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Ich bin der Glaube an die Macht der Sonnen, Und meine Inbrunst zeitigt alle Strahlen! Ich walle aus mir selber in die Zahlen Und halte mich von Ewigkeit umsponnen. In mir erschöpfen nimmer sich die Bronnen; Ich bin! und weil ich bin, so will ich leben. Ich bin nur ich in meinem Micherlesen, |
Ich weiß: ich habe mich entzweit, verloren! Ich bin bereits der Schöpfung Leiden inne. Und Ich, mein andres Ich, verlangt die Minne: O Gott, warum ward ich so fromm geboren? Ihr Zweifel, naht mir nicht, dem starken Toren! Ich pilgre schon durch alte Möglichkeiten! Nun strahle ich, nicht ich, aus eignen Sternen! |
O Weiblichkeit in mir, ich liebe, liebe! Ich halte dich, sonst gingst du keusch zugrunde, Noch lächelt meine Gottheit ja zum Bunde, Drum liebe mich, damit ich nicht zerstiebe! Ich weiß, wenn ich in meinem Reich verbliebe, Wir sind die große Leidenschaft der Welten, Wir sind als Geist dem Eigenwunsch gesonnen. |
Ich zweifle: soll ich Gott für mich verlassen? Denn ich bin Er, und Er ist Ich zugleich! Bestimmte sich ein urverfluchtes Reich? O Gott in mir, wie könnte ich dich hassen? Und doch, ich muß das Weib mit Kraft erfassen. Die Flur, ein buntes Viereck, muß ich kennen. Wie feindlich alles meinen Geist umringt. Und doch! die Schöpfung dauert fort. Wir brennen! Die Scheidung lebt. Drum stich ins Land hinein! Du bist ein Ackersmann im Daseinsschleime, Nun sieh den Bienenschwarm, der ihnen naht. Ihr Honigkneten ist zugleich ihr Beten. Die Liebe weilt! drum sei auch ihr gezollt. Sogar im Sterben ist dein eignes Leben. Es ist der Tod die Ewigkeit, die loht, Ich bin der Glaube an die Macht der Sonne. 522 |
Es wirft der Herr sich in das volle Leben, Drum, Gärtner in mir selber, stehe auf Und sieh der Dinge Seele sich erheben. Der Bach beginnt den stillen Pilgerlauf Verständnis tiefer Weihe meiner Schmerzen, In vielen, vielen Dingen bin ich blind, Ich kämme wohl die Flur mit meinem Rechen. O Gott, der alle Erdendinge liebt, Der Sohn tritt überall voll Huld zutage: Wie wundervoll ist doch ein Rosenstrauch! Doch blühe ich, so schmücken mich Juwele. O Heiland, du erscheinst uns sanft und traut. Die Berge sind ein leuchtendes Gebäude, Das Saumtier mag dich, über Gras und Gneis, Du magst die Ansprache an Gletscher wagen, Wie viel du tust! und nichts tust du zuleid! 524 |
Der Geist ist Freiheit, volles Daseinswollen, Die Seele sein Bestand unter Gesetzen, Die unerfaßt ihre Gewalt entrollen. Es ist das Leid des Geistes Erdentsetzen: Ein Mensch, der Freiheit herrlichster Entbinder, Wer ist der Mensch? Hier zeigt sich eine Lücke. Der Geist, der sie benennt, bekräftigt dreie. Ihr alle, die ihr euch als Wesen schafftet, Man lebt, um sich aus sich emporzubäumen Wird einst ein Freierer auf Erden wohnen? Ihr fliegt durch euer geistbeherrschtes Walten. Der Geist verheißt die Blutbeschwörungssätze: Drum seid! Ihr lebt allein in euern Sängen! Die Sonnen, die nach Normen abwärts rollen, Licht ist das Gegenteil vom Grundgenügen. Des Todes Majestät kann Werke gründen! O Tod, wenn ich vor deinen Quellen singe, Die Sonne ist ja Schein! Und ich, der Dichter, Zermalme mich! Es soll die Freiheit leben! 526 |
