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Achtzehntes Kapitel.

Fürwahr, ein alter Mann kann auch was thun.

Heinrich IV. II.

 

Wir müssen nun nach dem Schlosse Tillietudlem zurückkehren, wo seit dem Abmarsch der Leibwachen, am Morgen dieses verhängnißvollen Tages, tiefe, stille Angst geherrscht hatte. Die Versicherungen Lord Evandales konnten Editha's Besorgnisse nicht unterdrücken. Sie wußte, daß er, der Großmüthige, sein Wort halten würde; aber es schien zu klar, daß er Denjenigen, für welchen sie sich verwendete, für einen begünstigten Nebenbuhler hielt, und hieß es nicht eine übermenschliche Anstrengung von ihm erwarten, wenn sie hätte glauben sollen, er würde über Mortons Sicherheit wachen und ihn aus allen Gefahren retten, denen ihn seine Gefangenschaft und der gegen ihn erregte Argwohn wiederholt aussetzen mußte? Sie überließ sich also herzbrechenden Besorgnissen, ohne der mannigfachen Trostgründe zu achten, die Jenny Dennison nach einander vorbrachte, wie ein geschickter Feldherr, der mit seinen verschiedenen Divisionen einen regelmäßigen Angriff bewirkt. Erstlich war Jenny moralisch überzeugt, daß dem jungen Milnwood nichts Leides geschehen würde, und wenn es geschah, so lag ja ein Trost in dem Gedanken, daß Lord Evandale eine bessere und geeignetere Partie sei; dann war alle Wahrscheinlichkeit für eine Schlacht, in welcher besagter Lord Evandale umkommen könnte, und dann hätte der Spaß ein Ende, – dann, wenn die Whigs siegten, so könnten Morton und Cuddie in's Schloß kommen und die Geliebten ihres Herzens mit Gewalt entführen.

»Ich vergaß Euch zu sagen, gnädiges Fräulein,« fuhr das Mädchen fort, indem sie das Schnupftuch vor die Augen hielt, »der arme Cuddie ist in den Händen der Philister, so gut wie der junge Milnwood, und ward diesen Morgen als Gefangener hergebracht, und ich that dem Tom Halliday schön, daß er mich zu dem armen Burschen gehen ließ; aber Cuddie war nicht so dankbar, als er hätte sein sollen, doch,« setzte sie mit verändertem Tone hinzu und nahm schnell das Schnupftuch von den Augen, »ich will mir die Augen auch nicht länger deßhalb verderben. Es bleiben noch junge Burschen genug übrig, wenn man auch die Hälfte davon aufhängte.«

Die übrigen Bewohner des Schlosses waren ebenfalls mißmuthig und ängstlich. Lady Margaretha glaubte, daß Oberst Grahame, als er eine Hinrichtung vor der Thüre ihres Hauses befohlen und ihren Vorstellungen kein Gehör gegeben, die ihrem Range gebührende Achtung verletzt, ja, sogar ihre gutsherrlichen Rechte angegriffen habe.

»Der Oberst,« sagte sie, »hätte sich erinnern sollen, Bruder, daß die Baronie Tillietudlem auch das Recht des Galgens und des Rades hat, und wenn der junge Mensch auf meinem Gebiete hingerichtet werden sollte – was ich jedoch für unziemlich halte, da dieses im Besitz von Frauen ist, denen solche Trauerspiele nicht angenehm sein können – so hätte er nach gemeinem Rechte meinem Gerichtsvogt überliefert und in seiner Gegenwart gerichtet werden sollen.«

»Kriegsrecht, Schwester,« antwortete Major Bellenden, »geht über Alles. Aber ich muß gestehen, der Oberst Grahame ließ es sehr an Aufmerksamkeit gegen Euch fehlen, und ich selbst fühle mich just nicht sehr geschmeichelt, daß er dem jungen Evandale – wahrscheinlich weil er Lord ist und Einfluß im Staatsrath hat – eine Bitte gewährte, welche er mir, einem alten Diener des Königs, abschlug. Aber so lange das Leben des jungen Menschen in Sicherheit ist, kann ich mich mit dem Ende eines Liedchens trösten, das so alt ist, wie ich selbst.« Und hiermit brummte er einen Vers:

