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Eine Minute noch stand er regungslos, dann richtete er sich auf und begann, die Arme auf dem Rücken, langsam in dem Zimmer auf und nieder zu schreiten. Daß er, so wenig Zeit ihm auch zur Entscheidung gegönnt worden war, im großen und ganzen das Richtige getroffen habe, daran zweifelte er nicht einen Moment. Er rechnete das Exempel nur noch einmal im einzelnen Posten für Posten durch, sich die Freude der Gewißheit zu verschaffen, daß alles stimmte. Wie den Nachgeschmack nach einem köstlichen Mahl, genoß er die Verachtung, mit der er den Fanfaron zuletzt abgefertigt. Ja, der Mensch war ein Fanfaron trotz alledem, der mit einem Einfluß, einer Macht renommierte, die er sicherlich nicht besaß, wie klüglich er auch sein Lügennetz gewebt hatte! Mit dem Finger brauchte man ja nur durch das Netz zu fahren, und die Fetzen flatterten nach allen Enden! Der Mensch sollte ein Mädchen, wie Anne, die Erbin von Millionen fahren lassen, weil er sie nicht lieben konnte? Unsinn! Entweder, er prahlte mit ihrer Liebe, oder er hatte sich überzeugt, daß es mit den Millionen nichts war. Und war nun gekommen, sich hier anzubieten nach dem Satze, daß ein Sperling in der Hand besser ist, als die Taube auf dem Dache. Er wäre sonst wahrlich nicht an der Thür noch einmal umgekehrt – der aufdringliche Bettler, der hungrige Vagabund! Zweifellos hatte er sich auch so Marie und ihrem Vater angeboten und war von ihnen zurückgewiesen worden. Marie war eine überspannte Person; aber gerade deshalb machte sie mit einem Schuft, wie Hartmut, nicht gemeinschaftliche Sache – niemals! Das hatte der Mensch einfach gelogen. Und der Apfel würde nicht weit vom Stamm gefallen sein. Der alte Phantast von Achtundvierzig, der dreißig Jahre in Amerika sich herumgetrieben und in der unendlichen Zeit es nicht weiter gebracht hatte, als bis zu dem Kostgänger und Pensionär eines Börsenjobbers, oder dem Intimus eines verhimmelnden Schwärmers – er ein zäher Mensch, ein eiserner Charakter? Lächerlich! Wenn ihm der Sinn so nach der alten Herrlichkeit stand, warum war er nicht im Jahre Einundsechzig bei der Amnestie nach Europa zurückgekommen und hatte den Kampf aufgenommen? Doch entschieden nur deshalb nicht, weil er eben ein idealistischer Don Quichotte war und noch gerade klug genug, zu sehen, daß die Windmühlen sehr starke Arme hatten und ihn sehr bös in den Sand setzen konnten. Er sollte es nur versuchen! Das müßte doch wunderbar zugehen, wenn man den Prozeß nicht durch alle Instanzen gewönne! Und es würde gar nicht zum Prozeß kommen. Marie – und der alte Mann – er mußte ja jetzt sechzig und darüber sein – ei nun, die würden schon mit sich sprechen lassen. Eine kleine Abfindung vielleicht – und man hat noch den Ruhm der Großmut in den Kauf. Natürlich würde er auch diese Angelegenheit in seine Hände nehmen müssen, wie er denn seit den letzten Wochen der intellektuelle Urheber von allem war, was in der Familie geschah. Wer sollte ihm auch hineinreden? Die Mama wagte das schon längst nicht mehr; der Papa hatte sich immer gefügt und würde von heute an sich schon zu unverdienter Ehre anrechnen, wenn man ihn auch nur scheineshalber fragte. Ada war stets seine gelehrige Schülerin gewesen, und ihre Verlobung mit Meiringen schlechterdings sein Werk. Reginald? auch er fing an zu begreifen, daß eine Familie, die in der Welt etwas bedeuten will, ein Haupt haben muß.
Herbert warf den Kopf in den Nacken; sein langsamer Schritt war schneller und fester geworden.
