Beschleichen seiner Beute unterstütze«. Doch scheint mir diese Ansicht nicht befriedigend zu sein. Wir haben einige unbedeutende Zeugnisse dafür, daß seine Schönheit Folge geschlechtlicher Zuchtwahl sein mag; denn in zwei Species von Felis sind analoge Zeichnungen und Farben im Ganzen beim Männchen heller als beim Weibchen. Das Zebra ist auffallend gestreift und Streifen können auf den offenen Ebenen von Süd-Afrika keinen Schutz darbieten. BurchellTravels in South Africa. 1824. Vol. II, p. 315. sagt bei einer Beschreibung einer Herde Zebras: »ihre schlanken Rippen glänzten in der Sonne und die Helligkeit und Regelmäßigkeit ihrer gestreiften Kleider bot ein Gemälde außerordentlicher Schönheit dar, worin sie wahrscheinlich von keinem anderen Säugethiere übertroffen werden«. Da aber durch die ganze Gruppe der Equiden die Geschlechter in der Färbung identisch sind, so haben wir hier keinen Beweis für eine geschlechtliche Zuchtwahl. Nichtsdestoweniger wird derjenige, welcher die weißen und dunkeln senkrechten Streifen auf den Flanken verschiedener Antilopen geschlechtlicher Zuchtwahl zuschreibt, wahrscheinlich dieselbe Ansicht auf den Königstiger und das schöne Zebra ausdehnen.

Wir haben in einem früheren Capitel gesehen, daß, wenn junge zu gleichviel welcher Classe gehörige Thiere nahezu dieselbe Lebensweise haben wie ihre Eltern und doch in einer verschiedenen Art und Weise gefärbt sind, man wohl schließen kann, daß sie die Färbung irgend eines alten und ausgestorbenen Urerzeugers beibehalten haben. In der Familie der Schweine und in der Gattung Tapir sind die Jungen mit Längsstreifen gezeichnet und weichen hierdurch von jeder jetzt lebenden erwachsenen Species in diesen beiden Gruppen ab. Bei vielen Arten von Hirschen sind die Jungen mit eleganten weißen Flecken gezeichnet, von denen ihre Eltern nicht eine Spur darbieten. Es läßt sich eine allmählich aufsteigende Reihe verfolgen vom Axishirsch, bei welchem beide Geschlechter in allen Altersstufen und während aller Jahreszeiten schön gefleckt sind (wobei die Männchen im Ganzen etwas stärker gefärbt sind als die Weibchen), bis zu Species, bei welchen weder die Alten noch die Jungen gefleckt sind. Ich will einige Stufen in dieser Reihe anführen. Der mantschurische Hirsch (Cervus mantschuricus) ist während des ganzen Jahres gefleckt; die Flecke sind aber, wie ich im zoologischen Garten gesehen habe, während des Sommers viel deutlicher, wo die allgemeine Farbe des Pelzes heller ist, als während des Winters, wo die allgemeine Färbung dunkler und das Geweih vollständig entwickelt ist. Bei dem Schweinshirsch (Hyelaphus porcinus) sind die Flecke während des Sommers äußerst auffallend, wo der ganze Pelz röthlich braun ist, verschwinden aber während des Winters, wo der Pelz braun wird, vollständig.Dr. Gray, Gleanings from the Menagerie of Knowsley, p. 64. Mr. Blyth erwähnt den Schweinshirsch von Ceylon (Land and Water, 1869, p. 42) und sagt, daß er in der Zeit des Jahres, wo er sein Geweihe erneuert, heller mit Weiß gefleckt ist als der gemeine Schweinshirsch. In diesen beiden Species sind die Jungen gefleckt. Bei dem virginischen Hirsche sind die Jungen gleichfalls gefleckt, und von den erwachsenen in Judge Caton's Park lebenden Thieren bieten, wie mir derselbe mitgetheilt hat, ungefähr fünf Procent zeitweise in der Periode, wenn das rothe Sommerkleid durch das bläuliche Winterkleid ersetzt wird, eine Reihe von Flecken auf jeder Flanke dar, welche beständig der Zahl nach gleich, wennschon an Deutlichkeit sehr variabel sind. Von diesem Zustande ist dann nur ein sehr kleiner Schritt zu dem vollständigen Fehlen von Flecken zu allen Jahreszeiten bei den Erwachsenen, und endlich bis zu dem Fehlen derselben auf allen Altersstufen, wie es bei gewissen Species vorkommt. Aus der Existenz dieser vollkommenen Reihe und ganz besonders aus dem Umstande, daß die Kälber so vieler Species gefleckt sind, können wir schließen, daß die jetzt lebenden Glieder der Familie der Hirsche die Nachkommen einer alten Species sind, welche wie der Axishirsch auf allen Altersstufen und zu allen Jahreszeiten gefleckt war. Ein noch früherer Urerzeuger war wahrscheinlich in einer gewissen Ausdehnung dem Hyomoschus aquaticus ähnlich; denn dieses Thier ist gefleckt und die hornlosen Männchen haben große vorspringende Eckzähne, von denen einige wenige echte Hirsche noch Rudimente bewahren. Es bietet der Hyomoschus auch einen jener interessanten Fälle von Formen dar, welche zwei Gruppen mit einander verbinden, da er in gewissen osteologischen Merkmalen zwischen den Pachydermen und Ruminanten mitten inne steht, welche man früher für vollkommen verschieden hielt.Falconer and Cautley, Proceed. Geolog. Soc. 1843, and Falconer, Palaeont. Memoirs. Vol. I, p. 196.

