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Gottfried Ephraim Lessing.

(1729-1781)

(geb. 22. Jan. 1729, † 15. Febr. 1781.)

Prophet aus Kamenz! der im raschen Gange
Verkannt im Leben, erst im Tode lebte;
Wie strahlt' er Licht mit allgewaltgem Drange,
Vor dem der Heuchler Schattenvolk erbebte!
Ob seinen Lorber auch des Neides Schlange,
Des Hohnes Gifthauch zu zerfressen strebte:
Die echte Dichtkunst wird kein Raub des Spottes,
Sie ist der Mund, sie ist die Sprache Gottes.

Ein edler Kämpfer kämpft' er für das Schöne,
Durch Zweifel keck die Wahrheit zu erklimmen,
Er wußte für Thalia's beßre Söhne
Das Unbestimmte regelnd zu bestimmen,
Verbannte Gallien's schnöde Modetöne,
Um nicht im Ungeschmacke zu verschwimmen,
Und schuf dafür im eigensten Entfalten
Mit griechscher Anmuth deutsche Kraftgestalten.

In dunkler Glaubensmeinung Ebb' und Fluten
Warf milden Glanz er auf der Menschheit Wogen,
Daß er, ein Stern des Neuen wie des Guten,
Die tiefsten Denker magisch angezogen.
Selbst als er seiner Lebenssonne Gluten
Erlöschen fühlte, rang er kraftdurchflogen
Kühn mit dem Tode noch – und nicht vergebens:
Nathan der Weise ward der Sieg des Lebens.

Ob er auf fernem Grund in's Grab gesunken,
Ob ihn nicht goldne Kreuz' und Tafeln nennen,
Stets wird als Fürst er deutschen Geistes prunken,
Als seinen Stolz muß Sachsen ihn erkennen.
Des Genius göttlicher Prometheusfunken
Läßt immer neu die Herzen ihm entbrennen,
Verklärt sieht sich die Kunst im treuen Sohne
Und reicht ihm dankbar ihre schönste Krone.