Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
1520.
Der neugewählte deutsche König Karl V. hatte am 20. Mai Spanien verlassen und war nach Deutschland, zunächst nach den Niederlanden, unterwegs, wo sein Bruder, Erzherzog Ferdinand, ihn erwartete. Diesem hatte, wie wir uns erinnern, Hutten im März die alte Schutzschrift für Heinrich IV. gegen Hildebrand mit einer Vorrede gewidmet, in der er ihn, und durch ihn seinen Bruder, für den Plan einer Befreiung Deutschlands von der römischen Fremdherrschaft zu gewinnen suchte. Dahin wollte er nun auch durch persönliche Ueberredung wirken, und schickte sich daher um den Anfang des Juni zu einer Reise nach den Niederlanden an.
Die Freunde des Fortschritts knüpften die kühnsten Erwartungen an diese Reise. »Hutten geht zu Ferdinand«, schrieb Melanchthon, »der Freiheit einen Weg zu bahnen durch die größten Fürsten. Was dürfen wir also nicht hoffen?« Crotus sprach gegen Luther die Hoffnung aus, den Freund demnächst an Ferdinand's Hofe zu Luther's und der guten Studien Vortheil angestellt zu sehen; und Stromer, der indessen nach Leipzig berufene mainzer Freund, bezeichnete ihn bereits als Rath der beiden Fürsten, Albrecht's von Mainz und Ferdinand's von Oesterreich. Melanchthon an Joh. Hessus, in Hutten's Schriften I, S. 358. Crotus an Luther, ebendas. S. 341. Die Aeußerung Stromer's ebendaselbst S. 344. Hutten selbst sah die Sache weniger sanguinisch an. Heute reise er zu Ferdinand ab, schrieb er am 4. Juni an Petrus Mosellanus, voll der größten Sorgen. Zu der neuen Stellung sei noch kein Grund, ihm Glück zu wünschen. Nur falls er seinen Zweck erreiche, daß dann die gute Sache den Vortheil davon haben solle, glaubt er versprechen zu können. Schriften IV, S. 690.
Im Begriff einen so entscheidenden Schritt zu thun, hielt Hutten es an der Zeit, alle Rücksichten bei Seite zu setzen, und mit dem Manne, mit dem auf Ein Ziel hinzustreben er sich bewußt, über dessen volle Bedeutung er so eben noch durch Crotus ins Klare gesetzt worden war, nun auch äußerlich in Verbindung zu treten. Am 4. Juni schrieb er noch von Mainz aus an Luther folgenden Brief: »Wenn dir in demjenigen, was du dort mit hohem Muthe betreibst, sich ein Hinderniß in den Weg stellt, so ist mir das von Herzen leid. Wir haben hier nicht ganz ohne Erfolg gearbeitet. Christus sei mit uns! Christus helfe! Denn seine Vorschriften verfechten wir; seine durch den Dunst der päpstlichen Satzungen verdunkelte Lehre bringen wir wieder ans Licht: du glücklicher, ich nach Kräften. Möchten entweder alle dieß einsehen, oder jene von freien Stücken in sich gehen und auf den rechten Weg zurückkehren. Es heißt, du seiest in den Bann gethan.« (Dieß war im Augenblick noch nicht der Fall, verwirklichte sich jedoch bald genug: die Bannbulle gegen Luther trägt das Datum des 15. Juni.) »Wie groß, o Luther, wie groß bist du, wenn das wahr ist. Denn von dir werden alle Frommen sagen: Sie suchten die Seele des Gerechten, und das unschuldige Blut verdammten sie; aber Gott wird ihnen ihre Missethat vergelten, und in ihrer Bosheit wird der Herr unser Gott sie verderben. Das sei unsre Hoffnung, das unser Glaube. Eck« (über dessen Umtriebe Crotus dem Freunde das Neueste hatte melden können), »Eck kehrt von Rom zurück, vom Papste mit Pfründen und, wie man sagt, mit Gelde beschenkt. Was ist's mehr? Gelobt wird der Sünder in seinen Wünschen, uns aber leite Gott in seiner Wahrheit. Darum hassen wir die Versammlung der Frevler, und mit den Gottlosen sitzen wir nicht. Doch sieh dich vor und halte Augen und Sinn auf sie gerichtet. Du siehst, wenn du jetzt fielest, was es der gemeinen Sache für ein Schaden wäre. Denn für dich, weiß ich, bist du so gesinnt, daß du lieber in deinem Vorhaben sterben, als elend leben willst. Auch mir stellt man