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Wie der Schultheiß seinem Sohn Hochzeit machte und was sich mit Bräutigam und Braut zugetragen hat.
Nun hatte der Schultheiß einen erwachsenen Sohn, dem er ein Weib geben wollte. Deßhalben sagte er zu ihm: er sollte zu Abend auf die Rocken- oder Spinnstube gehen, ob etwa ein schönes Mädchen da wäre, das ihm gefiele. »Ja,« sagte der Sohn, »was soll ich aber sagen?« – »Fragst du?« sagte die Mutter. »Es giebt ein Wort das andere.« – Also zog der gute Junge des Abends auf die Spinnstube, wo viele hübsche Mädchen vorhanden waren, gestellte sich wie ein rechter Narr und redete nichts denselben ganzen Abend, was man ihn auch fragte als: »Es giebt ein Wort das andere.«
Deßhalb ward seiner genug gelacht, von Allen, die zugegen waren. Sie gedachten: was ist das für ein Schlampe? welche möchte ihn nehmen? Allein des Schweinehirten Tochter, welche der Schultheiß kurz vorher des Kaisers Sohne verschaffen wollte, hatte ein Auge auf ihn geworfen, wie denn auch er auf sie. Deßhalb, als sie zu Nacht heimgingen und er ihr versprach, sie zu ehelichen und zur Kirche zu führen, wenn sie drei Tage davon schweigen könnte, ließ sie sich unter dieser Bedingung leichtlich bereden, daß sie ihn mit sich heimnahm.
Des Morgens früh vor Tag sollte sie aufstehen, die Kühe zu melken; weil ihr aber solch Glück zu Händen gestoßen, stand sie, damit sie es nicht irgend verschütte, heimlich auf, in der Meinung, der gute Gesell schliefe, und befahl das Melken der Mutter, denn des Schultheißen Sohn wolle sie ehelichen. Das hörte der Alles, that aber nicht dergleichen.
Am andern Tag ging er hin und nahm eine andere, die etwas hochgeschorener war als die Schweinehirtin, welche ihm zu schlecht. Da war nun anders nichts vorhanden, als daß man auf die Hochzeit zurichtete. Deßhalb, da der Schultheiß eine liebe Geiß hatte, welche er von Jugend auf gezogen und wohl zehn Jahre gehabt hatte, wollte er dieselbe auf die Hochzeit metzgen, damit sie nicht etwa gar zu alt würde. Als er sie aber auf den Schragen gelegt und ihr den Hals zurecht gedreht hatte, ging es ihm so tief zu Herzen, daß er seine Frau rief und sagte: »Ach, siehe da, wie mich die arme Geiß so gläubig ansieht, ich mag sie nicht tödten!« – Die Frau Schultheißin sagte auch: »Ach, tödte sie nicht: sie erbarmt mich so übel, als ob sie mein leiblich eigen Kind wäre.« Also blieb sie am Leben und lugte man sonst um Zeug zur Hochzeit um.
Da nun der Kirchgang geschehen sollte und man in aller Ehrbarität, wie bräuchlich Paar und Paar, daher zog, die Braut mit den Weibern vor und die Männer hernach mit dem Bräutigam: siehe, da kam des Schweinehirten Tochter, bei der er schon eine Nacht gewesen, zu ihm heran, griff ihn mit herben scharfen Worten an, schalt ihn wie ein todtes Roß und begehrte, er sollt ihr halten, was er verheißen. Er aber fertigte sie ab, so gut er konnte und sagte: sie hätte ihm auch nicht gehalten, was sie ihm des dreitägigen Stillschweigens wegen zugesagt. Also ward zuletzt die gute Tochter nach langem Getümmel abgewiesen und ging der Kirchgang weiter fort. Es hatte aber die Braut, die vorn ging, das Hadern wohl gehört, durfte sich jedoch, weil sie wie eine Geiß am Strick prangen mußte, nicht umschauen, was es wäre.
