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Professor Cavan putzte prachtvolle Silberlöffel. Er war in Hemdsärmeln, und auch die hatte er aufgerollt, so daß seine sehnigen Arme sichtbar waren. Außerdem hatte er eine große, weiße Schürze umgebunden; während der Arbeit zitierte er griechische Verse aus Sophokles. Der stattliche englische Butler saß auf der Tischkante und rauchte eine große Zigarre; der Diener hatte sich eine Shagpfeife angesteckt und war am Tisch damit beschäftigt, einen Gummistempel zu reparieren.
»Rosie«, sagte der Butler, »wenn du diesen dummen Singsang nicht läßt, schlage ich dir auf den Kopf, daß du Backzähne spuckst!«
»Laß ihn doch ruhig singen«, meinte der Diener. »Laß ihn tanzen und sonst tun, was er will, wenn er nur nicht redet.«
Der Professor lächelte.
»Na, ihr könntet doch nichts anfangen und würdet bald auf dem trockenen sitzen, wenn ich nicht reden könnte. Ich bezweifle überhaupt sehr stark, ob es noch einen Mann in dieser Stadt gibt, der so unterhaltend sein kann wie ich.«
»Rosie«, sagte der Butler, ohne die Zigarre aus dem Mund zu nehmen, »du hast eine verdammt hohe Meinung von dir. Wenn du so klug wärst, wie du annimmst, wärst du doch niemals ins Gefängnis gekommen.«
»Wenn ich nicht ins Gefängnis gekommen wäre«, entgegnete Cavan oder Cavanagh, »dann hätte ich dich nicht getroffen, mein Junge. Und hätten wir nicht zusammen auf derselben Bank gesessen und Postsäcke genäht, dann hättest du weiter Geldschränke geknackt, um jedesmal hundert Pfund oder noch weniger zu erbeuten, und bei drei Einbrüchen wärst du zweimal gefaßt worden.«
»Das ist wohl möglich«, entgegnete der Butler gleichgültig. »Und was hätte Sam gemacht?«
Sam sah von seiner Arbeit auf.
»Ich hätte alte Meister gefälscht und die Bilder verkauft. Das ist eine angenehme, ruhige Art, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich wünschte nur, ich wäre nie auf andere Gedanken gekommen.«
»Ja, jetzt könnt ihr euch beschweren und den Mund aufreißen, aber ich habe euch immer gesagt, daß ihr auch ein großes Risiko auf euch nehmen müßt, wenn ihr viel Geld verdienen wollt.«
»Aber nicht die Art Risiko, die du auf dich nimmst, Tommy«, meinte Sam und schauerte zusammen. »Ich werde diese Frau niemals vergessen, diese Laste.«
Der Butler runzelte die Stirn.
»Es war ihre eigene Schuld«, erwiderte er. »Wenn sie mir das Taschentuch vom Gesicht gerissen hätte, dann hätte sie mich erkannt. Es ging um mich oder um sie. Was sagst du dazu, Rosie?«
Der Professor betrachtete einen glänzenden Löffel mit kritischen Blicken.
»Nun, ich bin schon so ein alter Herr«, entgegnete er bedächtig, »daß es mir wirklich gleichgültig ist, was passiert. Ich würde ebensoleicht zum elektrischen Stuhl gehen – man findet dort ein schmerzloses Ende, soviel ich bis jetzt erfahren konnte –, wie ich den Rest meines Lebens in einem amerikanischen Gefängnis zubringen würde. Du bist etwas voreilig, Tom«, fügte er entschuldigend hinzu.
»Die ganze Sache war dein Fehler«, unterbrach ihn der Butler heftig. »Hast du nicht diesem verrückten Bankier gesagt, er solle sein Geld verstecken, damit es die Götter nehmen und den Armen geben könnten?«
Rosie nickte.
»Ich sagte ihm aber nicht, daß er es zwischen die Seiten der Bücher legen sollte, die seine Tochter liest«, widersprach er. »Habe ich wissen können, daß sie die Bücher zu dem Laden zurückschickt? Ihr hättet es dabei lassen sollen – es wäre ja noch viel mehr gekommen.«
»Wir haben alle etwas Schuld«, meinte Sam düster. »Nicht Rosie hat vorgeschlagen, daß das Geld mit einem Bogen über die Mauer geschossen wird – sondern du, Tom.«
»Ich habe aber auch vorgeschlagen, daß du auf der andern Seite stehen sollst, um es in Empfang zu nehmen«, erwiderte Tom grimmig.