nach; ich werde mich hüten so gut ich kann. Werden sie Gewalt brauchen, so habe ich Kräfte gegen sie aufzubieten, die ihnen nicht allein gewachsen, sondern, wie ich hoffe, überlegen sein sollen. Möchten sie mich nur verachten. Eck hat mich angegeben, daß ich es mit dir halte; darin hat er sich nicht getäuscht. Denn immer habe ich in Allem, was ich verstand, dir beigestimmt, obschon bis jetzt kein Verkehr zwischen uns stattfand. Was er weiter gesagt hat, wir haben schon früher nach Verabredung gehandelt, das hat er dem Papste zu Gefallen gelogen. Ein schamloser Bösewicht! Man muß sehen, daß ihm vergolten werde, was er verdient. Du sei fest und stark und wanke nicht! Doch was mahne ich, wo nichts zu mahnen ist? An mir hast du einen Anhänger für jeden möglichen Fall. Darum wage es, mir inskünftige alle deine Plane anzuvertrauen. Verfechten wir die gemeine Freiheit! befreien wir das unterdrückte Vaterland! Gott haben wir auf unsrer Seite. Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Die Kölner und Löwener haben dich verdammt. Das sind jene teuflischen Rotten, welche gegen die Wahrheit streiten. Doch wir werden durchbrechen, durchbrechen unter Christi Beistand frisch und mannhaft. Jenen aber hätte es gebührt, im vorkommenden Falle wahrhaft und freimüthig zu urtheilen. Darüber habe ich sie zur Rede gestellt in einem Vorworte, das du lesen wirst. S. oben S. 330 ff. Capito (Hofprediger und noch in demselben Jahre Rath des Kurfürsten von Mainz) wird es dir schicken. Heute reise ich zu Ferdinand ab. Was ich dort für unsre Sache wirken kann, werde ich nicht versäumen. N. (Franz von Sickingen) läßt dir sagen, zu ihm zu kommen, falls du dort nicht gehörig sicher bist; er wird dich deiner Würde gemäß ehrlich halten und gegen allerlei Feinde mannhaft vertheidigen. Das hat er mich schon drei oder viermal geheißen dir zu schreiben. In Brabant finden mich deine Briefe; dahin schreibe und lebe freundlich und in Christo wohl. Grüße Melanchthon und Fachus und alle Guten dort, und lebe nochmals wohl.« Schriften I, S. 355 f.
An Reisegeld gebrach es Hutten nicht: der Kurfürst von Mainz hatte ihm unmittelbar zuvor durch Arnold Glauberger in Frankfurt 100 Fl. auszahlen lassen. Cochläus an Pirckheimer, in Hutten's Schriften I, S. 359. Albrecht's Verhältnis zu Hutten bestand also noch immer fort, unerachtet dieser in seinen letzten Schriften der römischen Curie einen Krieg auf Leben und Tod angekündigt hatte. Inwiefern eine Beschränkung Roms dem Erzbischof von Mainz erwünscht sein konnte, haben wir oben angedeutet, da wir uns bereits über die erste Aufnahme Hutten's in mainzische Dienste wundern mußten. Jetzt mochten Hutten's und Sickingen's sich ausdehnende Entwürfe dem ersten deutschen Kirchenfürsten noch lockendere Aussichten bieten. Wir wissen, daß in der ersten Zeit der Thronerledigung das Versprechen des Papstes, falls durch Albrecht's Mitwirkung Franz I. von Frankreich zu Maximilian's Nachfolger erwählt würde, ihn zum Legaten von Deutschland zu ernennen, stark auf den Erzbischof gewirkt hatte. Wenn sich jetzt durch Hutten's und Sickingen's Thätigkeit die deutsche Kirche für sich abschloß und der römischen nur etwa noch etliche Ehrenrechte übrig ließ, so schien der Mainzer Erzbischof als Primas von Deutschland derjenige, dem das Meiste, was man Rom entzog, zufallen mußte. Hutten's Absehen ging allerdings weiter; aber die eine Seite seines Plans war jenes doch: Deutschland sollte von der kirchlichen Fremdherrschaft befreit, weiterhin aber freilich die Kirche selbst entweltlicht werden; ersteres war Hutten's, letzteres Luther's Hauptgesichtspunkt: woraus sich, selbst ohne die entgegengesetzten persönlichen Berührungen, abermals erklärt, wie Erzbischof Albrecht Luther's Feind sein mußte, und doch Hutten's Gönner sein konnte.