Hier entsteht nun eine merkwürdige Schwierigkeit. Wenn wir zugeben, daß gefärbte Flecke und Streifen als Zierathen erlangt worden sind, woher kommt es, daß so viele jetzt lebende Hirsche, die Nachkommen eines ursprünglich gefleckten Thieres, und sämmtliche Arten von Schweinen und Tapiren, die Nachkommen eines ursprünglich gestreiften Thieres, in ihrem erwachsenen Zustande ihre früheren Verzierungen verloren haben? Ich kann diese Frage nicht befriedigend beantworten. Wir können ziemlich sicher sein, daß die Flecke und Streifen bei den Voreltern unserer jetzt lebenden Species zur Zeit der Reife verschwanden, so daß sie von den Jungen beibehalten und in Folge des Gesetzes der Vererbung auf entsprechende Altersstufen auch den Jungen aller späteren Generationen überliefert wurden. Es mag für den Löwen und das Puma ein großer Vortheil gewesen sein, wegen der offenen Beschaffenheit der Localitäten, in welchen sie gewöhnlich jagen, ihre Streifen verloren zu haben und hierdurch für ihre Beute weniger auffallend geworden zu sein; und wenn die nacheinander auftretenden Abänderungen, durch welche dieser Zweck erreicht wurde, im Ganzen spät im Leben erschienen, so werden die Jungen ihre Streifen behalten haben, wie es bekanntlich der Fall ist. Was die Hirsche, Schweine und Tapire betrifft, so hat Fritz Müller die Vermuthung gegen mich ausgesprochen, daß diese Thiere durch die Entfernung ihrer Flecken und Streifen mit Hülfe der natürlichen Zuchtwahl von ihren Feinden weniger leicht werden gesehen worden sein, und sie werden besonders eines solchen Schutzes bedurft haben, als die Carnivoren während der Tertiärzeit an Größe und Anzahl zuzunehmen begannen. Dies kann wohl die richtige Erklärung sein; es ist aber befremdend, daß die Jungen nicht gleich gut geschützt gewesen sein sollten, und noch befremdender, daß bei einigen Arten die Erwachsenen ihre Flecke entweder theilweise oder vollständig während eines Theiles des Jahres beibehalten haben sollten. Können wir die Ursache auch nicht erklären, so wissen wir doch, daß, wenn der domesticierte Esel variiert und röthlich-braun, grau oder schwarz wird, die Streifen auf den Schultern und selbst am Rücken häufig verschwinden. Sehr wenige Pferde, mit Ausnahme mausbraun gefärbter Arten, bieten auf irgend einem Theile ihres Körpers Streifen dar, und doch haben wir guten Grund zu glauben, daß das ursprüngliche Pferd an den Beinen und dem Rückgrate und wahrscheinlich an den Schultern gestreift war.Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 1873. 2. Aufl. Bd. I, p. 62–69. Es kann daher das Verschwinden der Flecken und Streifen bei unseren erwachsenen jetzt lebenden Hirschen, Schweinen und Tapiren Folge einer Veränderung der allgemeinen Farbe ihres Haarkleides sein; ob aber diese Veränderung durch geschlechtliche oder natürliche Zuchtwahl bewirkt wurde oder Folge der directen Wirkung der Lebensbedingungen oder irgend welcher anderer unbekannter Ursachen war, ist unmöglich zu entscheiden. Eine von Mr. Sclater gemachte Beobachtung erläutert sehr gut unsere Unwissenheit von den Gesetzen, welche das Auftreten oder Verschwinden von Streifen regulieren: die Species von Asinus, welche den asiatischen Continent bewohnen, entbehren der Streifen und haben nicht einmal den queren Schulterstreif, während diejenigen, welche Afrika bewohnen, auffallend gestreift sind, mit der theilweisen Ausnahme von A. taeniopus, welcher nur den queren Schulterstreif und meist einige undeutliche quere Streifen an den Beinen besitzt; und diese letztere Species bewohnt die fast mitten innen liegenden Gegenden von Ober-Ägypten und Abyssinien.Proceed. Zoolog. Soc. 1862, p. 164. s. auch Dr. Hartmann, Annal. d. Landwirthsch. Bd. XLIII, p. 222.

