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Auf Grummet und Buchelmast

Über tannener Tiefe ringholen die Falken. Hoch schraubt sich der werbende Terzel in den flimmernden Himmel, hängt, siegesfreudig rüttelnd, sonnendurchglastet, wie genietet am Pol und stürzt dann senkrecht in die starrenden Tannenlanzen – ein rotblitzender Ausschwung in sausender Fahrt, und schon pfeilt er mit jauchzendem Geller haarscharf am Weibchen vorbei in die frühlingstrunkene, rauschende Goldweite hinaus.

Unten aber im Gestrüpp des Windbruchs, zwischen bräutlich geschmückten Aspen, Birken und Salweiden, brautet der Haselhahn. Heimliche Schatten ziehen am blaudämmernden Waldsaum. Da schwenken mit einmal erregt die Altspindeln der Hasel, und ein sparriger Rehbock in zerlumptem Winterrock fegt an den Schossen die letzten juckenden Bastfetzen von seinem Doppeldreizack herunter. Noch heimlicher als der Bock, erst als der Abendtau auf das grasschwadige Ufer des Baches fällt, schreitet der alte Urhahn, bevor er sich auf den Balzbaum einschwingt, aus dem schneefleckigen Preiselbeericht des Fichtenjungwuchses hervor, um zwischen der Brunnenkresse der eisplinkenden Quellsinke das quarzige Weidkorn für den Magen zu lesen.

Dämmerung fällt, und viel heimlicher als Rehbock und Urhahn werden im niedergesunkenen Schnee der verborgensten Nadeldickung vier dunkle Schatten rege, ein großer und drei kleine, und schieben sich unter der Sicherheit des flimmernden Nachtzeltes auf die grün überhauchte Krokusfreiung hinaus.

Der Mond flimmert über dem Wiesentau. Wie gebannt verhofft die Bärin lange. Hochaufwindend sichert sie die starre Sennhütte, den brennesselüberwucherten Hürdenpferch und das würzige Frühlingsblumenfeld ab, indessen die drei Jungen, groß wie Wildkatzen, eine Weile verdutzt vor der offenen Lichtung staunen, aber schon ein täppisches Spiel ersinnen und lustig übereinanderpurzeln.

Die Bärin ist ungehalten, kann sie doch nicht ruhig den Ton fangen, und dazu zappeln sie ihr auch immer zwischen den Säulen herum, heben sich auf die Hinterbranten, zerren am Gesäuge und tatzeln an der Flanke. Mit mürrischem Groller setzt sie sich in wiegenden Gang und tritt in das Grummet. Was hier zu gewinnen ist, ist noch dünn gewachsen; immerhin ist es das erste gedüngte Fettgras, das sich ihr heuer bietet, und so mummelt sie mit einiger Lüsternheit die zarten grünen Halme und schert, mählich der Hürde sich nähernd, behagensvoll die jungsprießenden Brennnesseln ab. Schon aus Lust an der Nachahmung naschen die Kleinen von den noch ungekannten Genüssen. Sie wissen aber noch nicht, was gut ist, oder sie kennen was Besseres, denn immer wieder drängen sie sich zwischen Mutterchens Hinterbranten. Doch die Alte mag sich im Äsen nicht hindern lassen, sie hat einen gesunden Pansen entwickelt, und die Verdauung schreitet so rasch vorwärts wie die Aufnahme. So heißt es also, da sie sich immer noch knapp spürt, sich die ganze liebe stille Nacht wohltuender Äsung zu widmen.