Voll von seinen Entwürfen reiste Hutten mit einigen gleichgesinnten Begleitern den Rhein hinunter. In Köln traf er mit Agrippa von Nettesheim zusammen, jenem seltsamen Gemische von gutem Kopfe, Schwärmer und Charlatan, der ein ähnlich abenteuerliches Leben wie Hutten hinter sich hatte, auch von Mönchen und Pfaffen schon verketzert, dabei aber doch ein Gegner der Reformation geblieben war. Er sah in Hutten's Mittheilungen einen erschreckenden Beweis, wie weit die Frechheit gewisser Leute jetzt gehe; in seinen Planen die Keime verderblicher Revolutionen: alles komme nun auf die Fürsten und insbesondere den neugewählten Kaiser an, dessen »Saturnisches« Wesen jedoch dem Horoskopsteller auch kein Vertrauen einflößte. S. Agrippa's Brief vom 16. Juni 1520 in Hutten's Schriften I, S. 359 f.
In Löwen wohnte damals Erasmus; ihn besuchte Hutten, bat ihn um Empfehlungsbriefe an den Hof und um eine geheime Unterredung. Beides erhielt er; aber aus dem Kriege gegen die Römlinge, den Hutten eröffnen zu wollen äußerte, machte Erasmus einen Spaß; er fragte nach den Mitteln zu einem solchen Unternehmen und rieth dem enthusiastischen Ritter ernstlich, von einem so tollkühnen Handel die Hand zu lassen. Spongia, in Hutten's Schriften II, S. 276, §. 84. 85. S. 317 f. §. 373. 374.
Wie es diesem sofort am Hofe zu Brüssel ergangen, wissen wir im Einzelnen nicht. Auch wie lange er dageblieben, können wir nicht bestimmen. Schwerlich hat er Karl's Ankunft abgewartet; schwerlich ist er bei Ferdinand zu Gehör gekommen. Gleich von Anfang warnten ihn seine Bekannten am Hofe vor Nachstellungen, die eben hier ihm drohen, und denen er nur dadurch entgehen könne, wenn er so schleunig wie möglich sich vom Hofe entferne. Anfangs beachtete Hutten diese Warnungen nicht; aber sie wurden immer dringender und bestimmter. Die päpstlichen Geschäftsträger in Deutschland seien es, die das betreiben, und vor der Curtisanen Gift und Dolchen habe er sich in Acht zu nehmen. Da nun überdieß Hutten die Pfaffen am brüsseler Hof mächtiger fand, als daß er auf günstiges Gehör hätte hoffen können, so folgte er dem Rathe der besorgten Freunde und zog sich zurück. Huttenus omnibus omnis ord. etc. Schriften I, S. 407.
Auf der Rückreise begegnete ihm ein komisches Abenteuer, das er in der Folge gern erzählte. Wie er mit seinen zwei Knechten in der Nähe von Löwen ritt, sei ihm Hochstraten in den Weg gekommen. Hutten erkannte ihn und ließ ihn durch seine Leute greifen. »Endlich«, schrie er ihn an und zog den Degen, »endlich fällst du in die rechten Hände, du Scheusal! Welchen Tod soll ich dir nun anthun, du Feind aller Guten und Widersacher der Wahrheit?« Doch bald, wie er den Elenden um Pardon bittend vor sich auf den Knien sah, faßte er sich, und »Nein!« rief er, indem er sein Schwert wieder in die Scheide stieß, »nein, mein Degen soll sich mit so schlechtem Blute nicht besudeln; das aber wisse, daß viele andere Schwerter auf deine Kehle zielen, und dein Untergang eine ausgemachte Sache ist.« Crotus an Luther, in Hutten's Schriften I, S. 434. Otto Brunfels, Resp. ad Spong. Erasmi, ebendas. II, S. 338, und Hochstratus ovans, Hutteni opp. Supplem. I, S. 484.
