Tobias Smollett
Die Abenteuer des Roderick Random
Tobias Smollett

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Achtes Kapitel

Ich treffe unterwegs einen alten Schulkameraden, der mein Reisegefährte wird. In unserem ersten Nachtlager werden wir durch einen sonderbaren Vorfall aus dem Schlafe gestört

 

Landkutschen, die nach London gingen, gibt es in dieser Gegend gar nicht; und mir ein Pferd zu mieten, dazu reichten meine Finanzen nicht aus. Deshalb beschloß ich, mit den Leuten zu reisen, die von einem Orte zum anderen Kaufmannsgüter zu Pferde transportieren. Dies Vorhaben führte ich auch wirklich aus. Den 1. November 1739 setzte ich mich auf einen Saumsattel zwischen zwei Körben, in deren einem meine Sachen in einem Schnappsack lagen. Als wir zu Newcastle am Tyne eingetroffen waren, fand ich mich jedoch von dieser ebenso langweiligen wie beschwerlichen Art zu reisen so ermüdet und von der kalten Witterung so erstarrt, daß ich beschloß, meine Reise lieber zu Fuß fortzusetzen als auf eine so unangenehme Art wie bisher.

Als der Wirt aus der Herberge, wo wir eingekehrt waren, vernahm, daß ich zu Fuß nach London gehen wollte, schlug er mir vor, diese Reise in einem Kohlenschiff zu machen. So käme ich sowohl schnell als wohlfeil fort. Dreihundert Meilen durch tiefe Wege zur Winterszeit sei zu angreifend; er glaubte nicht, daß ich stark genug wäre, das auszuhalten.

Ich war so ziemlich geneigt, seinen Rat zu befolgen, als ich in eine Barbierstube ging, um mich rasieren zu lassen. Der junge Mensch redete mich beim Einseifen folgendermaßen an: »Ich vermute, Sir, Sie sind ein Schotte?« Dies bejahte ich. »Oh, ich bitte Sie, sagen Sie mir doch, aus welcher Gegend in Schottland?« fuhr er fort. Kaum hatte ich ihm hierüber Auskunft gegeben, so geriet er ganz außer sich. Er bedeckte mir nicht bloß Kinn und Unterlippe mit Seife, sondern in stürmischer Hast das ganze Gesicht.

Ich wurde durch diese Freigebigkeit so beleidigt, daß ich aufsprang und rief: »Was Teufel, Herr, soll das bedeuten?« Er bat mich um Verzeihung und sagte mir, die Freude, einen Landsmann anzutreffen, habe ihn ganz drehend und wirblicht gemacht.

Darauf fragte er mich nach meinem Namen. »Ich heiße Random«, entgegnete ich. »Was, Rory Random?« rief er voller Entzücken. »Ebender«, erwiderte ich und sah ihn mit Erstaunen an. »Wie«, versetzte er, »kennt Ihr Euren alten Schulkameraden Hugh Strap nicht mehr?« In diesem Augenblick erinnerte ich mich seines Gesichts und flog in seine Arme. Ich gab ihm im Taumel der Freude einen Teil von dem Seifenschaum zurück, den er so verschwenderisch auf mein Gesicht aufgetragen hatte. Wir machten sonach eine recht possierliche Figur und dem Herrn des Ladens und seinen Leuten, welche Zeugen dieses Auftritts waren, nicht wenig Vergnügen.

Als unsre gegenseitigen Liebkosungen vorbei waren, setzte ich mich wieder, um mir meinen Bart abnehmen zu lassen. Allein die Nerven des armen Menschen waren so erschüttert worden, daß er kaum das Schermesser halten konnte und mich an drei Stellen schnitt.

Da sein Herr wahrnahm, daß er für heute zu seiner Amtsverrichtung untauglich sei, so befahl er einem andern, an seine Stelle zu treten. Nachdem diese Operation zu Ende war, gab er Strap die Erlaubnis, den Überrest des Tages bei mir zuzubringen.

