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Achtunddreißigstes Kapitel.

Ihr trauten Hügel, holde Schatten ihr,
Ihr Fluren, ach! umsonst geliebt!
Wo harmlos mir die Jugend schwand.
Von keinem Schmerz getrübt.

Ode auf eine ferne Aussicht nach Eton College.

 

Nicht nur durch körperliche Bedürfnisse und Gebrechen werden die ausgezeichnetsten Menschen während ihrer Lebenszeit mit der gewöhnlichen Menge auf gleiche Stufe gestellt. Es gibt Seelenzustände, wo selbst der stärkste der Sterblichen mit dem schwächsten seiner Brüder auf gleicher Stufe steht, und seine Qual, während er diesen allgemeinen Zoll der Menschheit bezahlt, noch durch den Gedanken wächst, daß er die Vorschriften der Religion und Philosophie verletzt, wenn er seinem Kummer Raum gibt. In einem solchen Paroxysmus verließ der unglückliche Morton Fairy-Knowe. Seine innigst und stets geliebte Editha, die sein Herz seit so vielen Jahren erfüllt hatte, im Begriff zu sehen, sich mit seinem frühern Nebenbuhler zu vermählen, welcher durch so viele Dienstleistungen Ansprüche auf ihr Herz hatte, daß sie kaum berechtigt war, seine Bewerbungen zurückzuweisen: diese Nachricht, so bitter sie auch war, traf ihn dennoch nicht ganz unerwartet.

Während seines Aufenthalts im Auslande hatte er nur ein Mal geschrieben; er wollte ihr auf immer Lebewohl sagen und sie beschwören, ihn zu vergessen. Er hatte sie gebeten, seinen Brief nicht zu beantworten; doch hatte er halb gehofft, sie würde seine Ermahnung nicht befolgen. Der Brief kam nie in ihre Hände, und Morton, der dies nicht wußte, konnte blos vermuthen, daß er, seiner Bitte gemäß, vergessen worden sei. Durch Alles, was er seit seiner Rückkehr nach Schottland von ihrem gegenseitigen Verhältniß hörte, ward er vorbereitet, Fräulein Bellenden nur als Lord Evandale's Verlobte betrachten zu können, und daß es sich, selbst wenn sie gegen den Lord ihrer Verbindlichkeit ledig war, doch nicht mit seinem eigenen Edelmuth vertragen würde, einen Anspruch geltend zu machen, der durch seine lange Abwesenheit verjährt und durch tausend Schwierigkeiten behindert ward. Warum suchte er aber die ärmliche Wohnung auf, die jetzt der Zufluchtsort der Lady Margaretha und ihres Enkels war? Wir antworten, daß er hierin nur einem unfreiwilligen Wunsche nachgab, den wohl Mancher in seiner Lage gehegt haben würde.

Auf seiner Reise nach der Heimath erfuhr er durch Zufall, daß die Damen, an deren Wohnung er vorüber mußte, abwesend, und daß Cuddie und sein Weib in ihren Diensten seien; er konnte daher nicht umhin, in ihrer Hütte einzukehren, um wo möglich zu erfahren, welche Fortschritte Lord Evandale in der Zuneigung des Fräuleins Bellenden, ach! nicht mehr seiner Editha, gemacht hatte. Diese Uebereilung endete, wie bereits erzählt, und er verließ Fairy-Knowe mit dem Bewußtsein, daß er von Editha noch immer geliebt, aber durch Treue und Ehre gezwungen sei, ihr auf ewig zu entsagen. Was er bei dem Gespräche zwischen Evandale und Editha empfunden, sei keiner Feder vertraut. Hundertmal war er versucht zu rufen: »Editha, ich lebe noch!« – Doch das Bewußtsein, was Editha dem Lord schuldig war, hielt ihn von einer Unbesonnenheit zurück, die Allen Unheil, ihm selbst aber wenig Glück verursacht haben würde. Er unterdrückte daher alle selbstsüchtigen Regungen, obgleich mit einem Schmerze, der ihm jeden Nerv erschütterte.

