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Charles G. Gordon, nun wieder Generalgouverneur des Sudans oder der Teile davon, die der Mahdi bisher noch nicht hat, sitzt an einem Morgen im März 1884 in seinem Arbeitszimmer im Palast zu Khartum. Neben ihm auf dem Tisch, neben dem Zigarrenkästchen und der Bibel, liegen ein ausgepacktes Paket und ein Brief, beide vom Mahdi. Während der Nacht sind die Parlamentäre in die Stadt gekommen.
Der Generalgouverneur hat den Brief Mohammed Achmeds noch während der Nacht gelesen, er schläft nicht viel, Gordon, und hat sogleich den Befehl gegeben, für den Vormittag eine große Versammlung aller Notabeln in den Palast zu laden; ihnen will er den Brief aus El Obeïd vorlesen und die Antwort wird er öffentlich erteilen.
Aus diesem Grund ist trotz der frühen Stunde Gordon voll angekleidet, sogar geschmückt, in der vollen Uniform eines türkischen Marschalls. Der schlanke und zierlich gebaute Mann steckt ganz in Scharlach und Goldstickerei; die Brust des Waffenrockes ist voll von diamantenen Orden: der Stern des Medschidieh hängt ihm am Hals, ein anderer türkischer Halbmond und Stern strahlen über dem Herzen; das Atlasband eines Großkordons läuft von der Goldepaulette quer über den Leib. – Sonst trägt General Gordon (er ist General jetzt auch im britischen Heer) nur ein paar bescheidene Feldzugsmedaillen; mehr hat ihm England niemals gegeben. Die große schwere Medaille, die einst der Kaiser von China nach dem Taiping-Aufstand eigens für ihn, als den Retter des Himmlischen Reiches, hat prägen lassen, – hat Gordon eines schönen Tages verkauft, als er Geld für eine wohltätige Spende gebraucht hat.
Über der Brust voll Orden und Gold und Scharlach sitzt Gordons männlicher Kopf. Die Haare unter dem etwas zu kleinen Fes sind jetzt schon ganz grau, so wie die Bartkoteletten. Die Augen sind blau und leuchtend wie je, das Gesicht ist ein wenig verrunzelt, der Schnurrbart fällt weich über den feinen Mund.
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Charles G. Gordon ist erst seit einigen Wochen wieder im Sudan. Fünf Jahre lang war er fort. Was für fünf Jahre! Wo überall ist er gewesen! In Indien. In China. In Irland. Auf der Insel Mauritius. Im Kapland. Wieder zu Hause. Dann, unvergeßliches Jahr, in Palästina, wo er die wahren Stätten der Bibel gesucht und an Hand des heiligen Textes entdeckt hat. Dann, auf der Rückkehr, in Brüssel, beim König Leopold. –
Was für fünf Jahre! Missionen und Garnisonen und Reisen durchs halbe Weltreich. Das Ganze ergibt keine allzu glanzvolle Laufbahn. Die Zeiten, da der »Chinesische Gordon« eine Art Nationalheld der Briten gewesen ist, sind lange vorbei. Er gilt immerhin als guter Ingenieuroffizier, ein bißchen unruhig, manche sagen verrückt. Zwischen den Abenteuern gerade gut genug, um da oder dort die Pioniere einer Kolonialgarnison zu befehligen oder Forts zweiten Ranges zu bauen. Jene großen Zeiten in China und später am Äquator und im Sudan hatte der Weltfahrer vielleicht schon selbst ein wenig vergessen. – –
In Brüssel, auf dem Heimweg von Palästina, hat der ewig Unruhige mit dem König der Belgier unterhandelt. Der wollte den in Afrika so Bewanderten für seinen Kongostaat gewinnen. Schon war Gordon bereit, hatte schon ja gesagt, vielleicht mit einem Seufzer, denn er sehnt sich doch eigentlich immer nach dem Sudan, aus dem jetzt so wilde Nachrichten kommen. – –
Da auf einmal sind in London alle Zeitungen voll von seinem Namen. Gordon! Gordon! Die Nachricht vom Sieg des Mahdis über General Hicks hat den Nationalstolz getroffen, irgend jemand erinnert sich, meint, was geschehen ist, wäre niemals geschehen, wenn Gordon statt Hicks Paschas – – – Auf einmal wiederholen es alle: nur General Gordon! Er allein noch kann eine Katastrophe verhüten! Er allein kann Khartum noch retten! Gordon! Gordon!
Die Londoner Presse verlangt nach Gordon, schreit nach Gordon, den sie so lange vergessen hatte.
