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Der Sachsen Opferdienst.

Die Sonne zittert ihren Morgenstrahl
Durch dunkles Laub; der Waldgesang erwacht
Und ruft zu Wodan's und zu Hertha's Fest
Der Sachsen rauhen Stamm vom Lager auf.
Druiden in der Schattennacht des Hains
Beginnen den geheimnißvollen Dienst.
Der Rosse Wiehern in die Morgenluft
Thut schon der Götter Gunst den Priestern kund.

Es wallt mit Decken reichgeschmückt der Zug
Der heiligen weißen Kühe sacht herbei,
Der Frühlingsgöttin Wagen naht dem See,
Lautlos die Opfer seiner Flut zu weihn.
Verhüllt in Schleier tritt die Schaar der Fraun
In Hertha's unerforschtes Heiligthum;
Und leise schauert's durch den grünen Dom,
Als spräch' die Gottheit durch der Blätter Mund.
Der Priester Erster naht im Eichenkranz
Und neigt sich an dem steinernen Altar:

»Heilige Priester, heilige Frauen,
An der gottgeweihten Statt.
Kränzt euch mit dem Schmuck der Auen.
Mit der Eiche grünem Blatt!
Hertha!

Hier wo sich nächtige
Wipfel verzweigen,
Sieh uns allmächtige
Göttin dir neigen!
Steig' aus dem rauchenden
Brodem zur Stelle,
Nimm die verhauchenden
Opfer der Welle!« –

Der Eichenwald rauscht feierlich und hehr,
Und wiederhallend braust das ferne Meer.
Der Priester winkt – das Bruderopfer naht
Und sühnt die Gottheit durch die blutge That.
Das Messer blinkt, es raucht der Altarstein,
Es gähnt der See und schlingt sein Opfer ein.

»Seligkeit belohnt den Kühnen,
Opfert er sich Götterhuld;
Denn das Leben auszusühnen,
Trägt er gern des Todes Schuld.

Hertha!
Tief in die flutende
Strömung gesendet,
Werden dir blutende
Opfer gespendet.
Hier wo sich nächtige
Wipfel verzweigen,
Sieh uns allmächtige
Göttin dir neigen!«

Das Messer blinkt,
Es raucht der Stein –
Wild schlingt der See
Das Opfer ein!



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