»Nein, Editha!« schwur er in seinem Innern, »nie will ich Dornen unter dein Kissen legen. – Gottes Wille geschehe; mein selbstsüchtiger Wunsch soll die Bürde, die du zu tragen hast, auch nicht um ein Atom vermehren; – ich war todt für dich, als dein Entschluß gefaßt wurde – und niemals sollst du erfahren, daß Heinrich Morton noch lebe! Während er diesen Entschluß faßte, mißtraute er seiner eigenen Kraft, ihn zu behaupten, und suchte in der Flucht jene Festigkeit, welche jeden Augenblick durch Editha's Stimme erschüttert wurde; schnell eilte er daher aus seinem Gemach durch das kleine Kloset und die Glasthüre, welche nach dem Garten führte.

So fest er aber auch seinen Entschluß glaubte, doch konnte er die Stelle nicht verlassen, wo die letzten Töne der geliebten Stimme noch in seinem Ohre klangen, ohne einen Blick auf die holde Sprecherin zu werfen. Editha schien ihre Augen auf den Boden geheftet zu haben und entdeckte Mortons Gegenwart, als sie dieselben Plötzlich emporrichtete. Sobald ihr wilder Schrei dies dem Gegenstande einer so beständigen und, wie es schien, unglücksvollen Liebe kund that, eilte er fort, wie von Furien gepeitscht, an Halliday vorüber, ohne ihn zu erkennen, oder auch nur zu bemerken, daß dieser ihn gesehen, warf sich aus sein Pferd, und mehr aus Instinkt, als aus Ueberlegung, schlug er lieber den ersten Nebenweg, als die Hauptstraße nach Hamilton ein.

Aller Wahrscheinlichkeit nach konnte deshalb Lord Evandale nicht erfahren, daß Morton wirklich noch lebe; denn die Nachricht, daß die Hochländer einen entscheidenden Sieg bei Killiekrankie erfochten, hatte veranlaßt alle Pässe zu bewachen, aus Furcht vor Unruhe unter den Jakobiten der Niederlande. Auch an der Bothwellbrücke standen Posten, und da diese keinen Reisenden in westlicher Richtung gesehen hatten und deren Kameraden im Dorfe Bothwell behaupteten, es sei Keiner ostwärts gegangen: so wurde jene Erscheinung für Lord Evandale immer unbegreiflicher, so daß er am Ende glaubte, die aufgeregte Einbildungskraft Editha's habe das Phantom erzeugt, das sie gesehen zu haben behauptete, und von diesem sei Halliday auf eine unerklärliche Weise angesteckt worden.

Indessen kam Morton auf dem Nebenwege in wenigen Augenblicken an den Clyde, und mit vieler Mühe und Anstrengung erreichte er das jenseitige Ufer.

»Aber wohin soll ich nun meinen Weg nehmen?« fragte Morton in der Bitterkeit seines Herzens. »Wär' es nicht sündhaft, ich würde wünschen, daß dies dunkle Wasser mich überfluthet, und jede Erinnerung an das, was war und ist, hinweggeschwemmt hätte.«

Kaum aber hatte er diese Aeußerungen ausgestoßen, als er sich auch ihrer schämte. Er erinnerte sich, wie sein Leben, das er jetzt in seiner bittern Hoffnungslosigkeit gering achtete, so wunderbar erhalten worden war in den drohendsten Gefahren, die ihn betroffen hatten, seit er in's öffentliche Leben getreten war.

»Ich bin ein Thor, ja, schlimmer als ein Thor!« sagte er, »daß ich das so gering achte, was der Himmel mir so oft auf das Wunderbarste bewahrt hat. Etwas bleibt mir noch in dieser Welt, und wär' es nur, meinen Kummer zu tragen wie ein Mann, und Denjenigen beizustehen, die meiner Hülfe bedürfen. Was hab' ich gesehen, – was hab' ich gehört, als das Ende, das ich im Voraus erwartete? Sie – (er wagte sogar im Selbstgespräch nicht, ihre Namen zu nennen) – sie sind in tausend Bedrängnissen. Sie ist ihres Erbes beraubt, und er scheint im Begriffe, sich in eine gefährliche Laufbahn zu stürzen, was ich näher erfahren, wenn er nicht so leise gesprochen hätte. Gibt's keine Mittel, ihnen zu helfen, oder sie zu warnen?«

