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Nun bist du mein! Denn wunderbar ist Liebe, Ein Tag von Stimmen, über uns gekommen! Wir haben uns im trüben Lautgetriebe Nur allzu tief und klar, ja ganz vernommen. Sanft überwellten Wünsche deine Brüste, Erinnerungen schimmern durch die Freuden: Ich will das Unvergleichliche verstehen Aus Perlen können zarte Träume tauen: Auf einmal wandle ich in toten Hallen. Unweigerliche, ehrliche Zypressen Ein Marmorhaus mit seltnem Kirchengiebel Orkane, die zumeist als Traum verblaßten, Ein Dom, gewiß dem Monde zugewendet, Ich trete vor und höre hohle Stimmen: Hier singt der Fels sein Lied in Strahlengarben. O kalte Flamme, leichter als das Leben Der Tempel ist noch immer nicht verschwunden. Da schwelgt die Stadt in bleicher Perlenzierde! Der Fluß mit seinen Waldvertraulichkeiten In heimlicher Entfernung ragen Festen: |
Mir ists, als ob ein Traum zu sein sich schäme! Trägt immer die Idee in sich Verzicht? Denn sonderbare, große Bergprobleme Besonnen sich in meinem Innenlicht. Versteinert sich noch immer nicht mein Schweigen? Fürwahr, das sind die edlen Festungstürme, Sanft sehnen Lehnen sich zum Arno nieder, Du wundervolle Landschaft, deine Milde Das goldne Ostergrün betauter Wiesen Toskanas Geist erklärt sich mir in Worten. Ich liebe dich, Bereich der Silberlinien Florenz, dein Volk soll Städtemauern bauen; Du gabst der Erde Taten und Ideen, Nie ist die Nacht in deiner Seele finster: Wohl ist Toskanas eingeborne Stimmung Die Engel, die durch blaues Wasser waten, In goldner Wonne ruhten die Maremmen, Behutsam mußt es wohl durchs Wasser schreiten, Dann glühten seine Flügel durch Zypressen, Dann kam der Traum mir langsam in die Nähe! Ein Schiff sollte den letzten Zauber rauben, |
Florenz, das ist ein kühner Frühlingstag: Ich stoße überall auf heitres Glück! Wohin ich auch die Blicke wenden mag, Vollendet gibst du Eindrücke zurück. Die Sonne blendet heute überall, Ich pralle abermals vor Glanz zurück. Erscheint vielleicht im Geist der weiße Christ? Entstehe, bleicher Heiland, fern in mir: Wie eine Zelle sei mein stilles Herz, Maria ist die Reinheit in der Welt, Ihr Engel, Wandrer, Esel, Rind, Denn damals wurde Er in euch bewußt, Bei seiner Taufe ward ihm still und klar, O Herr, jetzt steigst du aus dem dunklen Grab. Was dir nicht nahen kann, bleibt immer da! Der Herr mit seinem Leibe ist nun fort. Hier ist er nicht, im finstern Grabesloch, O Christus, wär ich rein und weltenbleich, O Gott, dein Sohn erscheint im Frühlingshain. In seinem Schweigen schläft bereits das Leid, Als Gott mit uns bis in die Sünde fiel Auf dem Erbarmen, das sein Sohn empfand, So hat am Tabor Christus sich verklärt. Es reichen seine Hände aus dem Ei Erhoben und zerschmettert ist das Sein. In viele schwankt ihr Menschlichsein zurück, Maria wird vom Sohne hold gekrönt. Angelico, in dir erklingt er rein, Florenz, schon sprüht aus deinem großen Ernst Ein vollerfüllter Wunsch, befreit zu sein, O, wie das jubelt und der Welt verzeiht! Ach, dieser Glanz ist außen wie in mir. O Gott, du krönst die Schöpfung, die du liebst, |