»Ich wäre auch dort gewesen, wenn ich gewußt hätte, wo es hinfallen würde«, erklärte Sammy, ohne sich in seiner Beschäftigung stören zu lassen. »Und ich war auch bei dem Mann, sobald ich ihn wegrennen sah.«
Der Professor lachte.
»Ein ausgezeichneter Witz. Entzückend! Ein Mann, der mit gefälschten Banknoten handelt! Höchst tadelnswert!«
Plötzlich legte er den Löffel nieder und sah den Butler an. Dabei drehte er den Kopf wie eine neugierige Henne.
»Weißt du, daß ich beinahe in ernstliche Schwierigkeiten gekommen wäre? Ich habe es erst gestern entdeckt.«
»Was für Schwierigkeiten waren das denn?« fragte Tom und unterdrückte ein Gähnen.
»Miss Bertram bat mich, eine Tausenddollarnote zu wechseln. Das tat ich auch und gab ihr . . .«
»Doch nicht gefälschtes Geld?« sagte der Butler scharf. »Du alter Narr, hast du das getan?«
»Es war ein reiner Zufall, mein Junge«, erwiderte der Professor leichthin und putzte wieder an den Löffeln weiter. »Ich habe eine zufriedenstellende Erklärung abgegeben.«
Dann erhob er sich.
»Ihr müßt jetzt eines begreifen, was noch nicht zu eurem Verstand durchgedrungen zu sein scheint. Es heißt jetzt Schluß machen und verschwinden. Einige der Besten haben daran glauben müssen, weil sie sich etwas zu spät davongemacht haben.«
Tom Scatwell sah zu ihm hinüber und kniff die Augen zusammen.
»Ich habe noch nicht alles, was ich brauche«, sagte er ruhig. »Und ich gehe nicht eher, als bis ich es habe. Wir haben Geld – schön. Es hat eine Menge gekostet, aber das Geld war gut angewandt. Wir haben Tausende ausgegeben, um Rosie zu finanzieren und ihm die Stellung in der Gesellschaft zu verschaffen, die er jetzt einnimmt. Allein die Limousine kostete fünftausend und seine Wohnungseinrichtung zwölftausend – aber das ist im Augenblick nebensächlich. Wir haben das Geld – aber wir wollen noch mehr. Der Alte wird nervös, was, Rosie?«
Der Professor nickte.
»Skeptisch ist ein besserer Ausdruck«, erwiderte er traurig. »Er fühlt sich unbehaglich und bedrückt. Gestern abend fragte er mich, ob die Götter an weiter nichts Interesse hätten als daran, Geld zu verteilen. Das war schlimm.«
»Eines Tages wird er den Schnabel aufreißen und uns verpfeifen«, sagte Tom Scatwell. »Und dann ist Schluß, mein Lieber, Schluß mit uns allen. Wir müssen ihm den Mund schließen, wenn wir nicht alle zum elektrischen Stuhl marschieren wollen. Ach, du brauchst gar kein Gesicht zu ziehen, wir stecken alle in der Tinte.«
»Mein lieber Thomas«, erwiderte der Professor, »ich nicht, wenn du von dem vorsätzlichen Mord sprichst. Anwendung von Gewalt steht im Gegensatz zu all meinen Prinzipien und Methoden. Jeder Polizist wird dir sagen, daß ich mich niemals an einem Vertreter des Gesetzes vergangen habe, daß ich niemals auch nur ein Kind verletzt habe, wenn ich eine Sache verfolgte, die mich interessierte. Ich bin ein Betrüger«, erklärte er mit bescheidenem Stolz, »das gebe ich zu. Ich schlage Geld aus den Geheimlehren, weil ich für die technische Seite des Okkulten ein besonderes Fingerspitzengefühl habe. Als ich vor zwei Jahren mit George Bertram über die Möglichkeit sprach, daß die alten Götter auf die moderne Welt Einfluß ausüben könnten, hatte ich noch nicht die geringste Ahnung, daß noch einmal eine so große Sache daraus entstehen würde.«
»Ist er eigentlich verrückt?« fragte Tom.
