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Welches den Beweis liefert, daß man stets ein Licht am Horizonte findet, wenn man nur ordentlich aufpaßt.
Am nächsten Tage, den 6. März, gab Kapitän Servadac, ohne sich weiter darum zu kümmern, ob Isaak Hakhabut ihm glaube oder nicht, Befehl, die Hansa nach dem Hafen des Cheliff zu schaffen. Der Jude unterließ jede Einwendung dagegen, da die Verlegung der Tartane seinem Interesse zu dienen schien. Immer hegte er aber die Hoffnung, heimlich zwei oder drei Matrosen auf seine Seite zu bringen, um nach Algier oder irgendeinen anderen Küstenplatz zu gelangen.
Angesichts der bevorstehenden Überwinterung wurden die notwendigen Arbeiten in Angriff genommen, wobei alle durch ihre jetzt größere Muskelkraft eine wesentliche Unterstützung erfuhren. An die Erscheinungen der verminderten Anziehungskraft hatten sie sich ebenso gewöhnt, wie an den geringeren Luftdruck, welcher ihre Atmung beschleunigte, ohne daß sie davon viel gewahr wurden.
Die Spanier und Russen gingen also eifrig an die Arbeit. Man begann zunächst damit, das Wachthaus für die Bedürfnisse der kleinen Kolonie in Stand zu setzen, da dieses bis auf weiteres zur allgemeinen Wohnung dienen sollte. Eigentlich bezogen es jetzt nur die Spanier, während die Russen auf der Goëlette blieben, wie der Jude an Bord seiner Tartane.
Die Schiffe sowohl, wie jenes Steingebäude konnten indes nur als provisorische Wohnstätten gelten. Wenn der Winter wirklich heranzog, mußte man einen wirksameren Schutz gegen die Kälte des interplanetarischen Raumes zu finden suchen, einen Zufluchtsort, welcher von Natur etwas warm blieb, da in demselben wegen Mangels an Heizmaterial an eine Erhöhung der Temperatur nicht zu denken war.
Einen hinreichenden Schutz konnten den Bewohnern der Insel Gourbi nur tiefe unterirdische Gänge gewähren. Wenn sich die Oberfläche der Gallia mit einer dicken Eiskruste bedeckte, so mußte diese als ein schlechter Wärmeleiter die Temperatur in der Tiefe auf einem erträglichen Grad erhalten. Dort würden Kapitän Servadac und seine Gefährten allerdings ein wahrhaftes Troglodytenleben führen, sie hatten aber bezüglich der Wohnung keine andere Wahl.
Zum Glück befanden sie sich nicht in derselben Lage wie die Forschungsreisenden oder Walfischfahrer in den Polarmeeren. Wenn diese zu überwintern gezwungen sind, fehlt ihnen meist der feste Boden unter den Füßen. Sie leben dann auf einem eisbedeckten Meere und sind nicht im Stande, in dessen Tiefe eine Zuflucht vor der Kälte zu suchen. Entweder verkriechen sie sich dann in ihre Schiffe oder errichten Blockhäuser von Holz und Schnee, sind aber in jedem Falle sehr ungenügend gegen die Einwirkung der Kälte geschützt.
Hier auf der Gallia dagegen bot sich ein fester Boden, und wenn sie sich ihre Winterwohnung einige hundert Fuß unter der Oberfläche aushöhlten, konnten die Bewohner der Gallia sicher sein, auch der strengsten Kälte ohne Beschwerde Trotz zu bieten.
Die Arbeiten wurden also sofort begonnen. Axt, Schaufel, Spaten und Werkzeuge der verschiedensten Art fehlten, wie wir wissen, in Gourbi nicht, und unter Leitung Ben-Zoufs als Werkführer gingen die spanischen Majos und die russischen Matrosen hurtig ans Werk.
Da sollten aber die Arbeiter und der Ingenieur Servadac eine unerwartete Enttäuschung erfahren.
Der zur Ausschachtung der Wohnung gewählte Ort lag rechts von dem Wachthause, wo der Erdboden in einer leichten Erhebung aufstieg. Am ersten Tage ging die Fortschaffung des Erdreiches ohne Schwierigkeiten vor sich. Als man aber eine Tiefe von etwa acht Fuß erreichte, stießen die Leute auf eine so harte Masse, daß ihre Werkzeuge derselben nicht das geringste anhaben konnten.