Du sollst dich unterwegs zur Quelle bücken, Es wird dich oft nach holder Labung dürsten, Dann träume, hingestreckt auf deinen Rücken! Die Ölbäume sind gute Friedensfürsten! Willst du wie sie für dich die Welt vergessen? Du glaubst an Bilder, denn du sagst: ach freilich! O glaube nur: du kannst dich ganz erreichen! Gewiß, die heitern Lehrer kennt man selten! Wie viele Menschen, die den Pfad vertauschten, Ja freilich! Eben kennst du dein Empfinden! O Herz der Sonne, alle Herzen pochen! Ja freilich kommen wir, im Zukunftsregen! Der Abend aber kann den Baum beschwichten. Liegt doch die Sonne selbst im Herzensringen, Du Sonnenherz läßt alle Pulse leben. Schon blaut dort unten das Gefild am Tiber. Es dampft und atmet, ach, die ganze Halde. O Mensch, jetzt mußt du dein Ereignis wittern: Ja freilich! Die Nacht will sich dir offenbaren! Mein panisches Geschick merkt eine Espe! 528 |
Das ist ein Wunsch und doch ein Lied vom Wahren! Die Freiheit bleibt Gebot, und wenn auch ferne, Muß einst der Mensch sie leidvoll offenbaren. Erschaut vor euch die Zuversicht der Sterne. Nun seht, wie sich die Fluren stumm verbreiten, Im eignen Heime soll man heimwärts klimmen, Doch die, vor denen sich die Wege dehnen, Denn wir, die wir die Welt zum Wandern schufen, Wie gut, daß wir uns nicht im Flug entfernen, Wie froh ich bin, daß ich mich frei beköste, Ich lobe mich, bei jedem Mahl, zu Tische. Wie wird der Lebenswunsch doch ungeheuer, Ein Volk, das glauben kann, wird nicht veralten! Auch mag uns ob der Greise nimmer bangen, Ich mag das Volk. Es wittert seine Schritte! Die Völker ernten unter stillen Sternen Das Weltgedicht gelingt auf schlichte Weise, Ihr sollt in euch den Freiheitsstaat erfassen, Vermutet nur die heitern, alten Seiten, Ein jeder wird zu etwas Sein gelangen, Erst mögen Völker ihren Ernst ersingen! Es ist in uns der Stern, nicht in den Sternen. 531 |
Seitdem der Reim in unser Lied geflogen, Hat mein Gespenst den Daseinsflug erwogen. Der Abend nahte mir, mit einem Weibe. Es sagte etwas über uns: verbleibe! Da rauschte unser Reimungslied gelinde. Es fingen Silben an, sich zu verbinden.
Die Silberpappeln sagten rasche Silben. Der Wesensflug in uns verschwand im Blau, Wer weiß nicht von verhaltenen Gewittern, Ein Wachsein, waltender als alle Zeit, Es mag uns kaum nach Geistesreife weisen, Ja, wer am Tag sein Eigenstes erfaßt, Und Ruhe wird ihn plötzlich übereilen.
Die Nacht eröffnet alle ihre Herzen, Die Heiterkeit ist ein beseeltes Wesen, Sie ist in uns, schon vor uns selbst, gewesen. O Jugend, Jubel holder Ewigkeiten, Im Menschen sollen Altersschlünde klaffen! Wie oft bin ich mein eignes Kind gewesen! Ich habe dort über dem Tod gesungen: Alt atmet ja über den Überschwängen Um jene Säume graut das Grundbegehen; Ich bin ja die Unsterblichkeit der Pflanzen: Es wird sich nie das Ich im Tun verlieren, Man wird und wallt zugleich nach seinem Heime! Der Mond, der Monde silberne Idee, Du weise Zuversicht in meinem Geiste, Wo immer ich um dein Ereignis kreiste, In deinem Sterne werde ich nicht sterben! Ihr, meine Nachkommen, wir wollen teilen! Erblicke ich die eigenstillen Dinge, So bin ich alle, die noch kommen werden! Virgil und alle Wiesen, die ihn riefen; Nun wachen alle auf. Ich bin ihr Skalde. Ovid, du lebst? Willst du dich selbst belauschen? O Waldesnacht, wahr wandle ich: beklommen. Da bin ich, Lüste, die als Wesen harren! Wahrhaftig, da am Waldesrand steht Dante. 536 |