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Der Besuch ohne Umstände

Berthold Auerbach

Kommt ein gut ausgewachsener Neffe zu seiner ebenso wohlhabenden als karg lebenden Tante in Schwaben.

»Soll ich dir nicht einen frischen Kaffee machen und magst ein Butterbrot dazu? Ich hab' gerad' heut frische Butter.«

»Ja, Tante, ist recht. Ich mache keine Umstände.«

Der Tante wäre es vielleicht lieber gewesen, der Neffe hätte mit dem Anerbieten vorlieb genommen und etwas Umstände gemacht. Sie bereitet indes schnell einen extrastarken Kaffee, stellt dazu ein frisch Stück Butter und die bis oben gefüllte Zuckerdose auf den Tisch. Der Neffe, der sich eines gesunden Appetits erfreute, langt ohne Umstände zu, haut mit dem Messer ein schön Stück Butter ab und schmiert es sich aufs Brot. Der Tante geht ein Grausen an, und sie sagt: »Die Butter kostet sechsunddreißig Kreuzer das Pfund.«

»Ist's auch redlich weit,« erwidert der Neffe und holt sich noch ein erklecklich Stück als neue Ladung.

Nun greift er in die Dose – er legt die Zuckerzange daneben, denn er haßt das unbequeme Instrument, das schwer zu handhaben ist – und tut einen Haufen Stücke in seine Tasse. Die Tante sieht das mit Schrecken: sie zittert aber, da sie sieht, daß er noch einmal nachhelfen will.

»Nimm dir die Brösele« (Brosamen), sagt sie, in Verzweiflung lächelnd, »die Brösele süßen gar gut.«

»Ich trink' den Kaffee nicht gern so süß,« sagt der Neffe und holt noch ein paar tüchtige Brocken und tut sie in seine Tasse.


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