Edgar Wallace
Der Goldene Hades
Edgar Wallace

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13

Am nächsten Nachmittag begegnete Peter Corelly Jose Bertram und Professor Cavan. Sie hatte wieder ihr altes Selbstbewußtsein, war strahlend und vergnügt. In ihrem Gesicht zeigte sich nichts mehr von der Depression, die sie am vergangenen Tag gequält hatte. Peter wunderte sich nicht wenig.

»Wie geht es Ihnen, Mr. Corelly? Ich sah Sie heute morgen schon einmal am Broadway, aber Sie nahmen keine Notiz von mir.«

»Am Broadway?« wiederholte er. »Ich war diesen Morgen aber gar nicht am Broadway. Ich habe mein Büro seit gestern abend kaum verlassen.«

Er bemerkte, daß ihn Cavan ungewöhnlich interessiert betrachtete.

»Was haben Sie denn, Professor?«

Peter lächelte und legte seine Hand ans Kinn, das mit einem schmalen Streifen Heftpflaster beklebt war.

»Ich habe mich heute morgen geschnitten – ist daran etwas Besonderes?«

»Nein, nein, Mr. . . . Ich habe Ihren Namen schon wieder vergessen. Nein, nein, Mr. Corelly. Ich habe Sie zwar betrachtet, in Wirklichkeit aber an etwas ganz anderes gedacht.«

»Sie sind vermutlich sehr beschäftigt, Mr. Corelly«, meinte Jose. »Hoffentlich nicht zu beschäftigt.« Ihre Worte hatten einen eigenartigen Unterton, sie klangen fast bittend.

Er schüttelte den Kopf.

»Nicht so beschäftigt, daß ich mich nicht für die Angelegenheiten meiner Freunde interessieren könnte«, erwiderte er. »Sie erinnern sich . . .«

»Ja, ich erinnere mich«, entgegnete sie hastig. Sie glaubte, er wollte seine Telefonnummer nennen.

Es gab im Augenblick nichts weiter zu besprechen, und es schien ihm, daß sie diese Unterhaltung möglichst bald beenden wollte. Trotzdem hatte ihr die Begegnung mit ihm Kraft gegeben und sie mit Mut erfüllt.

Sie verabschiedeten sich von Peter und kamen zu dem Portal der Inter-State-Bank. Hier hielt sie an.

»Ich werde meinen Vater besuchen«, sagte sie zu ihrem Begleiter. »Und ich hoffe, daß Sie mir beistehen, Professor. Sie können doch nicht an solche abscheulichen Dinge glauben – es ist unmöglich, daß ein intelligenter Mann wie Sie das fertigbringt!«

Der kleine Herr streckte hilflos die Arme aus.

»Ich kann nur glauben, was ich als wahr erkannt habe. Es gibt gewisse Geheimnisse, die dem normalen menschlichen Auge verborgen, den Empfänglichen und Begabten aber sichtbar sind.«

»Sind solche Leute von den Göttern begabt?«

»Von den Göttern«, wiederholte er feierlich.

Sie preßte die Lippen zusammen.

»Dann wollen Sie mir also nicht helfen, Vater von diesen Halluzinationen zu befreien?«

»Doch, wenn es Halluzinationen sind. Aber, meine Liebe, es sind eben keine. Ihr Vater ist wirklich besonders begabt, das versichere ich Ihnen. Ich selbst« – er sprach mit großer Überzeugung – »hörte Pluto sprechen. In klaren, verständlichen Worten hat er zu Ihren Vater gesprochen.«

Sie sah ihn ungläubig an, aber er begegnete ihrem Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.

»Sie machen doch nur einen Scherz. Sie haben ein Götzenbild – eine Statue – sprechen hören?«

Er neigte den Kopf.

»Wann hat Pluto denn Englisch gelernt?«

»Die Götter sind mit allen Sprachen vertraut«, erwiderte er sachlich.

Sie zuckte die Schultern und wandte sich ab.

Der Professor ging lächelnd zu seiner Wohnung zurück.

Er hatte viel zu berichten, und Scatwell lauschte mit Genugtuung, als Rosie von dem Zusammentreffen mit Corelly erzählte.

»Ihr müßt aber trotzdem vorsichtig sein, Jungens«, sagte Cavan, als er seine kurze Pfeife ansteckte. »Wenn ihr Corelly argwöhnisch macht, und wenn sein Doppelgänger zu häufig gesehen wird, gibt es Nachforschungen, und Giuseppe wird eingebuchtet. Wo ist er denn jetzt?«

»Er ist in seine Wohnung zurückgegangen«, erwiderte Scatwell. »Ungefähr vor einer Stunde.«

»Übrigens muß ich dir noch eins sagen. Corelly hat sich am Kinn geschnitten, am linken Mundwinkel. Er hat einen kleinen Streifen Heftpflaster darübergeklebt. Den mußt du bei Giuseppe auch anbringen, wenn du ihn wiedersiehst. Außerdem ist der Junge viel zu gut gekleidet. Der wirkliche Corelly sieht wie ein Vagabund aus. Du mußt also vorsichtig sein – wenn der Mann zu gut angezogen ist, fällt er auf.«

Scatwell nickte.

»Sam, geh hin und sage ihm, daß er vor dem Abend nicht ausgehen soll. Das Heftpflaster kannst du ihm auch gleich ankleben. Zeige Sam noch einmal die Stelle, Rosie.«

Rosie beschrieb die genaue Stelle, die Größe und Form des Heftpflasters.

Sam erledigte seinen Auftrag und traf Signor Giuseppe Gatti dabei an, wie er vor Langerweile mit sich selbst würfelte.


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