Jules Verne
Reise durch die Sonnenwelt. Erster Band
Jules Verne

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Zweiundzwanzigstes Kapitel

Welches mit einem kleinen Experimente aus der unterhaltenden Physik endigt.

Der Mond! Doch wenn das der Mond war, warum war er so lange verschwunden? Und wenn er jetzt zurückkehrte, woher kam er? Bisher hatte noch kein Satellit der Gallia auf ihrer Bahn um die Sonne das Geleite gegeben. Verließ die ungetreue Diana jetzt etwa gar die Erde, um bei dem neuen Gestirn in Dienst zu treten?

»Nein, das ist unmöglich«, meinte Leutnant Prokop. »Die Erde steht mehrere Millionen Meilen von uns entfernt und ihr Mond gravitiert um sie gewiß noch ganz so wie früher.«

»Ja, darüber wissen wir nichts«, bemerkte Kapitän Servadac. »Warum sollte der Mond nicht in letzterer Zeit in den Attraktionsbereich der Gallia gekommen und deren Satellit geworden sein?«

»Er müßte sich dann an unserem Horizonte schon gezeigt haben«, mischte sich Graf Timascheff in das Gespräch, »und wir hätten nicht erst drei Monate zu warten gebraucht, um ihn wieder zu Gesicht zu bekommen.«

»Meiner Treu«, antwortete Kapitän Servadac, »es ist ja alles, was uns widerfuhr, gar so merkwürdig und sonderbar.«

»Herr Kapitän«, erwiderte Leutnant Prokop, »die Hypothese, daß die Attraktion der Gallia mächtig genug wäre, um die Erde ihres Satelliten zu berauben, ist absolut unzulässig.«

»Zugegeben, Leutnant«, entgegnete Hector Servadac. »Wer verbürgt Ihnen aber, daß dasselbe Ereignis, welches uns von der Erde ablöste, nicht gleichzeitig auch den Mond mit fortriß? Nach monatelangem Durchirren der Sonnenwelt sucht er sich nun an uns anzuschließen.«

»Nein, Herr Kapitän, gewiß nicht«, versicherte Leutnant Prokop, »und zwar aus einem ganz unwiderlegbaren Grunde.«

»Und der wäre?«

»Der, daß die Masse der Gallia eine weit geringere ist als die des Erdtrabanten. Infolgedessen müßte die Gallia eher dessen Mond werden, jener aber niemals der unsere.«

»Ich stimme Ihnen gerne zu, Leutnant«, sagte Hector Servadac, »wer aber vermag den Beweis zu führen, daß wir nicht wirklich den Mond des Mondes bewohnen und nur den Erdsatelliten auf einer neuen, ihm innerhalb der Planetenwelt zugewiesenen Bahn begleiten?«

»Verlangen Sie von mir ernstlich eine Widerlegung dieser neuen Hypothese?« fragte Leutnant Prokop.

»Nein«, erwiderte Kapitän Servadac lachend, »denn es ist ja einleuchtend, daß unser Asteroid als Unter-Satellit nicht wohl drei Monate nötig haben könne, um etwa einen Halbkreis um die nicht erleuchtete Oberfläche des Mondes zu beschreiben, und letztere müßte uns seit der allgemeinen Katastrophe wohl schon mehr als einmal erschienen sein.«

Während der Dauer dieser Unterhaltung stieg der Satellit der Gallia – mochte es nun ein Gestirn sein, welches es wollte – schnell am Horizonte empor, wodurch das letzte Argument des Kapitän Servadac eine unmittelbare Bestätigung fand. Man konnte jenen jetzt bequem beobachten. Schnell wurden die Fernrohre zur Stelle geschafft, und sehr bald überzeugte man sich, daß man hier die alte Phöbe der irdischen Nächte bestimmt nicht vor sich habe.

