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Verschiedne Menschen hier auf Erden Bescheint die Sonne, zaust der Wind; So welche, die nie fertig werden, Und welche, die stets fertig sind. Den einen ruft die Morgenstunde Mit ihren Vogelstimmen zu: Wohlauf! ich habe Gold im Munde, Erhebt euch früh nach sanfter Ruh! Die andern legen auf die Kissen Von Vogelfedern mehr Gewicht Und wollen nichts von Lerchen wissen, Des Sinns. wer schläft, der sündigt nicht. Nun aber Freund dem Lerchenschlage, Die Fischersleut in Sankt Goar Es nie versahn, daß mit dem Tage Auch Tages Werk begonnen war. Da sitzen sie in trauter Gruppe Nach Sonnenaufgang froh und frisch Bei ihrer guten Morgensuppe Und ihrem Schwarzbrot um den Tisch. Vornan der Peter; ihm zur Rechten Salvete, seine Mutter, schon In hohen Jahren, grauen Flechten, Mit Heinrich, seinem starken Sohn. Dem Fischer wiederum zur Linken Dankmod, sein Weib, nicht jung, nicht alt, Achtsam gefällig seinen Winken Und von behäbiger Gestalt. Dann Lurlei, zwar in schlichtem Kleide, Doch in der Schönheit Glanz und Stolz, Den andern recht zum Unterscheide, So fremd, so aus ganz anderm Holz, Als würd' in diesen Linnenfalten Von denen, die hier um sie sind, Geflissentlich versteckt gehalten Ein unbewußtes Fürstenkind. Ordnung beherrscht die Fischerhütte, Blitzblank ist Hausrat und Geschirr, Im Garten stehen Trog und Bütte Und hängt der Netze kraus Gewirr. Und Eintracht waltet, Fleiß und Frieden, Ein jeder weiß, was er zu tun, Denn jedem ist sein Teil beschieden, Und nach der Arbeit darf er ruhn. Heut aber ist es nicht wie immer, – Verschob sich etwas unterm Dach? So schweigsam war das Frühstück nimmer Im braungebälkten Wohngemach. Wohl liegt den Hausgenossen allen Der gleiche Gegenstand im Sinn, Doch jeder gibt sich nach Gefallen Den eigenen Gedanken hin. Worüber alle grübeln mußten, Ward auch nicht einer daraus klug, War Lurleis Fahrt, seitdem sie wußten, Wen außer ihr der Nachen trug. Als Peter nach dem Morgensegen Sie fragte, wer denn mit ihr war Auf ihren späten Wasserwegen, Gab sie zur Antwort: »Graf Lothar«. »Der Graf von Katzenellenbogen?« Frug Peter Sandrog wiederum, Als hätt' ihn sein Gehör getrogen, Und alle blickten bang und stumm. Lurlei erwiderte gelassen Mit einem festen, trocknen »Ja!« Die andern wußten's kaum zu fassen Und saßen voller Neugier da. »Wie kam's?« –Noch suchte sie zu wahren, So ausgefragt, der Ruhe Schein Und sprach. »Er bat mich, ihn zu fahren, Ich schlug's nicht ab, und er stieg ein.« Kurz angebunden klang's dem Alten, Und übellaunig frug er jetzt: »Pflegt ihr das öfter so zu halten? War's nicht zuerst und nicht zuletzt?« Nun über Lurleis Antlitz flammte Ein helles Rot, das rasch verblich, Dahin entfloh, woher es stammte, Und einer tiefen Blässe wich. »Es war das erste Mal, – das letzte Wird es wohl nicht gewesen sein!« Mit trotz'gen Lippen sie versetzte Und hielt dann atemwallend ein. Der Blick, der Ton, der Zug am Munde, Den ihren aus der Jahre Lauf Bekannt schon, riet: auf weitre Kunde, Als dies, gebt jede Hoffnung auf! Der Fischer wechselte verdrossen Mit Dankmod einen Blick und schwieg; Auch Heinrich hielt den Gram verschlossen, Der ihm aus schwerem Herzen stieg. Salvete nur, die Alte, grinste Beim Essen mit vergnügtem Sinn Und schielte seitwärts, lauscht' und blinzte Aufmunternd nach der Jungfrau hin, Die still und fürder ungeschoren Hantierte, als ob nichts geschah, Und ab und zu wie traumverloren Durchs Fenster in das Blaue sah. Nach dem gestörten Frühmahl eilten |
Es waren zwei Nachbarskinder, Die hatten sich heimlich lieb, Daß eines jeden Sehnen Dem andern verborgen blieb. Keins bracht' es über die Lippen, Er wollte fürbaß wandern Sein Weg führt' ihn vorüber, »Was tust du hier am Wasser »Ich zieh' in alle Ferne, »Und ich will hier mich betten, »Sag' mir. wer ist zum Sterben »Sie steht mit bleichen Wangen Sie sahn sich an mit Blicken, – |
Salvete saß bei ihren Netzen Und winkte Lurlei nun herbei, Sich doch hier neben sie zu setzen Zu ihrer Maschenflickerei. Sie frug. »Was hat es denn gegeben? Hat Mutterchen dich ausgezankt?« Doch Lurlei sagt': »Es ging noch eben, Und herzlich hab' ich ihr gedankt.« Nichts weiter sprach sie, sondern schaute Nachdenklich von dem Gartenplatz, Wo funkelnd Blatt und Blume taute, Gradaus hinüber nach Burg Katz, Die hoch auf steilen Felsen thronte, In der als Burgherr Graf Lothar Mit seinem Ingesinde wohnte, Und wo jetzt tageshell und klar Sie jenes Fenster auch erkannte, Aus dem Lothar ihr in der Nacht Den Lichtstrahl übers Wasser sandte; Das hielt ihr Blick nun scharf bewacht. Salvete sah's, und was zu wissen Sie lüstern war, jetzt wußte sie's: Aha! Fischlein hat angebissen Und zieht und zappelt nun! sie ließ So fallen, um mal anzuklopfen. »Wie doch die Burg den Felsen ziert! Hat Schweiß gekostet manchen Tropfen Und andres, was die Welt regiert. Ist das ein Schloß! da mag's behagen Der künftigen Gebieterin! Man hört ja Wunderdinge sagen Von all der Pracht. Warst du schon drin?« »Ich? nein! wie sollt' ich?« – »Ei, ich dachte. »Stolz? stolz ist Graf Lothar mitnichten!« »Nicht stolz? sieh mal! das hör' ich gern! »Natürlich! hm! er kam vom Jagen, Auf niedrem Schemel saß die Junge Salvete schob das Netz zur Erde, |