Mit Ort und Verhältnissen bekannt, weiß sie sich in herkömmlicher Sicherheit und wiegt sich in voller Vertrautheit. Die Luft steht ja still wie gemauert, und eine lauernde Gefahr hätte längst schon den Platz verstunken; eine auf dem Waldweg heranschleichende jedoch würde sich durch klirrenden Einbruch in die dünne Harstkruste bereits im tiefen Baumdunkel verraten. Dazu liegt die Waldwiese hoch auf dem Bergrücken zwischen weglosen Talschluchten, rechts und links herum durch altverschneiten Windbruch geschützt und von der Alm her in diesem Jahr noch durch keines Menschen Tritt belästigt. Als sie über der Lichtung über den Sommerweg schlurten, hat die Bärin unfehlbar die Unberührtheit des Harstschnees festgestellt. Übrigens ist ihr hier nächtens, soweit ihre Erinnerung zurückreicht, nie die geringste Gefahr begegnet. Das ist gewiß auch Überlieferung, denn ihre Altmutter hat oft genug hier durchgeführt, steht der oberste Weiler des Gebirgsdorfes doch weit hinter jenem Sattel und tief unter der Vorfallskuppe fern der Flußschnelle, wo der Zusammenstoß die beiden Talschneiden vereinigt; und zwischen hier und dort läuft der Fichtenwald bis zur Buche und der ganze große Buchwald bis zu den Talweiden und Bacherlen. Das weiß sie alles recht gut, da sie in der nämlichen Felshöhle zur Welt gekommen ist wie ihre Brut. Also ist aus diesen nüchternen Betrachtungen heraus hier gut sein, und es wäre noch besser, wenn der sanfte Grasflaum etwas satter stünde, so, wie er nach einiger Wiederkehr zum selben Platze sein wird. Doch die Forderung der Lebenssicherheit gebietet eben die Wahl dieses Aufenthaltes, und er ist zweifellos weniger bedenklich als tiefer zu Tal, wo jetzt alles schon grünt und keimt bis auf die Buchelmast im Schutze des noch leblos braunen Buchenmantels, die aber gerade in ihrer Keimruhe so begehrenswert ist. Ein unbewußter Drang, fast wie ein Erinnern an den Fall der Herbstbucheckern, zieht nach jenen Tiefen, denn das fettölige Samenfleisch gibt ganz anders aus als die wässerige Grünweide der Herdentiere. Und noch ein anderes Gelüste träumt an der Grenze zwischen Schlaf und Wachen von baldiger Erfüllung: es ist, trotz aller zeitweiligen Neigung zu Pflanzen-, Beeren-, Fruchtkost und deren stetem Wechsel untereinander, doch immer wieder der altererbte Hunger der Rasse nach Fleisch, ihr Durst nach Blut, ihr Reiß- und Raubtrieb, den sie immer wieder allem Lebenden entgegen aufbringt, weil sie nun einmal Körperform, Fang und Branten in der Jahrzeiten Millionen auf Fleischraub ausgestaltet hat. Dem Zuge des Hungers folgend, hält die Alte quer durch die Wiesenbucht zwischen Sennhütte und Rindenschlupf der Melkhürde die einmal eingeschlagene gerade Richtung ohne Faselei ein und nähert sich, gelassen raufend, dem Schafsteg am untern Waldsaum. Abseits von der schrägen Lager- und Dungstelle der Schafe werden die Grashalme im Veilchenblau der Krokuskelche immer spärlicher, der Bärin Gänge immer ungeduldiger, und schon hat sie anderes im Sinn als Grummet und Jungbrennesseln. Ein leises Brummen lockt die hoppelnde Brut nach, und flott taucht sie zwischen den Kollerbüschen in den Nachtschatten des Steges unter. Sie folgt immerzu dem Treibweg durch den Hochwald, weil die sperrigen Windbrüche unter den Fichtenriesen das gute Fortkommen doch zu sehr hinderten, den Jungen vielleicht ganz unmöglich machten. Der sonst tiefe Wegschnee ist arg zusammengesunken und wird zu Tal immer weniger, bis er ganz schwindet. Die ersten Buchen erzwingen sich, mit knorrigen Ästen rücksichtslos gegen die schlanken Fichtenleiber stoßend, Ellenbogenfreiheit. Gedrücktes Streulaub, die ersten spärlichen Buchelhäuser warten auf. Tot ist noch jedes Keimleben in ihnen. Merkwürdig, daß die Alte, obwohl näher an die Nester menschlichen Gefahrdrohens gerückt, unter diesen alten träumenden Buchen, wo ihr Körper sich nicht dunkel von hellen Hintergrund abhebt, wo sie nicht im Schnee weithin sichtbare Spuren zieht, mit einmal geborgener erscheint als oben im Gesichte, in dem sie sich mit ihrem Geheck untrüglich dem Schleicher verrät, der auf Spurensuche ist. Solange hinter ihr nicht Hunde nachhängen wie sommers, wenn sie in die Schafe einbricht, ist sie auf braunem, schweigendem Grunde besser daheim als im treulos vermeldenden Schnee.