Ben-Zouf machte Hector Servadac und Graf Timascheff hiervon Meldung, und diese erkannten in der betreffenden Substanz sehr bald ganz dasselbe Material, welches ebensowohl die Küsten als auch den Untergrund des Gallia-Meeres bildete. Offenbar bestand aus ihr also auch die eigentliche Masse des ganzen neuen Weltkörpers. Auf jeden Fall mangelte es also an allen Mitteln, den Boden tief genug auszuhöhlen. Auch das gewöhnliche Schießpulver möchte kaum hingereicht haben, diese metallenen Unterlagen wirksam anzugreifen, welche bei ihrer Granithärte mindestens des Dynamits bedurft hätten, um sie zu sprengen.
»Zum Teufel, was mag das für ein Mineral sein?« rief Kapitän Servadac, »und wie kann ein Stück unserer alten Erdkugel dieses Material enthalten, das wir nicht einmal zu bezeichnen wissen?«
»Wahrhaftig, es ist ganz unerklärlich«, antwortete Graf Timascheff, »doch wenn es uns nicht gelingt, eine Wohnung im Boden auszuhöhlen, so steht uns der Tod bald vor der Tür!«
In der Tat beruhten die Zahlenangaben des aufgefangengen Dokumentes auf Wahrheit und vergrößerte sich nach den Gesetzen der Himmelsmechanik der Abstand der Gallia von der Sonne immer noch mehr, so mußte der Asteroid von letzterer jetzt wenigstens hundert Millionen Lieues (= 60 Mill. Meilen), entfernt sein, d. h. fast genau dreimal so weit, als die Erde während ihre Apheliums von dem Zentralkörper. Man begreift unschwer, in welchem Grade die Wärme und das Licht der Sonne unter diesen Verhältnissen abnehmen mußten. Freilich entfernte sich infolge der Achsenstellung der Gallia, welche nahezu neunzig Grad erreichte, die Sonne niemals von ihrem Äquator, und die Insel Gourbi genoß diese Vorteile, weil sie unter der Parallele Null lag. Unter dieser Zone mußte demnach ein ewiger Sommer herrschen, aber trotz alledem konnte die große Entfernung von der Sonne deshalb nicht ausgeglichen werden und die Lufttemperatur nahm dann auch zusehends ab. Schon bildete sich zum großen Leidwesen des kleinen Mädchens Eis auf dem Felsen, und es konnte nicht mehr lange währen, bis das ganze Meer zufror.
Bei der später zu erwartenden Kälte, welche 60 Grad (des hundertteiligen Thermometers) recht leicht noch übersteigen konnte, drohte aber allen, wenn eine geeignete Wohnung nicht zu beschaffen war, sicher ein baldiger Tod. Für jetzt hielt sich das Thermometer im Mittel auf sechs Grad unter Null, wobei der im Wachthause aufgestellte Ofen trotz reichlich zugeführten Brennmateriales doch nur eine mäßige Wärme verbreitete. Auf Holz, als Heizmaterial, war also nicht viel zu rechnen; es mußte jedenfalls eine andere Unterkunft aufgesucht werden, welche an sich Schutz gewährte gegen die Erniedrigung der Temperatur, bei der das Quecksilber, vielleicht gar der Alkohol der Thermometer zu gefrieren drohte.
Schon gegen die jetzige, ziemlich lebhafte Kälte erwiesen sich die beiden Schiffe, die Dobryna und die Hansa, als unzureichende Zufluchtsstätten, so daß man an ein dauerndes Bewohnen derselben gar nicht denken konnte. Wer vermochte übrigens vorauszusagen, was aus diesen beiden Fahrzeugen werden würde, wenn sich erst das Eis rings um sie in ungeheuren Massen auftürmte?
Wären Kapitän Servadac, Graf Timascheff und Leutnant Prokop die Männer dazu gewesen, leicht den Mut zu verlieren, jetzt hätten sie die beste Gelegenheit gehabt! In der Tat, was sollten sie ersinnen gegen die auffallende Härte des Bodenuntergrundes, die es ihnen unmöglich machte, sich in die Erde einzugraben?
Inzwischen gestalteten sich die Umstände immer drängender. Bei der zunehmenden Entfernung verkleinerte sich der scheinbare Durchmesser der Sonne immer mehr und mehr. Wenn sie den Zenit passierte, verbreiteten ihre lotrechten Strahlen zwar noch einige Wärme; während der Nacht dagegen machte sich die Kälte nun schon sehr empfindlich fühlbar.
