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Mein Grab ist keine Pyramide, Mein Grab ist ein Vulkan! Das Nordlicht strahlt aus vollem Liede, Schon ist die Nacht mir untertan! Verdrießlich wird mir dieser Friede, Der Freiheit opfre ich den Wahn! Die Künstlichkeit, durch die wir uns erhalten, Den Ararat, wird meine Glut zerspalten! Der Adam sei zu Grab getragen, Ich fühle, stolzer Erdenvater, Ich selber bin ein Freiheitsfunke, Mein Grab ist keine Pyramide, |
Wie klimmt die Sehnsucht nach der Erdenfreude, Aus meinem ganzen Wesen, hin zum Licht! Dort wandle ich durch weite Traumgebäude, Als ein maskierter, eigenmächtger Wicht.' Ich führe blasse Mädchen traut zum Tanze, Und die Verachtung der Moral ist mein Gericht! Ich heirate in heiterm Festsaalglanze: Erst kenne meinen Leib, dann das Gesicht. Ich gebe mich nur halb, doch nehme ich das Ganze! Du andre Maid, mir gut zu sein, ist deine Pflicht. Umarme mich beim bunten Maskenfeste! Solang du jenem folgst, behalt ich dich in Sicht! O schönes Kind, die Liebe ist das Beste, Das unsre Muttererde uns geschenkt, Komm fort mit mir, sonst sind wir noch die letzten Gäste, Komm, schlanke Maske, in mich eingehängt: Komm aus dem Saal der Spötter und der Neider. Sieh, wie mein Atem hin zu deinem Munde drängt. Wir haben beide weiche Atlaskleider; Aus deinen Ärmeln schwillt das warme Fleisch. Mein Kind, sieh her: es zittern schon die Fibern beider! Von meiner Stirne, Mädchen, tilg den Schweiß! Auf deinem Busen fühl die Lippenwunde. 489 Wie kommt es: deine weiße Haut ist kalt wie Eis? Der letzte Rausch geht erst von Mund zu Munde. Mein Kind, wie furchtbar wird dein Unterleib! Du hinkst! Bist du mit einem Teufel gar im Bunde? Du bleibst im Kleid: ich bitte dich, verbleib! Umschlinge mich! Du hast am Arm Geschwüre? Wie du verstumpfst? Fürwahr, das ist kein Zeitvertreib! »Du ekles Tier willst, daß ich dich berühre?« Ich bin verblüfft. Das Mädchen hats gesagt! Ich weise diese Maske wütend vor die Türe. »Die Öffnung ist zu klein!« spricht nun die Magd. Sie hat an Wucht und Krankheit zugenommen. Ihr armer Körper ist von Fäulnis gar benagt. »Ich werde wohl dein Fieber überkommen!« Seufzt nun das Mädchen – mit dem Trommelbauch. »Nein, Scham für dich ist scharlachgleich in mir erglommen!« Kaum sag ich das, so fühl ich ihren giftgen Hauch. Sie windet sich vor Schmerz und fletscht die Zähne, Die ihr entfallen, und dann pfaucht sie: »Fauler Gauch!« Ihr Haar, das mich umschlang, sind falsche Strähne! Nun sage ich: »Der Satan ist im Spiel: Du hast ja eine Ringelnatter-Rückenmähne.« »Sei still!« spricht sie; »du reitest einen Stiel!« Da reiße ich die Larven wild herunter. »Der Tod!« kreischt sie, der das Profil zerfiel. Statt ihres Atlaskleides hält ein bunter Bauchaussatzgürtel sie rot eingeschnürt. Nun rufe ich: »So eine Braut stimmt einen munter!« »Ich wurde krank, als du mich kaum berührt!« Gibt sie zur Antwort mir. Und ihre Füße Sind hufbeschlagen, wie's für Teufel sich gebührt. »Entschuldge,« sag ich, »daß ich dich begrüße; Ich gehe fort, doch trifft dich keine Schuld!« 490 »Wie!« schreit sie; »willst du, daß ich für dein Laster büße?« »Pfui, Buhlerin!« ruf ich, voll Ungeduld. Da krampft sie sich an mich und schreit: »Verräter!