Der Premierminister, William Ewart Gladstone, zaudert erst. Das Abenteuer der ägyptischen Okkupation, in das er sich vor zwei Jahren so zögernd eingelassen hat, verursacht ihm schlaflose Nächte. Nichts liegt ihm ferner, als diesen nutzlosen Sudan erobern zu wollen. Was zu geschehen hat, ist, daß die Ägypter auf gute Art den Rest des Sudans evakuieren; Khartum muß man räumen, natürlich, ohne die dortigen Europäer und ägyptischen Staatsbeamten und Truppen in die Hände des Mahdi fallen zu lassen. Eine schwere Aufgabe; man müßte einen besonders tüchtigen Mann nach Khartum entsenden, um sie in Ordnung zu lösen. – Da Gordon genannt wird, fragt Gladstone erst bei Baring an, Sir Evelyn Baring, Englands Generalkonsul, ach was, Prokonsul in Kairo. Baring, der Gordon nicht liebt, kabelt schleunigst: Nein. Bei dem Nein bleibt es einige Tage. Dann wird der Druck der öffentlichen Meinung sehr stark. Mr. Stead von der »Pall Mall Gazette« tritt für Gordon gar so heftig ein. Ein wahres Gordon-Fieber ist ausgebrochen. Da kabelt Gladstone nochmals an Baring, der fügt sich.
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Oft und oft in den fünf Jahren hat Charles G. Gordon laut genug versichert, er denke nicht mehr an den Sudan, wolle ihn nie mehr betreten. Jetzt, auf die erste Frage, sagt er ja, teilt dem König der Belgier mit, er könne nicht in den Kongostaat kommen. Welcher Dämon treibt diesen einsamen Menschen? Welche Mystik, welche der biblischen Weissagungen, an die er so fest glaubt? Die Stellung, die man ihm anbietet, ist mehr als zweifelhaft. Er wird wie zuvor ägyptischer Generalgouverneur des Sudans, aber mit dem Auftrag, dieses Gouvernement so bald wie möglich aufzulösen. Aus Khartum und den anderen noch nicht vom Mahdi besetzten Provinzen soll er Beamte und Truppen allmählich abtransportieren, dann selbst den Sudan verlassen. Vielleicht gelingt es, beim Abzug irgendeine Sorte Ordnung zu hinterlassen, irgendein Sultanat, irgendein Eingeborenenreich, das vorläufig wenigstens von Kairo unabhängig zu bleiben hat: vielleicht erwehrt er sich irgendwie dieses Mahdi. – –
Gordon hat zu allem ja gesagt, in rasender Eile die Reise vollbracht. Am achtzehnten Februar schon war sein Einzug in Khartum.
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Vor einem Monat. Der Mann in der glitzernden Uniform erinnert sich mit gerunzelter Stirne. Was für ein schöner Tag! Obwohl er allein gekommen war, ohne Truppen, ohne Geschütze, hatte die ganze Stadt ihn als Beschützer, als Retter begrüßt.
»Lang lebe Gordon, Sultan des Sudans!« haben sie in den Straßen gerufen. – Ja, er würde sie nicht nur vor dem Mahdi, auch vor den Türken würde er sie beschützen, er würde ihr Sultan sein, mächtig und gnädig. Die Frauen haben seine Füße zu küssen versucht. Er selbst, ganz glücklich und strahlend von einer neuen Zuversicht, hat große Dinge verkündet: Es beginne eine neue, eine schönere Zeit. Keine Baschi-Bosuks mehr, keine Prügelstrafe, keine Gewalt, nur Gerechtigkeit. Und er hat sofort befohlen, in den Gefängnissen die schweren Ketten von den Füßen aller Gefangenen zu lösen. Auf dem Platz vor dem Palast hat man vor den Augen des Volkes die Peitschen zerbrochen, die Prügelbänke, die Brandmarkungseisen. Ja man hat auch die Steuerakten vor aller Augen verbrannt: niemand schuldet dem Staat mehr Steuern, o Glück, o Jubel, o Seligkeit!
Mehr als das: bald nach seiner Ankunft hat der Generalgouverneur die Gesetze ausdrücklich widerrufen, die im Sudan das Halten von Sklaven verboten hatten. Ja, Gordon! Der übereilte Kampf gegen die Sklaverei war einer der Gründe des Mahdi-Aufstands; und Gordon hat einen Plan: Sibêr Rahamet soll im Sudan diese Ordnung schaffen, dieses unabhängige Sultansreich, das den Mahdi zurückwerfen wird. – Sibêr Rahamet, eben dieser große Sklavenjäger und Sklavenhändler, der jetzt in Kairo gefangen ist. Gordon selbst hat durch Gessi den Sohn Sibêrs hinrichten lassen; dennoch hofft er, Sibêr gewinnen zu können; sein Einfluß auf die Stämme ist groß. Gleich am Tag seiner Ankunft hat der Generalgouverneur nach Kairo telegraphiert, man möge Sibêr zu ihm reisen lassen. Aber Sir Evelyn Baring weigert sich.
