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1. Die Ärzte. | |||
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Unbillig. | |||
Der du vom Arzt verlangst, er soll dein Leiden Beseit'gen ganz – du handelst unbedacht: Er ist kein Gott! Sei auch nicht unbescheiden. Schon viel ist's, wenn er dich – nicht kränker macht. |
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Konsultationen. | |||
Ist deine Leber, wie der Arzt vermeint, Zu groß – verzweifle nicht, du bist zu retten: Du findest – zehn ist gegen eins zu wetten – 'nen andern Arzt, dem sie zu klein erscheint. |
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Kurexcesse. | |||
Exzesse, lieber Sohn, das merke fein: Die werden nicht nur nie zu meiden sein, Sie sind auch, wie der Arzt – zwar nicht erklärt – – Zur Fortsetzung der Kur höchst wünschenswert. |
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Ärztliche Hilfe. | |||
Wenn ihr nur etwas flau, nicht eben krank seid, Nur schnell zum Arzt, verehrte Herrn und Damen: Er hilft – euch zu 'ner ordentlichen Krankheit Und der zu einem neuen hübschen Namen. |
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Reunion. | |||
Dem Arzte wirst du leicht, o Karlsbad, überdrüssig! Es heilt der Quell, es heilt die gute Speise, Die Luft, sie heilt – der Arzt scheint überflüssig: Da kommt die Reunion – und alles ist im Gleise |
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Buttergenuß. | |||
Was man für unvorsicht'ge Leute trifft! Ein jeder Kurgast weiß, daß Butter – Gift. Heut' starb ein Mann, der eben noch gelesen. Ein Butterfleck war im Journal gewesen! |
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Kreislauf. | |||
Es weckt die Kur horrenden Appetit uns, Man schwelgt in Kipfeln und dies nötigt leider Zu neuer Kur und deren Wirkung zieht uns Zu »Mannl« wied'rum und – so geht es weiter! |
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Karlsbader Gebäck.
1. |
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Die Quellen könnten wir zur Not entbehren. Wenn aber Mannl und Pittroff nicht wären! |
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2. | |||
Ja, göttlich ist der Sprudel. Doch der Gipfel Des Göttlichsten in Karlsbad ist – der Kipfel. |
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Kurgasts Appetit.
1. |
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Böt' Gott 'nem Kurgast vor dem Frühstück mal »Die ew'ge Seligkeit« und eine »rote Düte« Mit dem Beding: für immer gilt die Wahl – Mir wär' nicht zweifelhaft, wofür sich der entschiede! |
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2. | |||
Man glaubt dir, daß du einen Leu bezwungen, 'nen Tiger, dessen Tatzen dich umkrallten – Eins aber glaubt man nicht: daß dir's gelungen, 'nen Kurgast je vom Frühstück abzuhalten! |
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3. | |||
Der Kurgast wird hier sichtbarlich gesund, Die Heilkunst treibt hier eine Wunderblüte: Ich, als ich kam, wog sechsundneunzig Pfund, Tags drauf schon hundert (mit der Frühstücksdüte!). |
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Kurgasts Abendphantasie. | |||
Halb zehn Uhr strebt der Gast dem Hause zu, Beschaut ein letztes Mal der Berge Gipfel. Dann legt er sich erwartungsfroh zur Ruh' Und träumt von – einer Düte frischer Kipfel. |
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Die »roten Düten«.