»Und weht der Winter grimmig kalt.
Durch grau Gelock und Mantel alt;
Nur Herz gefaßt, du Rittersmann,
Ein Becher Sekt erwärmt dich dann.«

»Ich muß heute Euer Gast sein, Schwester; denn ich möchte gern den Ausgang des Gefechts bei Loudonhill hören, obgleich ich nicht begreifen kann, daß sie sich gegen ein solches Reiterkorps, wie unsere Gäste von heute Morgen, halten können. – Ach, die Zeiten sind hin, wo es mir angenehm gewesen sein würde, auf den Ausgang eines Gefechts zu warten, das einige Meilen von mir vorfiel! Aber wie das alte Lied sagt:

Die blankste Klinge rostet mit der Zeit.
Die stärksten Bogen bricht die Macht der Stunden;
Nichts ist so fest, daß es nicht in den Streit
Mit Zeit und Jahren endlich überwunden.«

»Es freut uns sehr, daß Ihr bleibt, Bruder,« sagte Lady Margaretha; »ich will mein altes Vorrecht gebrauchen und nach der Haushaltung sehen, die durch das Frühstück etwas in Unordnung gerathen, obwohl es unhöflich ist, Euch allein zu lassen.«

»Umschweife sind mir so verhaßt, wie ein stolperndes Pferd,« antwortete Major Bellenden. »Uebrigens würde Eure Person bei mir, Euer Sinn aber bei Eurer kalten Küche und den übriggebliebenen Pasteten sein. – Wo ist Editha?«

»Auf ihrem Zimmer. Sie ist etwas unwohl, wie ich höre, und hat sich auf einen Augenblick in's Bett gelegt,« sagte die Großmutter. »Sobald sie erwacht, soll sie einige Tropfen nehmen.«

»Pah, pah! sie ist blos soldatenkrank,« antwortete Major Bellenden. »Sie ist nicht gewohnt mit anzusehen, daß ein Bekannter weggeführt wird, um erschossen zu werden, und ein anderer ausrückt mit der Möglichkeit, den Heimweg nicht wieder zu finden. Sie würde sich bald daran gewöhnen, wenn der Bürgerkrieg wieder ausbräche.«

»Gott behüt' uns, Bruder!« sagte Lady Margaretha.

»Ja, wie Ihr sagt, Gott behüt' uns – unterdessen will ich mit Harrison eine Partie Tricktrack spielen.«

»Er ist ausgeritten, Sir,« sagte Gudyill, »um Etwas von der Schlacht zu hören.«

»Die verdammte Schlacht!« sagte der Major; »sie bringt die Familie so aus der Ordnung, als wenn man so Etwas noch nicht hier zu Lande erlebt hätte – und doch gab es einen Ort wie Kilsythe, John.«

»Ja, und wie Tippmuir, Eure Gnaden,« erwiderte Gudyill, »wo ich meines gnädigen Herrn, seligen Angedenkens, Flügelmann war.«

»Und Alford, John,« fuhr der Major fort, »wo ich die Reiterei kommandirte, und Innerlochy, wo ich Adjutant des großen Marquis war, und Auld Eare und Brig o'Dee.«

»Und Philipphaugh, Eure Gnaden,« fügte John hinzu.

»Hm!« brummte der Major, »je weniger wir davon sprechen, John, desto besser.«

Da sie aber einmal in Montrose's Feldzüge hineingeschifft waren, so führten der Major und Gudyill den Krieg so rüstig fort, daß sie einige Stunden den furchtbaren Feind, Zeit genannt, in Respekt hielten, mit welchem alte Krieger am Ende eines unruhigen Lebens meistens in unversöhnlicher Feindschaft leben.