« Ich komm nicht fort. Und furchtbar wird nun der Tumult. Wir werden scheinbar beide aufgeblähter. Der Teufel weiß: war ich zuvörderst krank? War sie es früher schon, und ich erst später? Wir stehn bestimmt lang im Zusammenhang. Wir bilden einen schrecklichen Kentauer. Die Beine regt der nämliche Gedankengang. Von unsern Stirnen rinnt der Schweiß der Schauer. Sie fürchtet mein zerfressenes Gesicht: Und ich bin ihr erschreckter Totenkopfbeschauer. Wir haben unser Zwitterdinggewicht Und trampeln furchtbar auf mit unsern Hufen: Und Finsternis entwuchtet nun beim Tageslicht! Wir sind zu einem Schreckgericht berufen. Wir müssen tasten, da wir gar nichts sehn. Doch wo wir rühren, wecken wir nur Wehmutsrufen: Um uns will das Gestöhne nicht vergehn. Wir können unsern Lustflug nur vermuten. Wir mögen uns vielleicht in Schicksalskreisen drehn! Ach, werden wir Unselge einst verbluten? Wir greifen bloß, um endlich still zu sein, Und wünschen nur, daß wir in einem Grabe ruhten, Doch das geht furchtbar über Stock und Stein: Wir hören unser Dunkelsein verfluchen. Wie konnte unsre Lust uns solchen Schreck verleihn? Ich will hier anzurennen doch versuchen: Im Wahnweh kreischt jetzt eine Stimme auf! Doch alles fühlt sich an, als wäre es umrindet. Die Sinnlichkeit nimmt den Verheerungslauf, Drum sind wir auch durch den Genuß erblindet! 491 Da pack ich schuldlos wieder einen grauen Knauf: Ich fühl das Opfer, das sich ächzend windet. Was soll ich tun? Ich rase fort und fort. Ich weiß, daß auch das Weib das gleiche Graun empfindet. Gott spricht aus uns bestimmt ein Richterwort! |
Durch die Vernunft mag ich das Menschenleid besiegen. Es schwelgt mein ganzes Wesen im Erkenntnisraum. Ich will die Wildniszweige auseinander biegen, Die tausend Zufallseinfälle beacht ich kaum: Sie alle sind traut durch Natur mit mir verbunden, Doch nirgends faß ich ihren klaren Ausdruckssaum. Ich schau in hellgestirnte Urvernunftrotunden. Ich baue mir, aus tausend Träumen, Tempel auf: Und da vernehme ich im Sange alte Kunden. Erplanung, Wahrgestalten kennt das Hirn zuhauf. Doch sind sie bloß die Spinnen menschlichen Geredes Und ändern gierend kaum den stillen Dingverlauf. Wohl manches Weltsystem ist tief, doch ich befehd es, Wenn es den Menschen nicht zur Erdbeherrschung lenkt. Ich suche in mir selbst den Standpunkt Archimedes': Ich sehe, wie mein Lebenspendel ruhig denkt, Und das Vernunftbewußtsein laß ich dabei schweigen: Ja, da erfaß ich, wie es vom Verstand abschwenkt: Jeder Begriff ist meiner Wesenart leibeigen! Er bebt, wie es im Geist mein Tiefgewicht verlangt. Doch schwingt er oft noch fort, wo Einsichten entzweigen (Da ist es, da im Spalte, wo die Seele schwankt, Wo ich versuchen muß, den Ursprung zu erkunden), Um dieses Dunkel seh ich, daß sich Hoffnung rankt. Mein machtvoller Verstand, du magst dich klar abrunden Und sagen, was ich fördern soll, um tief zu sein: 492 »Mein Bruder, aller Dienstbarkeit bist du entbunden!« »Nun so erforsch in dir«, spricht er sogleich, »den Stein Der Philosophen! Raum und Kram mußt du beschaffen Und auch die Glut deines Gemütes dazu leihn!« »Was ich an eitler Habe kann zusammenraffen,« Geb ich zur Antwort, »hol ich dir sogleich!« Da lacht er: »Her den Tand, bald gibt es keine Pfaffen!« »Den Ehring nimmer: nimm den Stein ohne Vergleich! Das alte Kruzifix noch kann ich leicht entbehren: Hei, wie das glückt, ich schaffe frei ein deutsches Reich!« Jetzt spricht er: »Teurer Bruder, lasse dich belehren, Im Kampfe gegen Rom ist viel noch nicht genug, Dir wird der Fürst wohl einen Zuschuß kaum verwehren!« »Da er mir Landvermessungsarbeit übertrug, Besitze ich aus seinem Schatz tausend Dukaten: Befrei ich ihn damit, so ist das kein Betrug!« Kaum sag ich das, so wird er gleich zum Advokaten: »Gib her, du hast den Mut, ich den Verstand! Uns wird der Zukunftsstaat gerecht und rasch geraten!