Ja, er war das Haupt der Familie! Er hatte die Pflicht, ihr ein Vermögen zu erhalten, ohne welches sie nicht auf der Höhe der Situation bleiben, geschweige denn auf eine höhere Stufe, eine noch viel höhere sich erheben konnte. Er hatte die Pflicht, ihr auf dem steilen Wege zu Ruhm und Macht voran zu gehen; die Pflicht und, Gott sei Dank, die Kraft. Wessen bedurfte es weiter? Vielleicht einer tüchtigen Portion von dem, was er in der Choctaw-Bahn-Affaire gehabt? Warum sollte er es auch nicht haben, so gut, wie – nun, man ist doch mit sich allein in seinem Zimmer, und da darf man sich sagen, daß ohne die betreffende Portion der Fürst auch heute nicht – der Fürst wäre. Und was heißt Glück? Vierundsechzig – sechsundsechzig – siebzig – waren das Glücksfälle? Ein Narr mag das denken! Die Sorte Glück fällt einem nicht in den Schoß; die packt man mit starken Armen und zwingt sie zu sich her, daß sie dienen muß – eine gehorsame Magd. Davon hat die blöde Menge keinen Begriff; es wäre auch schlimm, hätte sie das. Aber dafür ist gesorgt: sie wird bleiben, was sie ist und immer war. Und diese hirnverbrannten Schwärmer von Achtundvierzig, sie sollen uns doch wahrlich das Konzept nicht verderben. Mögen sie mit ihren verrosteten Waffen rasseln, wie der katholische Pfaff mit den Knochen seines Heiligen – wer glaubt denn noch daran? Und die sozialdemokratische Brut – wie weit bringt sie es denn? Zu Programmen, von denen das eine das andre auffrißt; zu Krawallen, die man mit dem Kolben niederschlägt; zu einem Hödel, den man um einen Kopf kürzer macht; zu einem unverschämten Intriganten, wie Hartmut, den man zur Thür hinauswirft. Wir sind die Herren – von Gottes- und Rechtswegen, weil wir die Zeit verstehen, unser staatsmännisches Metier verstehen; weil wir die Kraft gehabt haben, aus uns den hervorgehen zu lassen, der es in dem Metier zur höchsten Meisterschaft gebracht und eine Schule gemacht hat, in die freilich Dummköpfe nicht gehören, in der aber kluge Köpfe es auch zur Meisterschaft bringen können. Bringen müssen. Laßt nur noch so ein fünf, ein zwei Jahre vielleicht nur ins Land gehen, und man wird von Herbert Ilicius zu reden haben!
Er setzte sich an den Arbeitstisch. Jetzt hieß es handeln, schnell handeln. Das Erste mußte sein, an Marie zu schreiben und sie um eine Unterredung zu bitten, bevor der Schuft, der jetzt natürlich Rache schnob, Zeit hatte, sich wieder an sie zu drängen und sie dann vielleicht doch zu einem thörichten Schritte zu verleiten. Der Brief war nicht leicht. Er würde schon den rechten Ton treffen.
Auch in einem zweiten, der ebenfalls noch heute geschrieben werden mußte: der Brief an seinen Ministerialdirektor, in welchem er offiziell um Juliens Hand anhielt.
Offiziös hatte er es bereits gestern gethan, als Herr von Kinitz nach dem Schluß der Sitzung ihn zu sich gewinkt, ihm sein Bedauern über den Vorfall im Reichstage ausgedrückt und dann hinzugefügt hatte: Sie wissen, lieber Kollege, welche große Stücke ich auf Sie halte, und wie es mich schmerzen würde, sollte Ihnen die schöne Carriere, die Sie vor sich haben, durch Ihren Vater verdorben werden.
Er aber hatte, ohne sich einen Augenblick zu besinnen, geantwortet: Ich danke Ihnen, Herr Direktor. Seien Sie überzeugt, daß Ihr gütiger Wink pünktlich befolgt werden wird. Herr Direktor wissen, daß ich durch Unfolgsamkeit nicht nur meine Carriere kompromittieren, sondern auch ein andres aufs Spiel setzen würde, das mir ein gut Teil naher am Herzen liegt, als meine Carriere.
Das war eine kluge Antwort gewesen, die mit einem Schlage eine verworrene Situation geklärt hatte. Aber nun mußten auch die Konsequenzen gezogen werden, und – ein nassester Schwamm über die unsinnige amerikanische Episode!