Florenz, das sind die Erzstunden des Tages! Jetzt sehe ich die Steingespenster kaum, Doch zittert nun ein seliges und vages Erleben, aus den Bronzen, in den Raum! Da einen Feuer, Wasser, Schmelz und Härte, Verrocchios Reiter und nervöse Pferde, Aus Pollajuolos holden Knabenlippen Das Erz ist nackt. Es will sich sieghaft sonnen. Die schien ihm schön! Ob er sie brauchen konnte? Die Tiere des Bologna werden munter. Des Baptisteriums grüne Wundertüren Gestalten, die an Bronzepforten hungern, Hier gibt es dauernd starre Kupferpfaue, Jetzt ringeln Igel sich am Licht zusammen. Als einst sich ein Flamingo herverirrte, Selbst jene erzexotischen Giraffen, Auf einem Turme seh ich Störche hocken, Des Knaben Tag vertiefter Mittagsnabel Die Glockentöne geben ihr Gestaltung. Oft schlafen Ziegen müde auf den Feldern, Florenz, das sind die Erzstunden des Tages, Der Augenblick, in dem bereits das Messer Es sich, für Jahwe einen reinen Bock zu schlachten! So strahlt der Durchblick, wenn sich Kinderseelen |
Florenz, am Himmel stehen weiße Lilien Und strömen Pollengold zu Gott empor, Auch schlingen Bäche sich wie Lichtreptilien Durch manches burggekrönte Felsentor. Der Arno breitet sich im Sonnenscheine Ich sehe Bauern jetzt, auf schlanken Booten, Geschmückte Züge wallen über Brücken. Zur alten Hochburg folge ich der Menge, Am Platze gleißt ein Riesenscheiterhaufen. Doch eigen! Bauern legen weiter Blüten Savonarola schreitet stumm zum Galgen Schon weiß der Mönch jetzt nichts mehr vom Gefängnis: Nun zwitschern Vögel um die Seufzerkreise, Die Bauern bringen immer noch Girlanden Savonarolas Martern zerrten schrecklich, Er hörte sich, vielleicht auch andre schreien: Es kitzelte, erhitzte diese Knaben, Ein Truthahn wühlte sich aus seinem Bauche Nun denkt der Mönch an seine Zelle, Die Bauern bringen weiter Rosen und Narzissen Jetzt fressen, fast wie Kupferkrebse, Flammen Doch wird die Zelle von San Marco weiter, Die Hähne aus Metall verschwinden krähend, Der Duft der Tugenden kann ihn umarmen. Auch ist der Scheiterhaufen jäh verschwunden. Noch streuen zarte Kinderhände Rosen, Die volle Pracht der ernsten Loggiabögen, Doch kann jetzt Perseus hier sein Erz beleben. Er mag das abgeschlagne Haupt nicht zeigen. Am Arno seh ich weiter Blumen landen. |
Jetzt ruft mein Weib: »Du darfst im Singen nicht ermatten, Dir hat Florenz ein junges Fragen angefacht, Und mancher darf sich hier ein Heimatlied gestatten! O sieh das Paradies: Toskana wie es lacht! Einst fassen wir des Nordens Flammenkranz auf Erden: Der Wind, der schlangenkalt vom Paradiese flüstert, Da fall ich ein: »Die Urgefallenen begehren, Da ruft mein Weib: »Aus unsrer Erdenmutter Lenden Das Leben schlang der goldnen Zonen Märchenchor, Wir alle waren wieder engelsgleich befiedert Ich falle ein: »Da ward der Mond auf einmal krank, Nun ruft mein Weib: »Das Dasein birgt den gleichen Sinn, Das Urlicht will aus seinen Lieblingskindern sieben, Wenn auch Toskanas Erdenparadies verdorrt, Die letzte Heimat kann sich plötzlich mir entschleiern, Der tote Mond ist durch das ewge Licht verhängt, Du ahnst den Ineinandersturz von Rassenkernen. Durch Geistesjugend wird das graue Land verschönt! |
Die Windesschlangen lispeln schadenfroh von Eden Und fiebern goldig dort durch einen Lorbeerhain. Jetzt will der Abend mit den Blättern freundlich reden, Und Dämmer zieht in die verborgnen Seelen ein. Am Arno wandeln junge, träumende Figuren. Oft schienen sie, in Tau gehüllt, sich kaum zu wiegen So blicken Augen, die den ganzen Tag erschauten, Die Sorgenbilder eigner Jugend werden schwinden: Auch in mir selbst ist vieles Schöne schon erstorben, Nun sind sie weg. Ich wußte es. Die Dunstgestalten, Mein Gott, ich habe mich vom Jubel abgewendet |