« Wie wunderbar: kaum ist das fremde Geld zur Hand, So helfen uns schon krause Kobolde und Gnomen, Aus freier Warte überschau ich Ackerland! »Ringsum bemerkst du wohl die Besserungssymptome, Du bist beliebt, treib selber jetzt die Steuern ein. Diplome«, sagt er, »schaff in dir wie die Phantome!« »Nein!« schrei ich auf: »Ich wehre mich, ein Schalk zu sein!« Der Philosophendom entschwindet meinen Sinnen. Es pendelt der Verstand, ich pack ihn: »Du bist mein!« Er fühlt bestimmt, er kann mir nimmer klug entrinnen. Er ruft: »Gelöst ist nun ein großes Weltproblem. Was nur Erscheinung ist, erfaßtest du von innen!« Rein steht er neben mir. Ein Sternendiadem Verweilt auf seinem Haupt, durch die Bewegungsringe, Die ich besehe! Er ist herrlicher als ehedem. 493 Er spricht: »Du sahst die Last der sinnlichsten der Dinge: Was auf der Erde feststeht, dreht mit ihr sich fort. Was frei wird, sucht, daß es die Linie sich erzwinge, Und trachtet, tangential vom Erdberührungsort, Zu dem es noch die Achsenschwingung mitgetragen, In andre Bahnen einzugehn, und zwar sofort! Die Erde kann es dann sogleich erjagen. Das ist, was man den Fall der Gegenstände nennt (Vom Pendel kannst du immer den Beweis erfragen!).« »Ja,« sage ich, »das kommt, weil alles vom Moment, Da es dem Land entfällt, in seiner letzten Richtung Zu bleiben sucht und sich vom Achsenschwunge trennt!« »Die Erde stürzt auf ihre Dinge. Die Vernichtung Der Einzelheit«, spricht er, »ist eingezirkt ihr Zweck! Durch Unterscheidung aber schafft der Geist Erdichtung!« Ich aber rufe: »Trotzdem rühr dich nicht vom Fleck!« Doch als ich zu ihm sprach, da war er wo entglitten, Und schon gebärdet er sich über mir gewandt und keck. Den Dom von früher seh ich Irdisches verkitten. Die Hilfsgespenster, Notphantome sind nun da, Und er, der sie nicht merkt, beherrscht sie unbestritten! Ich seh genau: ein Glückszufall ist wieder nah. Er wird, was sich bereitet, ganz naiv begreifen: Brav, mein Verstand, verachte du die Kabbala! Der Fürst tritt vor. Ich sehe das Verhängnis reifen. Er zeigt ihm, von der Warte aus, was ihm gelang: Er kann dem Prinzen einen Ring vom Finger streifen! Ich hasse seine Habsucht, diesen niedern Hang, Das Gold den andern für Gedanken abzunehmen: Doch hält sein Tatendrang mich ganz in Bann und Zwang. Was kann ich tun? Wie soll ich seine Spannkraft lähmen? Es winkt der Fürst: und Schmuck und Bücher schleppt man her. Ich muß mich seiner Unverschämtheit blutsam schämen. Er blickt nur auf das Gold: mich sieht er gar nicht mehr. 494 Die Buchstaben beginnen hin und her zu tanzen, Und zwar auf mir hopst nun das winzge Wimmelheer. Er liest im Buch. Da ordnen sich auf mir die Wanzen. Er sieht in mich, und er versteht den letzten Satz. Ich diene ihm nur halb zur Herstellung des Ganzen. Antik und nackt erscheint zumeist ein Buchstabfratz, Doch deutschen Aufputz trägt, was der Verstand erschaute, Und unermüdlich dauert die Umkleidungshatz. Auf einmal hör ich mir verwandte Laute. Ja, Menschen sind es, die zum Fürsten dringend flehn, Er möge rasch zerstören, was mein Bruder baute: Die Steuern sind zu hoch (man muß es eingestehn!); Doch er lacht höhnisch auf und ringt mit Witz und Blitzen Den Aufruhr nieder, – und der Prinz läßt es geschehn. Jetzt seh ich ihn auf einem weißen Pferd aufsitzen. Die Eheringe nimmt er noch den Leuten ab, Die sich verzweifelt nun ihr Festgewand aufschlitzen. Das Roß trägt einen Harnisch. Furchtbar ist sein Trab. Der Reiter wirft rings Eisenspinnen