Kapitän Servadac und Graf Timascheff durchstreiften mit Hilfe Zephirs und Galettes die ganze Insel, um ein zweckmäßiges Unterkommen aufzufinden. Die beiden Pferde überwanden alle Hindernisse, als ob sie Flügel hätten. Vergebens! Man versuchte Sondierungen an der und jener Stelle; immer trafen dieselben schon in geringer Tiefe auf dieselbe stahlharte Schicht, so daß man auf eine unterirdische Wohnung verzichten mußte.
Wegen Mangels einer so erwünschten Erdhöhle wurde also beschlossen, im Wachthause zu verbleiben und dasselbe bestmöglich gegen die äußere Kälte zu schützen. Es erging demnach die Anordnung, alles trockene oder grüne Holz, welches sich auf der Insel vorfand, aufzusammeln und die in der Ebene zerstreuten Bäume zu fällen. Jetzt galt es zu eilen. Alles ging denn auch unverzüglich an die Arbeit.
Und dennoch – Kapitän Servadac und seine Gefährten erkannten das recht wohl – konnte alles das nicht hinreichen. Das Brennmaterial drohte schnell genug zu Ende zu gehen. Im höchsten Grade beunruhigt, durchirrte der Stabsoffizier, ohne seine Befürchtungen laut werden zu lassen, die Insel und rief:
»Einen Gedanken! Einen Ausweg! Wer hilft hier?«
So wandte er sich eines Tages an Ben-Zouf.
»Alle Wetter!« rief er, »hast denn du keinen vernünftigen Gedanken?«
»Nein, mein Kapitän«, erwiderte trocken die Ordonnanz.
Dann fügte der Bursche hinzu:
»Oh, wären wir nur auf dem Montmartre! Da gibt es die schönsten Steinbrüche und Höhlen in Hülle und Fülle.«
»Schwachkopf!« versetzte Kapitän Servadac, »wenn wir auf dem Montmartre wären, brauchte ich auch deine Steinbrüche nicht!«
Inzwischen sollte die Natur den Kolonisten die unumgänglich nötige Mithilfe gewähren, um gegen die Kälte des Weltraumes anzukämpfen. Auf folgende Art und Weise wurden sie darauf hingewiesen:
Am 10. März hatten Leutnant Prokop und Kapitän Servadac die Südwestspitze der Insel besichtigt. Unterwegs sprachen sie von den schweren Gefahren der nächsten Zukunft, und zwar ziemlich lebhaft, da sie über die Mittel und Wege, jenen zu steuern, nicht ein und derselben Ansicht waren. Der eine bestand hartnäckig darauf, eine geeignete, leider nirgends auffindbare Wohnung zu suchen, während der andere daran dachte, in der jetzt benutzten nur eine neue Heizungsmethode einzuführen. Leutnant Prokop vertrat die letztere Ansicht und suchte eben seine Gründe dafür darzulegen, als er plötzlich inmitten seiner Beweisführung innehielt. Er stand gerade nach Süden zu gewendet und Kapitän Servadac sah nur, wie jener mit der Hand über die Augen strich, wie um deren Sehkraft zu schärfen, und dann mit gespannter Aufmerksamkeit hinausblickte.
»Nein, ich täusche mich nicht!« rief er, »dort unten sehe in einen Lichtschein!«
»Einen Lichtschein?«
»Ja, da, in dieser Richtung.«
»Wahrhaftig«, antwortete Kapitän Servadac, der jetzt ebenfalls den bezeichneten Punkt wahrnahm.
Die Tatsache unterlag keinem Zweifel. Über dem südlichen Horizonte erhob sich ein erst mäßig, je dunkler es aber wurde, desto heller aufleuchtender Punkt.
»Sollte das ein Schiff sein?« fragte Kapitän Servadac.
»Dann müßte es mindestens in Flammen stehen«, antwortete Leutnant Prokop, »auf diese Entfernung und in solcher Höhe könnte kein Signallicht sichtbar sein.«
»Übrigens bleibt das Feuer an derselben Stelle«, setzte Hector Servadac hinzu, »und es dünkt mich sogar, als entwickle sich ein Widerschein an den Abendwolken.«
Eine kurze Zeit über beobachteten beide die unerwartete Erscheinung. Da fielen dem Stabsoffizier plötzlich die Schuppen von den Augen.