 
Quadrumanen. – Ehe wir zum Schlusse gelangen, wird es gerathen sein, einige wenige Bemerkungen über die ornamentalen Auszeichnungen der Affen noch hinzuzufügen. Bei den meisten Species sind die Geschlechter einander in der Farbe ähnlich, aber bei einigen weichen, wie wir gesehen haben, die Männchen von den Weibchen ab, besonders in der Farbe der nackten Hautstellen, in der Entwicklung des Kinnbartes, Backenbartes und der Mähne. Viele Species sind in einer entweder so außerordentlichen oder so schönen Art und Weise gefärbt und sind mit so merkwürdigen und eleganten Haarkämmen versehen, daß wir es kaum vermeiden können, diese Eigenschaften als solche zu betrachten, welche zum Zwecke der Verzierung erlangt worden sind. Die beistehenden Figuren (Fig. 72-76) sollen dazu dienen, die Anordnung des Haares am Gesicht und Kopf in mehreren Species zu erläutern. Es ist kaum zu begreifen, daß diese Haarkämme und die scharf contrastierenden Farben des Pelzes und der Haut das Resultat bloßer Variabilität ohne die Hülfe von Zuchtwahl sein sollten, und es ist nicht denkbar, daß sie für diese Thiere von irgend welchem gewöhnlichen Nutzen sein könnten. Ist dies aber so, so sind sie wahrscheinlich durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt, indessen gleichmäßig oder beinahe gleichmäßig auf beide Geschlechter überliefert worden. Bei vielen Quadrumanen haben wir noch weitere Belege für die Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl in der bedeutenderen Größe und Kraft der Männchen und in der stärkeren Entwicklung ihrer Eckzähne im Vergleich mit denen der Weibchen.

Fig. 72. Kopf von Semnopithecus rubicundus.
Diese und die folgenden Abbildungen (nach Gervais) werden mitgetheilt, um die merkwürdige Anordnung und Entwicklung des Haares am Kopf zu zeigen.

Fig. 73. Kopf von Semnopithecus comatus.

Fig. 74. Kopf von Cebus capucinus.

Fig. 75. Kopf von Ateles marginatus.

Fig. 76. Kopf von Cebus vellerosus.