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Da er an Baring denkt, seinen Gegner, macht Gordon ein zorniges Gesicht. Das mit Sibêr ist der einzige Weg; aber man muß ihn bald gehen. Wer weiß, wie lange die Verbindung mit der ägyptischen Grenze noch offen bleibt! Zwischen Khartum und Berber streifen schon rebellische Stämme. Wer ist überhaupt noch treu? Wo ist überhaupt noch ein Lichtblick? Östlich von Khartum erobert Osman Digna, der Emir des Mahdi, das Land bis zur Meeresküste. Südlich, neun Meilen entfernt nur, stehen die Vorposten einer großen Derwischarmee, die zur Belagerung vorrückt. Vom Dach des Palastes kann man bei Nacht schon die Trommeln hören. – – Die Stämme am Blauen Nil fallen alle ab. In El Obeïd sammelt der Mahdi ein gewaltiges Heer. Das da, dieser Brief, ist in aller Form die Aufforderung zum Kapitulieren, die vor der Belagerung kommt, darüber täuscht sich ein alter Soldat nicht. Ja, Belagerung. Wie lange kann sich Khartum denn halten? Zwei Monate? Oder sechs?
Gordon glaubt nicht mehr ans Evakuieren. Zwar, manchmal träumt er noch davon, mit seinen Soldaten, mit den Europäern, die noch bei ihm sind, die Dampfer zu besteigen, er hat noch eine ganze Flottille, und fortzufahren, nicht stromabwärts auf Ägypten zu, sondern stromaufwärts zum Äquator zu Emin Pascha, sich irgendwie durchzuschlagen bis in das Innerste Afrikas, dann zur Küste. – –
Jetzt eben, wie er da an dem Tisch sitzt, in seiner zu prunkvollen Uniform, denkt er daran, an eine neue und unerhörte Anabasis. – –
Er reißt sich in die Höhe. Er muß diesen langen Brief des Mahdi noch einmal lesen, weil er dann im feierlichen Diwan die beiden Parlamentäre empfangen will. Sie sollen ihm vor den Notabeln von Khartum diesen Brief dann nochmals formell übergeben und dieses Geschenk, das der Mahdi geschickt hat. – –
Dieses Paket mit dem Geschenk des Mahdi zieht Gordon auf eine seltsame Weise an. Oft nähert er sich ihm; mehrmals schon hat er es aufgepackt. Jetzt tut er es wieder, mit einer Hand, die ein wenig zittert. Es kommt eine Dschubba zum Vorschein, solch ein mit Flicken besetztes Hemd, wie es die Derwische tragen, Hosen aus rauhem Stoff, ein Turbantuch, ein Schädelkäppchen und ein Gürtel aus Palmstroh und ein hölzerner Rosenkranz. Das ist das Geschenk, das der Mahdi geschickt hat. – –
Gordon liest einen Zettel, der bei den ärmlichen Sachen war: »Von dem Diener des Herrn, Mohammed el-Mahdi Ibn Abdallah, an Gordon. – Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen. Dies ist die Kleidung derer, die dieser Welt entsagen und ihren Eitelkeiten und die der kommenden Welt entgegenblicken und ewigem Glück im Paradiese. Wenn Du wirklich zu Gott verlangst und nach gottseligem Leben, mußt Du dies Kleid sogleich tragen und in ihm zu mir kommen, zu Deiner Glückseligkeit auf immerdar. –«
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Gordon läßt den Zettel fallen, als wäre er glühend – was schreckt ihn so? Was fürchtet er so? Eine Anziehung? Eine Verlockung? – und nimmt sogleich das Buch auf, das auf dem Tisch daneben liegt, die Bibel. Sie öffnet sich ohne weiteres bei der Stelle, die er in den letzten Tagen, oh, in den letzten Nächten immer wieder aufgeschlagen hat:
Hesekiel XXIX, 10:
»Darum, siehe, ich will an dich und an deine Wasserströme, und will Ägyptenland wüst und öde machen von Migdol bis gen Syene und bis an die Grenze des Mohrenlandes.