in die Menge. Die picken Beutel auf. Einer entrutsch ich knapp. Ich seh das Übel, das ich als Verstand versprenge: Mechanisch flinke Eisenfluggebilde schwirren Ins Volk. Und ihre Rüssel von beträchtger Länge Durchbohren manches Herz. Und Gifthauche verwirren Die Hirne der Verzweifelnden, die Gott verläßt. Man hört den Reiter überall vorüberklingen. Fürwahr, mein Bruder haust viel ärger als die Pest, Denn er zerbricht Gewissen, anstatt Kerkerleiber! Dem Christentum gibt er im heilgen Reich den Rest. Er wird Tyrann und auch zugleich ein Geldeintreiber. Polypenartig, weh, begreift er diese Welt. Er ist Zutreiber, Pesthauch und Rezeptverschreiber: Auf bares Geld hat er das Erdschicksal gestellt! 495 |
Die Freiheit will ich. Und mein Wesen wird ein Bauer. Ich geb den Wunsch nicht auf: ich sprenge die Kultur! Ich kämpfe hoffend gegen Hitze, Flut und Schauer: In aller Trauer steh mir bei, Natur! Den Glauben laß ich mir durch keine Kirche rauben, Denn er vertieft in mir, beim Furchen, seine Spur. Fliegt auf, um mich, huihei, ihr meine wilden Tauben: Schlau, steil und strack, steigt auf, aus euerm Nesterloch! Dann hockt der Jäger nutzlos hinter Dornenlauben, Ich mag dich, Welt, nicht, doch mein Feld, das lieb ich noch! »He Nachbar!« rufe ich, »teilt Ihr mit mir den Grund?« Der Einfall schon entfacht in beiden Zornesflammen. »Mein Bruder!« ruft er, »uns vereint ein stummer Bund. Was du auch brauchst, von mir sollst du's empfangen, Den letzten Trunk noch führe ich von Mund zu Mund!« »Das weiß ich!« sage ich; »doch lange kanns nicht langen; Der Adel und die Pfaffen sind der Freiheit Tod. Der Knecht wird schlecht bezahlt, der Landmann aufgehangen. Ihr Überfluß, ihr Wissenskram bringt unsre Not!« »Unsre Gesundheit«, ruft mein Nachbar, »ist ihr Grauen! Genug der Worte: sän wir weiter Wein und Brot!« Ich aber will bei mir die Saat der Freiheit bauen. Mein einziger Genosse bleibt ein Dohlenschwarm. Ich mag sein Kommen und sein Immermehrverblauen. Gelt, Luftbettler, wir bleiben immer stark und arm. Doch wehe jenem Fant! wir brauchen keine Steuern: Kommt er mir nah, so fühlt er meinen Arm! Das ruft: »Man will das bißchen Leben noch verteuern.« Nur zu, nur zu, nur weiter auf den Ritter los! Bald werden wir in seinem Felsenhorst einfeuern. Man reißt ihn jetzt vom Roß. Schon kriegt er einen Stoß. Ich höre ihn von evangelscher Freiheit quieken, 496 Nun stellt er sich durch seine Afterweisheit bloß. Er fragt: »Seid ihr lutherisch oder Katholiken?« »Zwischen zwei Übeln wähle ich das größre stets!« Mein' ich: »Wir bleiben päpstlich brave Kirchenküken!« Nehmt schnell die Vogelscheuche meines Selleriebeets. Ich setze sie aufs Pferd, samt andern Kramgeräten, Und zünde alles an, laut unseres Felddekrets! Die Grafenmähre gleicht jetzt einem Tagkometen. Sie wiehert fürchterlich. Entsetzlich ist ihr Schmerz, Und gelb und blau schlägt man den Schloßpropheten. Fürwahr, das war ein rechter derber Bauernscherz! Doch was geschieht? Des Pferdes Flammen werden Flügel! Das Roß steigt auf! Gar fürchterlich pocht mir das Herz! Der Tand verbrennt! Tritt niemand in die Feuerbügel? Den Aufruhr schnaubt das Roß. Und ringsum wird es Nacht. Gar steil erhebt das Roß sich schon, hoch über Flur und Hügel. Die Flamme ist in allen Herbergen erwacht, Und zwischen Burgen zischen Blitze hin und wider. Ja, auch im Felsschacht hat das Schlachtpferd Glut entfacht: Am Himmel glüht des Rachegeistes Lichtgefieder. Nach Norden steigt es auf. Zum Richter wird der Mord. Kommt, Brüder, singen wir der Freiheit Feuerlieder! Geprüft wird Ort für Ort. Erfüllt wird Wort für Wort: Verbrannt die Burg der Schulden, erkannt das Urgedulden. Es weilt des Heiles Hort, das Satansseil verdorrt. Die Glut der Unschuld wuchtet aus den Mulden. Dem Krieg, der wüten muß, entbiete ich den Gruß! Das Blut am Himmel ist mein eigner Freiheitsgulden! So ruft aus voller Brust: »Jamjam hiscit Flammeus!« 497 |