Obwohl dieser Satellit nämlich der Gallia weit näher zu stehen schien, als der Mond jemals der Erde steht, so war er doch offenbar nur sehr klein, und mochte nur den zehnten Teil der Erdenmond-Oberfläche besitzen. Hier hatte man also nur einen sehr verkleinerten Mond vor sich, der das Licht der Sonne nur sehr schwach widerstrahlte und damit kaum dasjenige der Sterne achter Größe verdunkelt hätte. Er war übrigens im Westen, der augenblicklichen Stellung der Sonne gerade entgegengesetzt, aufgegangen, mußte jetzt also »voll« sein. Eine Verwechselung mit dem Monde war ganz unmöglich, Kapitän Servadac überzeugte sich bald von dem Nichtvorhandensein jener sogenannten Meere, Rillen, Krater, Berge und aller anderen Einzelheiten, welche man auf den selenographischen Karten so deutlich sieht. Das war nicht das freundliche Gesicht der Schwester Apollos, die nach dem einen jung und schön, nach anderen alt und runzelig, die sublunarischen Sterblichen seit unzählbaren Jahrhunderten schon ruhigen Blickes beobachtet.

Hier handelt es sich also um einen ihnen eigentümlichen Mond, wahrscheinlich, wie Graf Timascheff äußerte, um irgendeinen der Asteroiden, den die Gallia bei ihrem Laufe durch die Zone der teleskopischen Planeten an sich gezogen hatte. Ob das freilich wirklich einer der jenerzeit katalogisierten hundertneunundsechzig kleinen Planeten war, konnte natürlich niemand wissen, vielleicht gab die Zukunft hierüber Aufklärung. Es gibt in der Tat solche Asteroiden von so geringem Umfange, daß ein guter Fußgänger binnen vierundzwanzig Stunden um sie herum gelangen könnte. Ihre Masse erreichte in diesem Falle noch lange nicht die der Gallia, deren Attraktionskraft demnach hingereicht haben würde, einen dieser Miniatur-Mikrokosmen an sich zu fesseln.

Die erste im Nina-Bau verbrachte Nacht verlief ohne Zwischenfall. Am anderen Tage wurde das gemeinsame Leben endgültig organisiert. »Monseigneur, der Generalgouverneur«, wie Ben-Zouf sich emphatisch ausdrückte, duldete keinen Müßiggang, den Hector Servadac wirklich seiner Folgen wegen vor allem fürchtete. Man regelte also die tägliche Beschäftigung mit möglichster Sorgsamkeit, da es an Arbeit ja nicht fehlte. Einen großen Teil derselben nahm die Sorge für die Haustiere in Anspruch. Die Zubereitung konservierbarer Nahrungsmittel, der Fischfang, solange ihn das offene Wasser noch gestattete, die bessere Einrichtung der Galerien, welche der Bequemlichkeit halber an manchen Stellen erweitert wurden, endlich tausenderlei unvorhergesehene Abhaltungen ließen die Armee niemals feiern.

Wir fügen hierbei ein, daß in der kleinen Kolonie das vollkommenste Einvernehmen herrschte. Russen und Spanier fanden sich ineinander und begannen schon einige französische Worte, die offizielle Sprache auf der Gallia, zu benutzen.

Pablo und Nina wurden die Schüler des Kapitän Servadac, der sie eifrig unterrichtete, während es Ben-Zouf oblag, für ihre Zerstreuung zu sorgen. Die Ordonnanz lehrte sie nicht nur französisch, sondern, was noch weit mehr sagen will, »parisisch« sprechen. Er versprach ihnen auch, sie dereinst nach einer »am Fuße eines Berges erbauten Stadt« zu führen, die in der Welt nicht ihresgleichen habe und von der er die verlockendsten Schilderungen entwarf. Der Leser errät, welche Stadt der enthusiastische Lehrmeister im Sinne hatte.

Damals wurde auch eine gewisse Etiketten-Frage gelöst.

Man erinnert sich, daß Ben-Zouf seinen Herrn als Generalgouverneur der Kolonie vorgestellt hatte. Er begnügte sich aber nicht, ihm diesen Titel zu oktroyieren, sondern er nannte ihn bei jeder Gelegenheit auch noch »Monseigneur«. Hector Servadac berührte das endlich unangenehm, so daß er seiner Ordonnanz aufgab, ihm diesen Ehrentitel nicht ferner beizulegen.

»Aber, Monseigneur? . . .« antwortete unverdrossen Ben-Zouf.

»Wirst du schweigen, Kerl.«

»Ja, Monseigneur!«

Da sich Hector Servadac gegen Ben-Zoufs Trotzköpfigkeit nicht anders zu helfen wußte, nahm er ihn eines Tages beiseite und sagte:

»Wirst du endlich aufhören, mich Monseigneur zu nennen?«

»Ganz wie es Ihnen beliebt, Monseigneur«, antwortete Ben-Zouf.