In Bezug auf die fremdartige Weise, in welcher beide Geschlechter einiger Species gefärbt sind, und auf die Schönheit anderer werden wenige Beispiele genügen. Das Gesicht des Cercopithecus petaurista (Fig. 77) ist schwarz, der Backen- und Kinnbart ist weiß, dabei findet sich ein umschriebener, runder, weißer Fleck auf der Nase, der mit kurzen weißen Haaren bedeckt ist, was dem Thiere einen fast lächerlichen Anblick giebt. Der Semnopithecus frontatus hat gleichfalls ein schwärzliches Gesicht mit einem langen schwarzen Barte und einem großen nackten Flecken an der Stirn von einer bläulich weißen Färbung. Das Gesicht von Macacus lasiotus ist schmutzig fleischfarben mit einem umschriebenen rothen Flecke auf jeder Backe. Die äußere Erscheinung des Cercocebus aethiops ist grotesk mit seinem schwarzen Gesichte, seinem weißen Backenbarte und Kragen, seinem braunen Kopfe und einem großen nackten weißen Flecken über jedem Augenlide. In sehr vielen Species sind der Kinnbart, Backenbart und die Haarkämme rings um das Gesicht von einer anderen Farbe als das Übrige des Kopfes, und wenn sie verschieden sind, sind sie immer von einer helleren Färbung,Ich beobachtete diese Thatsache in den zoologischen Gärten; zahlreiche Beispiele sind auch in den colorierten Tafeln zu Geoffroy St. Hilaire und F. Cuvier, Hist. nat. des Mammifères, Tom. I. 1824. zu finden. häufig rein weiß, zuweilen gelb oder röthlich. Das ganze Gesicht des südamerikanischen Brachyurus calvus ist »von einer glühenden Scharlachfärbung«, doch erscheint diese Farbe nicht eher, als bis das Thier nahezu geschlechtsreif ist.Bates, The Naturalist on the Amazons. 1863. Vol. II, p. 310. Die nackte Haut des Gesichts weicht in der Farbe bei den verschiedenen Species wunderbar ab. Sie ist oft braun oder fleischfarben mit vollkommen weißen Theilen und häufig so schwarz wie die Haut des schwärzesten Negers. Bei dem Brachyurus ist der scharlachne Ton glänzender als der des am lieblichsten erröthenden kaukasischen Mädchens. Die nackte Haut ist zuweilen deutlicher orange als bei irgend einem Mongolen, und in mehreren Species ist sie blau, in Violett oder in Grau übergehend. Bei allen den Mr. Bartlett bekannten Species, bei welchen die Erwachsenen beiderlei Geschlechts stark gefärbte Gesichter haben, sind die Farben während der früheren Jugend stumpf oder fehlen. Dies gilt gleichfalls für den Mandrill und Rhesus, bei denen das Gesicht und die hinteren Theile des Körpers nur bei dem einen Geschlechte glänzend gefärbt sind. In diesen letzteren Fällen haben wir allen Grund zu glauben, daß die Farben durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden, und wir werden natürlich dazu geführt, dieselbe Ansicht auch auf die vorstehend erwähnten Species auszudehnen, wenngleich bei diesen, wenn sie erwachsen sind, die Gesichter beider Geschlechter in einer und derselben Art gefärbt sind.

Fig. 77. Cercopithecus petaurista. (Aus Brehm, Thierleben.)

