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Saal.
Siegfried, Schmerzenreich.
Schmerzenreich.
Was weinst du, Vater?
Siegfried. Daß die Mutter stirbt.
Schmerzenreich.
O laß sie ziehn, denn das ist ihr Verlangen,
Nach Himmelslichte steht ihr frommer Sinn,
Die Erde nährte sie mit Pein und Bangen,
Nun geht sie in die ewge Freiheit hin;
Sie saß im harten Kerker hier gefangen,
Nun bringt der Tod ihr köstlichen Gewinn.
O laß uns beten, daß wir aus den Leiden
Doch also rein und selig mögen scheiden.
Siegfried. Kind, du kannst ruhig ihren Tod betrachten,
Von dir hat sie kein Leiden je empfangen,
Ich wars, der sie unschuldig ließ verschmachten,
Der ihr gegeben Pein und Angst und Bangen,
Indeß die Mörder meiner Schwachheit lachten:
Nun ist im Busen herzlich mein Verlangen,
Ihr alle Leiden liebend zu vergüten
Und was ich kann, der Holden anzubieten.
Und kaum hab' ich das süße Werk begonnen,
So fängt sie an den Armen zu entfliehn,
Und kaum gefaßt, ist schon mein Glück zerronnen,
Kaum rückgekehrt, will sie von dannen ziehn.
Viel Lieb's und Gutes hatt' ich ausgesonnen,
Doch will kein neuer Frühling auferblühn.
Sie ist mein Leben und sie will nicht leben,
Mein höchstes Glück muß ich verloren geben.
Schmerzenreich.
Oftmals hat mir die Mutter es verkündet,
Daß uns das Scheiden hier nicht lange trennt,
Daß wer sich liebt, sich dorten wieder findet,
In gegenseit'ger Wonne sich erkennt;
Dann sind wir alle fest in eins verbündet,
Das Freudenreich mit ewgen Lichtern brennt.
Sie ist die müdeste, sie geht voraus,
Wir kommen nach in unsers Vaters Haus.
Wendelin kommt.
Siegfried. Was macht mein edles treffliches Gemal?
Wendelin. Jezt ist der Bischof Hidulf angekommen,
Sie beten beide in dem alten Saal;
Sie hat das heil'ge Sakrament genommen,
Absolution und Oelung auch zumal
Empfangen aus des Bischofs Hand; die Frommen
Sind jezt vertieft in heiligen Gedanken,
Hidulfus spricht von Gott und Christ der Kranken.
Hidulfus tritt auf.
Es sei mit euch des Herren ew'ger Friede!
Sie hat empfangen Sakrament und Weihe,
Drauf im Gesang, ob einem schönen Liede,
Daß ihr der Herr so Gnad' wie Schutz verleihe,
Versanken ihre heil'gen Augen müde,
Es scheint, daß sie im Schlummer sich erfreue.
Kein Sterbender hat noch sein irdisch Leben
So fromm und still dem Heiland übergeben.
Eine Kammerfrau kommt.
Kammerfrau. Die Gräfin ist von Schlummer schon erwacht
Und fühlt mit neuen Kräften sich erfüllt,
Sie preiset Gott, ihr helles Auge lacht,
Sie küßt entzückt des Welterlösers Bild;
Auch hat sie liebend eurer oft gedacht,
Sie bittet euch, daß ihr doch noch gewillt,
Den letzten Abschied von ihr zu empfangen,
Eh sie zu ihrem Vater heimgegangen.
Die Thüren öffnen sich, Genoveva liegt im Bette.
Genoveva. Tritt her, Gemal, tritt her mein Söhnelein,
Ich laß euch jezt, bald sehen wir uns wieder,
Dann sollen wir stets bei einander sein,
Und singen Gott die wohlgefällgen Lieder;
Schon spielt um mich des Himmels reiner Schein,
Der Leib sinkt in die todte Erde nieder.
Siegfried. Ach bleibe, bleibe noch, du frommes Blut,
Und mach mich Sünder rein und fromm und gut.
Genoveva. Ich sah jezt ein erfreuliches Gesichte,
Gestorben lag mein Leib und ausgestreckt,
Die Seele sprach: Herr geh nicht ins Gerichte!
Da war der Himmel all mit Glanz bedeckt,
Vorüber zog die biblische Geschichte,
Mein reines Herz vom Tode auferweckt;
Propheten, Kön'ge und Apostel kamen
Und jeden nannt' ich bei dem heil'gen Namen.
Da brachten sie mir auch mein Kind getragen,
Ein Engel war es, diente vor dem Thron,
Es kam mir Nachricht vom Gemal zu sagen,
Der stand verklärt vor Gottes Antlitz schon.
Ich ging hinzu, um nach dem Lamm zu fragen,
Da kam die heilge Mutter mit dem Sohn,
Und Kinder mit den goldnen Flügelein,
Sie sangen all: Erbarmen und Verzeihn.
Wohin ich blickte, sah ich Blüten prangen,
Aus Strahlen wuchsen Himmelsblumen auf,
Am Throne sproßten Glauben und Verlangen,
Und rankten sich wie Edelstein' hinauf;
Gebete blühend in den Himmel drangen,
Zu Füßen aller goldnen Sterne Lauf,
Und die Natur in tausendfachen Weisen,
Den dreimal heil'gen Gott, Sohn, Geist, zu preisen.
Gebete stiegen auf, herab der Segen
Zur Erde nieder durch das Firmament,
Die Sterne kamen Gottes Lieb' entgegen
Und drungen in das ird'sche Element,
Verschlungen all' in tausendfachen Wegen,
Daß Himmel, Erd' in Einer Liebe brennt,
Und tief hinab in Pflanz-, in Erzgestalten
Des Vaters Kräfte im Abyssus walten.
Der Sohn war recht des Vaters Herz und Liebe,
Der Vater schaffende Allgegenwart,
Der Geist im unerforschlichen Getriebe
Das ew'ge Wort, das immerfort beharrt,
Das alles wechselnd, nichts im Tode bliebe,
Indeß der Vater wirkt die Form und Art,
So Lieb' und Kraft und Wort in eins verschlungen,
In ew'ger Liebes-Glut von sich durchdrungen.
Wie Strahlen gingen Engel aus und ein,
Entzückt in der Dreieinigkeit zu spielen,
Sich niedertauchend in der Gottheit Schein
Die volle Seligkeit beherzt zu fühlen;
Sie durften in der Kraft und Gnade sein,
Die Sehnsucht in der großen Liebe kühlen.
Auch meine Seel' muß sich dem Tod' entringen
Und in dem Lebensmeer als Welle klingen. stirbt.