Es hatte aber der Hochzeiterin Mutter ihre Tochter fein unterrichtet, wie sie sich am Tisch verhalten sollte und ihr unter andern auch diese Lehre gegeben: sie sollte fein züchtig sein, nur mit halbem Munde reden, die Speisen mit zweien Fingern angreifen, die Finger nicht beschlecken, und wenn sie gegessen, sollte sie die Beine fein auf den Tisch neben den Teller legen: die Tochter versprach, solches Alles zu thun. Als man daher zu Tische saß, stellte sie sich so gut sie konnte und that züchtig, wie ihr die Mutter befohlen; wenn sie aber etwas reden wollte, so verhielt sie den Mund auf der einen Seite mit der Hand bis zur Hälfte und redete, nach ihrer Mutter Lehre, nur mit halbem Mund.
Das ging nun wohl hin; als man aber das Essen aufsetzte, ward unter andern Trachten eine Schüssel voll ausgekirnter Erbsen aufgetragen. Da gedachte die Braut abermals an ihrer Mutter Lehre, daß sie nur mit zweien Fingern essen sollte und fing an, die Erbsen mit beiden Fingern, so man die Schleckfinger an der linken und rechten Hand nennet, herauszuklauben und eine nach der andern zu essen. Und als sie sich die Finger schmutzig gemacht hatte, aber nach der Mutter Lehre nicht schlecken durfte, streckte sie beide Hände in die Höhe und schrie zur Mutter: »Mutter, wer beschleckt mir jetzt die Finger?« – »Schweige, du Sack,« sagte die Mutter, »wische sie am Tischtuch!« Das hieß wohl mit beiden Fingern gegessen! Komm Einer her, der es anders sage, er muß es erlogen haben, denn ich lüge nicht. Das geht nun auch hin; aber das Folgende ziert erst die Braut recht.
Sie gedachte nämlich abermals an ihrer Mutter Lehre und hieß deßwegen den Tisch etwas zurückschieben, und als das geschehen war, zieht sie fein allgemach und säuberlich ihre Beine (nicht die vom Gebratenen übrig geblieben waren, sondern die zwo Säulen, worauf ihr ganzer Leib gebaut und befestigt war) auf den Tisch und legte sie neben ihren Teller, auf jeder Seite eins, denn anders wollte sichs nicht schicken. Was meint ihr, ob sie nicht geprangt habe, da man ihr, ich weiß nicht was, gesehen hat? Dabei sage ich nicht, daß sie aus Unbequemlichkeit des Sitzes und weil sie sich voll gefressen hatte, einen solchen Wind über den Tisch machte, daß davon die Lichter ausgingen, etlichen die Hüte von den Köpfen flogen. Allen aber die Nasen so voll wurden, als ob sie Bisam gerochen.
Nach vollbrachter Mahlzeit trat der nächste nach dem Schultheißen hervor, den Gästen abzudanken, und nach gethaner Reverenz sprach er: »Ehrenfeste, ehrsame und weise Frauen und Töchter, deßgleichen auch züchtige und tugendreiche Männer und Gesellen, was ihr gegessen und getrunken habt, das gesegne euch Gott. Der Braut Vater, Braut Mutter, Braut Tochter, Braut Schwester, Braut Schwieger, Braut ganze Ehrn-Freundschaft lassen euch alle freundlichst danken u.s.w.« Das Übrige hat er recht gemacht.
Nachgehends wurden die zwei neuen Eheleute zusammen gelegt (sie hätten wohl selber können zusammen steigen) und der Benzenauer vor der Thüre gesungen. Als sie nun in Freuden miteinander, fragte die Braut ihren Bräutigam, was doch des Sauhirten Tochter beim Kirchgang von ihm gewollt hätte? Aber er wollt es ihr lange nicht sagen, bis er es ihr zuletzt doch sagen mußte. »Und hat sie es nicht können drei Tage verschweigen?« sagte die Braut. »Nein«, sagte der Bräutigam. »O welche Närrin, die nicht drei Tage schweigen konnte! Ich bin wohl zwei Jahre bei meines Vaters Knechten gelegen, und hab es nie keinem Menschen als jetzund dir gesagt.« Also hatte dieser Bräutigam wohl gewonnen und etwa ein Roß um eine Pfeife gegeben; mußte es aber verdrucken und verschlucken, wiewohl wider seines Herzens Willen.