Das wiehert und wimmelt, das schlingt Wirbelschlipse Und sucht seine Ohnmacht in Fassung zu bringen. Das Bild, das ich sehe, gleicht stockendem Gipse. Was wird sich dem Staub und dem Wasser entringen? Das da sind die Pferde der Apokalypse! Die Dünste verklingen. Glutschwingen zerspringen. Das Untier dort kenn ich: es ist meine Stute, Die packt und zerfleischt alle Lasterbundrudel. Sie speist sich mit faulem, verdorbenem Blute Und sorgt, daß die Hure die Welt nicht besudel. Ich fürchte, ihr schreckliches Leid überflute Mein Grab noch, als gischtbleicher Leichensturzstrudel! Fürwahr, tausend Tote entkollern den Särgen. Die Hufe der Stute zerknicken zu viele. Kein Raum ist mehr rings in den Erdfriedhofbergen. Der Tod übernimmt sich! Da springt eine Diele Im Dome empor! Eine zweite! Gleich Zwergen Erstehen die Väter der Kirche! Jetzt sind wir am Ziele. Gespenster entrecken sich schrecklich den Gräbern. Verrauchten der Drangsale bildliche Fluten? Umgeben von wirklichen Erdlichterstrebern, Verdunstet die Stute in Eigenblutgluten. Luftlarven mit furchtbaren Rachedurstlebern Vertilgen die Giftbrut in drei Urminuten. Jetzt rennen zwei Hengste noch schneller ins Leben. |
Es naht nun die Aussaat des Adams der Reife. Wir wollen ersammelt den Lichttribut zollen. Schon bilden Lebendig und Tot eine Schleife, Um nackt das Geschlecht vor dem Tag aufzurollen. Ich weiß, daß ich frei meinem Nachtgrab entschweife; Noch trägt uns Millionen ein Erdglutenwollen! Das Meer, das ich sehe, ein Acker dem Geiste, Tobt wütend heran, um den Erdfels zu stürzen. Mein Wesen, das lange den Glutberg bereiste, Fühlt plötzlich den Aufflug sich traumleicht verkürzen. Viel tiefer im Traumkreis treibt nunmehr das meiste, Und Eiswinde spüren wir Übelluft würzen. Ich ahne mein Weib traut in geistiger Nähe. Ich fühle: du bleibst mir unendlich verbunden. Im Daseinsblick, da ich das Grab übersehe, Wo wärmliche Völker ihr Wesen bekunden, Durchbebt mich das Wissen, wie nah ich dir stehe! Mein bleibst du im Geist und in Erdenluststunden. |
Der Tartarus klafft. Wir erwachen im Schachte. Verwolkt ist der Himmel. Die Frommheit nun tot. Gebote, durch die uns der Tag sonnwärts brachte, Verkümmern, verschrumpfen! Die Innenglut loht! 501 Das Nordlicht erscheint uns. Es stammt aus dem Schlunde. Bald wird uns die Nacht aus dem Tartarus steigen, Schon wuchtet das Dunkel, mit Sturmwut geträchtigt, Auch wagen schon Fledermausriesen durch Wogen Von Fliegegebilden, die Gruben geboren: Ich mochte den Mond ewgen Lebens gebären: Es dunkelt so heilig! Wir werden gesunden! Eröffnet euch, Herzen: die Seelen entfluten! Die Nacht, ach, die Nacht wird den Tag überfliegen. |
Die glühenden Wünsche des Südens umbranden Das dunkelnde Nordmeer. Frenetische Frauen Enthüllen die Brüste in Brunstsarabanden. Die Küste umrauschen Gelüste der Auen. Dem Grabe zu Leyden entreckt sich Johannes! Der Abend ist nahe. Die Wahnschatten trachten Die Mannschaften hasten, die Tat zu erhaschen. Es kann euch, ihr Frauen, das Dunkel umgrauen Und eiserne Meervögel schleudern sich nächtlich Im leibhaften Dunkel verschwindeln die Wege. Es wird das geweissagte Weib, überm Eise, Wir fürchten uns noch vor der Nacht der Gedanken, Ihr Frauen, in euch mag die Traumesbraut grauen! |
