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Die klatschhaften Nonnen zu Poissy

Die Abtei zu Poissy wurde von alten Chronisten als eine Stätte zügelloser Lebensfreude gepriesen, allwo die Sittenlosigkeit der Nonnen ihren Ursprung nahm, und man hat eine endlose Reihe von Späßlein verbreitet, um das Publikum auf Kosten der heiligen Kirche zum Lachen zu bringen. So erzählte man, die Nönnlein sähen lieber eine Metze denn eine achtbare Bürgersfrau im Hemde. Andere warfen ihnen scherzhaft vor, sie pflegten den Heiligen gern nachzutun und zumal der Maria von Ägypten in der Art, wie sie die Fährleute bezahlte. Woher das Sprichwort stammt: die Heiligen nach der Art von Poissy ehren. Gleichermaßen sprach man von den Messen zu Poissy, allwo die Chorknaben gegen Ende eine wichtige Rolle spielten. Eine liebeserfahrene Hure nannte man: Nönnlein von Poissy und jenes Utensilium, das ein Mann nur leihweise hergeben kann, wurde Schlüssel zur Abtei Poissy benannt. Von dem Tore besagter Abtei wußte man, daß es vom frühen Morgen an offenstand und gleich allen Pforten und Pförtlein dort nicht sorglich geschlossen wurde, maßen es leichter zu öffnen denn zu schließen war und fortwährend große Reparaturkosten erforderte. Kurz, es gab damals kein kitzliches Späßlein, das man nicht dem guten Kloster aufhalste und da war natürlich vieles ausgedacht oder doch wenigstens übertrieben. Denn selbige Nonnen waren gar liebe Fräulein, die wohl gern einmal hier und da über die Stränge schlugen und so dem Teufel Wasser auf die Mühle lieferten, aber das begegnet andern Leuten auch, sintemalen und alldieweil wir eben von Natur unvollkommen sind und die Nonnen auch. Auch bei diesen gab es einen Ort, wo ihre Hülle nicht ganz zureicht und da steckte das Hauptübel. Wahr ist zudem, daß eine Äbtissin arges Unheil anstellte, maßen sie vierzehn Kinder gebar, die alle am Leben blieben – waren sie doch auch in Freuden gezeugt. Später wurde das Kloster bekanntlich reformiert und damit kamen diese heiligen Nönnlein um das bischen glücklicher Freiheit, deren sie sich bis dahin erfreut hatten. In dem Archiv der Abtei zu Turpenay fand ich nun eines Tages unter der Aufschrift: ›Das Gebetbuch von Poissy‹ Bruchstücke eines Manuskriptes, so offenbar ein fröhlicher Abt alldorten zur Ergötzung seiner Nachbarinnen in Ussé, Azay und ändern Orten jener Gegend verfaßt hatte, und das ich hier ganz unverantwortlich mit den Veränderungen die mir bei der Übertragung aus dem Lateinischen angebracht schienen, wiedergeben will.