Herbert hatte das Papier zurechtgelegt und die Feder eingetaucht, als ein schneller Schritt über den Korridor kam, die Thür aufgerissen wurde, und Reginald rasch hereintrat in Helm und Schärpe mit einem Gesicht, dessen gespannter Ausdruck und bleiche Farbe ihm nichts Gutes verkündeten.
Was hat's gegeben? rief er dem Bruder entgegen.
Ein Renkontre, murmelte Reginald, sich in den nächsten Stuhl werfend. Es ist schlimm für den andren abgelaufen. Er ist auf dem Platze geblieben.
Der Graf? rief Herbert, von seinem Stuhle aufspringend.
Axel – ja! murmelte Reginald, indem ihm der Kopf auf die Brust sank.
Wieder schritt Herbert in dem Zimmer hin und her. War denn heute morgen die ganze Hölle los? Auch noch das! Und so, ohne daß man sich darauf hätte vorbereiten, dazwischen hätte treten können! Zum Teufel, war man der Chef der Familie, oder war man es nicht?
Warum hast Du mir nichts davon gesagt? herrschte er, stehen bleibend, den Bruder an.
Weil ich wußte, daß Du mir dazwischen kommen würdest, murmelte Reginald. Es mußte etwas geschehen, es konnte so nicht bleiben. Ich konnte es nicht länger mit ansehen, daß er Stephanie auf diese schmähliche Weise verriet, uns alle an der Nase führte, zum Gespött in der ganzen Stadt machte. Ich konnte es nicht.
Mußtest Du ihn deshalb gleich totschießen?
Oder er mich. Zum Spaß standen wir nicht da.
Und nun? – Du willst Dich melden?
Zu Befehl! sagte Reginald, der in Gedanken schon bei seinem Oberst war; und dann, sich schnell verbessernd: Natürlich: melden! Was sonst? Vorher wollte ich es Dir doch wenigstens sagen.
Sehr gütig. Vielleicht hättest Du auch die weitere Güte, mir zu sagen, wie Du zu der Ueberzeugung gekommen bist, daß »etwas geschehen müsse«, ohne daß Du Dir die kleine Mühe zu geben brauchtest, bei mir anzufragen, ob das »etwas« nicht etwa ein abominabler Nonsens sei.
Eine solche Sprache gegen ihn würde sich Herbert vorher nie verstattet haben. So verstört Reginald war, er fühlte es doch; und daß er sich das früher niemals würde haben gefallen lassen. Aber freilich, wenn man eben einen Menschen tot geschossen hat! Und hat ihn da so vor sich liegen sehen – langgestreckt auf dem Rasen mit den weit aufgerissenen, verglasten Augen, die einen so oft über die Flasche herüber angelacht hatten –
Und Reginald erzählte, – im halb befangenen, halb zuversichtlichen Tone eines Schülers, der sein Pensum, so gut er kann, aufsagt, – wie er allmählich die Ueberzeugung gewonnen habe, daß Axel Stephanies überdrüssig geworden sei, ohne bei sich den Mut zu einem offenen Bruche zu finden, um sich für diese Feigheit dann in einem unwürdigen, skandalös offen betriebenen Verhältnisse mit einer kleinen Schauspielerin, die auch schon früher seine Geliebte, schadlos zu halten. Wie er durch Benno Meiringen, der es zufällig erfahren und, als ihr künftiger Schwager, es nicht dulden zu dürfen geglaubt, Wind von der Sache bekommen, vielmehr authentische Details der schamlosen Aufführung des Grafen erhalten und sich so zu dem Entschluß gedrängt gesehen habe, – in der Ueberzeugung, daß Bitten, Vorstellungen, Ermahnungen nichts fruchten würden, – ihm die verdiente Lektion zu erteilen.