Der Professor strich seinen Bart.
»Das glaube ich nicht; er ist nur sehr sensibel und beeinflußbar – außerhalb der Geschäftsstunden.«
Tom Scatwell lachte.
»Ist ein Mann, der in Monte Carlo nach einem System spielt, vielleicht verrückt?« fragte er. »Oder haltet ihr Leute für wahnsinnig, weil sie abergläubisch sind und zum Beispiel nicht zu dreizehn an einem Tisch sitzen oder nicht unter einer Leiter durchgehen wollen? Oder weil sie sich bekreuzigen, wenn sie ein scheckiges Pferd sehen? Vielleicht ist das tatsächlich eine Art Wahnsinn. Aber Bertram ist nicht geisteskrank, er hat nur eine schwache Seite . . .«
Es klingelte. Tom erhob sich, schlüpfte in seinen Livreerock und ging hinaus. Nach wenigen Minuten kam er zurück.
»Der Portier hat den Glaser heraufgebracht«, meldete er.
Rosie begann eilig seine Schürze abzunehmen.
»Nur keine Hast«, sagte Tom. »Der Mann hat weiter keine Bedeutung.«
»Wie sind denn eigentlich die Fensterscheiben zerbrochen, Rosie?« fragte Scatwell, der in Wirklichkeit der Vorstand des Haushalts war.
»Es ist nicht zu glauben!« erwiderte Rosie. »Drei an einem Nachmittag – es ist schrecklich. Und doch sagt man, daß New York die beste Polizei der Welt hätte.«
»Es gehört schon allerhand dazu, ein Fenster im dritten Stock einzuschlagen«, brummte Scatwell. »Die jungen Kerle müssen Schleudern benützt haben.«
»Es war ein außergewöhnlicher Zwischenfall«, erklärte Rosie. »Ich saß an meinem Tisch und las zum drittenmal den entzückenden Band von Gibbon – du müßtest ihn unbedingt auch lesen, Tom, der Stil ist flüssig und klar, der Aufbau tadellos –, da kracht plötzlich die Scheibe. Ich sprang sofort auf die Füße . . .«
»Ach, mach es doch kurz!« fuhr ihn Tom an. »Niemand erwartet, daß du auf den Kopf gesprungen bist. Hast du einen der Jungen gesehen, die es getan haben?«
»Nein«, entgegnete Rosie gekränkt.
Scatwell glitt vom Tisch herunter und ging in das große Wohnzimmer. Ein schlanker Mann mit dunkler Hautfarbe und dichtem, schwarzem Haar arbeitete an dem zerbrochenen Fenster. Er schien sich mindestens eine Woche lang nicht rasiert zu haben.
Scatwell, der nur selten die Fassung verlor, blieb sprachlos und verwirrt stehen, als er ihn sah, denn dieser Handwerker sah dem Mann täuschend ähnlich, den er als seinen größten und gefährlichsten Feind betrachtete.
»Hallo, Wopsy!« begann er schließlich. »Wie lang werden Sie zu tun haben?«
Der Mann grinste und schüttelte den Kopf. Dann zog er eine befleckte und beschmutzte Karte aus seiner Bluse und reichte sie Scatwell.
»Dieser Mann spricht nicht Englisch«, las der Butler.
»Kommen Sie aus Italien?« fragte er in der Sprache dieses Landes.
Er hatte sich einmal vier Jahre lang in Neapel versteckt gehalten und diese Zeit benützt, um seine Sprachkenntnisse zu erweitern.
»Ja«, erwiderte der Mann sofort. »Ich bin erst seit einem Monat in den Vereinigten Staaten. Kam direkt von Strezza zu meinem Bruder, der hier ein gutes Geschäft hat. Es ist herrlich, daß ich einmal wieder meine Muttersprache höre. Mein Bruder spricht nämlich meistens Amerikanisch, ebenso alle seine Freunde.«
»Würden Sie gern viel Geld verdienen?« fragte Scatwell, dem plötzlich ein Gedanke gekommen war.