 

Sie sichert auf. Ein grauer Schatten wischt in hohen Fluchten durch die Buchensäulen, ein zweiter – ein kurzes Verhoffen, weiß blinkt es auf, und zwei wippende Spiegel schwinden im Gedüster des Hochholzes: Rehwild. Die Jungen haben es gar nicht eräugt; neugierig heben sie, vor dem fremden Winde schnuppernd, die kleinen Nasen. Von unten bölkt es lauttönend herauf. Lüstern windet die Alte, weiß aber gut, daß da nichts zu fangen ist. Die Jungen kümmern sich nicht viel darum. So oft die Mutter verhofft, sind sie zur Stelle und raufen sich um den spröden Milchbronn. Diesmal gibt sie nach und läßt, auf den Keulen sitzend, die Kleinen sich schnurrend anschlampen.

Sieh nur den Nichtsnutz an, den Zudringling, den Größten unter ihnen, wie er sich gleich ungebärdig benimmt, nach Laune und Maß ausschlägt. Giftig bleckt er das stachlige Mäulchen und fährt bissig auf. Wenn Mutter leise brummelnd und schnalzend ruft, ist er der erste, so es ihm paßt, der letzte, wenn er nicht will, oder wenn ein huschendes Mäuschen, ein stoßender Maulwurf seine Aufmerksamkeit erregt. Gleich ist die alte Weckerin rasselnd da und bringt ihm mit aufmunterndem Schlag die Zeit in Erinnerung. Da kippt er wie ein Frischling quiekend um, der feiste, pricke Kerl, und schon fletscht er gallig die winzigen Zähnchen – eigenwüchsiger Rauhbautz das.

Man muß ihm nur seinen Willen lassen, aber Mutter tut das oft nicht, und dann ist scheltendes Brummen und beleidigtes Blasen und Fauchen das Ende.

Hat er nicht, kaum daß die Züchtigung vorüber, schon eine tapsende runzlige Erdkröte unter den Brantchen und schlägt ihr vergnügt das Tätzchen über den Kopf, bis sie still daliegt und sich nicht mehr rührt?

So ist man langsam mit Hindernis und Aufhalt in die reiche Buchelmast eingewechselt. Und das ist was ganz anderes als Brennessel oder Gras, ist reife, feste Unterlage, die vorhält, bis vielleicht noch was Besseres nachkommt. Doch was begehrt ein unverwöhnter Magen jetzt Besseres? Die Alte vertieft sich immer mehr in Knurpsen und Schmatzen. Kaum, daß sie einmal aufwirft oder nach der Kinderstube äugt. Ihre ewig spielenden Gehöre wissen ja genau, wo das eine und das andere auf dem nachtfeuchten Laube krabbelt. Dazwischen schöpft ihr zitternder Windfang in tiefen Zügen die Lust und weiß, daß sie rein ist. Nur hin und wieder taucht sie, wie suchend und sinnend, die Nase tief in das Fallaub. Spuren von rüffelnden Sauen. Kalt sind sie, alt sind sie, so einige Nächte alt, und doch erregen sie der Bärin Nüstern sonderbar. Bilder werden vor ihr lebendig, schwarzes Wuseln zieht durch ihre Erinnerung, roter Schweiß stockt rünstig auf kahlem, altem Boden. Die borstige Gesellschaft ist ihr seit Kindheit Lebensfrage, Lebensinhalt, ist ihr oft genug in frühwinterlicher Schneezeit einzige Lust noch, einziger Trost und einzige Befriedigung ihres Bedürfnisses gewesen. Sie hat ihn lieb, den Geruch, und fühlt sich in seinem Bereich geborgen vor Darbung, sicher vor Gefahr. Wo Sauen sind, ist gut sein. Allerdings muß sie sich jetzt mit Verzicht bescheiden, denn mit den schwachen Jungen kann sie keiner ziehenden Rotte in dauerndem Trab oder gar Troll folgen, sie müßte sie schon zufällig aus verdecktem Hintergrund unter Wind in plötzlichem Ansturm überwuchten.