»Daß weder Vieh noch Leute drin gehen oder da wohnen sollen, vierzig Jahre lang.« –
Gordon nickt vor sich hin: Ägypten von Syene, also von Assuan, bis zur Grenze des Mohrenlandes; das ist der ägyptische Sudan. Es ist alles vorausgesagt und vorausbestimmt; das Land verwandelt sich also jetzt in eine Wüste; für vierzig Jahre. –
Der Mahdi, fällt Gordon ein, läßt ja verkünden, daß er noch vierzig Jahre regieren wird. – –
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Der religiöse Mystiker, der Fatalist, der in der Bibel nach Prophezeiungen blättert, mag, wenn er mit sich ganz allein ist, mit einem geheimen Verlangen das Aszetenkleid anblicken, den Rosenkranz. – – Das wäre eine Erfüllung, eine Art Friede. Für den geheimsten und innersten Charles G. Gordon, der konfessionelle Grenzen nicht kennt, ist der Islam nur eine Art Christentum. – –
Solche Stellen stehen in seinem Tagebuch: – »Mir scheint es, daß der Mohammedaner Gott ebensogut verehrt wie wir, und wenn er es ehrlich meint, ist er genau so ein guter Christ wie ein Christ. – Wir selbst sind doch alle Heiden, mehr oder weniger. Ich mag den Mohammedaner, er schämt sich Gottes nicht, er lebt ein sauberes Leben. Allerdings, in Weiberangelegenheiten – – «
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Aber (kein Mißverständnis!) – der mystische Träumer ist auch ein Soldat und ein Gentleman und hat seine Pflichten. Es ist dieser andere Gordon, der jetzt die Bibel zumacht und den langen Brief des Mahdi zur Hand nimmt als ein diplomatisches Schriftstück, das studiert werden muß. Es mögen religiöse Sätze darin stehen, die den privaten Gordon erschüttern; aber der britische General findet zwischen ihnen die Aufforderung, zum Feinde überzulaufen. Das bedarf sofortiger Antwort. Gordon liest mit Sorgfalt.
Der Brief des Mahdi ist die Erwiderung auf einen Vorschlag zum Frieden, den Gordon gemacht hat. Er hatte dem Mahdi nämlich vorgeschlagen, ihn als Sultan von Kordofan anzuerkennen.
Der Mahdi lehnt ab:
»Bekannt werde es Dir, daß ich ohne Stolz bin, ich, der Erwartete Mahdi und Nachfolger des Propheten. Nicht bedarf ich des Sultanats, König von Kordofan zu sein oder anderer Länder, noch wünsche ich die Güter oder Zierate dieser Welt. Ich bin ein Diener, und meine Pflicht ist es, den Weg zu Gott zu weisen und zu Seinem Reich. Wer wünscht, glückselig zu werden, der soll auf mich hören und mir folgen; wer aber wünscht, elend zu werden, soll von meiner Führung fort sich wenden; ihn wird Gott vernichten, ewiger Qual überliefern. – – «
(Gordon blickt grimmig auf. Das stärkt ihn wieder, das gibt ihm den nötigen Zorn gegen den Mahdi. Die Lehren seiner eigenen Kirche, die von Höllenqual predigt, hat dieser Fromme niemals geglaubt. Sie scheinen ihm eine Verleugnung der »Frohen Botschaft« zu sein, des Evangeliums.)