Jetzt blickt der Mond schon skeptisch auf die Dinge nieder. »Er fühlt sich«, sagt mein Weib, »als ganzes Element, Es regen Tierbeginne ihre Ringelglieder, Erwirbeln sich und werden wieder rings getrennt. Den Sternen gleich, die ängstlich durch die Dämmrung spähen, Was quecksilbert? O Mond, das sind im Fluß Besuche »Die Ölbäume, die dunkle Fluren übersilbern, O sieh, dort wird ein müder Esel heimgetrieben: »O lache, lalle nicht so angstvoll ernste Sachen, Du bist ein Kind und trinkst die Milch von meinen Brüsten, |
Der grüne Kreuzgang soll im Mondenschein vergehen, Er sei von Silberkatarakten überschwemmt: Allein die Arche Noahs soll noch fortbestehen, Man hämmre, zimmre sie, geheim und ungehemmt! Noch kommen alle Vögel langsam angeflogen Im Mondenscheine lagern aber noch Geschlechter, Kamele kommen mit fast menschlichen Gesichtern, Der grüne Kreuzgang soll im Mondenschein vergehen! Im schwachen Schatten freundlicher Olivenbäume Dort gehen sterbliche Gestalten eben jagen. Der grüne Kreuzgang soll im Mondenschein vergehen. |
»Erkenne dich in deinen gelben Seelenhallen, In denen du die Sonnenherkunft tief erlebst: Ersehnst du Wesen, die in dich herüberwallen, Ersteht dein treues Traumbild, daß du ganz erbebst!« Hat das mein Weib gesagt? Ich seh es an und träume. Durchlebe nun, wie junge Menschen Früchte pflücken: »Wir müssen uns durch innre Willenstiere dienen Wir wollen stets ein selbstgewähltes Lamm beschützen, »Das Lamm ist da, für dich gestorben und erstanden, Des Geistes Schönheit dünkt mich auch vor Gott erhaben, »Merkst du denn nicht, wie bange ich im Mondlicht fische, Ich senke meine Angel in die Meerestiefe Im Geistermeer wird bald der Fische Fürst erscheinen. Was du auch willst, den Willen werd ich doch verketzern! Doch plötzlich fühl ich mich in Gottes Hand und Nähe, Wozu den hehren Kirchenbau bewußt zerstören, Mir sind die Sprachen Flammenvögel, die in Rassen, Ich horche lange schon, vielleicht schon manches Leben: Im hellen Seelenscheine sehe ich mich selber O heilige Verachtung, großer Spott des Geistes, Hinweg, du großes Licht, ich will vor dir vergehen! Gefühle, die den Geist mit Schmerz geboren haben, So kann kein Mensch mehr mutig seine Pflicht verrichten, Ich treibe um die schalsten Nichtigkeiten Schacher. Ich sehe mich im Herzenslichte stets nur selber, |
Florenz, wie herrlich ragen deine Burgentürme! Toskanas Glut wölbt deine Kuppeln stolz empor: Im hohen Dom vertoben erst die Erdenstürme, Und oben lobt dich still der Sterne Engelschor. Wir wollen alle wieder schlicht und einsam werden, Wir haben schon den allerwunderbarsten Glauben: Ja, blicke ich in Kinderaugen oder Sterne, Florenz, die Mutter Gottes weilt in deinen Mauern: Dein Dom ist hoch, doch über ihm, da sind die Sterne: O Mutter Gottes, jenseits deiner Herzensnähe |
Florenz, wie selbstverständlich still sind die Paläste, Vor denen einstens große Fackeln grell geloht – Die Feste sind vorbei, nur selten seh ich Gäste, Und nirgends zeigt sich noch ein stolzer Schloßdespot. In engen Gassen stehen sie mit Mondlichtsäumen. Ich aber sehne mich nach Totenmonumenten, Wo Wollustwucht zu ganzen Machtgenerationen Wo bist du, großer Geist, der alles leisten konnte, Die Formen scheinen vor dem Geiste zu verschrumpfen. Florenz, ich habe mich an dir emporgesungen, |
Der geile Brunnen mit den steilen Wasserwürfen, Der zwischen Türmen sich nach Eigenhöhe sehnt, Mit seinen Erzfiguren, die nackt Austern schlürfen, Erscheint mir stumm einer versunknen Welt entlehnt. Wie kalt belauscht Neptun das Plätschern von Tritonen. Die Nymphen, mit den vielen Fingern, krauen Der kleinste Faun, der Schalk des muntern Rudels, Dir, Nereus, legt in deine alten Kupfermuscheln Schnell stürzt der Gischt in lauter losen Silbersträhnen |