Obschon unserem Geschmacke nach viele Arten von Affen bei weitem nicht schön sind, so werden doch andere Species allgemein wegen ihrer eleganten Erscheinung und ihrer hellen Farben bewundert. Der Semnopithecus nemaeus wird, obschon eigenthümlich gefärbt, doch als äußerst schön beschrieben. Das orange gefärbte Gesicht wird von einem langen Backenbarte von glänzender Weiße umgeben mit einer kastanienbraunen Linie über den Augenbrauen. Der Pelz am Rücken ist von einem zarten Grau, aber ein viereckiger Fleck auf den Lenden, der Schwanz und die Vorderarme sind sämmtlich von reinem Weiß. Oberhalb der Brust findet sich eine kastanienbraune Kehle. Die Oberschenkel sind schwarz, die Beine kastanienroth. Ich will hier noch zwei andere Affen wegen ihrer Schönheit erwähnen, und ich habe gerade diese ausgewählt, da sie leichte geschlechtliche Verschiedenheiten in der Färbung darbieten, was es in einem gewissen Grade wahrscheinlich macht, daß beide Geschlechter ihre elegante Erscheinung geschlechtlicher Zuchtwahl verdanken. Bei dem Schnurrbartaffen (Cercopithecus cephus) ist die allgemeine Farbe des Pelzes grünlich gefleckt mit weißer Kehle; beim Männchen ist das Ende des Schwanzes kastanienbraun; aber das Gesicht ist der verzierteste Theil: die Haut ist nämlich hauptsächlich bläulichgrau schattiert, unterhalb der Augen in einen schwärzlichen Ton übergehend: dabei ist die Oberlippe von einem zarten Blau und an dem unteren Rande mit einem dünnen schwarzen Schnurrbart eingefaßt. Der Backenbart ist orangefarben, mit dem oberen Theile schwarz und bildet ein sich rückwärts bis zu den Ohren erstreckendes Band, welch' letztere mit weißlichen Haaren bekleidet sind. Im zoologischen Garten habe ich häufig Besucher die Schönheit eines andern Affen bewundern hören, verdientermaßen Cercopithecus Diana genannt (Fig. 78). Die allgemeine Farbe des Pelzes ist grau, die Brust und die innere Fläche der Vorderbeine sind weiß. Ein großer dreieckiger umschriebener Fleck an dem hintern Theile des Rückens ist tief kastanienbraun. Beim Männchen sind die inneren Seiten der Oberschenkel und der Bauch zart rehfarben und der Scheitel des Kopfes ist schwarz. Das Gesicht und die Ohren sind intensiv schwarz und contrastieren schön mit einem weißen quer über die Augenbrauen laufenden Kamme und mit einem langen weißen zugespitzten Bart, dessen basaler Theil schwarz ist.Ich habe die meisten der obengenannten Affen in dem Garten der Zoological Society gesehen. Die Beschreibung des Semnopithecus nemaeus ist entnommen aus W. C. Martin, Natur. Hist. of Mammalia. 1841, p. 460; s. auch p. 475, 523.

Fig. 78. Cercopithecus Diana (untere Figur), Cercopithecus mona (obere Figur). (Aus Brehm, Thierleben.)

Bei diesen und vielen anderen Affen nöthigen mich die Schönheit und die eigenthümliche Anordnung ihrer Farben, noch mehr aber die verschiedenartige und elegante Anordnung der Kämme und Büschel von Haaren an ihren Köpfen zu der Überzeugung, daß diese Eigenthümlichkeiten durch geschlechtliche Zuchtwahl ausschließlich als Zierathen erlangt worden sind.

 
Zusammenfassung. – Das Gesetz des Kampfes um den Besitz des Weibchens scheint durch die ganze große Classe der Säugethiere zu herrschen. Die meisten Naturforscher werden zugeben, daß die bedeutendere Größe, Kraft, der größere Muth und die größere Kampfsucht des Männchens, seine speciellen Angriffswaffen ebenso wie seine speciellen Vertheidigungsmittel sämmtlich durch jene Form von Zuchtwahl erlangt oder modificiert worden sind, welche ich geschlechtliche Zuchtwahl genannt habe. Diese hängt nicht von irgend einer Überlegenheit in dem allgemeinen Kampfe um das Leben ab, sondern davon, daß gewisse Individuen des einen Geschlechtes, und allgemein des männlichen, bei der Besiegung anderer Männchen erfolgreich gewesen sind und eine größere Zahl von Nachkommen hinterlassen haben, ihre Superiorität zu erben, als die weniger erfolgreichen Männchen.

Es giebt noch eine andere und friedfertigere Art von Wettkämpfen, bei welchen die Männchen versuchen, die Weibchen durch verschiedene Reize anzuregen oder zu locken. Dies wird wahrscheinlich in manchen Fällen durch die kräftigen Gerüche bewirkt, welche die Männchen während der Paarungszeit aussenden, nachdem die Riechdrüsen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Ob dieselbe Ansicht auch auf die Stimme ausgedehnt werden kann, ist zweifelhaft; denn die Stimmorgane der Männchen müssen durch den Gebrauch während des geschlechtsreifen Alters, unter den mächtigen Erregungen der Liebe, Eifersucht oder Wuth gekräftigt und werden in Folge dessen auf dasselbe Geschlecht überliefert worden sein. Verschiedene Kämme, Büschel und Mäntel von Haaren, welche entweder auf die Männchen beschränkt oder bei diesem Geschlechte bedeutender entwickelt sind als bei den Weibchen, scheinen in den meisten Fällen nur Zierathen zu sein, obschon sie zuweilen bei der Verteidigung gegen rivalisierende Männchen von Nutzen sind. Es ist selbst Grund zur Vermuthung vorhanden, daß das verzweigte Geweihe der Hirsche und die eleganten Hörner gewisser Antilopen, obschon sie eigentlich als Angriffs- oder Vertheidigungswaffen dienen, zum Theil zum Zwecke einer Verzierung modificiert worden sind.