Es heißt da: ›Die Nonnen daselbst hatten die Gewohnheit, wenn ihre Äbtissin, die Tochter des Königs, zu Bette lag ... (selbige war es, die den Namen ›Gänslein spielen‹ erdachte für die anmutigen Vorstudien, Einleitungen, Vorreden, Bei- und Zwischenreden usw. usw. beim Liebesstudium, wenn man das fröhliche Buch nicht eigentlich aufschlagen möchte, um darin wieder und wieder eingehendst zu lesen, den Inhalt durchzuarbeiten und sich fest einzuprägen; solchermaßen hatte sie all die scherzhaften Ausnahmeregeln jener holden Sprache, die lautlos mit den Lippen erzeugt wird, in einen Leitsatz zusammengefaßt, den sie selbst meisterhaft beherrschte, also daß bei ihrem Tode offenbarlich ihre Jungfrauenschaft in aller Pracht erhalten geblieben war; und diese fröhliche Wissenschaft wurde fortan von den Hofdamen sorglich ausgebaut, welch selbige sich für das ›Gänsleinspiel‹ besondere Liebhaber hielten. Also, ich beginne wieder:) wenn jene tugendsame Prinzessin in holder Nacktheit ohne sich dessen zu schämen, in den Leintüchern ihres Bettes ruhte, dann schlüpfren die Nönnlein mäuschenstill aus ihren Zellen zu einer ihrer Schwestern, der sie allesamt herzlich zugetan waren. Und dorten huben sie alsbald an zu schwatzen und zu klatschen. schnatterten und kicherten wie die richtige junge Brut, zogen über die älteren her, erzählten Späßlein zum Tränen-lachen, verglichen, wer die kleinsten Füße, die weißesten, rundesten Arme habe, zählten ihreSommersprossen, beschrieben, wo ihre Muttermale saßenn, stritten, wer die schlankeste Taille habe, erzählten sich ihre Träume und sonstigen Gesichte. Und oft kam es vor, daß ein oder zwei, manchmal alle von dem Schlüssel der Abtei geträumt hatten. Dann hechelten sie ihre verschiedenen Leiden und Mängel durch, einen Nagelwurz, ein rotes Geäder im Auge; eine hatte sich einen Finger beim Rosenkranzbeten verstaucht; dann balgten sie sich wie Kätzlein, liebten sich, zankten sich, stritten sich und versöhnten sich wieder, waren eifersüchtig, zwickten sich, kicherten und neckten die Novizen. Fragten etwa mal: »Wenn uns ein Wachtmeister vom Himmel regnete, wo steckten wir den wohl hin?«

»Zur Schwester Ovidia; ihre Zelle ist am größten: da ginge er mitsamt dem Federbusch hinein.«

»Was soll das heißen?« eiferte Schwester Ovidia, »sind unsere Zellen nicht alle gleichgroß?« Worob die Gänslein schier barsten wie reife Feigen. Eines Abends ließen sie ihrem Konzile auch eine hübsche Novize von siebzehn Jahren beiwohnen, die unschuldig ausschaute wie ein neugeborenes Kind, und der im Gedanken an diese heimlichen Plauderstündchen, damit die Nönnlein sich ihres Leibes gottselige Gefangenschaft versüßten, das Wasser im Munde zusammenlief. »Nun also, hast du gut geschlafen mein Holdchen?« fragte Schwester Ovidia.

»Ach nein, die Flöhe haben mich so gebissen!«

»Wieso? Hast du Flöhe in deiner Zelle? Die mußt du schleunigst verjagen. Weißt du, wie unsere Ordnungsregeln uns das vorschreiben?«

»Nein.« meinte die Novize.

»Also dann will ich dir‹s erklären. Sobald der Floh dich beißt, mußt du dich entkleiden, dein Hemd ausziehen, aber nicht etwa durch Beschauen deines Leibes sündigen. Du darfst dich nur mit dem verdammten Floh beschäftigen und sorglich nach ihm suchen, ohne auf anderes zu achten. Das ist nicht leicht, indem du ihn mit den kleinen dunklen Flecken verwechseln könntest, die dir von Natur verliehen sind. Hast du solche, mein Kleinchen?«

»Freilich, sogar zwei, einen an der Schulter und einen ganz unten am Rücken, so daß sie verdeckt sind.«

»Wie konntest du sie dann sehen?« fragte Schwester Perpetua.

»Nicht ich, sondern der Herre von Montrezor hat sie entdeckt.«

»Ei, ei!« kicherten die Schwestern. »Und weiter hat er nichts gesehen?«

»Doch, alles! Denn ich war damals noch ganz klein und er etwa so neun Jahre alt. Wir spielten zusammen.«

Woran die Nonnen merkten, daß sie etwas zu eilig gelacht hatten. Schwester Ovidia sagte deshalb weiter:

»Besagter Floh also wird hinundherhüpfen, in Höhlen, Wäldern, Gräben sich zu bergen suchen, über Berg und Tal eilen um zu entschlüpfen, aber die Regel befiehlt, ihn mutig zu verfolgen und immer Ave zu sagen. Beim dritten Ave ist das Tier zumeist erwischt . . .