Es ist oft bemerkt worden, daß die Nachricht von wichtigen Ereignissen mit einer unglaublichen Schnelligkeit sich verbreitet und daß Gerüchte, die im Allgemeinen richtig, in den Nebenumständen aber falsch sind, dem sichern Berichte voraneilen, als würden sie von den Vögeln in der Luft fortgetragen. Solche Gerüchte über den Ausgang der Schlacht waren Harrison auf seinem Ritte zugekommen, und höchst bestürzt wendete er sein Roß gen Tillietudlem. Sein erstes Geschäft war, den Major zu suchen, den er mitten in einer weitläufigen Erzählung der Belagerung und Erstürmung von Dundee mit den Worten unterbrach: »Gott gebe, Herr Major, daß wir nicht eine Belagerung von Tillietudlem erleben, ehe wir um einige Tage älter sind!«

»Was ist das, Harrison? – Was zum Teufel meint Ihr damit?« fragte der erstaunte Veteran.

»Wahrhaftig, Sir, man ist sehr stark der Meinung, daß Claverhouse völlig geschlagen, ja er selbst geblieben sei, daß die Soldaten sämmtlich zerstreut und die Rebellen eiligst hierher kommen werden, Allen Tod und Verderben drohend, die nicht den Covenant annehmen.«

»Das mag ich nimmermehr glauben,« rief der Major aufspringend, – »ich will nimmermehr glauben, daß die Leibgarden vor Rebellen fliehen, und doch – hab' ich nicht selbst dergleichen gesehen? – Schickt meinen Pike und noch ein Paar andere Diener um Nachrichten aus und laßt alle zuversichtlichen Leute im Schloß und im Dorfe die Waffen ergreifen. Dieser alte Thurm kann sie schon ein wenig aufhalten, wenn er nur gehörig verproviantirt und besetzt ist; er beherrscht den Paß zwischen dem Ober- und Unterlande. – Es ist ein Glück, daß ich gerade hier bin. – Geht, Harrison, mustert die Mannschaft, – Ihr, Gudyill. seht, welche Vorräthe da sind, oder herbeigeschafft werden können, und haltet Euch fertig, wenn sich die Nachrichten bestätigen, so viel Ochsen zu schlachten, als Ihr einsalzen könnt. – Der Brunnen läuft immer. – Oben aus den Mauern sind noch einige alte Kanonen; wenn wir nur Munition hätten, dann könnten wir schon das Unsrige thun.«

»Die Soldaten haben diesen Morgen einige Fässer mit Munition in der Scheune zurückgelassen, bis zu ihrer Rückkehr,« sagte Harrison.

»So eilt denn,« sagte der Major, »und bringt sie in's Schloß mit allen Piken, Säbeln, Pistolen und Flinten, die nur aufzutreiben sind; keine Stecknadel laßt mir liegen! – Ein Glück, daß ich hier bin! – Ich will sogleich mit meiner Schwester sprechen.«

Lady Margaretha Bellenden war bestürzt über die eben so unerwartete als traurige Nachricht. Sie hatte geglaubt, daß die ansehnliche Schaar, welche heut Morgen ihre Mauern verlassen, hinreichend sei, alle Mißvergnügten in ganz Schottland in die Flucht zu schlagen, wenn sie sich in eine Masse gesammelt hätten, und ihr erster Gedanke war, wie unzulänglich ihr Widerstand gegen ein Heer sein mußte, das stark genug war, Claverhouse und so auserlesene Truppen zu schlagen.

