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God dam! moi j'aime les Anglais,
Ils ont un si bon caractère;
Comme ils sont polis, et surtout
Que leurs plaisirs sont de si bon goût!
Béranger.
Er war rasch in den Wagen, der in einer dunkeln Ecke gehalten hatte, eingestiegen.
Das Vollmondsgesicht Mister George W–ns schaute ihm aus diesem entgegen.
»Mister W–n!« sprach der Aristokrat, nicht unangenehm, wie es schien, überrascht. »Schon zurück? Es freut mich. Sie zu sehen, obwohl Sie sich hier einer sehr großen Gefahr aussetzen.«
»Weiß es, weiß es, teurer Conde!« versetzte der Brite mit einer etwas hohlen Stimme. »Sie vergeben, daß wir uns in Ihr Eigentum während Ihrer Abwesenheit eindrängten. Aber Ihre Landsleute sind so verdammt katholisch, daß sie einen Ketzer wie mich –«
»Einigermaßen in Verlegenheit bringen könnten«, versetzte der Conde. »Nicht wahr?«
»Ist ein wahres Banditengesindel, Conde, diese Ihre Nation mit ihren Stiletten. Zum Glück, daß ich Ihren Wagen vor dem Palaste halten sah, und da ich ohnedem notwendig mit Ihnen zu sprechen hatte –«
Der Conde wisperte ihm ein bedeutsames »Still!« zu; denn sie waren nun in die Mitte der Straße und einer ungeheuren Volksmenge eingefahren. Diese verhielt sich, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, ungemein ruhig, wogte auf und nieder, kam an die Reiterpiketts heran, betrachtete sie eine Weile und zog sich wieder zurück, um andern Scharen Platz zu machen. Die Menge schien in großer Spannung auf irgend etwas zu warten, und die Einfuhr des Wagens versetzte sie in eine leichte Gärung. Es ließen sich dumpfe Vivas hören, die von einem Gemurmel begleitet waren, das zwar nur in einzelnen Worten bestand, die aber wie Lauffeuer von Mund zu Mund gingen, eine Art Telegraphensprache, die in einzelnen Sätzen blitzschnell durch die Menge lief. Soviel war zu entnehmen, daß die Volksmasse zum Teil in Geheimnisse eingeweiht war, die für sie von großem Interesse sein mußten; denn sie benahm sich mit einer Kaltblütigkeit, die offenbar die Soldadesca, die wie Bluthunde nur auf das Zeichen zum Losbrechen wartete, einschüchterte. Auch war es nicht mehr die bunte, grelle Mischung von Nacktheit, Schmutz und Verworfenheit; es waren größtenteils anständig, zum Teil reich gekleidete Kreolen. Mehrere Hundert bildeten ein Spalier, durch das der Wagen langsam rollte.
»Siehst du«, wisperte unser Señor Pinto dem Major Galeana zu, der am untern Ausgange der Straße, den Rücken an die Statue eines Heiligen gelehnt, die Bewegungen der Massen sorgfältig beobachtet hatte. »Caramba! Wir haben ebensowohl unsere Escoltas Eskorte. Jeder der Patriotenanführer hatte eine solche, die besser bekleidet, bewaffnet und beritten als die übrigen Truppen, stets um den Anführer sein mußte. wie eure Morellos und Vittorias.«
»Nur, daß sie nicht Pulver riechen können.«
»Im Gegenteil«, erwiderte der Señor. »Du kannst ihnen keinen größeren Gefallen tun, als wenn du ein paar Tausend Duros in fuegos de pólvora Feuerwerke. Die Indianer sind außerordentliche Liebhaber von solchen, und bei jedem größeren Kirchenfeste werden deren abgebrannt. aufkrachen läßt. Blei darf jedoch nicht dabei sein; aber in solchen Dingen«, er deutete auf die Volkshaufen, »sind sie Meister.«
»Es ist wirklich seltsam«, bemerkte Señor Galeana.