Durch Pinien lustwandelt der Mond, durch Glyzinien! Ein blauendes Wasser bringt blauere Blätter. Sein Windhauch verwiegt und verschmiegt alte Linien, Das raschelt und scharrt wie von Rosengekletter. Es scheint, daß der Flieder mit Blüten sich brüste. Auf einmal verwirrt mich die traumblaue Bleiche, Schon ziehts mich hinüber, wie heimwärts zu Brüdern. Ich schwimme so leicht, wie beflügelt, zum Eiland Ich sehe geadeltes Bauernvolk lachen. Ich bin doch zu Hause und glaube mich ferne. Er spricht: »Wir erbauten dereinst Pyramiden Wahrhaftig, dort steigt man für Erz in die Erde! Der Nilfriede, Nilliebe wirken hienieden. Es spielen rings Kinder auf silbernen Leiern, Nun darf ich die Kaiserin traumhaft gewahren. Man winkt mir, dem mächtigen Weibe zu nahen. »Das da sind die Wahrzeichen fürstlicher Güte.« Jetzt glückt noch der Fürstin das gütigste Lächeln. Nun kommen die Boote allmählich nach Hause; Die Weiber erscheinen mit mondbleichen Sicheln, Auch helfen Matrosen mit mondweißen Fischen. Doch hocken noch stumme Gestalten am Strande. Am Ufer der Träume erzählt mir die Seele Ägyptische Rätsel, erdämmert im Schwärmer! Der tropische Glutenfluß faßt sich im Leben. Ihr Pflanzen im heiligen Urfriedensgarten, Orkane am Styxe, durchwittert die Seher! Du Wesenheit spiele: erspiele dir Bilder! |
Es spielt der Wind mit vielen tausend nassen Blättern, Sie alle winken immer wieder anderm Wind, Und Waldeswalzer höre ich im Schatten schmettern. Auch meine Weisen singen, weil sie windwild sind! Der Mut zu werben ist mir Sterblichstem erschienen: Es horcht der Wind. Denn um zu horchen harrt sein Lauf. Es will, als Baum, die Erde sich am Baum berauschen. Verwurzle dich in mir, du Traum von meinem Baum! Die Wurzeln greifen fern in die Ergebung nieder! Er folgt dem Wind. Er wird, was ihn als Baum berief. Du Baum, ich weiß, wie ich als Dickicht mich bestricke. Und »Du«, nur »Du's«, erlausch ich, wo ich rufen soll. O Sonne, horche, wie ich in der Krone singe: Ihr Dünkelwichte, Dinge im Vernunftgewand, Wahr schlagen Wagnisschlangen auf zu Weltgeschicken! Der Baum umwurzelt seiner Ruhe Wesenspol: So wirkt, daß nimmer sich ein Wirkungswink verliere! Entwirrt euch schier! Das Winzigste ist weltgesinnt! Der Baum ist hoch. Er füllt schon alt die Wesensehre. Wie viele Rehe weinend schon gefallen sind! Der Wesen Schüchternheit, die ich im Wechsel wähne, Im Namen der Verzweifelten, Welt, sei entsetzt! Der Erde Wahnwitz brennt durch Winde, die entwehten: In Riesenschweifen werden sie hinausgeschwellt. Die Wanderschaften, die den Menschen warnend tragen, Zu eignen Wesenheiten reift die letzte Kunst. Gedanken fangen an, mit kalter Glut zu hassen. Und nisten schuldlos in der Ruhehuld vom Baum. 512 |
»Was sagt auf einmal warnungsblaß im Wesen: »O Mensch, beherrsche deine Überflüsse Und glaub, daß man in mir verzichten müsse! Ich nenne mich: ich bin die Welt gewesen Und muß nun schreckensbleich verwesen. Ich fühle mich, durch eure Vollbrunstküsse: Mein Leib sind eure Niedertrachtsentschlüsse: Ich würge und kann dennoch nie genesen. Weil grundgebrochen, wirke ich als Lüge! Was warnt mich da? Was hat mich ausgesprochen? Das war nicht ich! Das waren Schwärmertänze! Bin ich nicht da, aus Graun vor meiner Fäule? Ihr Freien, reißt mich aus den Sturzgewalten, Ja, Kraken, die durch Trug zusammenhaften Astral läßt du dich wild von ihnen hetzen. Die Toten sind! Wir zeigen es durch Taten! 514 |