»Der Floh?« fragte die Novize.

»Natürlich der Floh! Vor allem aber ist's nötig, daß du immer nur ihn packst, wo er auch immer sei. Ohne dann auf sein Jammern und Winden zu achten, dafern er wie zumeist widerstrebt, mußt du ihn fest zwischen die Finger nehmen und halten, mit der andern Hand ihm die Augen verbinden, damit ihm das Springen vergeht und dann, um ihn am Beißen zu verhindern, ihm das Maul vorsichtig öffnen und sachte ein Stücklein geweihten Buchs hineinstecken, wie er über deinem Bett beim Weihwasser hängt. Dann wird er schon gehorsam werden. Bedenke nun zum ersten, daß die Ordensregel uns jeden Besitz verbietet, selbiges Tierlein dir also nicht gehören kann, zum zweiten, daß es als eine Kreatur Gottes bekehrt werden muß. Da ist nun zuvörderst festzustellen ob er männlich, weiblich oder jüngferlich ist. Nehmen wir letzteres an (ein seltener Fall, da die Tierlein in ihrer brünstigen Sittenlosigkeit sich dem ersten besten an den Hals werfen), so mußt du ihn bei den Hinterpfoten nehmen, diese mit einem Haar an seinen Brustkorb festbinden und ihn so zur Oberin tragen, die weiteres entscheidet. Ist's ein Männchen . . .«

»Woran sieht man, ob es eine Jungfrau ist?« fragte die neugierige Novize.

»Eine solche ist trauriger Gemütsart beißt nicht sehr, hat das Maul nicht sehr weit offen und wird rot, wenn man sie berührt, du weißt schon wo.«

»O, dann wurde ich sicher von einem Männchen gebissen,« rief die Kleine, worob die Schwestern dermaßen lachten, daß einer ein Fürzlein entfuhr und noch einiges Wasser obendrein. Und Schwester Ovidia wies auf die Diele und meinte:

»Seht ihr. Wind bringt immer Regen.« Auch die Novize lachte mit, weil sie dachte, das Gekicher gälte dem Fürzlein. Schwester Ovidia aber fuhr fort: »Ist's also ein Männchen, so nimm die Schere oder den Dolch deines Liebsten, dafern er dir vor deinem Eintritt ins Kloster einen geschenkt hat, und schneide ihm die Seite auf. Mag er auch ächzen, spucken, zappeln, zärtlich tun, laß dich dadurch nicht beirren; nimm vielmehr die Eingeweide und alle inneren edlen Teile heraus, wasche sie mit Weihwasser und stecke sie dann also geweiht wieder hinein; denn solchermaßen ist seine Seele katholisch geworden; nähe mit Nadel und Faden seinen Leib mit inniger Sorgfalt zu, und bald wird er an deinem Gebete durch Kniebeugen teilnehmen, nie mehr schreien noch beißen wollen und gar vor Freuden über seine Bekehrung sterben. Die andern aber werden dann forteilen, weil sie in ihrer Verworfenheit Angst haben, gleichermaßen bekehrt zu werden.«

»Wie unrecht von ihnen,« meinte die Novize.

»Freilich, denn hier im Schutze der Kirche sind wir vor allen den vielen Gefahren der Welt und der Liebe gefeit.«

»Gibts denn noch andere Gefahren als die, unversehens ein Kind zu kriegen?« fragte eine junge Schwester.