Ich ließ auch Meiringen aus dem Handel, fuhr er fort. Er war wirklich in einer üblen Lage, da er doch den Leuten nicht hätte sagen können, wo und wie er die Entdeckung gemacht hatte; überdies mußte ich ihn Adas wegen schonen. Ich bat also Carlo Trachwitz von meinem Regiment und Malte Prora – von den ersten Kürassieren, weißt Du, – die auch gleich bereit waren und vollständig meiner Meinung, daß ich dem Skandal, der schon viel zu große Dimensionen angenommen habe, als Bruder Stephanies und Offizier, nicht ruhig mit ansehen dürfe. Ich bemerke das ausdrücklich, um Dir zu beweisen, daß ich nicht kopflos vorgegangen bin, sondern, wenn ich mit Ehren Offizier bleiben wollte, vorgehen mußte. Nun, wir trafen dann – wir waren natürlich alle in Civil – Axel – den Grafen – in dem Lokal, das man mir bezeichnet hatte, und wo er schon seit zwei Wochen jeden Abend nach dem Theater mit der Person zubrachte, die übrigens wirklich sehr hübsch ist; – sie hat mir bei der ganzen Geschichte eigentlich am meisten leid gethan. Aber das ging doch nun nicht anders. Wir hatten uns das Kabinett nebenan geben lassen – eine dünne Tapetenwand nur dazwischen und oben offen – weißt Du – er sprach auch so laut, daß man jedes Wort hören mußte. Die junge Person neckte ihn mit Stephanie, und er sagte Dinge – Dinge – ich wundere mich nur, daß ich noch so ruhig geblieben bin. Ich schickte durch den Kellner meine Karte hinein, und daß ich nebenan säße und ihn notwendig auf einen Augenblick sprechen müsse. Er kam heraus, – das weitere kannst Du Dir denken. Eine Stunde später war alles verabredet: heute morgen um sechs im Grunewald nahe bei der Saubucht. Alcibiades Vicentio von der chilenischen Legation hat ihm sekundiert. Jede Form selbstverständlich mit der größten Sorgfalt beobachtet! Wir schossen à tempo; er glatt vorbei, trotzdem er doch, bei Gott, sonst ein firmer Pistolenschuß war. Meine Kugel ist ihm recte durchs Herz gegangen. Würde lügen, wenn ich sagte, daß ich es anders gewollt hätte. Aber nun muß ich fort. Es ist die höchste Zeit. Du hast gewiß die Güte, es den andern zu sagen: Papa, Mama und – ja, Du wirst es auch wohl auf Dich nehmen und zu Stephanie gehen müssen. Ich glaube übrigens, daß, wenn sie über den ersten Schrecken weg ist, sie die Sache nicht absolut tragisch nehmen wird. Es liegt nicht in ihrer Natur, und sie würde mit Axel doch nur ein elendes Leben geführt haben. Sie wußte das selbst; vorgestern abend noch hat sie es mir gesagt und dabei so jämmerlich geweint – ich konnte es nicht länger mit ansehen; bei Gott, ich konnte es nicht.
Er strich sich mit der bloßen Hand über die Stirn, auf der ihm die hellen Tropfen standen; nahm seinen Helm, den er neben sich auf den Fußboden gestellt hatte; stand auf und trat vor den Spiegel.
Donnerwetter, wie sehe ich aus! murmelte er.
Er nahm eine Bürste aus der Tasche, ordnete die kurzen braunen Locken, rückte sich den Rock, die Schärpe zurecht und wandte sich.
Adieu!
Bleib noch einen Augenblick! sagte Herbert.
Er machte eine kleine Pause, während derer Reginald ihn verwundert ansah. Dann sagte er:
Ich habe mir die Sache inzwischen überlegt und finde, daß Du doch alles in allem recht gethan hast. Nicht bloß, weil Du als Offizier und Kavalier in Deinem Rechte warst, sondern auch recht gehandelt hast im Sinne von richtig, – klug, so, wie es Deine persönliche Stellung und das Interesse der Familie erforderte und gebot. Stephanie und Egon hatten uns auf bedenkliche Weise ins Gerede der Leute gebracht: es wird sich jetzt wohl jeder hüten, den Mund aufzuthun. Ich verlange jetzt auch, daß Stephanie bei Egon bleibt. Es gewinnt so den Anschein, als ob der Graf sich in eine glückliche Ehe zu drängen versucht und dafür seine Lektion erhalten hat. Wie sie dann beide zusammen fertig werden, ist ihre Sache. Vielleicht schicke ich sie in eine kleine Stadt – das ist eine cura posterior. Ich hätte Dir auch sonst noch verschiedenes mitzuteilen; aber ich will Dich nicht länger aufhalten. Ich besuche Dich, sobald ich kann. Allzulange wird man Dich wohl nicht sitzen lassen. Und Deinem Verhältnisse zu Lotte Blumenhagen wird die Affaire auch nicht schaden: man pflegt ja bei Euch in solchen Dingen das rechte Einsehen zu haben. Also, adieu für heute! Und nimm Dir die Geschichte nicht zu sehr zu Herzen! Damit macht man nur andern Leuten ein Vergnügen; selber hat man nichts davon, als einen verdorbenen Magen und unruhige Nächte.