»Gar nichts Wunderbares. Sieh, wir haben ein paar hundert Correos Couriere., wie wir sie nennen, und zwar aus allen Ständen, aus den cinco gremios, Escribanos, Mayordomos, Evangelistas, Padres, versteht sich indianische, alle und alle. Wenn wir etwas recht geschwinde bekannt haben wollen, so flüstern wir es bloß einem aus jedem Gremio in die Ohren. Sie sind unsere Zeitungen. Caramba! Die Resultate der heutigen Bonanza Ausbeute. in der Casa des Conde sind bereits in dem Munde von fünfzigtausend Kreolen.«
»Pah, und was weiter?«
»Muß doch etwas helfen; denn das Volk ist heute ganz anders. So habe ich es nie gesehen. Kein Scherz, kein einziger Grito; aber wenn Mexiko je zum Losschlagen bereit war, so ist es heute der Fall.«
»Und warum nicht losschlagen?«
»Das kann ich dir nicht sagen, weil ich es nicht weiß. Wahrscheinlich, weil die Zeit noch nicht da ist.«
»Ich fürchte, man treibt mit uns dasselbe Spiel, wie es mit den Gachupins getrieben wird, und die Nobilitad ist der Kartenmischer.«
»Wenn sie es ist, so mischt sie fein und bewundernswürdig, glaube es mir!« versetzte der Señor. »Mexiko fängt an, auf seine Aristokraten etwas zu halten.«
»Pah,« versetzte der Major, »Sklaven.«
»Es ist keine Kunst, in Eurem Cuautla Amilpas von Freiheit zu schwadronieren, wo Ihr von zehntausend Indianern mit Lanzen und Musketen umgeben seid; aber verstehst du, hier, in Mexiko, den Tyrannen die Spitze zu bieten, so wie man es heute getan. Ehre, dem Ehre gebührt. Silencio jedoch, unsere Triumphe ertragen das Tageslicht nicht. Und nun Adios! Du mußt hinab nach Cuautla über Marqués de la Cruz. Dein General ist, den letzten Nachrichten zufolge, die wir haben, denselben Weg.«
»Beantworte mir eine Frage! Können wir dem Conde trauen?«
»Das weiß ich nicht. Daß er arbeitet, für Mexiko arbeitet, ist gewiß; ob aber für euch, das ist eine andere Frage. Darauf wollte ich aber wetten, daß er weder Vicente Guerrero noch Padre Morellos zu Königen von Mexiko haben will; und nun Adios zum zweiten und letzten Male.«
Er war mit diesen Worten in eine Seitenallee einige Schritte hineingesprungen, kam jedoch in demselben Augenblicke mit einem » Caramba á todos los demonios! está aqui!« Alle Teufel? Stehe! zurück.
» Quién es éste?« Was gibt's? fragte der Major, der stehen geblieben war.
» Un matador Einer tot.«, rief Señor Pinto lachend, der wieder vortrat und sich zur Erde kauerte.
Es war der Körper eines Gemeuchelmordeten, der, nach dem leisen Todesröcheln zu schließen, die tödliche Wunde noch nicht lange erhalten hatte. Die beiden schleppten ihn der nächsten Lampe zu, in deren Schein sie die Todeswunde kaltblütig und neugierig untersuchten.
» Muy bien, prächtig getroffen! Es ist der Stich José,« sprach der Señor lachend, »und zwar ein Doblonstich. Ist gewissenhaft, dieser José, hat ihn in der Allee niedergestoßen.«
Und mit diesen Worten ließen die beiden den Getöteten wieder zur Erde nieder.
Señor Galeana sprang den Paseo hinab, Señor Pinto auf den Wagen des Conde zu, der soeben in die Allee einfuhr, und in den er sich, ohne ein Wort weiter zu verlieren, hineinwarf.
» So may G–d damn you to hell!« brummte Mister George dem Kreolen zu, den er mit aller Macht von sich zu schieben bemüht war, während dieser in ein lautes Gelächter ausbrach.
»Glauben Sie, meine Zehen sind Pferdehufe?«
»Das nicht,« versetzte der junge Señor lachend, »aber daß Sie allerdings Hufe haben, mögen Sie von allen Kanzeln bekräftigt hören Solche Predigten, in denen geradezu gesagt wurde, daß den Ketzern Hörner und Hufe wüchsen, waren bis zum Jahre 1828 noch häufig zu hören.. Wenn ich morgen Padre Domingo beichte, daß ich neben einem Ketzer gesessen, so gibt er mir wenigstens zweiundsiebzig Rosarios Ein Rosenkranz; eine Anzahl Kügelchen, die einzeln abgezählt werden, und wobei stets ein sogenanntes Ave Maria gebetet wird – abwechselnd mit dem Gebete des Herrn. – Die Anzahl derselbe beläuft sich auf fünfzig bis siebzig. zu beten.«
»Und werden Sie beten?« fragte der Brite.