Als er dieses erwog und mit Gewalt seine Gedanken von seinem eigenen Mißgeschick abzog, um seine ganze Aufmerksamkeit aus die Angelegenheiten Editha's und ihres Verlobten zu richten, fiel ihm plötzlich Burleys längstvergessener Brief ein. »Er muß ihr Untergang gewesen sein,« dachte er; – »nur durch ihn oder seine Nachweisungen kann es wieder gut gemacht werden. Ich will ihn aufsuchen. So düster, verschmitzt und schwärmerisch er ist, meine Geradheit hat ihn mehr als ein Mal besiegt. Ich will ihn wenigstens aufsuchen, und wer weiß, welchen Einfluß die Nachrichten, die ich von ihm erhalten kann, auf das Schicksal Derer haben, die ich niemals wiedersehen werde und die auch wahrscheinlich nie erfahren, daß ich jetzt mein eigenes Unglück unterdrücke, um wo möglich ihr Glück zu erhöhen.«

Belebt von diesen Hoffnungen, so schwach auch ihr Grund war, suchte er den nächsten Weg nach der Heerstraße, und da ihm, weil er in seiner Jugend hier gejagt, alle Pfade genau bekannt waren, hatte er nur über einige Hecken zu setzen, um aus die Straße nach dem kleinen Flecken zu gelangen, wo das Vogelschießen stattgefunden. Er ritt zwar in düsterer Schwermuth fort; doch fühlte er keinen nagenden Kummer mehr; denn tugendhafter Entschluß und männliches Entsagen ermangeln selten, die Gemüthsruhe herzustellen, wenn sie auch kein Glück erzeugen können. Seine Gedanken waren nun ganz aus die Mittel gerichtet, Burley zu entdecken; denn er durfte hoffen, von diesem Manches zu erfahren, was Derjenigen nützen konnte, um deren Heil er besorgt war, – und so beschloß er denn, sich durch die Umstände leiten zu lassen, in welchen er Burley finden möchte. Da nämlich, nach Cuddie's Mittheilung, eine Spaltung zwischen ihm und den Presbyterianern entstanden war, so konnte er vielleicht jetzt weniger dem Fräulein Bellenden abhold, und mehr geneigt sein, die Macht, welche er über ihr Vermögen zu besitzen vorgab, günstiger für sie, als bisher, anzuwenden. Der Mittag war vorüber, als sich unser Reisender in der Nähe des Hauses seines verstorbenen Oheims zu Milnwood befand, und indem er so die Wohnungen der ersten Kindheit und Jugend betrachtete, überkam ihn ein heftiges Verlangen, des Oheims Haus selbst zu besuchen. Die alte Alison, dachte er, wird mich eben so wenig erkennen, als das ehrliche Paar, das ich gestern sah. Ich kann daher meiner Neugierde nachgeben und dann meine Reise fortsetzen, ohne daß sie das Geringste von meinem Dasein erfährt. Wenn ich nicht irre, hat man mir gesagt, mein Oheim habe ihr mein Familiengut vermacht – nun gut! Ich habe andern Kummer genug, um auch noch darüber zu klagen, und doch hat er, wie mir scheint, in der alten Keiferin einer Reihe achtbarer, wenn nicht ausgezeichneter, Ahnen eine sonderbare Nachfolgerin gegeben.

Das Herrenhaus zu Milnwood hatte selbst in seinen besten Zeiten nichts Angenehmes; aber unter den Auspizien der alten Haushälterin schien es doppelt düster. Zwar war Alles, Alles, bis auf die Schieferplatte am Dache, in der besten Ordnung; aber das Gras im Hofe sah aus, als wenn keines Menschen Fuß seit Jahren hier gewandelt hätte; die Thüren waren sorgfältig verschlossen, und die, welche zur Halle führte, schien lange nicht geöffnet worden zu sein, so sehr hatten die Spinnen ihr Gewebe über Eingang und Pfosten gezogen. Kein lebendes Wesen war zu sehen und zu hören, und nur nach langem Pochen hörte Morton das kleine Fenster öffnen, wodurch man gewöhnlich die Gäste erst wahrnahm. Alison, mit einigen Dutzend Falten mehr, als damals, da Morton Schottland verließ, zeigte sich jetzt in einer weiten Haube, unter deren Bedachung sich einige graue Locken auf eine mehr pittoreske als schöne Weise hervorstahlen, indeß sie mit ihrer gellenden Stimme nach der Ursache dieses Pochens fragte.

»Ich möchte einen Augenblick mit Alison Wilson sprechen, welche hier wohnt,« sagte Heinrich.