Wenn das Männchen in der Farbe vom Weibchen verschieden ist, so bietet es allgemein dunklere und schärfer contrastierende Farbentöne dar. Wir begegnen in dieser Classe nicht jenen glänzend rothen, blauen, gelben und grünen Farben, welche bei männlichen Vögeln und vielen anderen Thieren so häufig sind. Indessen müssen hier die nackten Hautstellen gewisser Quadrumanen ausgenommen werden; denn derartige Theile, häufig in merkwürdiger Lage, sind auf die glänzendste Weise gefärbt. Die Farben des Männchens könnten wohl in andern Fällen die Folgen einfacher Abänderungen sein, ohne daß eine Zuchtwahl auf sie eingewirkt hat. Wenn aber die Färbungen mannichfaltig und scharf ausgesprochen werden, wenn sie nicht eher entwickelt werden als in der Nähe der Zeit der Geschlechtsreife und wenn sie nach der Entmannung verloren werden, so können wir die Folgerung kaum vermeiden, daß sie durch geschlechtliche Zuchtwahl zum Zwecke des Schmuckes erhalten und ausschließlich oder beinahe ausschließlich auf dasselbe Geschlecht überliefert worden sind. Wenn beide Geschlechter in einer und derselben Art gefärbt und die Farben auffallend oder eigenthümlich angeordnet sind, ohne daß diese von dem allergeringsten nachweisbaren Nutzen als Schutzmittel sind, und besonders wenn dieselben in Verbindung mit verschiedenen andern ornamentalen Anhängen auftreten, so werden wir durch Analogie zu demselben Schlusse geführt, nämlich, daß sie durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, wenngleich sie dann auf beide Geschlechter überliefert wurden. Daß auffallende und verschiedenartige Färbungen, mögen sie auf die Männchen beschränkt oder beiden Geschlechtern gemeinsam sein, der allgemeinen Regel nach in denselben Gruppen und Untergruppen mit anderen secundären Sexualcharakteren verbunden auftreten, welche entweder zum Kampfe oder zur Zierath dienen, – dies wird man für zutreffend halten, wenn man auf die verschiedenen in diesem und dem letzten Capitel mitgetheilten Fälle zurückblickt.

Das Gesetz der gleichmäßigen Überlieferung von Eigenthümlichkeiten auf beide Geschlechter, soweit Farben und andere Zierathen in Betracht kommen, hat bei Säugethieren in viel ausgedehnterer Weise geherrscht als bei Vögeln; aber was Waffen, wie die Hörner und Stoßzähne, betrifft, so sind diese häufig entweder ausschließlich oder in einem viel vollkommeneren Grade den Männchen überliefert worden als den Weibchen. Dies ist ein überraschender Umstand; denn da die Männchen allgemein ihre Waffen zur Vertheidigung gegen ihre Feinde aller Art brauchen, würden diese Waffen auch den Weibchen von Nutzen gewesen sein. Ihr Fehlen in diesem Geschlechte kann, soweit wir sehen können, nur durch die vorherrschende Form der Vererbung erklärt werden. Endlich ist bei Säugethieren der Kampf zwischen den Individuen eines und des nämlichen Geschlechtes, mag er friedfertiger oder blutiger Natur sein, mit den seltensten Ausnahmen auf die Männchen beschränkt worden, so daß diese letzteren entweder zum Kampfe mit einander oder zum Anlocken des anderen Geschlechtes viel gewöhnlicher als die Weibchen durch geschlechtliche Zuchtwahl modificiert worden sind.

 


 


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