Jules Verne
Reise durch die Sonnenwelt. Erster Band
Jules Verne

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Achtes Kapitel

Worin die Rede ist von der Venus und dem Merkur, welche zu Steinen des Anstoßes zu werden drohen.

Bald stieg die Sonne wieder auf, und das ungezählte Heer der Sterne verschwand vor ihrem mächtigen Glanze. Jetzt war's mit dem Beobachten zu Ende. Bei geeignetem Zustande der Atmosphäre sollte die Fortsetzung in der nächsten Nacht folgen.

Von der Scheibe, welche früher durch die Wolkendecke schimmerte, keine Spur. Sie war entweder infolge einer ungeheuren Entfernung oder der Richtung ihres regellosen Laufes dem Blicke vollkommen verschwunden.

Die Witterung ließ sich wieder prächtig an. Der nach dem früheren Westen umgesprungene Wind hatte sich fast vollständig gelegt. Mit tadelloser Pünktlichkeit ging die Sonne über ihrem neuen Horizonte auf und an dem entgegengesetzten unter. Tage und Nächte währten mathematisch genau je sechs Stunden lang, woraus der Schluß folgte, daß die Sonne sich nicht von dem neuen Äquator entfernte, dessen Kreisbogen über die Insel Gourbi lief.

Gleichzeitig stieg die Temperatur fortwährend. Kapitän Servadac las mehrmals täglich das in seinem Zimmer angebrachte Thermometer ab und fand am 15. Januar, daß es im Schatten 50°C. (= 40°R.) zeigte.

Da der Gourbi auch jetzt noch in Ruinen lag, so versteht es sich von selbst, daß Kapitän Servadac und Ben-Zouf das größte Zimmer des Wachthauses möglichst wohnlich in Stand gesetzt hatten. Erst boten dessen Mauern ihnen einen besseren Schutz gegen die wahrhaft diluvianischen Regengüsse, jetzt wehrten sie erfolgreicher dem Eindringen der versengenden Tageshitze. Letztere ward nach und nach wirklich unerträglich, vorzüglich da kein Wölkchen mehr den entsetzlichen Sonnenbrand auffing, und gewiß brütete weder über dem Senegal noch über den Äquatorialgebieten Afrikas jemals vorher eine solche verzehrende Glut. Wenn diese Temperatur anhielt, mußte alle Vegetation der Insel in kürzester Zeit verkohlen.

Treu seinen Prinzipien gab Ben-Zouf sich alle Mühe, von dieser abnormen Hitze gar nicht belästigt zu erscheinen; der Schweiß aber, der ihm in Strömen herabrann, strafte ihn Lügen. Er hatte trotz der Abmahnungen seines Kapitäns seinen Wachtdienst auf dem Uferfelsen nicht einstellen wollen. Dort ließ er sich, auf dem Ausflug nach dem wie ein Teich so stillen und ganz verlassenen Mittelmeere, gewissensruhig braten. Er mußte wohl eine doppelte Haut und mit einer Außenwand verblendete Hirnschale haben, um die lotrechten Strahlen der Mittagssonne überhaupt aushalten zu können.

Eines Tages machte Kapitän Servadac ihm gegenüber eine derartige Bemerkung.

»Na, du bist doch wohl unter den Tropen geboren?«

»Ei nein, Herr Kapitän, direkt auf dem Montmartre, und da ist's manchmal ebenso!«

Darüber, daß auf Ben-Zoufs Leib- und Lieblingshügel eine ebensolche Hitze herrschen könne wie in den Äquatorgegenden, war mit ihm gar nicht zu diskutieren.

Die außergewöhnliche Temperatur mußte natürlich auch auf die Produkte der Insel Gourbi ihren sichtbaren Einfluß äußern. Auch die Natur empfand ja die Folgen jenes schroffen klimatischen Wechsels. Binnen wenig Tagen schoß der Saft der Bäume bis in deren letzte Zweige in die Höhe, die Knospen sprangen, die Blätter entfalteten sich, die Blumen erblühten und die Früchte erschienen. Nicht anders stand es mit den Cerealien. Korn- und Maisähren wuchsen vor den Augen und die Wiesen bedeckten sich mit einem üppigen grünen Teppich. Heu-, Getreide- und Fruchternte fielen in ein und dieselbe Periode; Sommer und Herbst flossen zu einer einzigen Jahreszeit zusammen.