»Weißt du Querkopf denn, was du tust, wenn du mich so nennst?«

»Nein, Monseigneur.«

»Kennst du nicht die Bedeutung dieses Wortes, das du, wie es scheint, ohne Verstand im Munde führst?«

»Nein, Monseigneur.«

»Nun, dieses heißt im Lateinischen soviel wie: ›Mein Alter‹, und du verletzest den Respekt gegen deinen Vorgesetzten, wenn du mich ›Mein Alter‹ nennst.«

Seit dieser kleinen Lektion verschwand wirklich der Titel Monseigneur aus Ben-Zoufs Wortschatze.

Die erwartete strenge Kälte war mit der zweiten Hälfte des März noch nicht eingetreten, so daß Hector Servadac und seine Gefährten sich auch noch nicht von der Außenwelt abzuschließen brauchten. Man unternahm sogar einige Ausflüge längs des Ufers und über den neuen Kontinent, wodurch man sich über das Gebiet im Umkreise von fünf bis sechs Kilometer nähere Kenntnis verschaffte. Überall aber bestand Warm-Land aus einer Felsenwüste ohne jede Spur von Vegetation. Da und dort deuteten einige gefrorene kleine Wasserläufe oder mit Schnee bedeckte Stellen das Vorhandensein des flüssigen Elementes auf seiner Oberfläche an. Wie lange Zeit mußte aber der Niederschlag atmosphärischer Dünste fortdauern, bevor diese in Gestalt eines Flusses sich ein Bett in diesem steinigen Boden auszuhöhlen und ihre Wellen nach dem Meere zu entsenden im Stande sein würden! Bildete diese ganze, von den Gallia-Bewohnern Warm-Land genannte, homogene Masse überhaupt einen Kontinent, nur eine Insel, reichte sie vielleicht bis zum Südpole hinab? Wer hätte das entscheiden mögen, da eine Expedition über die metallischen Kristallisationen rein unmöglich erschien!

Kapitän Servadac und Graf Timascheff gelangten indes eines Tages dazu, sich eine allgemeine Vorstellung ihrer Umgebungen zu verschaffen, als sie dieselben vom Gipfel des Vulkanes aus beobachteten. Dieser Berg erhob sich bekanntlich am Ende des Vorgebirges von Warm-Land und maß etwa neunhundert Meter über dem Meere. Er stellte einen enormen, sehr regelmäßigen und in der Form eines abgestumpften Kegels erscheinenden Block dar. An dem stumpfen Gipfel gähnte der enge Krater, durch den die Eruptionsmassen ausflossen, welche fortwährend ein Riesenhelmbusch von Dunstwolken krönte.

Nach der alten Erde versetzt, hätte man diesen Vulkan gewiß nur mit größter Mühe besteigen können. Seine steilen Abhänge und schlüpfrig glatten schiefen Ebenen waren dazu angetan, auch die tollkühnsten Bergsteiger abzuschrecken. Jedenfalls wäre ein solcher Versuch mit den größten Schwierigkeiten verknüpft gewesen, ohne die Erreichung des letzten Zieles zu gewährleisten. Hier dagegen verrichteten Hector Servadac und Graf Timascheff, dank der bedeutenden Verminderung der Schwere und der daraus resultierenden relativen Zunahme ihrer Muskelkraft, wahrhafte Wunder von Gewandtheit und Kraft. Eine Gemse hätte nicht behender von einem Felsstücke zum anderen springen, ein Vogel nicht sicherer als sie auf dem schmalen Kamme des Abgrundes dahingehen können. Kaum eine Stunde brauchten sie, um den Niveau-Unterschied von etwa dreitausend Fuß zwischen dem Fuß und dem Gipfel des Berges zu überwinden. Am Krater angelangt, fühlten sie sich nicht mehr ermüdet, als wären sie unter anderen Verhältnissen einen Kilometer weit gegangen. Offenbar bot das Bewohnen der Gallia neben verschiedenen Unbequemlichkeiten doch auch manches Angenehme.