»Das nicht, aber es kostet mich einige Duros, sie beten zu lassen.«
»Haben doch eine verdammt bequeme Religion!« murmelte der Mister.
»Unschätzbar in diesem Punkte«, bekräftigte der junge Señor. »Um fünf Duros können Sie für jeden Stilettostich absolviert sein, und ist es ein Herege wie Sie, so erhalten Sie die Absolution umsonst und eine Indulgencia plenaria, zwanzig Duros wert, obendrein. Aber, Caramba! dachte, Sie wären in Señora oder Santa Fé oder Durango Nördliche Staaten von Mexiko; Durango, die Hauptstadt des Staates gleichen Namens, gegenwärtig Vitoria genannt, zu Ehren des Präsidenten Vitoria, der in diesem Staate geboren wurde., oder gar im Paradies.«
»Bei meiner Seele! Ohne die Escolta Sr. Exzellenz hätte nicht viel gefehlt, und selbst mit dieser waren wir ein dutzendmal in Gefahr, als Ketzer zerrissen zu werden. Bessere Dienste hat uns Ihr Padre getan, Conde.«
Er hatte diese Worte in geläufigem Spanisch gesprochen, hob aber jetzt englisch an:
»Also diesen Vanegas lassen wir auf alle Fälle wie und wo er ist. Hierin sind wir einverstanden, nicht wahr?«
Der Conde bejahte es.
»Mit den beiden Häfen gleichfalls?«
»Gleichfalls«, versetzte der Conde.
»Und das Geschäft?«
»Müssen Sie notwendig wieder mit dem Consulado teilen, wenn Sie klug sind.«
Der Brite kratzte sich hinter den Ohren.
»Sonst verderben Sie den Virey und sich selbst, Mister W–n! Vergessen Sie überhaupt nie, daß Sie in Mexiko sind, wo es weiter nichts bedarf, als daß einer vom Consulado, wenn Sie abends über die Straße gehen, Herege rufe, um Sie in die andere Welt zu befördern, ohne daß es ihm einen Medio kostete. Vergessen Sie auch nicht, daß Sie in einem Lande leben, wo der geringste Spanier sich allen Ernstes mehr dünkt als Ihr König, weil er ein älterer Christ ist. Seien Sie klug, Mister W–n!«
»Ich sehe, ich sehe,« sprach der Brite, »wohl, wir wollen in Kompagnie gehen. Mit Ihnen gehe ich gern. Hier ist aber mein Haus. Ich danke Ihnen, Conde!«
Der Wagen hielt an, um den Briten abzuladen.
»Caramba!« rief der junge Señor Pinto, als dieser ausgestiegen war. »Ich hasse diesen Block von Fühllosigkeit und unersättlicher Gefräßigkeit und Habgier.«
»Stille, wir brauchen ihn,« versetzte der Conde.
»Er ist der Blutsauger Mexikos.«
»Noch mehr, der Spion Mexikos.«
»Noch mehr, der Spion des Virey.«
»Und Fernandos.«
»Und des Conde de San Jago.«
»Und Castlereaghs.«
»Und aller Welt.«
»Wenn sie ihn bezahlt. Hält sich aber und nennt sich einen sehr respektablen – sehr respektablen – sehr respektablen Charakter. Ist ein wahrer Timescharakter.«
Der junge Señor lachte laut auf, erfaßte beide Hände des Conde, preßte sie zusammen und küßte sie; denn es waren die ersten launigen Worte, die aus des Aristokraten Munde gehört worden.
»Sehe ihn aber übrigens gern,« bemerkte dieser, »denn in der volkstümlichen Politik kann der dümmste Brite dem gescheitesten Mexikaner noch als Lehrer dienen.«
Sie waren unter diesen Worten vor der Villa angekommen.