Warum hatte Kapitän Servadac auch sich nicht eingehender mit Kosmographie beschäftigt? Er hätte sich dann folgendes sagen müssen:

»Wenn die Neigung der Erdachse eine andere wurde und, worauf alles hinzudeuten scheint, einen rechten Winkel mit der Ekliptik bildet, so müssen die Verhältnisse jetzt ganz denen auf dem Jupiter entsprechen. Es kann auf der Erdkugel keine Jahreszeiten mehr, sondern nur noch Zonen eines ewigen Frühlings, Sommers, Herbstes und Winters geben.«

Er hätte aber ohne Zweifel auch noch hinzugefügt:

»Aber bei allen Rebenhügeln der Gascogne, wem verdanken wir diese Veränderung?«

Die sich gleichsam selbst übereilende Saison machte den Kapitän und seine Ordonnanz doch einigermaßen bedenklich. Für so viel gleichzeitige Arbeiten mußten ja die helfenden Arme fehlen, selbst wenn »die ganze Bevölkerung« der Insel aufgeboten wurde. Dazu hinderte auch die brennende Sonne ein unausgesetztes Arbeiten auf den Feldern. Jedenfalls drohte noch keine Gefahr im Verzuge. Neben den sehr reichlichen Vorräten des Gourbi lag die Hoffnung nahe, daß bei dem jetzt ruhigen und prachtvollen Wetter ein Schiff in Sicht der Insel passieren werde. Gerade dieser Teil des Mittelländischen Meeres ist ja sehr stark besucht. Hier verkehren die Regierungsschiffe, welche den Dienst längs des Landes haben, neben Küstenfahrern von allen Nationalitäten, welche in lebhafter Verbindung mit den kleineren Seeplätzen stehen.

Ein solches Räsonnement war gewiß ganz begründet, aber aus einem oder dem anderen Grunde erschien leider kein Segel auf dem Meere und Ben-Zouf hätte sich ganz vergeblich auf dem kalzinierten Uferfelsen schmoren lassen, wenn ihm nicht ein improvisierter Sonnenschirm einigermaßen als Schutz diente.

Während dieser Zeit versuchte Kapitän Servadac, leider ziemlich vergeblich, seine alten Erinnerungen aus College und Schule wieder aufzufrischen. Er vertiefte sich in kopfzerbrechende Rechnungen, um bezüglich der neuen Verhältnisse des Erdsphäroids ins reine zu kommen, aber freilich ohne besonderes Resultat. Dabei hätte er sich doch auch sagen müssen, daß neben jener Veränderung der Erdrotation um die Achse des Planeten auch dessen Bahn um die Sonne jedenfalls nicht dieselbe geblieben sein könne und sich damit die Länge des Jahres, entweder durch eine Zunahme oder durch eine Verminderung derselben, verändert zeigen müsse.

Allem Anscheine nach näherte sich die Erde der Sonne. Ihre Bahn war offenbar eine andere geworden; damit stimmte nicht nur die auffallende Erhöhung der Temperatur überein, sondern auch noch andere Erscheinungen hätten Kapitän Servadac darüber belehren müssen, daß die Erdkugel sich dem Zentrum der Attraktion in unserem Planetensystem nähere.

In der Tat maß der Durchmesser der Sonnenscheibe das Doppelte von früher, vorausgesetzt, daß man jene vor diesen außergewöhnlichen Ereignissen mit unbewaffnetem Auge betrachtete. Ein Beobachter auf der Oberfläche der Venus, d. h. in einer mittleren Entfernung von etwa 12½ Millionen Meilen von der Sonne, hätte letztere ungefähr in derselben Größe wahrgenommen. Hieraus ließ sich folgern, daß jetzt die Erde statt durchschnittlich 20 Millionen Meilen nur noch deren 12½ Millionen von dem Zentralkörper abstehen könne. Nun wurde es von hohem Interesse, zu wissen, ob diese Entfernung nicht noch weiter abnehmen werde, in welchem Falle ja die Befürchtung entstand, daß die Erdkugel infolge einer Störung des Gleichgewichtes zwischen den sie beherrschenden anstoßenden und abstoßenden Kräften bis zur Sonnenoberfläche selbst gerissen werden könne, was natürlich ihrem totalen Untergange gleich zu achten war.

