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Aus seinen Briefen
Ich habe keinen Augenblick für mich; seit einem Monat stecke ich bis über den Hals in Arbeit und Geschäften. Je älter man wird, um so mehr muß man sich zu tun machen. Viel lieber sterben als ein unschmackhaftes Greisenalter im Müßiggang dahinschleppen. Arbeiten, das heißt leben.
Vielleicht wende ich meine Zeit schlecht an; aber ich bin nicht müßig. Die Gesellschaft macht Spaß und zerstreut, die Arbeit strafft die Kräfte der Seele und macht glücklich. Leben Sie, Sie, der Sie so wertvolle Arbeit geleistet haben; genießen Sie, Sie, der Sie eben ins Greisenalter eintreten. Ich, der ich jung bin, der ich erst neunundsechzig Jahre neunundsechzig Jahre – der Zufall will es, daß der Herausgeber just ebenso alt ist alt bin, ich muß arbeiten, um es zu verdienen, daß ich mich eines Tags zur Ruhe setze.
Man muß bis zum letzten Augenblick gegen Natur und Schicksal kämpfen und nie an etwas verzweifeln, bis man mausetot ist.
Das nimmt mich wunder, daß Sie sagen, man solle im Alter nicht mehr arbeiten. Mir scheint es, Arbeit sei der große Trost für unser Alter. Decet musarum cultorem scribentem mori. Decet ... – Der Freund der Musen muß mit der Feder in der Hand sterben Mir ist auch das Kriegführen nicht unangenehm in meinem Alter; das regt mich an. Und manchmal lache ich mir ins Fäustchen.
Und wenn ich achtzig Jahre alt 80 Jahre – Voltaire wurde fast 84 Jahre alt wäre, ich würde noch an meinen Sachen feilen. Ich habe nicht den zähen Eigensinn der alten Leute. Ich bin geschmeidig wie ein Aal, lebhaft wie eine Eidechse und treibe immer um wie ein Eichhörnchen. Sobald man mir irgendwo eine Dummheit nachgewiesen hat, setze ich schnell eine andere an ihre Stelle.
Nichts ist so traurig, als wenn man für sich allein lebt ohne Beschäftigung. Das wissen die Tyrannen wohl; deshalb stecken sie einen Menschen manchmal in ein leeres Gelaß mit vier Wänden ohne Bücher. Diese Strafe ist schlimmer als die Folter, die doch nur eine Stunde dauert.
Der »Patriarch« kränkelt immer mehr; und wenn er schlechte Witze reißt in den Zwischenpausen zwischen seinen Leiden, so verdankt er sein Leben nur dieser Diät der Heiterkeit; eine bessere gibt es nicht.
Man muß spät aufstehen, mindestens bis mittags zwölf Uhr im Bett bleiben, und bald zu Bett gehen; das ist das Geheimnis für die Verlängerung dieses elenden Lebens.
Sie können sich meinen Zustand vorstellen: fortwährend verleumdet; immer die Aussicht vor sich, gerichtet zu werden ohne angehört worden zu sein; fünfzig Jahre Arbeit, die mir nur fünfzig Feinde mehr eingetragen hat. So muß ich stets mich bereit halten, anderswo zwar nicht die Ruhe, aber doch die Sicherheit zu suchen. Hätte mir nicht die Natur zwei ausgezeichnete Gegenmittel gegeben, die Arbeitslust und die Heiterkeit, schon lange wäre ich vor Verzweiflung gestorben.
Die Person, die Herr Collenot um Rat fragt, fühlt, daß sie diesen Vorzug nicht verdient. Man soll in Sachen der Erziehung seiner Kinder nur ihre Talente und Neigungen befragen. Die Arbeit und die gute Gesellschaft sind die besten Lehrer, die es gibt. Die Erziehung in den Gymnasien und Klöstern ist immer schlecht, weil man hundert Kindern, die verschiedene Talente haben, dasselbe beibringt. Die beste Erziehung ist sicher diejenige, die ein so tüchtiger Vater wie Herr Collenot geben kann.