Von der Höhe des Berges vermochten die beiden Beobachter mittels Fernrohres zu erkennen, daß das äußere Ansehen des Asteroiden sich überall gleich blieb. Nach Norden zu dehnte sich das große Gallia-Meer mit spiegelglatter Ebene aus, denn der Wind schwieg vollständig, als ob die Luftgase durch die Kälte der höheren Schichten erstarrt wären. Ein kleiner, leicht durch den Nebel der Ferne schimmernder Punkt bezeichnete die Stelle der Insel Gourbi. Nach Osten und Westen zu erstreckte sich die wie immer leere, schweigsame Wasserfläche.

Gegen Süden endlich verlor sich Warm-Land hinter den Grenzen des Horizontes. Dieser Ausläufer des Kontinentes schien ein großes Dreieck zu bilden, dessen eine Spitze der Vulkan einnahm, während die gegenüberliegende Basis unsichtbar blieb. Von dieser alle kleinen Unebenheiten ausgleichenden Höhe aus zeigte es sich recht deutlich, daß dieses unbekannte Hinterland so gut wie ganz unwegsam war. Die Millionen schroff aufstrebender hexagonaler Lamellen hätten das Vorwärtskommen selbst eines einzelnen Fußgängers gewiß unmöglich gemacht.

»Einen Ballon oder Flügel!« rief Kapitän Servadac, »eines oder das andere brauchen wir, um dieses Territorium näher in Augenschein zu nehmen. Zum Kuckuck! Wir wandeln hier wahrhaftig auf einem nicht minder merkwürdigen chemischen Produkte, als die, welche man in Museen unter Glasglocken aufzubewahren pflegt.«

»Bemerken Sie auch«, sagte Graf Timascheff, »wie die Konvexität der Gallia hier weit augenfälliger erscheint und wie kurz infolgedessen die Entfernung zwischen uns und dem Horizonte ist?«

»Gewiß, Graf Timascheff«, antwortete Hector Servadac. »Es ist dieselbe Erscheinung, nur in verstärktem Maße, welche mir schon von den höheren Uferfelsen aus auffiel. Für einen Beobachter, dessen Standpunkt sich etwa tausend Meter über der alten Erdoberfläche befände, würde sich der Horizont erst in weit größerer Ferne abschließen.«

»Unsere Gallia ist doch im Vergleich mit dem Erdsphäroid ein recht winziges Kügelchen«, bemerkte Graf Timascheff.

»Ganz sicher, und dennoch reicht sie für ihre tatsächliche Bevölkerung vollkommen aus, trotzdem, daß der fruchtbare Teil derselben sich auf die dreihundertfünfzig Hektar kultivierten Landes auf der Insel Gourbi beschränkt.«

»Jawohl, Kapitän, fruchtbar während zwei oder drei Sommermonaten und unfruchtbar während einer mehrtausendjährigen Winterzeit!«

»Was klagen Sie?« fragte Hector Servadac lächelnd. »Es hat uns keiner vor unserer Einschiffung auf der Gallia um Rat gefragt, und wir werden wohl am besten tun, als Philosophen die Verhältnisse zu nehmen wie sie sind.«

»Nicht allein als Philosophen, Kapitän, sondern auch als Dankverpflichtete gegen den, dessen Hand die Lava dieses Vulkanes entzündete. Ohne diesen Feuerausbruch würden wir auf der Gallia gewiß sehr bald dem Tode des Erfrierens verfallen.«

»Und ich hege die feste Hoffnung, Graf Timascheff, daß diese Feuer nicht verlöschen werden vor dem Ende . . .«

