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Fränkisches Lager
Otho, Günther und zwei andre Hauptleute.
Günther. Was mag Karl denken, und im Sinne führen, daß er sein Heer ohne Schanzen, ohne Vertheidigung hier dem Feind gegenüber legt?
1. Hauptmann.
Eine Schlacht ist nnvermeidlich, wenn er sich nicht tiefer ins Land zurück zieht.
2. Hauptmann. Eine Schlacht? Und bedenkt ihr denn nicht, daß die Heiden zehnmal stärker sind, als wir?
Otho. Wer fragt, wie stark sie sind? Wenn Karl es befiehlt, so schlagen wir; wenn er es uns heißt, so siegen oder sterben wir. Der Unterthan muß nie die Plane seines Obern meistern.
1. Hauptmann. Ei du böser und höchst verdrüßlicher Kriegsmann, sollen wir denn nicht einmal sprechen, wie es uns einfällt?
Otho. Nein, denn ihr macht dadurch euch und andre weibisch. Was geht den Diener die Ueberlegung an? Er ist der Arm, sein Feldherr das Haupt: was dieser gebietet muß er verrichten, sein größter Stolz sei, diese Verrichtung gut auszuführen, dann ist er im Felde zu gebrauchen; wenn ihr aber klügelt und dahin und dorthin zweifelt, so seid ihr schon halb verloren.
Günther. Ei du wärst dem Bischof Bonifacius ein willkommener Schüler, solcher Leute bedarf er, um das geistliche Regiment einzurichten.
Otho. Hütet euch, Freunde, anders als mit Ehrerbietung von dem großen Manne zu reden; ihr seid nicht gestellt, ihn zu begreifen oder zu tadeln, begnügt euer einfältiges Gemüth, ihn von Herzen hoch zu halten.
1. Hauptmann. Der Feldherr!
Otho. Der stattliche, herrliche Mann. O du edle Stütze des fränkischen Reichs! Seht, seine Miene ist voll Zorn, o laß es den Sarazenen entgelten, nicht den Christen.
Karl Martell kommt mit dem Gefolge.
Karl.
So weit sind wir in Frieden fortgezogen,
Nun stehn wir in des Feindes Angesicht,
Nicht länger gilt's zu zögern und zu harren,
Die meisten Herrn und Grafen sind zugegen,
Der edle Herzog Aquitaniens ist
Mit seinem frischen Heere angelangt.
Otho. Die Bundsgenossen alle sind zugegen,
Vasallen, Unterthanen, keiner fehlt,
Nur Siegfried, Pfalzgraf in dem Trierlande,
Er zögert noch zu kommen.
Karl. Siegfried ist
Ein treuer Mann, und hat das Aufgebot
Gewiß zuletzt erfahren, denn er wäre,
Zuerst entboten, auch zuerst zugegen.
Der Herzog von Aquitanien kommt.
Herzog. Nun großer Martell, beim allmächtgen Gott,
Ich dürste recht zur Seite dir zu kämpfen!
Was warten wir noch länger, warum ruhn
Die Schwerdter noch in ihren Scheiden, daß
Die Felder nicht, die Berge von dem Hall
Geschlagner Waffen, Schilderklang ertönen?
Karl. Bezähm den Muth, o dreimal edler Jüngling,
Verzeih, daß ich mit diesem Namen grüße,
In deiner Jugend seh' ich Heldenthaten,
Zum Ruhm der Christenheit, zur Glorie
Der heiligen Religion, in zarten Knospen
Noch schlummern, die Gelegenheit, die Stunde
Sehnsüchtig heiß erwarten aufzubrechen,
Damit die Welt dem neuen Glanz erstaune.
Herzog. Lenk meinen Arm und den ergebnen Sinn,
Mein Geist ist deinem Geiste unterthan,
Lehr mich das große Kriegeshandwerk, Held,
Der zu den Waffen nur geboren ward,
Die fabelhafte Zeit, die vorgen Helden
Von Rom und Griechenland, Theoderich
Sammt Alarich, selbst Attila zu verdunkeln.
Dir streb' ich nach mit allen meinen Kräften,
Zwar überzeugt, dich niemals zu erreichen,
Doch schon zufrieden, wenn du nur zuweilen
Mir Beifall winkst auf meinem rauhen Wege.
