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Wenn die savoyische Frau ihren Strahlenblick
Zur Laute wendet und zur gedenkenden
Vermittlerin heroischer Klagen
Neiget die Hand und die hehre Stirne,
So rührt bewußt ein Geist die geschmeidigen
Saiten, es steigt die Muse vergang'ner Zeit,
Von Goldesfunken überflutet,
Aus dem gewölbten, geheimen Busen.
Ein Chor und ein Gesang von ätherischen
Gestalten, wie sie Dante einst schweben sah
In wohllautvoller Stanze Kreisen,
Zieht um Italiens Margherita.
»Ich«, sagt die eine – goldig umflutet ihr
Das Haar die schneeig schimmernden Schultern und
In der Verzückung lichten Wogen
Schwimmen die Augen, die Himmel suchend –
»Ich«, sagt sie, »bin die edle Canzone, o
Königin; zu den Himmeln, aus Dantes Seel',
Entschwang ich mich, als er im Maie
Zeichnete Engel- und Geisterscharen.
Über Petrarcas Tränen erhob ich mich,
Färbend mit Azurbläue das Äthermeer;
Ich zündete die Sternenkrone
Über dem Goldhaar von Avignon an.
Ein höh'rer Seelenseufzer entwallte nie
Dem Sang. Ich will dein Ruhmeslied hoch empor
Zu den zwei Dichterfürsten tragen,
Welche Italien offenbarten.«
»Die Erde mir gefällt«, hebt die Zweite an –
Sie schnellt im Lied empor und den Schild und Speer
Läßt sie erschallen; aus dem Helme
Fliehen im Winde die dunklen Locken –
»Die Erde mir gefällt, wenn die stählernen
Blitze, wenn Eisenschauer die Lüfte jäh
Zerteilen, wenn die Banner vor den
Flutenden Stürmen der Rosse stürzen.
Wer sich vorm Tode fürchtet, den lächeln nicht
Die Musen an im Himmel, die Jungfrau'n hier.
Savoya, vorwärts! Noch nicht hast du
Ganz deine Fahne dem Wind entfaltet.
Sirventes heiß' ich, und mir gebührt der Aar,
Der von Superga bis zu dem Tiber fliegt
Und streng die Blitze hält und strebet
Nach dem dreifarbigen Regenbogen.«
»Und ich«, so sagt die dritte – den Veilchenkranz
Windet sie und umschattet das Antlitz schlicht
Mit Rosen und Ligustern unter
Ihren kastanienbraunen Haaren –
»Ich bin das Pastourelle: doch den Widerhall
Von Liebelei, Verschmähung und Tanz und Lust
Geb' ich nicht mehr zurück, es schwebet
Über die Erde ein Trauerschatten.
Aus grünen Weiden, wo das Gebrüll erschallt,
Aus gold'gen Feldern, obstreichen Hügeln, aus
Den Forsten, wo die Äxte dröhnen,
Und aus den rauchigen, armen Hütten
Bring' ich das zarte Lachen der Kinder dir,
Die Tränen auch der Bräute, der Töchter und
Den Wink ergreister Häupter, welche
Dich als barmherzige Mutter grüßen.
Solche Gebilde, solche Gestalten zieh'n,
O Herrin, von der lieblichen
Laute mit
Gesang um dich; ich gebe sie der
Leier anheim der gewalt'gen Roma,
Hier, wo die weiße Wonne der Alpen, von
Den unberührten Gipfeln, am herrlichsten
In Fluten strahlt bei Sonnenschein,
Aus dem unendlichen Kreis; wo blau im
Silbernen Rahmen talwärts die Dora stürzt,
Donnernd durch Pässe, suchend Italien,
Wo mit dem Schwerte und dem weißen
Kreuz deine eisenbedeckten Ahnen
Herunterstiegen. Staunend erheben sich
Vom großen Schneealtare die Geister des
Montblanc, zu hören in den lichten
Rhythmen Venosas die Sprache Dantes
Und, nach der Leidenszeit des Barbarentums,
Legen sie Lydias Lorbeer, der ewiglich
Im Ruhmesglanze grünet, um die
Stirn der savoyischen Margherita.
Sie preisen dir, umwogt von Jahrhunderten,
Die Seele zweier kräftiger Zeiten, o
Du Tochter und du Königin des
Heiligen, neuen Lateinervolkes.«