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Die zwei Postillone

J. P. Hebel

Zwei Handelsleute reisten oft mit der Extrapost von Fürth nach Hechingen oder von Hechingen nach Fürth, wie es das Geschäft verlangte, und gab der eine dem Postillon ein schlechtes Trinkgeld, so gab ihm der andere kein gutes. Denn jeder sagte: »Wofür soll ich dem Postknecht einen Zwölfer schenken? Ich trage ja nicht schwer daran, wenn ich ihn behalte.« Die beiden Postillone aber – einer war von Dinkelsbühl, der andere von Ellwangen – dachten: »Wenn wir nur einmal den Herrn einen Dienst erweisen könnten, daß sie spendabler würden!« Eines Tages kam der Fürther Kaufherr in Dinkelsbühl an und wollte weiter. Die Pferde wurden gewechselt, und der Reisende saß geduldig in seinem Wagen. Als der Postillon aus Dinkelsbühl sich in den Sattel setzte und die Peitsche hob, sagte der Kaufherr: »Fahr zu, Schwager! Werf' Er mich nicht um!« Am nämlichen Nachmittag fuhr der Hechinger Kaufmann aus Ellwangen ab, und der Postillon dachte bei sich selbst: »Wenn nur jetzt mein Kamerad aus Dinkelsbühl mit dem Fürther auch auf dem Weg wäre!« Indem er fährt, bergauf, bergab, und nicht weit vom Segringer Zollhaus ist, begegnen sie einander; keiner will dem andern ausweichen. Jeder sagt: »Ich fahre einen ehrbaren Herrn, keinen Pfennigfuchser wie Du. Fahr mir aus dem Weg!« Endlich legt sich der Fürther Kaufherr ins Mittel und schimpfte den Ellwanger Postillon, daß der ihm mit der Peitsche einen Hieb ins Gesicht gab. Der Dinkelsbühler sagte: »Du sollst meinen Passagier nicht hauen; er ist mir anvertraut und zahlt honett, oder ich hau' den deinigen auch!« – »Untersteh' Dich und hau' mir meinen Herrn!« sagte der Ellwanger. Also hieb der Dinkelsbühler des Ellwangers Passagier, und der Ellwanger hieb des Dinkelsbühlers Passagier, und riefen einander unaufhörlich im Zorn zu: »Willst Du meinen Herrn in Frieden lassen, oder soll ich den deinigen ganz zu Mus zusammenhauen?« und je schmerzlicher der eine Au und der andere Weih schrie, desto kräftiger hieben die Postillone auf sie ein, bis sie des unbarmherzigen Spaßes selber müde waren. Als sie aber auseinander waren, und jeder wieder seines Weges fuhr, sagten die Postillone zu ihren Reisenden so und so: »Nicht wahr, ich habe mich Eurer rechtschaffen angenommen? Mein Kamerad wird's niemand rühmen, wie ich seinen Herrn zerhauen hab'. Und diesmal kommt's Euch wohl auf ein besseres Trinkgeld nicht an!«


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