Karl. Beschämt mich nicht mit diesen Schmeichelein,
Gebt mir die Hand, mein edler Herzog, seid
Für Gott und Christum in dem Streite wacker,
Und Gott und Christus krönen euch mit Ruhm.
Herzog. O Ruhm, du Palme der erhabnen Geister,
Du schönster Thron, aus lauter Glanz erbaut,
Sei du mein Preis am heißesten der Tage,
So will ich wie der allerkühnste Falke
Mit jugendlichen Schwingen zu dir schießen,
Und noch Gefahr, noch Tod soll mich erschrecken.
Otho. Mein Feldherr, von dem Sarazenenheere
Sind jetzt Gesandte allhier angelangt,
Sie bitten, daß du sie doch hören magst
Und ihnen Sicherheit gewähren.
Karl. Laßt
Sie kommen, sicher sind sie durch den Stand,
Durch heilges Recht, das selbst die Heiden ehren,
Vielmehr denn wir, die wir uns Christen nennen.
Derar und Ali treten mit Gefolge auf, Diener bereiten für Karl einen Sessel, die Ritter und der Herzog stellen sich ihm zur Seite.
Karl. Nun redet Männer, was zu sagen Noth thut.
Derar. Beim Alla, der auf uns hernieder schaut,
Bist du der Mann, auf den der fränksche Thron,
Der lang erschütterte, die Hoffnung setzt?
Bist du es, den sie ihren Helden nennen,
Mit dessen Namen sie den Feinden drohn?
Karl. Ich bin der Karl, den unser König sandte,
Der Ungebühr, von euch erzeugt, zu steuren;
Den Freunden wird es wohl, wenn sie mich anschaun,
Doch seid ihr Feinde, sollt ihr diesen Arm,
Mein gutes Schwerdt empfinden: aber wart
Ihr nur gesandt, die Frage zu verhören?
Derar. Abdorrhaman hat uns hieher gesendet,
Der für die Lehre des Propheten streitet,
Er läßt dir seinen Gruß entbietend sagen:
Was willst du doch der Armen nicht verschonen,
Die dir aus weit entlegnen Landen folgten?
Glaubst du, es werde einer deiner Schaar
Entrinnen, und den Tod der andern künden?
O laß die Thorenhoffnung fahren, sieh
Die tausend halben Monde, die Paniere,
Die hundert tausend und noch hundert tausend!
Ihr denkt doch nicht zur Heimath umzukehren,
Ihr wähnt doch nicht das Schlachtfeld zu behaupten?
Wie Sternenmacht unzählbar unser Heer,
Gestärkt, ermuthigt durch den hohen Glauben
An Mahom, hochbeseligt durch Verheißung –
Wie wird es doch das kleine zage Häuflein
Umzingeln und erdrücken, das nur kam
Die Rüstung uns zur Beute herzuschleppen,
Zu unserm Prunk die buntgestickten Fahnen,
Zur Sklaverei die nicht ermordten Ritter
Und Grafen und dich Uebermüth'gen selbst.
Herzog. Bei Gott, du feiger Mohr, dafür will ich
Dir Bart sammt Haupt vom schnöden Rumpfe reißen.
Karl. O laß ihn sprechen, stehn wir alle doch
In jenes Hand, der alles sieht und lenkt.
Derar. Drum läßt Abdorrhaman dir dies entbieten:
Da er, dein Freund und aller Christen Freund,
Gern ihres Lebens, ihres Blutes schont,
So magst du dich mit deinem Haufen retten,
Er fordert nur die Waffen eurer Schaaren,
Und daß eur keiner gegen ihn sich stellt
In diesem Jahr, damit er ungehindert
Durch Frankreichs Ebnen ziehen mag und frei
Den Lauf der Flüsse und das Land besuchen:
Er ist von Gott zum Herrscher auserkoren,
Ihr aber seid zu Dienern ihm geboren.
Karl aufstehend.
Bei Gott, ich mag nicht gern mit Hochmuth sprechen,
Auch ziemt sich Stolz für keinen Christen nicht,
Doch muß ich mich am Uebermüth'gen rächen,
Das schwör' ich hier bei diesem Sonnenlicht!
