Georg Bötticher
Alfanzereien
Georg Bötticher

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Pump auf Pumpenstein.

1.

        Der Ritter Pump auf Pumpenstein
Sylvesters saß im Krug beim Wein
Und sog wie eine Biene.
Herr Wirt vor seiner Tafel stand
Mit einer Kreiden in der Hand
Und kummervoller Miene.

Er schob die Kapp, er strich das Haar,
Er rieb sich Schopf und Nacken gar
Zu wiederholten Malen,
Er zog das Maul bald kraus bald schief,
Bis daß ihm scheu das Wort entlief:
»Herr Ritter, mögt Ihr zahlen?«

Der Ritter aufsprang von der Bank:
»Du dicker Wanst, ist das der Dank
Vor meine schwere Mühe?
Hab' darum ich bei Tag und Nacht
Mich über deinen Wein gemacht,
Die scharfe, saure Brühe?

Sag', hätt' ihn sonst gesoffen wer?
He? Wär' wohl eins gekommen her
In diese Mordsspelunken?
Verschimmelt wär', vertrocknet schier
Dein höllenkrätz'ger Malvasier –
Hätt' ich ihn nit getrunken!

Und hab' ich, daß du mir geborgt,
Dein' Küchen nit mit Wild versorgt,
So letzt erst mit dem Hirschen?
Ja, thu' ich nit, bloß dir zulieb,
Ich, der viel lieber sitzen blieb',
In Nacht und Nebel pürschen?

He, kannst du's leugnen, feister Lump?
Und du erfrechst dich einen Pump
Auf Pumpenstein zu mahnen?
Mich reut's, daß ich dir that die Ehr'!
Von itzt an sieht mich keiner mehr
In dem verfluchten ›Hahnen‹!«

Der edle Pump auf Pumpenstein
Rief's, thät den Rest von seinem Wein
Jach in die Kehlen gießen,
Setzt' einen Bittern noch darauf
Und nahm zur Thüren seinen Lauf –
Den Wirt thät er nit grüßen.

Doch selb'gen Tags um Mitternacht
Wer pocht ans Thor vom Hahnen sacht:
Auf Pumpenstein der Ritter!
»Hahnwirt, du alte, ehrliche Haut,
Mich reut mein Wort – ich sag' es laut:
Dein Roter ist nit bitter.

Hahnwirt – doch erst 'ne Kanne Weins –
Gelt, Hahnwirt, wir sind wieder eins?
Du weißt ja wie ich's meine.
Und nun, Herzbruder, Schwamm zur Hand
Und mache mir die Tafelwand
Von all den Zahlen reine!

Ein neues Jahr – neu Rechnung auch!
Die alte hängen wir in Rauch,
Die neu' – wir wöll'ns besprechen.
Und ist das alte Faß zu End',
Wir scheun uns nit, Potz Sapperment,
Ein neues anzustechen!«

2.

            Auf Pumpenstein der Alte
Sprach: Gift und Pestilenz!
Itzt meint ein jeder balde
Was bechern heißt: er könnt's.
Ja Prost! Die Herrlein nippen
Wie Jungfern am Liqueur.
Ein Quartmaß auszukippen
Versieht kein Deibel mehr!

Gilt's Wasser – sind die Prinzen
Im Schlappern leicht nit faul – –
Daß doch dem Volk die Binsen
Rauswüchsen aus dem Maul!
Das öde Froschgetränke –
Noch eher söff' ich Thran –
Wenn ich des Zeugs nur denke:
'ne Gänshaut läuft mich an!

Und Wein? – Das schlürft bescheiden
Ein Glas itzt oder zween –
Mordjo! Zu meinen Zeiten
Kunnt keins aufs letzt mehr stehn!
Zehn Norimberger Kannen
Die goß man so hinab –
Die Kehl' hindurch sie rannen
Eh' einer sagt: Schabab!

Das zärtliche Gemächte
Erträgt das itzt nit mehr.
Wenn nur solch' Fratz nit dächte,
Daß er ein Mannsbild wär'.
Pest auf die Spatzenseelen!
Das große Horn zur Hand!
Falderi! Und duck dich, Kehlen,
Itzt giebt's 'nen Höllenbrand!

Falderi! Mit Wein sich letzen
Schafft uns das Paradeis!
Laß plärren sie und schwätzen:
's wär roher Tiere Weis' – –
Die Narr'n! Sich einen kaufen,
Das trennt uns just vom Vieh:
's kann trinken, ja, 's kann saufen,
Besaufen kann sich 's nie!

3.

          Der edle Pumpensteiner
Sprach: Kreuz und Schwerenot!
Meine Kehlen schätzt hier keiner,
Seitdem mein Hahnwirt tot.
Fort aus dem Rattenneste!
Zu Roß und uff nach Mainz:
Da kneipen sie noch feste
Und bechern tüchtig eins!

Der edle Pumpensteiner
Nach Mainz trug Pump und Brand.
Bald war der Juden keiner,
Der seine Schrift nit kannt'.
Nit sehn mehr dorft sich lassen,
Der edle Ritter kühn:
Es machten in den Gassen
Die Büttel Jagd uff ihn!

Der edle Pumpensteiner
Der Büttel drei erschlug . . .
Der Schad' dünkt ihm ein kleiner,
Dieweil der Kerls genug.
Die Stadtherrn aber sahen
Die Sachen anders an:
Sie ließen eiligst fahen
Den jachen Rittersmann.

Der edle Pumpensteiner,
Da man zum Tod ihn führt',
Sprach: »Halt mal! Unsereiner
Ist mit dem Weg geniert:
Nit dorch die ›Köllner Straßen‹,
Wenn's auch beliebt, ihr Herrn –
Den Wirt zur ›Roten Nasen‹
Träf ich fürerst nit gern.«

Der edle Pumpensteiner
Langt unterm Galgen an.
Da rief der Richter einer:
»Will eine ihn zum Mann?!«
Ein Weib mit einem Buckel
Schrie: »Ich! Und willst mich du?«
Der Ritter sah den Huckel
Und sprach: »Schnür zu! Schnür zu!«

Der edle Pumpensteiner
Alsbald am Dreibein hing . . .
Nit lang: in Wald und Rain er
Wild an zu spüken fing.
Schon manchen dort thät äffen
Der tote Rittersmann –
Sollt du ihn nachts mal treffen:
Vorsicht! – er pumpt dich an!


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