Hutten reiste nun wieder den Rhein hinauf, und da wurden ihm unterwegs die in Brüssel erhaltenen Warnungen bestätigt. Reisende, die von Rom zurückkamen, wollten wissen, der Papst sei äußerst erbittert auf ihn, und habe eine nachdrückliche Verfolgung gegen ihn beschlossen. Wie er dann nach Mainz zurückkam, liefen seine Freunde zusammen und wünschten ihm Glück, ja einige wunderten sich, ihn wiederzusehen, denn sie hatten von solchen Nachstellungen gegen ihn gehört, daß sie ihn für einen verlorenen Mann hielten. Ihrem Rathe zufolge, sich auch in Mainz nicht lange aufzuhalten, ging er nach Frankfurt und erfuhr hier durch Briefe und mündliche Berichte, daß der Papst an verschiedene deutsche Fürsten, insbesondere auch an den Erzbischof von Mainz, das Ansinnen gestellt habe, ihn gefesselt nach Rom zu senden. Bei König Karl aber, so verlautete bald darauf, suchte ein päpstlicher Orator die Erlaubniß nach, Hutten, wo es sei im deutschen Reiche, greifen und dazu die Hülfe des weltlichen Arms in Anspruch nehmen zu dürfen. Hutten an Capito, 8. August 1320, an Erasmus, 15. August, Schriften I, S. 367 f. A. Frank aus Kamenz an Pirckheimer, in Hutten's Schriften I, S. 420. Huttenus omnibus omnis ord. etc., ebendas. S. 407 f. Desselben Clag und vormanung, Schriften III, S. 509 f.
Von Frankfurt aus machte Hutten einen Besuch auf Steckelberg, wo damals seine beiden Eltern noch lebten. Unterwegs in Gelnhausen schrieb er am 8. August an Capito nach Mainz, er möge die an ihn einlaufenden Briefe bis auf sichere Gelegenheit an sich nehmen, und gab ihm zugleich Nachricht, falls er es noch nicht wisse, von dem päpstlichen Ansinnen an den Erzbischof. »Nun endlich«, schrieb er, »fängt dieses Feuer zu brennen an, und es wird ein Wunder sein, wenn es nicht zuletzt mit meinem Sturze wird gelöscht werden müssen. Doch in diesem Handel habe ich mehr Muth, als jene Kräfte haben. Auf, auf! es muß durchgebrochen werden. Mit meiner Milde sei es nun am Ende; denn ich sehe, daß die römischen Leuen nach Blute lechzen. Aber, wenn mich nicht alles trügt, werden sie eher selbst Blut lassen, eher Bande und Kerker, womit sie mir so grausam drohen, erdulden müssen.« Auf Steckelberg schrieb einige Tage später Hutten an Erasmus, er wundere sich über die blinde Wuth des Papstes, von einem Fürsten wie Albrecht so etwas zu verlangen. Ihn, Hutten, meinen sie jetzt sehr in Furcht gesetzt zu haben; ob er gleich auf der andern Seite vernehme, daß sie ihm höchst anständige Bedingungen bieten, wenn er sich zum Frieden bequemen wollte. Das thun sie, nachdem er durch seine zeitige Entfernung aus Mainz ihren Händen entgangen sei. Auch Fulda besuchte Hutten bei dieser Gelegenheit wieder, und brachte hier noch einmal fünf Tage im trauten Verkehr mit dem alten Herzensfreunde Crotus zu. S. die in der vorigen Anm. angeführten Briefe Hutten's und den in der vorletzten angeführten Brief von Crotus an Luther.