Wir begaben uns sogleich nach meinem Logis, wo ich eine Flasche Bier heraufkommen ließ. Ich bat ihn nun, mir seine Begebenheiten seit unsrer Trennung zu erzählen. Er sagte mir darauf, sein Herr wäre vor Ablauf der Lehrzeit gestorben und er mit drei jungen Leuten von seiner Bekanntschaft, Küfer von Profession, in Newcastle ungefähr vor einem Jahre eingewandert, in der Hoffnung, eine Stellung zu finden. Sein Glücksstern hätte ihn zu einem recht liebreichen Herrn geführt, bei dem er bis zum Frühjahre zu bleiben gedenke. Alsdann sei er willens, nach London zu gehen, wo er gar nicht zweifle, sein gutes Unterkommen zu finden.

Als ich ihm meine Lage und meine Absichten entdeckt hatte, wollte er meinen Entschluß, die Reise nach der Hauptstadt zur See zu machen, nicht gutheißen. Im Winter, meinte er, sei eine solche Fahrt sehr mißlich und längs diesen Küsten überhaupt höchst gefährlich. Auch wären die Winde unbeständig und könnten mich zu nicht geringem Nachteil meines Glücks lange unterwegs aufhalten. Wollte ich nun die Reise zu Lande wagen, so erböte er sich, mir Gesellschaft zu leisten und meine Sachen den ganzen Weg über zu tragen. »Werden wir zu müde«, schloß er »und können zu Fuß nicht weiter fort, nun, so wird es nicht schwerhalten, auf der Landstraße Retourpferde oder -wagen zu finden, die uns für eine Kleinigkeit mitnehmen.«

Dieser Antrag erfreute mich so, daß ich meinen Freund mit Wärme umarmte und ihn bat, bis auf den letzten Farthing sich meiner Börse zu bedienen. Er eröffnete mir nun, daß er sich Geld genug gesammelt hätte, um seinesteils auszukommen, und zu London habe er einen Freund, der ihn bald unterbringen werde und vielleicht auch mir aushelfen könne.

Nachdem wir diesen Plan gefaßt und noch in derselben Nacht unsre Angelegenheiten in Ordnung gebracht hatten, reisten wir den folgenden Morgen mit Tagesanbruch ab. Wir hatten uns beide mit einem tüchtigen Prügel bewaffnet und unser Geld, bis auf einige kleine Münzen für die Ausgaben auf der Heerstraße, in den Gurt unsrer Beinkleider eingenäht. Unsre beiderseitigen Sachen hatten wir in einen Quersack getan, den mein Gefährte trug.

Wir schritten zwar tapfer aus; da wir aber mit der eigentlichen Reiseroute gar nicht bekannt waren, so wurden wir, noch in beträchtlicher Entfernung von einem Wirtshause, von der Nacht überfallen. Dies nötigte uns, in einer Schenke auf einer Nebenstraße, die ungefähr eine halbe Meile vom Postwege ablag, unser Nachtquartier aufzuschlagen. Dort fanden wir einen Hausierer aus unserem Lande vor.

In der Gesellschaft dieses Mannes verzehrten wir Schinken mit Eiern und ein Glas Ale vor einem erquickenden Kaminfeuer. Wir plauderten mit dem Wirt und dessen Tochter, einer frischen drallen Dirne. Sie unterhielt uns mit vieler Laune, und ich war eitel genug zu glauben, ich hätte in ihrer Gewogenheit einige Fortschritte gemacht.

Um acht Uhr ungefähr wies man uns auf unser Verlangen ein Stübchen an, worin zwei Betten waren. In das eine legte ich mich mit Strap, der Hausierer bediente sich des andern. Doch betete er zuvor eine gute Weile extemporär, durchsuchte jeden Winkel des Gemachs und befestigte die Tür von innen mit einer starken eisernen Schraube, die er zu dem Zwecke immer mit sich führte.

Ich schlief recht fest bis Mitternacht, als ich durch eine heftige Erschütterung des Bettes geweckt wurde. Dies Phänomen beunruhigte mich dermaßen, daß ich meinen Kameraden anstieß, um ihn munter zu machen. Zu meiner nicht geringen Verwunderung fand ich ihn in Schweiß schwimmend und an jedem Gliede schlotternd. Mit leiser, bebender Stimme sagte er mir, mit uns wäre es vorbei, im nächsten Zimmer befände sich ein blutbespritzter Straßenräuber mit Pistolen. Er zeigte mir einen kleinen Spalt in der bretternen Scheidewand und bat mich dabei, so wenig Geräusch als nur immer möglich zu machen.