Nicht soll die künft'ge Nacht zur Erden steigen,
Ich habe ihn dann unter mich gebracht,
Noch morgen soll sich die Erklärung zeigen,
Ob größer Mahom's oder Christus Macht.
Ungläubge Hund' an allen Sinnen blöde,
Der Christenheit zur Strafe her gesandt,
Als Geissel scharf, für ihre Sünden schnöde,
Und drum besiegtet ihr Hispanias Land.
Doch haben wir uns all zu Gott gekehrt
Und keine Heidenmacht kann uns bezwingen;
Wir sind mit seinem heilgen Wort bewährt,
In seinem Namen muß es uns gelingen.
Ihr Bettler aus Arabiens Wüstenein,
Die nackt gelegen dort im heißen Sand,
Die nie gesehn des Goldes Glanz und Schein,
Die weder Acker, Pflug noch Brod gekannt,
Bis euch empört ein hochverfluchtes Haupt,
Und euch gestellt in die verruchten Rotten,
Daß ihr die theure Christenheit beraubt,
Es wagt, den dreimaleinigen Gott zu spotten;
Euch Tigerthieren will ich dies verkünden,
Ihr sterbt auf diesem ebnen Schlachtgefilde,
Oder niemals will ich ferner Gnade finden
Vorm allertheuersten Marienbilde.
Jezt schweigt, ich will nicht weiter Antwort hören,
Kein Wort, bei Himmelsmacht will ich es schwören,
Ich achte nicht, daß ihr hieher gesandt,
Und morde euch mit meiner eignen Hand.
Herzog. Jezt eilt zurück, verkündigt unser Zürnen
Und fleht vergeblich heut zu den Gestirnen.
Otho. Ihr seid gesandt, das schützt euch, lieben Brüder,
Doch morgen sehn wir uns im Felde wieder.
Otho mit den Gesandten ab.
Karl. Rück bald herauf, du wichtger großer Tag
Und schlinge schnell die kurze Nacht hinweg,
Mir brennt zum Kampf so Herz wie Eingeweide. –
Welch frohes Spiel von Zimbeln und Trompeten,
Welch Freudejauchzen tönt durch unser Lager?
Otho kommt zurück.
Otho. Graf Siegfried ist so eben angelangt.
Karl. Ich dacht' es wohl, daß er nicht fehlen würde.
Siegfried tritt auf.
Siegfried. Da bin ich, edler Fürst, auf dein Gebot,
Doch kam dein Ruf nur spät in unser Schloß;
Gleich macht' ich mich zum heilgen Kriege auf.
Karl. Und geht es allen wohl bei dir daheim?
Siegfried. Gottlob, ich habe alle wohl verlassen.
Mein junges Weib wollt zwar ein wenig bangen,
Doch hat sie auch sich endlich finden müssen.
Karl. Du bist vermählt?
Siegfried. Erst seit drei Monden, Herr.
Karl. So wünsch' ich unsern Feldzug schnell geendigt,
Damit du bald zur Heimath kehren mögst.
Siegfried. Ich hab 'nen treuen Dienstmann heimgelassen,
Der mir mein Schloß und theures Weib beschirmt.
Karl. Lebt euer Bischof noch, Hidulf der Weise?
Siegfried. Er hat euch seinen Segen mit geschickt.
Karl. Ich danke ihm! seid nochmals mir willkommen;
Ich denk, wir gehn schon morgen an das Werk,
Drum rüstet euch, mein edler, tapfrer Graf,
Ich will noch einmal jezt das Lager mustern.
ab mit dem Herzoge und Gefolge.
Siegfried. Schon morgen? Nun, je früher desto besser,
Je ehr vollbracht, die Freude desto größer.
Otho. Könnt ihr euch meiner, theurer Freund, erinnern?
Siegfried. Ihr seid ja Otho wohl, mein Waffenbruder?
Otho. Derselbe.
Siegfried. Nun so laßt Euch froh umarmen.
Ei wie man unvermuthet Freunde trifft!
Kommt mit zu meinem Zelt, wir wollen trinken,
Als Freunde uns beim Becher Willkomm sagen!
gehn ab.