»Natürlich würde ich gern viel Geld verdienen und dann in meine Heimat nach Strezza zurückgehen. Meine Frau ist nicht mitgekommen, und ich habe ihr versprochen, daß ich in drei Jahren wieder bei ihr bin. Ja, ich würde alles tun für Geld, wenn es sich um eine anständige, ehrliche Beschäftigung handelt. Ich stamme aus einer sehr achtbaren Familie, müssen Sie wissen.«
»Deshalb brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich möchte nur einem Freund gern einen kleinen Streich spielen – verstehen Sie. Und dabei könnten Sie mir vielleicht helfen.«
Er verließ den Mann und ging schnell zu dem Anrichteraum zurück, wo er seine beiden Gefährten traf.
»Habt Ihr den Mann gesehen«, fragte er eifrig. »Habt ihr ihn euch gut angeschaut?«
Die zwei anderen wunderten sich über seine Aufregung.
»Ja, ich habe ihn gesehen«, sagte Tom.
»Hast du nicht etwas Besonderes an ihm bemerkt?«
»Nein.«
»Dann betrachte du ihn dir einmal, Rosie.«
Der Professor nahm sich nicht die Mühe, seine Schürze abzustreifen. Er ging aus dem Zimmer und kam sofort wieder zurück.
»Nun?« fragte Scatwell eifrig.
»Ich sehe auch nichts Besonderes an ihm. Wirklich nicht, mein Junge.«
»Dann beobachte ihn noch einmal, wenn du so blind bist. Der Mann könnte doch der Doppelgänger Corellys sein!«
»Corelly? Glaubst du, daß es am Ende Corelly selbst ist?« erwiderte Rosie bestürzt. »Vielleicht ist er in Verkleidung hergekommen?«
»Sei doch nicht so albern; ich sagte, er könnte der Doppelgänger Corellys sein.«
»Aber warum bist du denn so aufgeregt darüber?« meinte Sam.
»Er kann sehr nützlich für uns sein, besonders für mich«, entgegnete Scatwell. »Nehmen wir einmal an, wir schneiden ihm das Haar und stutzen ihn auch sonst zurecht . . . Dann könnte er selbst im Polizeipräsidium als Corelly auftreten!«
Mr. Samuel Featherstone legte den Gummistempel nieder und ging in das Arbeitszimmer des Professors, um von dort aus den Glaser zu beobachten. Als er zurückkam, zuckte er die Schultern.
»Ich will nicht sagen, daß dieser Junge Corelly gleicht«, meinte er, »weil ich den noch nicht nah genug gesehen habe, um ihn genau zu kennen. Aber was hast du eigentlich vor?« wandte er sich an Scatwell.
»Ja, das möchte ich auch wissen«, erkundigte sich der Professor. »Welcher Einfall ist dir gekommen? Ein neues Risiko dürfen wir nicht mehr eingehen – wir stecken schon tief genug in dieser verrückten Geschichte, und ich bin derselben Ansicht wie Sam. Je eher wir verschwinden, desto besser für uns.«
»Ihr verschwindet erst, wenn ich es will«, erwiderte Scatwell. »Ich sage euch, ich führe jetzt einen großen Schlag, und ich habe schon halb gewonnen.«
»Es wird aber Schwierigkeiten mit dem jungen Mädchen geben«, meinte der Professor. »Sie wird nicht ohne weiteres den Befehl der – der Götter annehmen.«
»Aber sie wird dem Befehl ihres Vaters gehorchen. Und wenn ich diesen Burschen da draußen für mich gewinnen kann, ist die Sache so gut wie erledigt. Nehmt doch nur einmal an, sie erfährt, daß ihr Vater an dem Schwindel mit dem goldenen Hades beteiligt ist und daß wir ihn als Mittäter bei einem Mord ins Zuchthaus bringen können. Glaubt ihr nicht, daß sie dann alles tun wird, um uns zum Schweigen zu veranlassen?«
»Und welche Rolle soll Corelly dabei spielen?« fragte der ›Diener‹.