Triebmäßig wirst sie jetzt öfter auf als bisher. Die Kleinen sind heran und schnüffeln nach der Mutter Beispiel höchst angeregt in den Spuren.

 

Mäuse huschen piepsend im glitzernden Mondhauch. Flink hat ein schlankes Winterwiesel eine um den Leib gepackt. Rauhbautz tolpatscht hin, zu spät; schon ist es in einem Baumloch verschwunden. Schwesterchen ist heran und stochert mit hilflosen Pranken vergebens in das bodenlose Loch. Auch Brüderchen steckt schnuppernd den dicken Kopf in die Höhlung. Da geht mit einmal etwas schnalzend über alle Buchäste, wirst sich aus hohem Wipfel zu Boden, erklimmt stiebend eine Altbuche, fliegt aus der Krone in steilem Bogen in die nächste, rückt an ihr herab, und hinter dem aufgestöberten Eichkätzchen saust in schlanken Sprüngen mit fliegender Fahne der Edelmarder.

Wo solch lebendiges Getier einher ist, da geht kein fremdes Falschspiel um.

Rauhbautz versucht natürlich am Baum emporzuklimmen, plumpst jedoch in rollendem Überschlag gleich an der glatten Rinde herunter.

Aber was ist das? Füchsleins blutrünstige Schnürlspur! Unfehlbar abzuwittern. Das ist höchst bemerkenswert! Wird ja immer besser. Auch von einem abkömmlichen Bock in der frischen Trittspur. Da muß man doch gleich nachsehen!

Eilig versammelt die Alte die Jungen um sich und folgt gespannt der Gegenrichtung der Fuchsspur, gar nicht lange, denn schon fächelt feiner Luftstrich ihr reine Witterung von Fallreh in die Nüstern. Dort liegt das Stück im verzerrten Schattenwurf der knorrigen Esche offen da.

Aufmerksam, wie hingeschmiedet, windet die Alte in die Luft. Wie in Erz gegossen stehen hinter ihr die Jungen, zuvor noch ausgelassen mutwillig, jetzt schon in ernstem Vorempfinden wichtigen Ereignisses. Etwas Neues, etwas von Bedeutung fürs Leben ersteht am Himmelskreis ihrer Kindheitsstube. Prickelnden Reiz, wie sie ihn bisher nie gefühlt, verspüren sie plötzlich in den Nüstern, im Windfang, im ganzen Körperchen. Von innen aufgewühlt, bricht es mit Urtrieb hervor. Fast furchtsam, bebend folgen sie dicht an Mutters Hanken. Es ist der große, unbewußte Weg zur Bärwerdung. Noch hat die Alte das gefallene Wild nicht eräugt, doch weiß sie schon nach Windrichtung und Ruchstärke den Platz. Immerhin ist schon eine gute Anzahl von Gängen bis hin. Rauhbautz macht ein Männchen. Leises Knistern und Knabbern an zähen Flechsen, leises Knicken von Bein – jetzt ein flackernder Strich im fahlen Mondlicht: ein abgebrannter Rotfuchs mit wehend aufgepielter Standarte wischt davon, verhofft einmal im Schutz unentlaubten Buchenaufschlages und umstreicht keckernd und bellend die lästigen Störenfriede.