Ich erblickte einen wohlbeleibten, knochenfesten Gesellen mit einer wilden Physiognomie. Er saß mit unsrer jungen Wirtin am Tisch und hatte eine Flasche Ale und ein paar Pistolen vor sich. Ich horchte mit großer Aufmerksamkeit und hörte ihn in fürchterlichem Tone sagen: »Der verdammte Racker von Landkutscher, der Smak, hat mir 'nen rechten Streich gespielt. Aber mich soll der Deibel holen, wo ich's ihm nicht eintränke. Ich will den Halunken lehren, andern Tips zu geben, wenn er mit mir unter einer Decke steckt.«

Das Mädchen suchte ihren aufgebrachten Galan zu besänftigen und sagte, er könne sich auch wohl irren; Smak stäke vielleicht mit dem andern Herrn, der seine Kutsche beraubt habe, nicht unter einer Decke; und wenn auch diesmal ein Zufall seine Hoffnung krebsgängig gemacht habe, so werde er doch in kurzem wieder Gelegenheit genug finden, sich für seine vergebliche Mühe zu bezahlen.

Darauf der Straßenräuber: »Hör mal, meine liebe Betty, so 'nen kapitalen Fang, wie mir heute aus der Nase gegangen ist, hab ich, so wahr ich Rifle heiße, noch mein Lebtag nicht gehabt, werd ihn auch nimmermehr wiederkriegen. Alle Wetter! Vierhundert Pfund Rekrutengelder waren drauf! Außerdem noch Juwelen, Uhren, Degen und Geld, was den Passagieren gehörte. Hätte mein Glücksstern mich solchen Schatz heben lassen, siehst du, ich hätte mir 'ne Stelle in der Armee gekauft und dich zu 'ner Offiziersdame gemacht. Ja, das hätt ich getan, du Luderchen.«

Betty: »Je nu, man muß den lieben Gott walten lassen; der wird schon für uns sorgen. Aber hast du denn gar nichts gefunden, was des Nehmens wert war? War dem andern Herrn von der Heerstraße nichts entwischt?«

Rifle: »Nicht viel, bei meiner Seel! 's war ne klatrige Nachlese! Da hier die paar mit Silber beschlagenen Platzer. Ich nahm sie geladen dem Kapitän weg, der die Kasse hatte, zugleich auch 'ne goldne Uhr, die er in den Hosen versteckt. Zehn Portugaleser fand ich in den Schuhen eines Quäkers, den der Geist trieb, mich gar schmählich und gottselig auszuschändieren. Auf nichts bild ich mir aber mehr ein als auf den Freikauf hier: 'ne goldne Dose, mein Schatz, mit 'nem Gemälde inwendig. Ich hab sie mir aus dem Hemdzipfel eines schmucken Mädchens herausgeholt.«

Hier plagte der Teufel den Hausierer, daß er äußerst laut schnarchte, deswegen ergriff der Räuber seine Pistolen, stürzte auf und rief: »Kreuzmordelement! Ich bin verraten! Wer ist da in der Stube?« Betty sagte ihm, er dürfe gar nicht bange sein, es wären drei arme müde Reisende, welche die Landstraße verfehlt, hier Nachtquartier genommen hätten und schon längst schliefen. »Reisende? Spione, du Aas! Hat aber nix zu sagen. Ich will sie stracks in die Hölle schicken.« Und er rannte, diesem Vorhaben gemäß, nach unsrer Tür. Allein sein feines Liebchen legte sich dazwischen und versicherte ihm, es wären bloß ein paar arme junge Schotten, die zu roh und unwissend wären, um ihm nur die geringste Ursache zum Verdacht zu geben. Der dritte wäre ein presbyterianischer Hausierer von der gleichen Nation, der schon oft bei ihnen geherbergt hätte.

Diese Erklärung befriedigte den Heerstraßenritter; er schwor, es wäre ihm recht lieb, einen Hausierer so in der Nähe zu wissen, denn es fehle ihm an Leinenzeug. Hernach ließ er auf eine joviale Art das Glas herumgehen und mischte unter die Rede an Betty Liebkosungen und Vertraulichkeiten, die zu erkennen gaben, daß er sehr glücklich in seiner Liebe sei.