»Der Vulkan!« rief er. »Das ist der Vulkan, den wir bei der Rückkehr mit der Dobryna umschifft haben!«
Und wie inspiriert, setzte er hinzu:
»Leutnant Prokop, dort liegt die gesuchte Wohnung. Dort sorgt die Natur allein für die Heizung des Hauses! Ja! Jene unerschöpfliche, glühende Lava, welche der Berg auswirft, werden wir für alle Bedürfnisse verwenden können. Oh, Leutnant, der Himmel verläßt uns nicht. Kommen Sie, kommen Sie! Morgen müssen wir dort auf jener Küste sein und suchen, wenn es sein muß, die Wärme, d. h. das Leben, selbst bis in die Eingeweide der Gallia!«
Während Kapitän Servadac mit solch enthusiastischer Überzeugung sprach, suchte sich Leutnant Prokop über seine Erinnerungen klarzuwerden. Das Vorhandensein des Vulkanes in der bezeichneten Richtung schien auch ihm unbestreitbar. Er erinnerte sich von der Rückfahrt der Dobryna her, daß ihm auf der Tour längs der südlichen Küste des Gallia-Meeres ein langgedehntes Vorgebirge den Weg verlegte und bis zur früheren Breite von Oran hinauf zu steuern nötigte. Dort umschiffte man dann einen hohen, felsigen Berg mit rauchumlagertem Gipfel. Diesem Rauche war jedenfalls nun ein Ausbruch von Flammen und glühender Lava gefolgt, und eben dieser Ausbruch erleuchtete jetzt den Horizont im Süden und spiegelte sich an den Wolken wider.
»Sie haben recht, Kapitän«, sagte darauf Leutnant Prokop; »ja, das ist jener Vulkan. Morgen werden wir ihn in Augenschein nehmen!«
Hector Servadac und Leutnant Prokop kehrten eiligst nach dem Gourbi zurück und teilten von ihrem beabsichtigten Ausfluge vorläufig nur dem Grafen Timascheff das Nötige mit.
»Ich begleite euch«, erwiderte der Graf, »natürlich steht die Dobryna dazu zur Disposition.«
»Ich denke«, wendete Leutnant Prokop dagegen ein, »die Goëlette kann ruhig im Hafen des Cheliff bleiben. Bei dem jetzigen schönen Wetter wird ihre Dampfschaluppe zu der Überfahrt von höchstens zwölf Meilen vollkommen ausreichen.«
»Ordne alles ganz nach deinem Ermessen an, Prokop«, schloß Graf Timascheff.
Wie so viele jener verschwenderisch ausgestatteten Lust-Goëletten besaß auch die Dobryna eine sehr schnell fahrende Dampfschaluppe, deren Schraube durch einen kleinen, aber sehr vielen Dampf liefernden Kessel nach Oriolleschem Systeme in Betrieb gesetzt wurde. Bei seiner Unbekanntschaft mit der Gestaltung des Ufers, nach welchem er gehen wollte, gab Leutnant Prokop diesem kleinen, flachgehenden Fahrzeuge auch deshalb den Vorzug, weil es ihm den Besuch selbst der engsten Buchten der Küste gefahrlos zu ermöglichen versprach.
Am nächsten Tage, dem 11. März, wurde die Schaluppe also mit Kohlen versorgt, von denen sich etwa noch zehn Tonnen an Bord der Dobryna vorfanden. Dann dampfte das Schiffchen, mit dem Kapitän, dem Grafen und dem Leutnant an Bord, zu Ben-Zoufs größter Verwunderung (denn man hatte ihn gar nicht mit in das Geheimnis gezogen) aus dem Hafen des Cheliff hinaus. Die Ordonnanz blieb dabei aber mit den Vollmachten des Generalgouverneurs auf der Insel zurück, was unserem Helden nicht wenig schmeichelte.
Das schnelle Schiff legte den neunzig Kilometer langen Weg zwischen der Insel und dem Landvorsprunge, auf welchem der Vulkan sich erhob, in weniger als drei Stunden zurück. Der Gipfel des hohen Vorgebirges erschien ganz in Flammen gehüllt. Die Eruption war offenbar eine sehr starke. Verband sich hier der Sauerstoff aus der von der Gallia mit fortgerissenen Atmosphäre mit den Auswurfstoffen des Vulkanherdes, um dieses imposante Flammenmeer zu ernähren, oder, was noch wahrscheinlicher war, besaß dieser Vulkan, wie die feuerspeienden Berge des Mondes, eine ihm eigentümliche Sauerstoffquelle?
Die Schaluppe dampfte längs der Küste hin, um einen geeigneten Landeplatz aufzusuchen. Nach halbstündiger Fahrt entdeckte man denn auch einen halbmondförmigen Felsenausschnitt, eine Art kleinen Hafen, der der Goëlette und der Tartane einen hinlänglichen Schutz zu bieten versprach, wenn die Umstände deren Überführung hierher rätlich erscheinen lassen sollten.