Die Alte weiß, daß kein Feind ist, wo Füchse sorglos am Luder schneiden, sie weiß, daß der ganze Fund ihr gehört, und zieht in vollem Wind mit Sack und Pack stracks los. Ein rascher Griff, ein Hub zur Seite, und das neue leblose Wesen prellt schlenkernd zwischen die Jungen. Auseinanderstieben, Verblüffung, doch nichts Gefährliches bewegt sich. Mutterchen bricht und reißt, daß die Fetzen fliegen. Die schwere Pranke deckt das halbe Fleischzeug, stemmt sich darauf, der Fang umfaßt volles, weiches Fell. Ein scharfer Anruck im Nacken, Zug und Riß, und das halbe Reh hängt abgetrennt der gierigen Alten triefend im Fang. Der Jungen Äugelchen glänzen in aufsprühendem Feuer, wie gebannt schnuppern zitternd die vorgestreckten Näschen. Rauhbautz gewinnt als erster Fassung und Mut zur Lösung des unbekannten Rätsels. Heimlich, diebhaft stiehlt er sich wie auf dem Sprung mit schiefem Blick zur Mutter heran. Ein gieriges Zupacken, Zerren, und schon ein bösliches Murren und Fauchen gegen die Geschwister, die dem kühnen Beispiel zwischen Raffgier und Mißtrauen folgen. Alp und Bann sind nun einmal gewichen, und während die Alte wohlig schmatzend abseits den Fall einbringt, hängt das Dreikleeblatt knurrend an den blutrünstigen Fetzen und knabbert schnurrend und blasend am ersten blutigen Fleisch seines Lebens, schlürft den ersten Blutsaft, den ihm Mutter Natur in diesem gesegneten Dasein beschieden.

Doch schon hat Mutter sich ihren Teil einverleibt und kommt um den Rest. Ohne sich um die Dreifalt zu kümmern, tapst sie auf den roten Brocken und zieht ihn mit der zäh eingebissen hangenden Einfassung drei Gänge weiter. Rauhbautz gibt nicht nach und beißt, dicht neben Mutters Fang fassend, ihr unaufhörlich im Fraßneid in die giertriefenden, einhangenden Lefzen, bis sie dem ungezogenen Sprößling mit ärgerlichem Schlag seine gute Erziehung in Erinnerung bringt, daß er in weitem Bogen plärrend durch die Luft fliegt und in einem Busch landet. Doch was hat sie gemacht? Nun umstreichen die drei wimmernd und greinend die Alte, krallen ihr in die Decke, schnuppern und drängen, daß sie eiligst den Rest verschlingen muß, um Ruhe zu bekommen. Der Ziegenmelker schnarrt, und dumpf röhrt die Waldohreule. Noch ist lange ein Schnüffeln am schweißbesudelten Boden, ein Absuchen und Scharren, und die Bärin muß wieder mit Gewalt eingreifen, um die unfolgsame Brut in der erblassenden Finsternis geschlossen wegführen zu können.

 

Lispelnd dämmern die alten Buchen. Rotkehlchen wacht morgenandächtig auf, die ersten Misteldrosseln stimmen ihre tiefverhaltene Leier an. Schon murkst der Häher, und als die vier Nächtlinge zwischen eindringlicher Nachhilfe einerseits und störrischer Verwahrung andererseits den rauschenden Talbach auf querem Fallholz überturnen, hoch über dem Abschliff im Schiefer, auf den knistrigen Quarzgries hoppen und sich mit viel Gebaren tränken, da bedenkt er sie mit Schimpf und Schande, weil sie das Prassen in der Überfülle der Nacht noch in solch helle Morgenstunde ausdehnen. Selbst an dem wilden Apfelbaum, der wie ein Ausgeschiedener auf dem Reifduft der engen Tallichtung steht, können sie nicht vorbei, ohne Mütterchen abzusehen, wie sie nach dem durchwinterten verschrumpelten Fallobst zu suchen haben.

Aber als der Häher im Genist der rankenden Waldrebe diese Unverschämtheit mit noch schneidigerer Aburteilung behandelt, als im halbentfalteten Frühjahrslaub des Spindelbaums der burrend aufgebaumte Haselhahn lustig lockt, als schon der Sperber im Wendeschuß sich einen quetschelnden Buchfink ergattert, da führt endlich die Alte steil hangauf, erst über Heidelkraut, dann durch Brombeerlaub im schneegeglätteten Staudenfeld des Weidenröschens, durch Windwurf und verstrauchten Bruch, bis sie in die Dickung findet, die ihr und ihrem Nachwuchs für heute den verdienten Tagesschlaf gewähren soll. Rasch wird ein dürftiges Lager ausgehoben, und bald schnurrt, wohlig an Mamas Wärme geschmiegt und den Milchsprudel schlürfend, um Erfahrungen reicher die braunwollige Dreiung. Und auf der Riesenfichte gurrt tiefhohl und ernst der verbuhlte Vogel im Perlmutterglanz, der Ringeltauber.


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