Wenn die anhaltend schönen Tage jetzt die Beobachtung des Himmelsgewölbes begünstigten, so unterstützten die nicht minder schönen Nächte Kapitän Servadac sehr wesentlich bei seinen Betrachtungen der prächtigen Sternenwelt. Fixsterne und Planeten präsentierten sich da wie Glieder eines ungeheuren Alphabetes – nur daß er dieses so wenig zu entziffern vermochte, machte ihm so manchen Kummer. Die Fixsterne mußten ihm selbstverständlich zwar unter denselben Größen- und relativen Entfernungsverhältnissen erscheinen. Man weiß ja, daß die Sonne, welche mit einer Schnelligkeit von 36 Millionen Meilen im Jahre nach dem Sternbilde des Hercules zueilt, noch keine bemerkenswerte Veränderungen der scheinbaren Stellung der Fixsterne hervorgebracht hat. Dasselbe ist der Fall mit dem Arktur, der sich mit einer Geschwindigkeit von über elf Meilen in der Sekunde, d. i. dreimal so schnell als die Erde, durch den Weltraum bewegt.

Boten aber auch die Fixsterne keine Anhaltepunkte zur Lösung der betreffenden Rätsel, so stand es doch anders bezüglich der Planeten, wenigstens derjenigen, deren Bahn innerhalb der Erdbahn gelegen ist.

Dieser Bedingung entsprechen zwei, die Venus und der Merkur. Die erstere kreist um die Sonne in einer mittleren Entfernung von 16 Millionen Meilen, der letztere in einer solchen von 9 Millionen. Die Bahn der Venus umschließt also die des Merkur, die Erdbahn aber die anderen beiden. Nach langer Beobachtung und anstrengendem Grübeln kam Kapitän Servadac auch zu dem Resultate, daß die Quantität der Wärme und des Lichtes, welche die Erde jetzt tatsächlich empfing, etwa der gleich kam, welche die Venus von der Sonne erhielt, d. h. das Doppelte der früher die Erde treffenden Menge. Sein daraus gezogener Schluß, daß sich die Erdkugel der Sonne merklich genähert haben müsse, wurde nur bestätigt durch den jetzigen Anblick der Venus, die, wenn sie als Morgen- oder Abendstern aus den Strahlen der Sonne hervortritt, auch die Bewunderung der Indifferentesten wachruft.

Phosphorus oder Lucifer, Hesperus oder Vesper, wie ihn die Alten nannten, der Abendstern, der Morgen- oder der Hundsstern – niemals hat ein anderes Gestirn, mit Ausnahme vielleicht des Mondes, soviel Namen erhalten – kurz, die Venus zeigte sich dem Auge des Kapitän Servadac unter der Form einer relativ ungeheuren Scheibe. Sie erschien wie ein kleiner Mond und man konnte ihre Phasen mit bloßem Auge recht gut beobachten. Bald voll, bald in der Quadratur, immer waren alle Teile derselben sichtbar. Wenn sie zu- oder abnahm, sah man deutlich, daß die Strahlen der Sonne auch noch bis nach solchen Punkten hindrangen, für welche jene eigentlich schon untergegangen sein mußte; ein Beweis, daß die Venus eine Atmosphäre besaß, da sich diese Erscheinungen der Refraktion an ihrer Oberfläche zeigten. Einige neben dem Lichtrande hervorragende helle Stellen gehörten eben so vielen hohen Bergen an, denen Schröter mit Recht eine den Montblanc etwa zehnfach übersteigende Höhe zuschreibt, indem diese etwa den 144. Teil des Durchmessers des Planeten erreicht.

Kapitän Servadac glaubte zu dieser Zeit annehmen zu dürfen, daß die Venus sich nur gegen eine Million Meilen von der Erde entfernt befand, und teilte seine Mutmaßung auch Ben-Zouf mit.Die höchsten Berge der Erde erreichen nur den 740. Teil ihres Durchmessers.