– Also, der Mahdi will keinen Frieden, der ihm Kordofan ließe. Er schickt auch ein reiches Geschenk zurück, das ihm Gordon gesandt hat. Da, er sagt:
»Wir haben an Gütern Überfluß von der Art, wie Deine Geschenke, doch in unserm Begehren nach Gott haben wir sie beiseite gelegt. Laß mich zu Dir sprechen, wie unser Herr Salomon zu Belkissa gesprochen hat, der Königin von Saba: ›Du bringst mir Gold, aber was Gott mir verliehen hat, ist besser denn Deine Gaben.‹ – Ihr seid ein Volk, das Geschenke liebt, ich aber will mit einem unbesiegbaren Heere kommen und Dich aus der Stadt vertreiben, in Verachtung und Elend.«
Gordons Augen fliegen nun ungeduldig über die Seiten des langen Briefes. Alles was Gordon vorgeschlagen, gewährt hat, lehnt der Mahdi verächtlich ab. Er hat den Mekkapilgern den Weg zu den heiligen Stätten freigeben wollen. Nein, schreibt der Mahdi, »wie soll der, der im Widerspruch steht zum Weg des Propheten, das Tor zum Besuch seines Grabes öffnen?«
– Gordon hatte von dem Blutvergießen gesprochen, das man vermeiden sollte. Der Mahdi antwortet: »Hast Du Mitleid mit den Muselmanen, so habe erst Mitleid mit Deiner eigenen Seele und rette sie vor ihres Schöpfers Zorn und laß sie sich aufmachen, der Religion nachzufolgen.«
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Gordon schlägt mit der Faust auf das Papier. Da folgt nun, was er am wenigsten mag; konfessionelles Gezänk. Er hat immer gesagt, ein guter Mohammedaner sei ein guter Christ; hier aber kommt das Warum und Wieso, das beweisen soll, daß nur in gewissen Gebeten und Formeln des mahdistischen Islams das Heil liegt. Selbst Jesus Christus wird als Zeuge dafür zitiert:
»Und Isa – auf ihm sei der Friede! – hat gesagt: ›O Versammlung der Apostel, baut auf die Wogen des Meeres ein Haus, so habt ihr diese Welt; und nehmt sie nicht zu festem Wohnsitz!‹«
Der Bibelkenner Gordon stutzt; dann lächelt er. So eine Stelle gibt es nicht im Neuen Testament. Weiter, ein Koranzitat, da kennt sich der Derwisch schon besser aus:
»Und wer Allah und Seinen Propheten zu Freunden wählt und jene, die glauben, sie sind in Wahrheit das Volk Gottes, sie allein werden obsiegen.« –
Gordon möge sich also zum Islam bekehren, schreibt der Mahdi; für den Fall, daß er das tut, verspricht er ihm Sicherheit, ja selbst Ehren und die Statthalterschaft einer Provinz; sollte er aber hartnäckig bleiben, soll es ihm schlecht ergehen, so wie Hicks und jenem Pascha von El Obeïd, dem Türken Said, der getötet worden ist wegen seiner Verstocktheit. – –
General Gordon steht vom Tisch auf, strafft sich, rückt seine Uniform zurecht. Es wird Zeit zur Versammlung der Notabeln.
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In der großen Halle des Palastes warten Colonel Stewart, Gordons tüchtiger Stellvertreter, dann der Königlich britische Konsul, Mr. Power, der auch Korrespondent der »Times« ist, dann der französische Konsul Herbin und Martin Hansal, Konsul für Österreich-Ungarn. Dazu die führenden Kaufleute, Griechen, Levantiner und Araber, und die mohammedanische Geistlichkeit. Die katholischen Missionare haben mit den meisten anderen Europäern die Stadt bereits verlassen.
Gordon Pascha, strahlend von Scharlach und Gold, tritt vor die Versammelten. Eine Musik spielt die Khedivehymne. Jetzt bringt man die beiden Parlamentäre herein, die Boten des Mahdi. Sie kommen, mit Lanzen und Schwertern bewaffnet, sie haben sich geweigert, ihre Waffen abzulegen, und Gordon hat ihnen erlaubt, so zu kommen, wie sie es wünschen.
Er hat ihnen Brief und Geschenk wieder zustellen lassen, sie müssen ihm das vor allen Leuten noch einmal geben.
Nun liest der Generalgouverneur allen Versammelten das Schreiben des Mahdi vor. Dann erhebt er sich von dem Sessel.
»Und nun meine Antwort!« sagt er.
Er wirft das Kleid, das der Mahdi geschickt hat, zu Boden, Derwischhemd, Turban und Gürtel – und trampelt mit seinen Füßen darauf.
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Da die Notabeln der Stadt Khartum ihren Pascha so entschlossen sehen, brechen sie in jubelnde Rufe aus. Der Mufti Musa Mohammed und Scheich El Emin, der Erste Ulema und auch der Kadi Mohammed Khowadschli kommen nach vorn und bieten sich selber an: in einer gelehrten Fethwa werden sie noch einmal beweisen, daß und inwiefern der Derwisch Mohammed Achmed nach den heiligen Büchern und nach den besten Kommentatoren der Erwartete Mahdi nicht sein kann. – –
Die allgemeine Freude ist groß. Selbst die Kaufmannschaft faßt wieder etwas mehr Zutrauen. Der Generalgouverneur muß seiner Sache gewiß sein, sonst wagte er niemals – –
Nachdem die Boten des Mahdi gegangen sind, spricht Gordon stark und packend zu der Notabelnversammlung. Alles wird gut sein. Der Khedive wird Hilfe schicken. England ist jetzt mit Ägypten verbündet – –
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Aber an diesem Abend, da in Khartum alles still ist, hört man ganz deutlich die Trommeln des Derwischheeres, das der Stadt wieder erheblich näher gekommen sein muß.