Hutten spricht von zwei päpstlichen Schreiben an den Kurfürsten von Mainz: in der That kamen diesem am 5. Oct. durch die beiden Nuntien Aleander und Caraccioli deren fünf zu, wovon jedoch nur eines, vom 12. Juli, dem aber ein Privatschreiben des mainzer Domherrn Valentin von Tetleben an den Kurfürsten in der gleichen Sache zur Seite ging, sich auf Hutten bezog. Es sei ihm, schreibt darin der Papst, ein Buch gezeigt worden, das von einem gewissen Ulrich Hutten entweder verfaßt oder aufgefunden und mit einem Vorworte begleitet sei, in welchem sich die gröbsten Schmähungen gegen den römischen Stuhl befinden. Es ist dieß ohne Zweifel die Schrift De unitate ecclesiae mit der Widmung an Erzherzog Ferdinand, und scheint also die vor zwei Jahren von Hutten herausgegebene und Leo X. zugeeignete Schrift des Laurentius Valla demselben nicht zu Handen gekommen, oder von ihm ignorirt worden zu sein. Zugleich, fährt der Papst in seinem Erlasse fort, haben die Ueberreicher der Schrift (vermuthlich Eck u. A.) ihm gesagt, von demselben Verfasser seien noch viel ärgere Bücher in ihren Händen; weßwegen sie ihn, den Papst, aufgefordert haben, gegen einen so frechen Lästerer mit scharfer Strafe einzuschreiten. Bei näherer Erkundigung über seine Person habe er nun erfahren, daß derselbe ein Diener des Erzbischofs, und die angeschuldigten Bücher in dessen Stadt Mainz gedruckt seien. Ob es nun gleich kaum denkbar sei, daß dieses ohne des Erzbischofs Wissen habe geschehen können, so könne doch er, der Papst, von einem Fürsten, dem er so manche Beweise besondern Wohlwollens gegeben (er schickte ihm jetzt eben die goldene Rose), so etwas unmöglich glauben, und setze daher lieber voraus, derselbe habe nichts davon gewußt. Um so mehr aber erwarte er jetzt von demselben, daß er die Frechheit derjenigen, welche sich gegen den heiligen Stuhl auflehnen, unterdrücken und sie entweder zur Bescheidenheit zurückführen, oder an den Lästerern Exempel von Strenge aufstellen werde, welche sie selbst und andere fortan von so strafbarem Muthwillen abhalten mögen. Das Breve sammt Albrechts Antwort s. in Hutten's Schriften I, S. 362-365. Von Festnahme übrigens und Abführung nach Rom steht in diesem Breve nichts; sei es, daß dieß nur mündlicher Auftrag, oder auch vorerst bloßes Gerücht war; um eine Abschrift der Urkunde selbst bemühte sich Hutten lange Zeit vergebens. Hutten an Capito, Schriften I, S. 365 f.
In seiner Antwort, von der Hand seines nunmehrigen Rathes Capito, des diplomatischen Freundes der Reformation und Hutten's insbesondere, beruft sich der Erzbischof zu seiner Rechtfertigung darauf, daß er alle diejenigen, an denen er eine Entfremdung von dem römischen Stuhle wahrgenommen, von sich entfernt habe; so habe er Hutten, der ihm bis dahin sehr werth gewesen, sobald er von seiner Schmachschrift gegen den Cardinal Cajetan (der Febris prima) Kunde erhalten, von seinem Hofstaat ausgeschlossen (d. h., wie wir wissen, ihm den erbetenen Urlaub mit fortlaufendem Gehalte gewährt); von seinen neuesten abscheulichen Schriften habe er erst nach seiner Rückkehr aus der Magdeburger Diöcese etwas erfahren, gegen Hutten selbst aber nicht einschreiten können, da sich dieser bis auf den heutigen Tag in den festesten Burgen halte und jeden Augenblick im Stande sei, eine starke Streitmacht zusammenzubringen, mit welcher er dem Erzbischof selbst gefährlich werden könnte. Dagegen habe er sich an den Buchdrucker (Joh. Schöffer, bei dem die Dialoge und die Schrift mit der Vorrede an Ferdinand erschienen waren), einen mainzer Bürger, gehalten, den er, trotz der Abmahnungen vornehmer Männer, in ein hartes Gefängniß habe werfen lassen. Auch habe er in seinen Diöcesen den Kauf und Verkauf dieser und anderer gegen den römischen Stuhl gerichteten Schriften verboten. Was den Buchdrucker betrifft, so scheint also des Hofmeisters Frowin von Hutten Fürwort, das Ulrich schon im Sommer in Anspruch genommen hatte, ohne Wirkung geblieben zu sein. Hutten an Capito, 8. August 1520, Schriften I, S. 367.
Die festen Burgen, in denen Hutten um diese Zeit sich hielt, waren die seines Freundes Franz von Sickingen, und dahin muß ihm jetzt unsere Erzählung folgen.