Die Dampfschaluppe wurde festgelegt, und ihre Passagiere landeten an dem gegenüberliegenden Ufer, von dem aus der mächtige Lavastrom sich längs des Bergabhanges nach dem Meere hinabwälzte. Zu ihrer größten Befriedigung bemerkten Kapitän Servadac und seine Gefährten, wie sich die Temperatur der Atmosphäre merklich steigerte, je näher sie kamen. Vielleicht sollte die Hoffnung des Stabsoffiziers in Erfüllung gehen! Fand sich in dieser ungeheuren Bergmasse eine nur irgend bewohnbare Aushöhlung, so entgingen die Bewohner der Gallia vielleicht der am ernsthaftesten drohenden Gefahr.
Nun durchsuchten und durchstöberten sie alle Winkel und Spalten des Berges, erklommen die steilsten Abhänge, erkletterten die breiten Absätze und sprangen gleich flinken Gemsen, mit denen sie jetzt an spezifischer Leichtigkeit wetteiferten, von einem Block zum anderen, ohne aber jemals einen anderen Boden anzutreffen, als jene in hexagonalen Prismen geformte Substanz, welche das einzige Mineral des Asteroides darzustellen schien.
Ihre Bemühungen sollten jedoch nicht vergeblich sein.
Hinter einer gewaltigen Felswand, deren Spitze gegen den Himmel pyramidenartig aufstieg, öffnete sich vor ihnen eine enge Galerie, richtiger ein langer, dunkler, in der Seite des Berges ausgehöhlter Schlauch. Ohne Zaudern traten sie durch seinen, etwa zwanzig Meter über der Meeresfläche gelegenen Eingang in denselben ein.
Kapitän Servadac und seine Gefährten mußten sich durch die tiefe Dunkelheit fast hindurchtasten, indem sie mit der Wand des Tunnels stets Fühlung behielten und mit den Füßen etwaige Vertiefungen des Bodens aufzuspüren suchten. An dem zunehmenden Grollen und Donnern erkannten sie, daß der Zentralkamin des Vulkanes von hier nicht fern sein könne. Am meisten fürchteten sie aber, durch eine unpassierbare Erdwand ihre Untersuchung unterbrochen zu sehen.
Kapitän Servadac bewahrte sich jedoch ein wahrhaft unerschütterliches Vertrauen, das sich je länger je mehr auch des Grafen Timascheff und des Leutnants Prokop bemächtigte.
»Vorwärts! Vorwärts!« drängte er. »Unter außergewöhnlichen Umständen gilt es auch, außerordentliche Hilfsmittel aufzusuchen. Das Feuer ist entfacht; der Ofen ist in der Nähe. Die Natur selbst liefert das Brennmaterial! Alle Teufel, wir werden uns billig eine warme Stube verschaffen!«
Die Lufttemperatur betrug jetzt mindestens fünfzehn Grad über Null. Legten die Männer hier die Hände dichter an die Wand, so fühlten sie, daß diese schon fast heiß war. Die den Berg bildende Felsmasse schien ein ebenso guter Wärmeleiter zu sein wie die Metalle.
»Da sehen Sie es ja«, wiederholte Hector Servadac mehrmals, »da unten steckt eine leibhaftige Heizungsanlage!«
Als die Wanderer noch weiter eindrangen, erhellte ein glänzender Lichtschein den bis dahin dunklen Schacht und es zeigte sich eine große, blendend erleuchtete Höhle. Die Temperatur ihres Innern war zwar ziemlich hoch, aber doch erträglich.
Welcher Ursache verdankte wohl diese in der Gebirgsmasse ausgeschachtete Höhle ihren Glanz und ihre Wärme? Ganz einfach einem Lavastrome, der vor ihrer nach dem Meere zu weit offenstehenden Mündung herniederstürzte. Die Erscheinung erinnerte an die Wasserwand des Niagara, welche die berühmte Grotte der Winde mit einem feuchten, stahlgrünen Vorhange abschließt. Hier bestand dieser Vorhang nur nicht aus ungeheuren Wassermassen, sondern aus einem Flammenmeere, das vor der Höhlenöffnung lodernd herabfloß.
»O du hilfreicher Himmel!« rief Kapitän Servadac, »so viel hatte ich von dir ja gar nicht erbeten!«