»Sie ist heute nicht daheim,« antwortete Frau Wilson in ihrem eigenen Namen; denn der Zustand ihres Kopfputzes hatte ihr vielleicht diesen Ausweg gegeben, sich zu verläugnen; »und Ihr seid wirklich ungehobelt, so nach ihr zu fragen. Ihr hättet wohl sagen können: Frau Wilson von Milnwood.«

»Um Verzeihung,« sagte Morton, heimlich lächelnd, daß die Alte noch immer so sehr auf Achtungsbezeugungen hielt, – »um Verzeihung; ich bin nur ein Unbekannter hier zu Lande, und so lange in der Fremde gewesen, daß ich fast meine Muttersprache vergessen habe.«

»Kommt Ihr aus fremden Ländern?« fragte Ailie; »dann habt Ihr wohl Etwas von einem jungen Edelmanne von hier, von einem Heinrich Morton, gehört?«

»Ich habe von einem Manne dieses Namens in Deutschland gehört,« sagte Morton.

»Nun, so wartet ein wenig, wo Ihr da steht, Freund, – oder geht rund um's Haus, da ist eine kleine Thür, die klinkt Ihr auf: fallt aber nicht über's Faß, es ist dunkel; dann geht rechts, dann geradaus; dann geht wieder rechts; stürzt aber nicht in den Keller, und dann seid Ihr an der Küche, – das ist die einzige Küche, die jetzt zu Milnwood ist. – Ich komme gleich zu Euch hinab, und was Ihr der Frau Wilson zu sagen habt, das könnt Ihr getrost mir sagen.«

Ein Fremder würde trotz der genauen Anweisung Ailie's einige Schwierigkeiten gehabt haben, sich mit heiler Haut in dem Labyrinth von dunkeln Gängen durchzusteuern, die von der Hinterthüre in. die kleine Küche führten; aber Heinrich war zu wohl mit der Schifffahrt in diesen Meerengen vertraut, um in die Scylla, welche in der Gestalt eines großen Fasses auf ihn lauerte, oder in die Charybdis zu stürzen, welche auf der andern Seite in der Tiefe einer gewundenen Kellertreppe ihn angähnte. Das einzige Hinderniß auf diesem Wege war das heftige Gebell eines Wachtelhundes, der ihm früher zugehört hatte, jetzt aber, unähnlich dem treuen Argus, seinen Herrn von den Irrfahrten ohne Zeichen der Wiedererkennung zurückkehren sah.

»Auch die kleinen Hunde!« sagte Morton, als er sich von seinem kleinen Liebling so verläugnet sah; »ich bin so verändert, daß kein lebendes Wesen, das ich kannte und liebte, mich wieder erkennen will.«

Jetzt hatte er die Küche erreicht, und bald ließen sich Alisons hohe Absätze und ihr Krückenstock vernehmen, eine Anmeldung, welche noch lange währte, ehe sie selbst die Küche erreichte. Als sie endlich eintrat, zeigten das wichtige Nicken mit dem Kopfe, – die Züge, in welchen eine zur Gewohnheit gewordene Verdrießlichkeit mit einem von Natur gutmüthigen Temperament sich verband, – die Haube, die Schürze, der blaugewürfelte Rock, ganz die alte Ailie; nur die gestickte Flügelhaube, die sie eilig angelegt hatte, um den Fremden zu empfangen, und anderer Putzkram bezeichnte den Unterschied zwischen Frau Wilson von Milnwood und der Haushälterin des verstorbenen Eigenthümers.

»Was wäre Euch gefällig von Frau Wilson, Herr? – ich bin Frau Wilson.«

Morton war durch die Erinnerungen an die Vergangenheit und die Betrachtung über die Gegenwart so verwirrt, daß er schwerlich hätte antworten können, selbst wenn er gewußt hätte, was er sagen sollte; da er aber noch gar nicht entschlossen war, welche Rolle er spielen wollte, hatte er noch einen Grund mehr zu schweigen. Frau Wilson wiederholte in ängstlicher Verlegenheit ihre Frage.

»Was wollt Ihr von mir, Sir? Ihr sagtet ja, daß Ihr Herrn Heinrich Morton kenntet?«

»Verzeiht, Madame; ich meinte einen gewissen Silas Morton.«

Die Züge der Alten veränderten sich.