Ich habe einst Giganten langsam wandeln sehen, Und nun vergesse ich das Schauspiel nimmermehr, Dann konnten sie erschüttert nicht mehr vor mir stehen, Und ich war froh, denn sie bedrückten mich zu sehr. Nun dachte ich an lauter frische, grüne Dinge Doch plötzlich sind sie wiederum vor mir entstanden Ihr Riesen dürft mich nicht, wie einst geträumt, bezwingen, Ich höre just im Herzen eine Hölle heulen: Da lacht ein Riese! Lacht ein grünes Runzellachen. Nun bleibt kein Turm. Ob ich denn nicht zum Kampfe tauge? |
Herz, mein Herz, sei wieder demutvoll und offen Und komme dir und andern Feinden gütig bei, Du darfst und sollst noch mehr als ein Florenz erhoffen: Doch mache dich von brauner Wut, dem Dünkel frei! Der Dom des Herrn ragt immer noch in holder Bleiche Behutsam, meine Seele, denn du wirst nun siegen! O, unsre vielen Willenstiere sind vergänglich, Dem Dome selber gleichen seine tausend Tauben, O Gott, jetzt bin ich wirklich schwindellos erhoben. Empor, empor, empor zu Gottes mildem Frieden! |
Ich wandle nun, als urbesorgter Mensch und Dichter, Als Riese, unerreichbar hoch, über Florenz, In meiner Hand ist alles, selbst die Himmelslichter, Ihr Grund gewährts, und mein Beschluß erkennts! Ich wirke selber liebreich zum Bestand der Dinge: Du, Sirius, grüßt uns brüderlich durch alle Schleier, Wie treu ihr blickt und blinkt, ihr traurigen Planeten, Du müde Stadt, du Blütenfrühling mir zu Füßen, Was ihr verdeckt, verachtet, höre ich verstummen. Florenz, hoch über deinen Türmen schwebt die Seele, |
Die Gnade will, daß wir die argen Dinge hassen. Der Brand entsteht, damit das kalte Licht besteh! Der Friede kommt, damit wir uns zusammenraffen, Der Engel aber, der uns liebt, birgt Krieg und Weh! Einst soll auf Erden Lenz und langer Frieden werden, Ihr dürft die Häuser, Tempel jeden Lenz bekränzen, Erforscht die Bösen, helft Gesunden, tränkt die Feigen Seid Raubtiere mit gräßlich scharfen Daseinskrallen, Das Wort in uns beflügle euch zu Heldentaten! Das Wort in uns befreie euch von aller Stärke, |
Florenz, jetzt kämpfen Riesenwolken mit dem Äther, Noch sind sie haltlos über Fluren hingestreckt, Doch heller, windgeblähter, lauern rings Verräter, Am Marmor haben Schatten jäh emporgeleckt! Jetzt stapeln Wolkenbrocken plötzlich sich zu Treppen Schon hat der Traumtanz Ton und Glanz von roher Seide Ich sehe Heiden stolz sich wie daheim benehmen Doch herrscht der Mond noch immer hold in diesen Hallen. Nun ruft was stumm in mir: die Kuppel ist gelungen! Der Giottoturm erglüht in seltnem Eigengolde, |
Florenz, du wirst in mir als Heimatkern bestehen JL Erglühe, strahle ferner monderleuchtet fort! Mein Seelensturm wird deinen Lilienstaub verwehen, Ich trage Kinder deiner Huld von Ort zu Ort. Doch du verglimmst in mir, ich kann dich nimmer bannen! Fürwahr, nicht eine Wolke ist der Nacht geblieben. Entaltert ist die Mutter Gottes hoch erschienen: Ich blicke auf Florenz, doch ist sein Ich zu ferne! Die Mutter Gottes grüßt uns, ohne leicht zu nicken. Der Mond geht traumblau hinter Schneegebirgen unter. |
Mein Weib und ich, wie glücklich sind wir doch gewesen: Sie folgt uns goldumflort, die Wonne von Florenz! An unsers Traumes Sonne ist der Mensch genesen: O glaube, danke doch dem lichtentzückten Lenz. So wollen Felsen, Flüsse, Wälder froh sich sonnen, Du Frühling in mir selbst, Jungfräulichkeit der Lüfte, Jetzt springt der Ginster auf und gibt der Wonne Stärke. Auf einmal kann ein Schiff im Strom nicht weitersegeln. Schon fliegen meine Wünsche flügger als die Winde. Ich träume fort, ich träume fort, muß träumen! |