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Der Staat aber hat drei Arten oder Formen, und es gibt ebensoviele Ausartungen, gleichsam Verderbnisse dieser Formen. Die Staatsformen sind das Königtum, die Aristokratie und drittens die auf dem Zensus beruhende Verfassung, die man eigentlich als Timokratie bezeichnen sollte, die aber meistens Verfassung schlechthin oder Freistaat genannt wird.
Von diesen ist die beste das Königtum, die schlechteste die Timokratie. Die Ausartung des Königtums ist die (1160b) Tyrannis, die Gewaltherrschaft. Beide sind Alleinherrschaften, aber sehr stark von einander verschieden. Der Tyrann ist auf seinen eigenen Vorteil bedacht, der König auf das Wohl seiner Untertanen. Denn König kann nur sein wer sich selbst genügt und durch den Besitz aller Güter die anderen überragt. So ausgestattet bedarf er niemandes und sucht, nicht was ihm, sondern was den Untertanen frommt. Wäre er nicht so ausgestattet, so wäre er nur ein durch das Loos gewählter König. Die Tyrannis ist das Gegenteil vom Königtum. Denn der Tyrann verfolgt seinen eigenen Vorteil. Auch ist es bei ihr so recht augenscheinlich, daß sie die schlechteste Staatsform ist; das aber ist das Schlechteste, was das Gegenteil vom Besten ist.
Das Königtum geht in Tyrannis über, insofern diese eine Entartung der Monarchie, der Alleinherrschaft, ist und ein nichtswürdiger König zum Tyrannen wird. Die Aristokratie aber geht in Oligarchie über durch die Schlechtigkeit der Machthaber, die die Güter des Staats wider Verdienst verteilen, alles oder das meiste davon für sich behalten, die Ämter immer in die gleichen Hände legen und den Reichtum als das höchste Glück ansehen. Da regieren also Wenige und Schlechte an stelle der Tugendhaftesten und Tüchtigsten. Die Timokratie endlich geht in die Demokratie über; denn diese beiden grenzen aneinander. Auch die Timokratie nämlich überträgt die Herrschaft an die Menge und alle, die die Bedingung des Zensus erfüllen, hält sie als gleich. Die Demokratie ist am wenigsten schlecht, weil sie sich nur wenig von der richtigen Staatsform der Timokratie entfernt. Das ist also meistens die Weise, in der die Staatsformen wechseln, weil so der Übergang von der einen Form in die andere mit den geringsten Änderungen verknüpft ist und am leichtesten zustande kommt.
Zu diesen Staatsformen lassen sich nun im Familienleben Gegenstücke und gleichsam Beispiele nachweisen. Das Gemeinschaftsverhältnis des Vaters zu seinen Söhnen hat die Form des Königtums, da dem Vater seine Kinder am Herzen liegen, daher auch Homer den Zeus Vater nennt. Das Königtum will ja eine väterliche Herrschaft sein. Bei den Persern dagegen ist die Herrschaft des Vaters tyrannisch, da bei ihnen der Vater seine Söhne als Sklaven behandelt. Ebenfalls tyrannisch ist das Verhältnis des Herrn zu seinen Sklaven, indem bei diesem der Vorteil des Herrn maßgebend ist. Hier freilich erscheint die Gewaltherrschaft richtig, die persische aber ist verkehrt. Denn die Herrschaft muß je nach den Personen, die ihr unterstehen, verschieden sein. Das Verhältnis von Mann und Frau erscheint als aristokratisch. Denn der Mann herrscht gebührender Weise, und zwar auf dem dem Manne zustehenden Gebiete, und überläßt dagegen der Frau was sich für diese schickt. Will der Mann aber in allem gebieten, so verkehrt er das naturgemäße Verhältnis in Oligarchie, weil er das wider Gebühr tut, nicht insofern er der Bessere ist. Zuweilen (1161a) aber, wenn die Frauen Erbtöchter sind, herrschen sie. Da entscheidet denn nicht die Tugend über die Gewalt, sondern Reichtum und Macht, wie in den Oligarchien. Der timokratischen Verfassung gleicht das Verhältnis unter Brüdern: sie sind einander gleichberechtigt, außer insoweit sie im Alter verschieden sind; ist daher der Abstand im Alter groß, so ist die Freundschaft zwischen ihnen keine brüderliche mehr. Die Demokratie findet sich vorzüglich in den Häusern, wo der Herr fehlt – denn da sind alle gleich –, und wo das Oberhaupt schwach ist und jeder tut, was ihm gefällt.