1. |
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Ganz kleine giebt's, die sich verschämt verstecken, Und andre riesengroß, gleich Maltersäcken. In zehn Minuten sind sie all' geleert Ist jemals eine voll zurückgekehrt?! |
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2. | |||
O diese Düte! Wie ein Kind man hegt Und zärtlich-liebevoll im Arme trägt, So hält man sie mit rührend-ernstem Anteil – Ist sie doch von der Kur der Hauptbestandteil! |
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3. | |||
Mit der geliebten »Roten« auf dem Arm Wandelnden Blumen gleicht der Gäste Schwarm. Und wundersam: die zartesten der Blüten Sie tragen meist die umfangreichsten Düten! |
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4. | |||
Begegne solcher Riesendüte ich Auf einer Dame Arm – stets frag' ich mich: Wie klein, wie niedlich ist ein solcher Magen – Und wieviel Kilo kann er doch vertragen! |
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Die Kellner. 1. |
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Die Frage wird wohl ewig offen bleiben, Wie weit sie immer das Ergründen treiben: Schuf Gott die Kellner auf der »alten Wiese« Des Gastes wegen? Oder den für diese? |
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2. | |||
Wie sie sich zärtlich an den Fremden hängen, Um kleine Angedenken von ihm drängen – Die Liebe zu dem Gast ist ungeheuer. Und auch dem Gaste werden sie – so teuer! |
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Karlsbader Trinkgelder. | |||
Wer hier stirbt, dem passiert es, glaub' ich, leicht, Daß er, wenn ihm der Engel der Versöhnung Den Himmel öffnet, dem ein Trinkgeld reicht – Aus purer, lieber, guter Angewöhnung. |
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Die Kellnerinnen.
1. |
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Die Wirte leitete nur der Gedanke, Zu sorgen, daß der leicht erregte Kranke Verführungsmöglichkeiten sei entrückt. O Gott – wie sehr ist ihnen das geglückt! |
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2. | |||
Mir bangte erst vor Karlsbads Kellnerinnen. Den Aufruhr sah ich schon von meinen Sinnen. Wie unrecht that ich doch euch guten Mädchen: Nein, ihr könnt keines Menschen Frieden schäd'gen. |
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3. | |||
Ihr Trefflichen, von Schönheit unbeirrt, Mit keinem Reiz sucht ihr uns anzuketten. Der Sünder, der bei euch kein Heil'ger wird, Der Unglückselige ist nicht zu retten! |
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Gasthauspreise.
1. |
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Scheck und Erregung schaden sehr, Besonders während dem Speisen. Drum iß erst gut und trink noch mehr Und dann erst – sieh nach den Preisen! |
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2. | |||
Und scheidest du aus 'nem Hotel, Vorher 'ne Flasche Weins bestell': Du möchtest bei nüchternem Magen Die Rechnung nicht ertragen! |
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Vor dem Goethe-Denkmal. |
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Du, der erschlossen uns der Schönheit Pforten, Verhängnisvoll ist Karlsbad dir geworden: Einst hat manch Weib hier dir den Kopf verrückt. Nun ist dies Kunststück auch der Kunst geglückt. |
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Zweierlei Lesarten. | |||
Ward geist'ge Anregung in Karlsbad dir, So lies'st du stolz: Auch Goethe war einst hier. Langweiltest du dich aber, wirst du lesen: Der große Goethe, er ist hier gewesen. |
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Am Quell. | |||
Was manche Leute unverfroren lügen! Jüngst zeigte mir ein Herr mit weißen Haaren Der Brunnenmädchen eins, und Wehmut in den Zügen Sprach er: die kenn' ich nun seit 45 Jahren! |
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Der alte Badegeck. | |||
Ein Kunstprodukt bis auf die Haut und Rippen, Ein süßlich Lächeln auf geschminkten Lippen, So tänzelt er, als wandelnde Pomade Die Luft verpestend, auf der Promenade. |
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Die ewigen »Gelben.«. | |||
Gleichwie das Beefsteak Nord- und Mitteldeutschlands Die unvermeidliche Kartoffel ziert, So wird der Gigerl hier zum ersten Frühstück Nie ohne »gelbe Rose« uns serviert. |
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Bei 0 Grad.
1. |
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Aus der Natur strebt jeder heut' zu flüchten: Der ins Café, ein anderer nach Hause. Der Dichter auch, er eilt in seine Klause, Um sich vor allem etwas warm zu dichten. |
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2. | |||
Die Damen tragen Schleier an den Hüten Und Pelze auf den Musselines und Gazen, Die Herren aber größre Frühstücksdüten Und statt der Rosen – rosenrote Nasen. |
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Die Tombola bei Nullpunkt im Freien. | |||
Höchst sinnreich wirklich ist der Mechanismus Von diesem Spiel. Ganz leer geht keiner aus. Für jeden kommt etwas dabei heraus: Wenn kein Gewinst – so doch ein Rheumatismus! |