Reginald traute seinen Ohren nicht. So freundlich hatte Herbert seit Jahren, vielleicht niemals mit ihm gesprochen. In seiner erregten Stimmung wären ihm beinahe die Thränen in die Augen gekommen; fast hätte er den Bruder umarmt. Er besann sich aber darauf, daß das sehr lächerlich sein würde, und begnügte sich damit, ihm die dargebotene Hand kräftig zu drücken.
An der Thür blieb er stehen und sagte über die Schulter:
Du kommst wohl nicht in den nächsten Tagen zu Curtis?
Nein, warum?
Ich würde Dich sonst gebeten haben, Marie von mir zu grüßen und – und – nein! es ist am Ende besser so. Adieu!
Er hatte die letzten Worte nur eben noch gemurmelt. Dann war er aus dem Zimmer.
Herbert blickte auf die Thür, die sich hinter der schlanken Gestalt geschlossen hatte.
Ein schneidiger Junge, sprach er bei sich. Nicht von dem Holze, aus dem die großen Männer geschnitzt werden, aber wir brauchen solche Leute, um zum Ziele zu kommen. Uebrigens wenn die Amerikanerin, die ihm in der Kehle stecken blieb, ihm keinen Korb gegeben hätte, konnte der Lüderjahn von Axel heiter weiter leben. Nun ist es gut, daß er tot ist. Wenn nicht für ihn, so doch für uns. Wir hatten uns mit der Scheidungsgeschichte in eine Sackgasse verrannt. Nun sind wir heraus. Das ist die Hauptsache.
Er hatte sich wieder an den Schreibtisch gesetzt, als in dem Korridor, in welchem man sich, an seinem Zimmer vorüber, sonst nur auf leisen Sohlen zu bewegen wagte, ein rücksichtslos lautes Laufen und Rennen anhub. Fast in demselben Augenblicke stürzte der Diener, ohne anzuklopfen, herein: Herr Assessor!
Was gibt's?
Die gnädige Frau läßt den Herrn Assessor – der Herr Geheimrat –
Nun?
Der Herr Geheimrat liegen im Sterben!
Ich komme; sagte Herbert.
Der atemlose Diener war wieder davon gestürzt. Herbert wischte die bereits eingetauchte goldene Feder aus und erhob sich.
Er wird doch nicht selbst – das wäre fatal – das gäbe ein greuliches Gerede. Und eben jetzt – Reginalds Duell und – es wäre sehr fatal.
Raschen Schrittes ging er über den Korridor; mit fester Hand öffnete er die Thür zu des Vaters Gemach, in welchem sich ihm die Scene darbot, die er erwartet hatte: die Mutter, Ada, fast das ganze Dienstpersonal ratlos, geschäftig bemüht um den Sterbenden, wie der Diener gesagt; den jedenfalls Schwerkranken, wie er selbst sich überzeugte, als er sich nach einer kurzen Untersuchung von dem Sofa aufrichtete, auf welches man inzwischen den Leidenden getragen.
Die Mutter wollte sich ihm weinend an den Hals werfen; er drängte sie unsanft zurück.
Hat man nach dem Medizinalrat geschickt? fragte er Ada, deren ruhiger Blick sich mit dem seinen verständnisvoll begegnete, und die nun auf seine Frage bejahend nickte.
Es ist gut, sagte er. Wir wollen ihn ins Bett schaffen. Friedrich – Pauline – laßt Euer dummes Gewinsele und faßt mit an!