»Seinen Vater habt Ihr gekannt, den Bruder des seligen Milnwood? – Den könnt Ihr in der Fremde nicht gekannt haben; – der kam heim, ehe Ihr geboren wurdet. Ich glaubte, Ihr hättet mir Nachricht von Herrn Heinrich gebracht.«

»Von meinem Vater lernte ich den Obersten Morton kennen,« sagte Heinrich; »von dem Sohne weiß ich wenig oder gar nichts. Man sagt, er sei auf der Ueberfahrt nach Holland umgekommen.«

»Das ist vielleicht nur allzuwahr und ist von diesen alten Augen gar oft beweint worden. Sein Oheim, der arme Mann, ist gestorben mit seinem Namen auf der Zunge. Auf dem Todtenbette gab er mir noch Anweisung über Brod, Wein und Branntwein bei seiner Beerdigung, und wie oft man's in der Gesellschaft herumreichen solle (denn im Leben wie im Tode war er ein kluger, mäßiger und accurater Mann), und dann sagte er: ›Ailie‹ (er nannte mich immer schlechtweg Ailie, aus alter Bekanntschaft), ›Aili halte Alles fein zusammen; denn der Name Morton von Milnwood ist ausgegangen, wie der letzte Ton eines alten Liedes,‹ und so fiel er aus einer Ohnmacht in die andere, und sprach nichts mehr, außer Etwas von einem gezogenen Lichte, dabei sehe man genug, um sterben zu können; gegossene konnte er nie ausstehen, und unglücklicherweise stand ein solches auf dem Tische.«

Während so Frau Wilson die letzten Augenblicke des alten Knausers schilderte, war Morton eifrig bemüht, die zudringliche Neugier des kleinen Hundes abzuwehren, der nach langem Beschnuppern auf eine Art an dem Fremden hinaufgesprungen war, die diesen jeden Augenblick zu verrathen drohte. Endlich rief Morton voll Ungeduld: »Kusch dich, Elphin! Kusch dich!«

»Ihr kennt des Hundes Namen?« rief die Alte höchst erstaunt. – »Ihr kennt des Hundes Namen, und der ist doch nicht gewöhnlich. Und die Kreatur kennt Euch auch,« fuhr sie noch bewegter und lauter fort. – »Gerechter Gott, das ist mein lieber Junge!«

Mit diesen Worten warf sich die alte Frau Morton um den Hals, küßte ihn, als wäre er ihr eigener Sohn, und weinte vor Freude. Nunmehr war die Entdeckung nicht abzuwehren; er erwiderte daher ihre Umarmung mit der dankbarsten Wärme und sagte:

»Ja, ich lebe noch, theure Ailie, um Euch für Eure frühere und gegenwärtige Liebe zu danken, und es freut mich, daß mich doch wenigstens ein Wesen freundlich willkommen heißt in meinem Vaterlande.«

»Freundlich?« rief Ailie; »ja, es werden Viele freundlich gegen Euch sein, – Viele; denn Ihr habt Geld, Schatz; Ihr habt Geld. Gott gebe, daß Ihr's gut anwendet. Aber, du gerechter Himmel!« fuhr sie fort, und stieß ihn mit zitternder Hand von sich, um in gehöriger Entfernung die Zerstörung zu betrachten, welche der Kummer noch mehr als die Zeit auf seinem Antlitz angerichtet hatte. »Ach, Ihr habt Euch gewaltig verändert, Kind; Euer Angesicht ist bleich geworden, Eure Augen sind eingesunken, und Eure schönen rosigen Wangen sind dunkel und sonnenverbrannt. Wehe über den Krieg! Wie viele schmucke Gesichter hat er schon zerstört! – Wann seid Ihr angekommen? – Wo seid Ihr gewesen? – Was habt Ihr gemacht? – Warum habt Ihr nicht geschrieben? – Warum habt Ihr Euch für todt ausgegeben? – Und warum seid Ihr um Euer eigenes Haus so herumgeschlichen, als ob's nicht richtig mit Euch wäre, um die alte Ailie zu erschrecken?« – Endlich schwieg sie und lächelte durch ihre Thränen.

Es dauerte lange, bis Morton seine Gefühle so bewältigen konnte, um der treuen Alten die Nachrichten zu geben, die wir unsern Lesern im nächsten Kapitel mittheilen werden.


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