Während des Teils der Unterredung, der uns betraf, kroch Strap unter das Bett, wo er in Todesängsten lag. Ich hatte daher große Mühe, ihn davon zu überzeugen, daß die Gefahr vorüber sei. Ebensoschwer ward es mir, ihn zu veranlassen, daß er den Hausierer aufweckte und ihn von dem unterrichtete, was er gesehen und gehört hatte. Der wandernde Kaufmann fühlte kaum, daß ihn jemand bei der Schulter schüttelte, so fuhr er in die Höhe und schrie aus allen Kräften: »Spitzbuben, Spitzbuben! Gott sei uns gnädig und barmherzig!«

Rifle wurde durch diesen Ausruf beunruhigt, sprang auf, spannte eine von seinen Pistolen und wandte sich gegen die Tür, um den ersten, der hereinträte, vor den Kopf zu schießen. Er glaubte wirklich, man habe ihn umzingelt. Allein seine Dulzinea schlug ein unmäßiges Gelächter an und überredete ihn, der arme Hausierer habe von Spitzbuben geträumt und bloß im Schlafe gerufen.

Mein Reisegefährte hatte indes unseren Schlafgesellen aus seinem Irrtum gezogen und ihm die Ursache eröffnet, weshalb er ihn im Schlaf gestört habe. Nun stand dieser leise auf und lugte durch die Ritze. Was er sah, machte ihn so erschrocken, daß er auf seine bloßen Knie niederfiel und ein langes Gebet an den Himmel richtete, ihn aus den Klauen dieses Halunken zu befreien. Er gelobte dabei, wenn er nur aus der jetzigen Gefahr befreit wäre, keinen Kunden mehr um den Wert einer Nadelspitze zu betrügen. Ich weiß nicht, ob ihm diese Gewissenserleichterung einige Ruhe verschaffte oder nicht, allein er schlüpfte wieder in sein Bett und lag darin ganz ruhig, bis der Räuber und dessen Gebieterin eingeschlafen waren und um die Wette schnarchten. Nunmehr stand er ganz sacht auf, band einen Strick auf, der um seinen Ballen geschlungen war, befestigte ihn an dem einen Ende desselben, öffnete das Fenster mit so wenigem Geräusch als möglich und ließ seine Güter mit großer Geschicklichkeit in den Garten hinunter. Dann machte er sich ganz leise an unser Bett und nahm von uns Abschied.

Wir könnten, sagte er, ganz dreist unsrer Ruhe pflegen und am Morgen dem Wirt versichern, wir wüßten von seinem Entwischen nichts. Er schüttelte uns sodann die Hände und wünschte uns alle Arten von Glück. Nunmehr ließ er sich selbst zum Fenster hinunter und gelangte ohne Schaden auf den Boden, der, wie er außen hing, ungefähr noch drei Fuß von ihm entfernt war.

Wiewohl ich nicht Lust hatte, ihn auf seiner Flucht zu begleiten, so war ich doch nicht von aller Besorgnis befreit, wenn ich bedachte, was für Folgen die fehlgeschlagene Hoffnung des Heerstraßenritters haben konnte, der unstreitig willens gewesen war, die Sachen des Hausierers zu sich zu nehmen.

Meinem Reisegefährten war nichts weniger als wohl zumute, vielmehr das Gegenteil. Das fürchterliche Bild von Rifle umschwebte ihn dermaßen, daß er mich recht angelegentlich bat, dem Beispiel unseres Landsmanns zu folgen und uns der fürchterlichen Rache jenes entsetzlichen Wagehalses zu entziehen. »Wir müssen gewiß das Bad bezahlen«, setzte er hinzu, »weil er glaubt, wir haben dem Hausierer bei seiner Flucht geholfen.« Allein ich stellte meinem Kameraden vor, wie gefährlich es sei, wenn wir Rifle Ursache gäben, zu glauben, daß wir sein Handwerk wüßten. Ich gab ihm zu erwägen, daß wir auf der Landstraße vielleicht wieder zusammenkämen und er es da für ratsam finden könnte, uns als eine gefährliche Bekanntschaft aus dem Wege zu räumen. Betty, setzte ich hinzu, ist ein gutherziges Ding; ich verlasse mich auf sie. Dies beruhigte endlich Strap, und wir verabredeten während des übrigen Teils der Nacht, wie wir uns benehmen wollten, um am Morgen nicht verdächtig zu erscheinen.