»Das werdet ihr schon noch rechtzeitig erfahren«, wich Scatwell aus. »Es handelt sich jetzt nur darum, ob der Italiener den Auftrag annimmt und ob ihr mir helft, wenn er das tut!«
»Wozu hast du es nötig, eine solche Frage zu stellen? brummte Featherstone. »Wir müssen dir doch wohl helfen, nicht wahr? Geh zu ihm und erkläre ihm die Geschichte.«
Der Glaser äußerte Zweifel und sogar Unbehagen.
»Es mag ja ein Scherz sein, aber in meiner Heimat kommt man durch so etwas mit der Polizei in Konflikt. Und ich liebe solche Scherze auch nicht. Ich bin fremd in diesem Land, aber ich weiß sehr wohl, daß die Polizei sehr scharf ist.«
»Sie sollen doch gar nichts Ungesetzliches tun, sondern sich nur gut anziehen und sich da und dort sehen lassen. Wenn Sie jemand anspricht, geben Sie keine Antwort. Und für diese Kleinigkeit können Sie tausend Dollar verdienen.«
Aber der Mann schüttelte den Kopf.
»Nein, das gefällt mir nicht. Vielleicht ist es besser, Sie suchen sich jemand, der wenigstens die Sprache beherrscht.«
Bei fünfzehnhundert Dollar wurde er jedoch schwankend, und bei zweitausend änderte er seine Meinung. Er besaß eine gute Auffassungsgabe und verstand sofort, als Scatwell ihm die Einzelheiten auseinandersetzte. Er hörte gut zu und stellte verständnisvolle Fragen, aber auf den Vorschlag, unter demselben Dach mit den drei anderen zu wohnen, ging er nicht ein.
»Ich sehe natürlich ein, daß ich nicht in das Haus meines Bruders zurückgehen kann. Das würde Aufsehen erregen, und die Leute würden sicher darüber sprechen. Vielleicht können Sie mir eine kleine Schlafstelle verschaffen. Hier möchte ich nicht bleiben, das wäre nicht klug. Ihr Scherz würde kein Scherz mehr sein, wenn man mich aus diesem Haus kommen sähe.«
»Er hat recht«, sagte Rosie. »Vollkommen recht. Wir haben doch noch das Zimmer, das wir seinerzeit für Sam gemietet haben, als er den Chauffeur für Wilbur Smith spielte. Dort kann er schlafen.«
Giuseppe Gatti – diesen Namen nannte der Mann – wurde dorthin gebracht. Der Professor schnitt aus einer Zeitschrift des vergangenen Jahres ein Photo von Peter aus, nahm eigenhändig die Maße des Mannes und besorgte die Kleider. Giuseppe bestand aber darauf, seinen eigenen Friseur zu nehmen, einen Landsmann, dem er trauen konnte.
Als es gegen zehn Uhr abends klopfte, öffnete Featherstone die Tür und prallte entsetzt zurück.
»Aber – aber – Mr. Corelly!« stammelte er.
Der Besucher antwortete jedoch in Italienisch. Verwirrt und betroffen führte Featherstone ihn zu Scatwells Zimmer.
»Schaut ihn an«, sagte er. »Wer ist das?«
Scatwell sprang auf.
»Ich wußte, daß ich recht hatte. Die Polizei und sogar selbst Smith werden getäuscht werden. Sie müssen nur noch etwas gebückter gehen, Giuseppe – so. Lassen Sie die Schultern ein wenig hängen.« Er machte es ihm vor. »Und wenn Sie gehen, müssen Sie die Füße etwas nachziehen.«
Zwei Stunden lang unterrichteten sie ihn über die Gewohnheiten Corellys und am Ende der Unterweisung erklärte Scatwell, daß Giuseppe nicht mehr von Peter zu unterscheiden wäre.
»Wenn mich nun aber jemand anspricht?« fragte der Mann. »Was soll ich dann sagen?«
»Niemand wird Sie ansprechen«, erwiderte Scatwell. »Und wenn es doch geschehen sollte, antworten Sie eben nicht. Ich werde Sie sehr bald zu einer jungen Dame bringen. Dann müssen Sie auf jede Frage, die ich an Sie stelle, mit ›Ja‹ antworten.«
»Gewiß, das werde ich tun.«
»Noch ein wenig mehr Übung und Praxis«, sagte Scatwell begeistert, »dann habe ich Bertrams halbes Vermögen in der Tasche.«