»Seit der Herrschaft des neuen Königs,« erklärte Schwester Ursula, »hat die Liebe aus Lepra, Fieber und sonstigen argen Gebresten in ihrem hübschen Hexenkessel eine Mixtur gebraut, die unseren Klöstern gar förderlich wurde, sintemalen nun aus Angst davor viele Frauen ins Kloster flüchten. Genügt es doch, nur ein einziges kleines Mal einen Edelmann zu lieber um zu erleben, daß euch Haare und Zähne ausfallen, alle Reize entschwinden und ein Tier wie ein Krebs oder Tausendfuß an euch nagt und bohrt, wo ihr nur etwas zartes besitzt. Und so mußte der Papst diese Liebeskrankheit unter Acht und Bann tun.«

»Welches Glück, daß ich davon nichts abbekommen habe,« rief die Novize und die Nonnen hatten darum gleich den Gedanken, sie sei wohl dem Kreuze von Poissy schon irgendwie begegnet; drum fragten sie fröhlich, weshalb sie in ihren Kreis eingetreten sei.

»Ach,« meinte sie. »ich ließ mich von einem großen Floh beißen, der schon getauft war.« Worob die musikalische Schwester wiederum vernehmlich seufzte.

»Jetzt bitte gleich Nummer drei,« rief Schwester Ovidia. »Wenn du diese Töne im Chor verlauten ließest, würde dich die Äbtissin zwingen, der Schwester Petronella nachzutun. Also setze einen Dämpfer auf dein Instrument.«

»Ach ja, du hast ja Schwester Petronella noch gekannt,« sagte Schwester Ursula. »Ist es wahr, daß Gott ihr die Gabe beschied, nur zweimal jährlich ihres Leibes Notdurft zu verrichten?«

»Freilich,« erwiderte Schwester Ovidia. »Einmal hielt sie bis zur Frühmette ununterbrochen Sitzung und dachte nur geduldig: ›Ich halte still, wie Gott will.‹ Aber beim ersten Glockenklang wurde sie befreit, um die Messe nicht zu versäumen. Dennoch wollte die verstorbene Äbtissin nie zugeben, daß ihre Gabe eine besondere Gottesfügung sei, maßen selbiger sich nicht so weit erniedrige. Die Sache lag so: Besagte Schwester deren Heiligsprechung nunmehro betrieben wird, lebte immer in heißem Gebet und lag dauernd in Verzückung vor dem Altar der Heiligen Jungfrau; sie nippte kaum je am Essen und hatte gelobt, Fleisch weder roh noch gekocht zu genießen. Nur ein Krüstlein Brot aß sie täglich und an ganz hohen Fest- und Feiertagen dazu etwas gesalzenen Fisch, aber ohne das kleinste Tröpflein Sauce. Bei dieser Lebensweise wurde sie so mager wie ein Friedhofsknochen und gelb wie Safran, denn sie lohte von innerem Feuer. Immerhin blieben, wie bei uns andern Erdenmenschen, gewisse Leibesfunktionen auch bei ihr bestehen, nur daß ihre Ausscheidungen hart und trocken waren wie bei Hirschen in der Brunstzeit. So war garnichts überirdisches an ihr; bemerkenswert blieb nur ihre innere Glut, bezüglich welcher einige Schwestern behaupteten: wenn man sie ins Wasser gesteckt habe, dann habe sie gezischt wie glühende Kohle.