Kaum war es Tag, als die Wirtstochter ins Zimmer trat. »Sapperment«, rief sie, wie sie das Fenster offen sah, »ihr Schotten müßt verzweifelt hitzig sein, daß ihr bei so kaltem Wetter die Fenster offenlaßt.« Ich stellte mich, als wachte ich plötzlich auf, zog den Vorhang zurück und rief: »Was gibt's denn?« Da sie es mir zeigte, stellte ich mich bestürzt und sagte: »Als wir zu Bett gingen, war es doch noch zu.« – »Ich will mich hängen lassen«, hob sie an, »wenn nicht Sawny Waddle, der Hausierer, im Schlaf aufgestanden ist und das getan hat. Er rumort immer des Nachts herum, wie man sagt. Ich habe doch ganz gewiß 'nen Nachttopf unter sein Bett gesetzt.«

Mit diesen Worten näherte sie sich seinem Lager. Wie sie die Bettücher kalt fand, rief sie: »Potz Blumenherz! der Schlingel hat sich aus dem Staube gemacht!« – »Aus dem Staube?« rief ich mit gespielter Verwunderung. »Er hat uns doch wohl nicht bestohlen?« Damit sprang ich auf, nahm meine Beinkleider und zählte unsre kleine Münze durch. »Dem Himmel sei Dank«, sagte ich, »unser Geld ist geborgen. Sieh doch mal nach dem Quersack, Strap.« Er tat es und fand alles richtig. Nunmehr fragten wir mit anscheinender Teilnahme, ob er nichts aus dem Hause habe mit sich gehen heißen? »Die Zeche, weiter nichts«, versetzte sie. (Der fromme Hausierer hatte wahrscheinlich über seiner Andacht die Rechnung abzumachen vergessen.)

Unmittelbar nachher hörten wir sie Rifle wecken. Kaum hatte sie ihm Waddles Flucht erzählt, als er aus dem Bette sprang, sich unter tausend Verwünschungen anzog und das Gelübde tat, den Hausierer zu ermorden, sobald er ihm in den Wurf käme. Und das dafür, daß der Halunke so 'n Zetergeschrei gegen ihn ausgestoßen habe. Sowie er sich Hals über Kopf angezogen hatte, setzte er sich zu Pferde und sprengte fort. Dies befreite uns von tausendfacher Angst.

Während wir beim Frühstück saßen, bemühte sich Betty mit aller der List, die ihr eigen war, herauszubringen, ob der Mann, den wir hatten zu Pferde steigen sehen, uns verdächtig gewesen wäre. Allein wir waren auf unsrer Hut und beantworteten ihre schlauen Fragen mit einer Einfalt, in die sie kein Mißtrauen setzen konnte.

Plötzlich hörten wir Pferdegetrappel vor der Tür. Strap, dessen Phantasie immer mit Rifles Bild angefüllt war, wurde dadurch so erschreckt, daß er mit käseweißem Gesicht herausplatzte: »O Gott, der Straßenräuber kommt schon wieder!«

Bei diesen Worten sah unsere Wirtin uns starr an und sagte: »Was, ein Straßenräuber? Denkt Er, guter Freund, daß wir Straßenräubern Herberge geben?« Sosehr mich auch Straps Unbesonnenheit außer Fassung brachte, so hatte ich doch noch Besonnenheit genug, ihr zu sagen, wir wären den Tag zuvor einem Reiter begegnet, den mein Kamerad, weil er Pistolen bei sich gehabt, törichterweise für einen Räuber angesehen habe. Sooft er nun seit der Zeit Pferdegetrappel höre, gerate er in gewaltigen Schreck. Sie lächelte gezwungen über Straps Unwissenheit und Schüchternheit; aber ich bemerkte zu meinem nicht geringen Kummer, daß diese Auskunft nicht befriedigend für sie gewesen sei.


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