»Nun, Herr Kapitän«, erwiderte die Ordonnanz, »ich dächte, das wäre recht hübsch, so eine Million Meilen Entfernung zwischen zwei Planeten.«

»Für zwei Armeen im Felde wäre das wohl eine Strecke«, antwortete Kapitän Servadac, »aber für zwei Planeten ist es so gut wie nichts!«

»Und was kann da geschehen?«

»Der Teufel, wir werden auf die Venus fallen.«

»Nun, was ist das weiter, Herr Kapitän? Ist denn daselbst auch noch Luft zu finden?«

»Jawohl.«

»Und Wasser?«

»Gewiß.«

»Nun gut, so besuchen wir einmal Frau Venus.«

»Aber der Stoß bei der Ankunft wird entsetzlich werden, denn die beiden Planeten scheinen sich in entgegengesetztem Sinne zu bewegen, und da ihre Massen so ziemlich gleich sind, muß die Kollision für den einen und den anderen wahrhaft furchtbar ausfallen.«

»Ei, zwei Züge, weiter nichts, zwei Züge, die aufeinanderfahren!« entgegnete Ben-Zouf mit einer Ruhe, die den Kapitän nahezu außer sich brachte.

»Jawohl, zwei Züge, Tölpel!« rief Hector Servadac, »aber zwei solche, welche tausendmal so schnell dahinfliegen wie die Kurierzüge, wodurch einer der Planeten, wenn nicht alle zwei gewaltsam aus der Bahn geschleudert werden, und dann magst du sehen, was von deinem Erdenkloß von Montmartre noch übrig ist!«

Das war Ben-Zouf ein Stich ins Herz. Er preßte die Lippen aufeinander und ballte die Fäuste, aber er bezwang sich, und nach einigen Augenblicken, als er den »Erdkloß« glücklich hinuntergewürgt hatte, sagte er ruhig:

»Herr Kapitän! Hier stehe ich. Befehlen Sie! Wenn es ein Mittel gibt, diesen Zusammenstoß zu verhindern . . .«

»Es gibt keines, Dummkopf – geh zum Teufel!«

Auf diese Antwort hin verließ Ben-Zouf verletzt den Platz und sprach kein weiteres Wort.

Im Laufe der nächsten Tage verminderte sich die Entfernung zwischen den beiden Planeten noch mehr, und offenbar mußte die Erde infolge der Lage ihrer neuen Bahn die der Venus schneiden. Gleichzeitig hatte sie sich auch dem Merkur merkbar genähert. Dieser Planet, der mit bloßem Auge nur selten, und zwar nur dann sichtbar ist, wenn er sich in der größten östlichen oder westlichen Abweichung von der Sonne befindet, strahlte jetzt in vollem Glanze. Seine den Mondphasen ganz analogen Veränderungen, seine Brechung der Strahlen der Sonne, welche ihm siebenmal mehr Licht und Wärme zusendet als der Erde, seine heißen und kalten Zonen, welche infolge der starken Neigung seiner Umdrehungsachse fast zusammenfallen, seine Äquatorgegenden und die bis neunzehn Kilometer hohen Berge – alles erhöhte das Interesse an der Beobachtung dieser leuchtenden Scheibe, der die Alten den Namen die »Glänzende« gaben.

Doch vom Merkur drohte ja noch keine unmittelbare Gefahr. Am 18. Januar war die Distanz zwischen den beiden anderen Planeten etwa auf eine halbe Million Meilen reduziert. Die Lichtintensität der Venus warf schon einen deutlichen Schatten hinter die irdischen Gegenstände. Man konnte auf jener bereits Wolken entdecken und schien die mit Dünsten überladene Atmosphäre die Scheibe mit zebraähnlichen Streifen zu überziehen. Man sah die sieben Flecke, welche, wie Bianchini ganz richtig angenommen hat, wirklich unter sich zusammenhängenden Meeren angehören. Endlich war der Planet auch bei hellem Tageslichte zu sehen, was dem Kapitän Servadac jedenfalls weit weniger schmeichelte als seinerzeit dem General Bonaparte, als er, noch unter dem Direktorium, die Venus am hellen Mittag sah und sie nicht ungern als »seinen Stern« bezeichnen hörte.