Manche gar behaupteten, sie habe heimlich des Nachts Eier zwischen ihren Zehen gesotten um die Fasten leichter zu überstehen. Das sind natürlich böswillige Erfindungen des Neides. Wahr hingegen ist, daß sie einst nach acht Monaten zum ersten Male wieder den bewußten Ort aufsuchte und alldorten mit sittsam aufgehobenen Röcken jene Stellung einnahm, die uns armen Sünderinnen gewöhnlich öfters nötig ist. Aber über einen knappen Anfang mochte die Sache durchaus nicht hinaus; vergeblich preßte sie, runzelte sie die Stirne, wandte sie alle nur denkbaren Nötigungsmittel an: der Gast wollte ihren heiligen Leib nicht verlassen, steckte nur ein wenig die Nase zum bereitliegenden Fenster hinauf wie ein Frosch zur Wasseroberfläche auftaucht um etwas Luft zu schnappen, und zeigte keinerlei Bedürfnis, das irdische Jammertal aufzusuchen, sintemalen ihm alldorten der Geruch der Heiligkeit nicht mehr anhaftete. Als nun die Heilige sah, daß sie vergeblich all ihre Muskeln und Sehnen bis zum Reißen anspannte, daß ihr Leiden alle Qualen der Welt übertraf und wohl schon einen unerträglichen Höhepunkt erreicht hatte, da rief sie mit einer letzten Krastaufwendung: ›Herr Gott, dir sei er geweiht!‹ Und darob barst die steinige Masse zwischen den Torwänden und polterte krach-krach-plumps wie ein Kiesel wider die Wände des Abtrittes. Ihr werdet begreifen, daß Schwester Petronella keines Wisches bedurfte und den Rest fürs nächste Mal aufhob.«

»Haben die Engel eigentlich auch einen Hintern?« erkundigte sich plötzlich eine Schwester.

»Aber nein!« rief Ursula. »Weißt du denn nicht, daß Gott ihnen einstmals hieß niederzusitzen, und sie erwiderten, sie hätten nichts worauf?!«

Und so gingen sie schlafen, einige allein, andere beinahe allein; denn es waren gute Mädchen, die höchstens sich selbst Schaden zufügten. – Aber jetzt will ich noch schnell eine Geschichte erzählen, die sich zur Zeit jener großen Reform des Klosters zutrug. Saß damals zu Paris auf dem Bischofsstuhle ein großer Heiliger, der in seiner herzlichen Fürsorge für die Armen und Leidenden aufging und sein Hab und Gut, selbst seine Sutanen, Mäntel und Kleidungsstücke hingab, um nur die Blößen seiner Schäflein als hingebender Hirte zu bedecken. Seine Dienerschaft mußte für ihn sorgen, und oft genug schalt er sie, wenn sie neue Sachen anbrachten; denn lieber ließ er die alten ›in extremis‹ sticken. Nun hörte der einmal, daß der Herre von Poissy bei seinem Tode eine Tochter in ärgster Not zurückgelassen habe, da er selbst alles versoffen hatte. Gern hätte der gute Prälat sie passend unter die Haube gebracht; inzwischen aber gedachte er, ihr seine zerschlissenen Hosen zum Flicken zu geben, um ihr so unter die Arme zu greifen. So gab er eines Tages sein ältestes Beinkleid seinem Diener und hieß ihn: »Bring das den Fräulein von Poissy, Saintot!« ›Dem‹ Fräulein wollte er sagen, aber er hatte eben durch die Reform des Klosters seinen Kopf etwas voll.

Saintot machte sich fröhlich auf den Weg, goß hier und dort einen hinter die Binde und kam so endlich zum Kloster, allwo er der Äbtissin die Hosen im Namen seinem Herrn übergab. Dann ging er wieder und so verblieb in den Händen der hochwürdigen Mutter jenes Kleidungsstück, das ansonsten des Prälaten umfangreiche Sitzgelegenheit und jene Teile umschlossen hatte, die bei dem würdigen alten Herrn kaum reichlicher vorhanden waren als bei den Englein, denen Gott der Herr sie versagt hatte. Auf die Nachricht der gute Erzbischof habe dem Kloster ein köstliches Geschenk gesandt, kamen die Nönnlein eiligst herbeigelaufen; aber als die Hose, die gar erschrecklich klaffte, ausgepackt wurde, da gab's ein arges Gekreisch, als würde gleich der leibhaftige Teufel daraus auftauchen. Flink bedeckten sie die Augen mit ihren Händchen und die Abtissin sagte: »Verbergt euch, Kinder, hier wohnt die Todsünde.«

