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Es war danach am dritten Morgen Daß Lurlei auf demselben Fleck An jener stillen Bucht verborgen Saß unterm grünen Schattendeck. Sie wußte Heinrich auf dem Rheine, Wohin die Männer früh am Tag Sich aufgemacht mit Garn und Leine, Zu fischen in der Salmenwaag. Von steilen Höhen war umzogen Das Strombett in geschloßnem Ring, Weil hier der Rhein in scharfem Bogen Um den gewalt'gen Felsen ging. Dort sich aus nahen Bergen windend, Als stieß er selbst das Tor sich auf, Barg er, in Bergen auch verschwindend, Bald wieder den gekrümmten Lauf. So war beschränkt des Blickes Weite Von Wald und Wänden um und um, Nur talwärts schaute links zur Seite Burg Katz ums Vorgebirg herum. Und drüben, Strom und Tal als Frohne Wirksam beherrschend, stolz und frei Gleich einem hohen Götterthrone, Stieg aus der Flut empor die Lei. Darüber stand im blauen Äther Der Mond und glänzte silberweiß, Gewillt, schon wenig Tage später Zu füllen seines Zirkels Kreis. Und war er voll und rund zu sehen, Dann wollte Lurlei zu Lothar, Wie sie's gelobt, und ihm gestehen, Was ihres Herzens Meinung war. Sie löste sich das enge Mieder, Daß freier sich die Brust bewegt, Und streckte lang aufs Moos sich nieder, Die Hände unters Haupt gelegt. Gezweig und Blätter spielten flimmernd In Dämmerlicht und Sonnenschein, Zum Waldverstecke lugte schimmernd Das tiefe Himmelblau herein. Und Lurlei wußte sich zu schmiegen, Versuchte hier und rückte da, Bis sie durchs grüne Laub im Liegen Des Mondes bleiches Antlitz sah. Er war ihr Freund und ihr Berater Mit seinem wandelbaren Licht, Und seine ausgebrannten Krater Erschienen ihr wie ein Gesicht, Das sich vor ihrem Blick bewegte, Aus dem nach seiner Züge Maß Auf Frag' und Zweifel, die sie hegte, Sie tröstlich Red' und Antwort las. Auch heute wollte sie ihm klagen, Warum ihr Herz so heftig schlug, Ihm Angst und Wunsch und Hoffnung sagen Und was sie auf der Seele trug. Soll sie des Grafen Minnewerben Erhören, das so lockend fleht? Führt zu Gedeihn, führt zu Verderben Der Weg, vor dem sie zaudernd steht? Das lag ihr schwer in den Gedanken, Wie sie mit Für und Wider stritt, Noch immer fühlte sie ein Schwanken Vor dem entscheidend ersten Schritt. Doch wie sie jenes Wortes dachte Aus Heinrichs Mund, das haften blieb Und jetzt noch ihre Wut entfachte, Die Scham ihr in die Wangen trieb, Da bäumte sich wie dort die Welle Am Felsgestein in Überhast Ihr Stolz empor, und auf der Stelle War trotzig ihr Entschluß gefaßt: »Wohlan! ich will's ihm deutlich zeigen, Daß ich auch ohn' ihn leben kann! Er soll sich einmal tief verneigen Vor meines Glückes Viergespann! Du sei mein Zeuge, Mond, in Hulden, Daß mir nichts andres übrig bleibt Und sein Verrat nur und Verschulden Mich in des Grafen Arme treibt! Lothar legt alles mir zu Füßen, Sein einzig Glück, sein Stern bin ich, Er will das Leben mir versüßen Und hat nicht Frieden ohne mich.« Da war er seltsam anzuschauen, »Du wunderst dich; wirst doch nicht denken, Der Mond horcht' auf; schnell wieder heiter »Du lächelst; auch Salvete schürte Da reckte sich der Mond und schielte Sie richtete sich auf und stützte Der Graf Lothar hatt' in der Jugend So endete mit Streit im Walde Durch Lurleis Träumen und Erinnern Sie sprach: »Mein bleicher Freund dort oben, Mild wie zu Kinderwünschen lachte Voll war die Brust ihr zum Zerspringen, |
Mein Herz schlägt laut, Mein Auge schaut Auf Wegen und Stegen Dem Liebsten entgegen. Ruh sind' ich nimmer Von Kopf zu Fuß, Ich sehne mich immer Nach seinem Gruß. Ich möcht' ihm begegnen, Sein Leben ihm segnen Und was ihm wert, Sein Roß und sein Schwert. Auf hohem Stein Die Wolken ziehn, |
Nun hatte sie sich frei gesungen Die Seele mit der Melodei, Das Lied war ihrer Brust entsprungen Wie ein Knospe bricht im Mai. Verhohlne Liebe war gestanden Dem Wald, den Felsen und der Flut, Und wie erlöst aus Zweifelsbanden War leicht und fröhlich ihr zumut. Und angefangen mal mit Singen, Fuhr sie, als sie den Rückweg nahm, Nun trällernd fort und ließ erklingen, Was in den Sinn ihr eben kam. |
Es pocht' ein blonder Knabe Vor eines Schenken Haus Mit seinem Wanderstabe: »Herr Wirt! nur schnell heraus Mit einem kühlen, blanken, Einem blanken Becher Wein! Will zahlen und mich bedanken, Bedanken noch obenein.« Wirtstöchterlein, das junge Sie tat, was er begehrte, Sie gab ihm auch die Rose Sie ging mit ihm so lange, »Mußt warten, lieber Knabe, |
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Mägdlein saß in Wald und Moos, Bunte Blumen auf dem Schoß, Einen Kranz zu winden. »Den ich schau' durchs Kränzelein, Der soll mir der Liebste sein!« Sprach sie bei dem Binden. Kaum ist fertig das Geflecht, »Sieh! so schaut dein Liebster drein, |
So singend kam dahergeschritten Lurlei den Pfad am Uferrand, Als plötzlich in des Weges Mitten Ein bärt'ger Burgmann vor ihr stand. Doch sie erschrak nicht vor dem Streiter, Rauschard, des Grafen Schildknecht war's, Auf jedem Zuge sein Begleiter, Der Treu'ste der Getreu'n Lothars. Er grüßte sie halbwegs verlegen Und hielt, als hätt's ein schwer Gewicht, Ein kleines Sträußchen ihr entgegen Von blühenden Vergißmeinnicht. »Von meinem Herrn!« sprach er gemessen »Und seines Herzens Gruß dabei! Und möchtest ja doch nicht vergessen, Daß in drei Tagen Vollmond sei.« Sie nahm's verschämt und nahm's doch gerne Und lächelte. »Sag dem, der's schickt, Mich hätten diese blauen Sterne Wie seine Augen angeblickt. Und kommen würd' ich, eh' dort oben Noch über jene Felsenwand Des Mondes Antlitz sich erhoben Und niedersäh' auf Strom und Land.« Dann schritt sie fort, und es belebte Die helle Freude ihr Gesicht, An ihrer Brust beim Atmen bebte Das Sträußchen von Vergißmeinnicht. |