Björnstjerne Björnson
Gedichte
Björnstjerne Björnson

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Nein, wo bleibst du doch?

(1872)

Nein, wo bleibst du doch, du, der besitzet die Macht,
Zu zertreten dies Lügengezwerg,
Das mein Haus mir umlagert und tückisch bewacht
Jeden Weg, den zum Ziel ich mir ausgedacht,
Und bricht mir nun ein,
Zu belauern voll Haß
Meinen Sinn, zu entweihn
Mir jedes Gelaß
Meines traulichen Heims, wo so harmlos ich saß.

Nein, wo bleibst du doch! Jahrelang hat mich der Troß
Besudelt, dem Volk mich entstellt;
Lügennebel umhüllt meiner Dichtung Schloß,
Als lag' da ein Sumpf, dem der Brodem entfloß,
Und ein Halbtier, ein Faun
Bin ich selbst, den mit Graus
Die »Gebildeten« schaun –
Oder ziehn weidlich aus
Zur Hatz auf den Keiler, zum lustigen Strauß.

Wenn ein Buch ich schreibe, »just sieht es mir gleich«;
Wenn ich spreche – ist's Eitelkeit.
Wenn ich zimmre und baue fürs Bühnenreich,
Mein Dünkel nur führt jeden Hammerstreich.
Und schlag' ich mich treu
Für altheimische Art
Auf der Väter Bastei,
Umtobt und umschart, –
Kämpf' ich nur, weil mit Orden zu sehr man gespart.

Nein, wo bleibst du doch, du, der mit eins kann zerhaun
Dies umstrickende Lügengewirr –
Der verjagt aus den Köpfen dies krankhafte Graun
Vor enschlossenem Wollen, begeistertem Schaun –
Und hat Trost für den Mut,
Der in Frost und in Nacht
Seine Waffenpflicht tut
Und die Runde macht,
Bis das Heer sich erhebt, wenn der Tag erwacht.

Komm, Volksgeist, du, gottgeboren – entstammt
Dem riesenbezwingenden Tor.
Fahr auf Donnern einher und von Blitzen umflammt,
Daß die Furcht dies Gezüchte zum Schweigen verdammt;
Du kannst wecken im Land
Die schlummernde Kraft,
Du kannst stärken das Band,
Das in Blutsbrüderschaft
Uns eint, wo dein Banner je flattert am Schaft.

Hab' Dank, unser Volksgeist! – denk' ich nur dein,
Wird alles zum Nichts, was ich litt.
Deinem Kommen nur weih' ich mich, dir allein,
Deinem Angesicht beug' ich mich, dein, nur dein,
Und erfleh' einen Sang,
Du liedreicher Mund,
Daß in Not und Drang,
In entscheidender Stund'
Ich dir Kämpen erweck' auf der Väter Grund.


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