»Welchem Ende, Kapitän?«

»Vor dem, das Gott gefällt! Er, nur er allein kennt es ja!«

Kapitän Servadac und Graf Timascheff schickten sich nach einem letzten Blicke über das Land und das Meer zur Rückkehr an. Vorher schenkten sie nur dem Krater des Vulkanes noch ihre besondere Aufmerksamkeit. Sie überzeugten sich dabei zunächst, daß die ganze Eruption in wahrhaft merkwürdiger Ruhe vor sich ging. Es begleitete sie kein regelloses Krachen, kein betäubender Donner, der sonst gewöhnlich den Auswurf vulkanischer Massen kennzeichnet. Diese relative Ruhe mußte ihnen notwendigerweise auffallen. Die Lava schien nicht einmal im Sieden zu sein. Diese feurig-flüssigen Massen stiegen im Krater in gleichmäßiger Bewegung in die Höhe und flossen ganz ruhig ab wie ein friedlicher See, der seinen Wasserüberfluß durch eine Schleuse abgibt. Der Krater glich – man verzeihe diesen Vergleich – nicht einem über hellem Feuer stehenden Kessel, dessen Wasser in wirbelnder Bewegung ist, sondern weit eher einer bis zum Rande gefüllten Cuvette, die sich ohne Gewalt und Geräusch entleert. Außer dieser Lava beobachtete man auch keinerlei andere Eruptionsmassen, kein Emporschleudern glühender Steine durch die Rauchwolkenkrone über dem Gipfel des Berges, keine Aschenbestandteile unter jener, wodurch sich auch das gänzliche Fehlen von Bimssteinen, Obsidianen und andren plutonischen Erzeugnissen, welche sonst die Umgebung der Vulkane zu bedecken pflegen, hinlänglich erklärte. Ebenso sah man auch nirgends einen sogenannten erratischen Block, da es auf dem Berge bis jetzt noch zu einer Gletscherbildung nicht gekommen war.

Diese Eigentümlichkeit erschien Kapitän Servadac, wie er sagte, von guter Vorbedeutung und ließ eine unbegrenzte Dauer der vulkanischen Eruption vermuten. Nach moralischen und physischen Gesetzen fehlt nur der Heftigkeit die Ausdauer. Die heftigsten Stürme, ebenso wie der blinde Jähzorn, währen niemals lange. Hier quoll dieser Feuerstrom mit solcher Regelmäßigkeit empor und floß mit solcher Ruhe ab, daß man eine so gut wie unerschöpfliche Quelle desselben annehmen mußte. Beim Anblicke der Niagarafälle, deren oberes Wasser so friedlich in seinem Trappsteinbette gleitet, kommt uns nie der Gedanke, daß sie jemals ein Ende haben könnten. Am Gipfel dieses Vulkanes hatte man dieselbe Empfindung und würde der Behauptung, daß die Lava nicht in Ewigkeit aus diesem Krater fließen könnte, gewiß ohne Bedenken widersprochen haben.

An diesem Tage trat auch eine Veränderung im physischen Zustande eines der Elemente der Gallia ein; wir bemerken aber im voraus, daß die Bewohner des Asteroiden jene selbst herbeiführten.

Nach vollendeter Einrichtung der ganzen Kolonie auf Warm-Land und der gänzlichen Räumung der Insel Gourbi, erschien es von Vorteil, die Erstarrung der Oberfläche des Gallia-Meeres zu beschleunigen. Das Eis mußte ja die Kommunikation mit der Insel erleichtern und den Jägern ein erweitertes Gebiet für ihre Ausflüge schaffen. Kapitän Servadac, Graf Timascheff und Leutnant Prokop riefen also die ganze Bevölkerung nach einem Uferfelsen an der Spitze des Vorgebirges zusammen.

Trotz der sehr niedrigen Temperatur war das Meer noch eisfrei. Dieser Zustand rührte von dessen vollkommener Ruhe her, da nicht der leiseste Windhauch seine Oberfläche kräuselte. Es ist aber bekannt, daß das Wasser unter diesen Verhältnissen sich bis weit unter den Nullpunkt des Thermometers abkühlen kann, ohne zu gefrieren. Eine einzige schwache Erschütterung freilich genügt dann, um es sofort in Eiskristallen anschießen zu lassen.

Auch die kleine Nina und Pablo fehlten bei dieser Zusammenkunft nicht.

»Würdest du, mein Schätzchen«, fragte Kapitän Servadac, »wohl ein Stückchen Eis bis ins Meer werfen können?«

»Ei freilich«, antwortete das Kind, »mein Freund Pablo würde es aber wohl weiter zu werfen vermögen.«

»Versuch es nur erst selbst«, fuhr Hector Servadac fort, indem er ein kleines Eisstückchen in Ninas Hände legte.

Dann setzte er hinzu:

»Gib wohl acht, Pablo! Du wirst jetzt sehen, welch mächtige Zauberin unsere kleine Nina ist!«

Nina schwenkte einige Male den Arm und schleuderte das Eisstück fort, welches richtig in das ruhige Wasser fiel . . .

Sofort entstand ein deutlich hörbares Knistern und Knirschen, das sich bis über die Grenzen des Horizontes hinaus verbreitete . . .

Das Meer der Gallia erstarrte in seiner ganzen Ausdehnung!

 


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