Die Novizenmutter aber hatte zwischen den Fingern hindurchgeblinzelt und beruhigte nun die heilige Herde, indem sie mit einem Ave bekräftigte, daß hinter dem Latze kein lebendes Getier mehr verborgen sei. Worob alle vor Freude errötend selbiges Habitavit beaugenscheinigten und die Verwüstungen in ihrem tugendsamen Herzen, ihr inneres Beben überwanden. Und als sie gar einiges Weihwasser in des Abgrundes Tiefen geträufelt hatten, da wagten sie schon, das Ding zu betasten und die Finger durch die Löcher zu stecken. Die Äbtissin fand sogar mählig die Fassung, um mit ziemlich fester Stimme zu fragen: »In welcher Absicht mag uns wohl unser würdiger Vater diese für Frauen so bedrohliche Sache schicken?«

»Ach, seit fünfzehn Jahren sah ich nicht mehr solche Behausung des Teufels!«

»Schweig, meine Tochter, und behindere mich nicht im Nachdenken, was hier zu tun sei!«

Und dann ward das Ding erneut hin und her gedreht, beschnuppert und bewundert; nachts träumten die meisten davon, aber am nächsten Tage verkündete ein Nönnlein: »Ich habe die Parabel gelöst: Der Erzbischof schickte uns das, um es zu flicken und so in emsiger Arbeit den Müßiggang zu bekämpfen, der aller Laster Anfang ist!« So gings nun an die Beratung, wer zuerst Hand ans Werk legen sollte. Zunächst behielt die Äbtissin sich und der Unterpriorin die Arbeit für zehn Tage vor, und beide stopften und fädelten, legten Seide unter und Stoff drüber, kurz, waren emsig wie die Bienen. Dann aber beschloß das versammelte Kapitel, dem Erzbischofe in Dankbarkeit ob seines Gedenkens an seine Schwestern in Christo ein köstliches Geschenk darzubringen, und nunmehr quälten sich alle bis zur jüngsten Novize hinab, all ihr Erkenntlichkeit und Verehrung in jene vielsagenden Hosen hineinzuflicken.

Inzwischen hatte der Prälat im Drange der Geschäfte seine Hose längst vergessen. Hatte er doch einen Edelmann am Hofe kennen gelernt, der unlängst seines Satans von Weib ledig geworden war und sich nun als ehrsamer Witwer nach einer Lebensgenossin umschaute, in die er ob ihrer Tugend und Gottergebenheit Vertrauen haben, mit der er schöne, gesunde Kinder erzeugen könne. Diesem Herren also führte er das Fräulein von Poissy so lange eindringlichst zu Gemüte, bis selbige zur Frau von Genoilhac gemacht wurde. Die Hochzeit fand in des Erzbischofes Palaste statt und alldorten war ein Kranz der schönsten und schmuckhaftesten Edelfrauen und Herren vereint. Aber die Braut überstrahlte alle, maßen ihre Jungfräulichkeit außer Zweifel stand: hatte doch der Prälat selbst dafür gebürgt. Als nun aber der Nachtisch aufgetragen wurde, kündete Saintot dem heiligen Manne: »Euer Ehrwürden, die Fräulein von Poissy senden Euch einen schönen Tafelaufsatz!«

»Setz' ihn her!« befahl jener, und schon brachte man einen hohen Aufbau aus Samt, Seide, Bändern und Schleifen in Form einer altertümlichen Vase und von wundersamem Gedüft. Darunter fand die Braut köstliches Zuckerzeug, Marzipan und tausenderlei Leckerbissen. Aber eine neugierige Dame zupfte an einer Schleife und wie die aufging, kam die Wohnstätte des menschlichen Kompasses zum Entsetzen des Prälaten, aber zum tollen Gelächter der Gäste zum Vorschein. Und der Ehemann sagte: »Wirklich, die Damen haben mit diesem Tafelaufsatz viel Verständnis gezeigt: von dorten stammt das Zuckerwerk der Ehe!« Gibt's etwa eine bessere Deutung als diese? Ich finde keine.


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