Am 20. Januar hatte die »reglementmäßig« den beiden Gestirnen vorgeschriebene Distanz noch weiter abgenommen.

»In welcher Angst mögen jetzt unsere Kameraden von der afrikanischen Armee schweben, unsere Freunde in Frankreich und überhaupt alle Bewohner beider Kontinente?« fragte sich wiederholt Kapitän Servadac. »Wie viele Artikel darüber werden jetzt die Zeitungen füllen? Welche andächtige Menge in den Kirchen! Jetzt wird man das Ende der Welt kommen glauben! Ich denke auch, Gott sei mir gnädig, daß es noch nie so nahe war! Und ich, ich erstaune darüber, daß kein Schiff in Sicht der Insel erscheinen will, um uns Verlassene abzuholen. Hat denn der Generalgouverneur, hat der Kriegsminister jetzt die Zeit, um an uns zu denken? Vor Verlauf von zwei Tagen wird die Erde in Millionen Stückchen zertrümmert sein, welche dann ganz nach Belieben im Weltraume umherirren.«

Es sollte aber anders kommen.

Von diesem Tage ab schienen sich die beiden einander drohenden Gestirne nach und nach zu entfernen. Zum Glück fielen die Bahnen der Erde und die der Venus nicht vollständig zusammen, so daß es nicht zur Kollision kam.

Ben-Zouf stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sein Kapitän ihm die frohe Botschaft mitteilte.

Am 25. Januar war die Distanz schon groß genug, um in dieser Hinsicht jede Furcht zu verscheuchen.

»Nun wohl«, sagte Kapitän Servadac, »diese Annäherung hat uns wenigstens dazu gedient, zu zeigen, daß die Venus keinen Mond besitzt!«

Wirklich hatten Dominique Cassini, Short, Montaigne des Limoges, Montbarron und einige andere Astronomen ganz im Ernste an das Vorhandensein eines solchen Satelliten geglaubt.

»Es ist wirklich fatal«, scherzte Hector Servadac, »diesen kleinen Mond hätten wir vielleicht im Vorüberfliegen abfangen können und besäßen dann zwei solche Begleiter. Aber zum Kuckuck, ich komme doch nie dazu, eine Erklärung für diese Umänderung der ganzen Himmelsmechanik zu finden.«

»Herr Kapitän?« ließ sich da Ben-Zouf vernehmen.

»Was willst du?«

»Gibt es nicht in Paris am Ende des Luxemburg ein Haus mit einer großen Haube auf dem Kopfe?«

»Das Observatorium?«

»Ja freilich. Ist es denn nicht die Sache der Herren, die in diesem Haubenhause wohnen, alles das zu erklären?«

»Ohne Zweifel.«

»Nun, so wollen wir den Ausspruch der Herren ruhig abwarten, Herr Kapitän, und uns als Philosophen fügen.«

»Ei, Ben-Zouf, weißt du denn überhaupt, was man unter einem Philosophen versteht?«

»Gewiß, weil ich Soldat bin.«

»Nun, was denn?«

»Sich dem Schicksal zu unterwerfen, wenn man es zu ändern nicht im Stande ist, und das ist ganz unser Fall.«

Hector Servadac gab seiner Ordonnanz keine weitere Antwort, man darf aber wohl mit Recht vermuten, daß er vorläufig wenigstens darauf verzichtete, das zu erklären, was für ihn doch unerklärlich blieb.

Da trat ganz unerwartet ein Ereignis ein, welches von sehr weitreichenden Folgen sein konnte.

Am 27. Januar gegen neun Uhr morgens kam Ben-Zouf ganz seelenruhig nach dem Wachthause, um den Offizier aufzusuchen.

»Herr Kapitän?« begann er, als ob gar nichts passiert sei.

»Was gibt's?« antwortete Kapitän Servadac.

»Ein Schiff!«

»Tölpel, das sagt der Mensch so ruhig, als meldete er, daß die Suppe serviert sei.«

»Ei, ei, wir sind ja Philosophen!« entgegnete Ben-Zouf.

 


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