»Weh' mir! Weh' mir!« rief sie, »was wird uns das Alles nützen, was wir thun können, Bruder? – Was kann uns durch Widerstand Anderes widerfahren, als ein sicherer Untergang dieses Hauses und der armen Editha? Denn Gott weiß, ich denke nicht an mein eigenes altes Leben.«

»Kommt, Schwester!« sagte der Major; »seid nicht so niedergeschlagen. Der Platz ist fest; die Rebellen sind unwissend, und schlecht versorgt. Meines Bruders Haus soll keine Diebes- und Rebellenhöhle werden, so lange der alte Bellenden darinnen ist. Meine Hand ist zwar schwächer, als ehemals; aber ich danke es meinen grauen Haaren, daß ich noch Etwas vom Krieg verstehe. – Hier kommt Pike mit Nachrichten. – Nun, was gibt's, Pike? Einen Streich, wie Philipphaugh, he?«

»Ja, ja,« erwiderte Pike gefaßt; »Alles auseinander gesprengt! – Ich dachte diesen Morgen gleich, es werde nicht viel Gutes herauskommen bei ihrer neumodischen Art die Gewehre umzuhängen.«

»Wen hast du gesehen? – Wer gab dir denn die Nachricht?« fragte der Major.

»Oh, mehr als ein halb Dutzend Dragoner, die alle spornstreichs Hamilton zueilten. Im Wettrennen werden sie's gewinnen, das glaub' ich; die Schlacht mag gewinnen, wer da will.«

»Setzt die Vorbereitungen fort, Harrison,« sagte der lebhafte Veteran; »schafft das Pulver herbei und laßt das Vieh schlachten. Schickt hinunter in den Flecken und laßt so viel Lebensmittel holen, als Ihr bekommet könnt. Wir dürfen keinen Augenblick verlieren. – Thätet Ihr nicht besser, mit Editha nach Charnwood zu gehen, Schwester, so lange wir Euch noch dahin senden können?«

»Nein, Bruder,« sagte Lady Margaretha sehr bleich, aber mit großer Fassung; weil Ihr denn dies alte Schloß vertheidigen wollt, so will ich mein Schicksal darin erharren. Zweimal in meinem Leben bin ich daraus entflohen und hab' es immer von den Besten und Tapfersten verlassen wiedergefunden; darum will ich jetzt hier bleiben und meine Pilgerschaft darin enden.«

»Am Ende ist es auch das Sicherste für Editha und Euch,« sagte der Major; »denn die Whigs werden wohl aus der ganzen Strecke zwischen hier und Glasgow aufstehen, und so würde Eure Reise oder Euer Aufenthalt zu Charnwood unsicher sein.«

»So sei es denn,« sagte Lady Margaretha, »und ich übergebe Euch, mein theurer Bruder, als dem nächsten Verwandten meines seligen Ehemannes, durch dieses. Sinnbild – (hiermit übergab sie ihm den ehrwürdigen Stock mit goldenem Knopfe des verstorbenen Grafen von Torwood) – die Herrschaft, Regierung und das Seneschallamt meines Schlosses Tillietudlem sammt allen Zubehörungen. mit der vollen Gewalt zu tödten, zu schlagen und zu verdammen diejenigen, so dieselben angreifen, gleichwie ich selbst die Macht dazu habe. Und ich versehe mich zu Euch, daß Ihr es so vertheidigen werdet, wie ein Haus es werth ist, in welchem Seine Allergnädigste Majestät nicht verschmäht hat – – –«

»Still, Schwester,« unterbrach der Major, »wir haben jetzt wahrlich keine Zeit, von dem König und seinem Frühstück zu sprechen.«

Mit diesen Worten verließ er schnell das Zimmer und eilte mit aller Lebendigkeit eines fünfundzwanzigjährigen Mannes hinab, um den Zustand der Besatzung zu untersuchen und die Maßregeln zu beaufsichtigen, welche zur Vertheidigung des Platzes nothwendig waren.

Da das Schloß von Tillietudlem sehr dicke Mauern und sehr enge Fenster hatte, da auch eine sehr starke Mauer den Hofraum umgab, mit einem Thürmchen aus der einzig zugänglichen Seite: so war es wohl gegen jeden Angriff zu vertheidigen, schwere Artillerie etwa ausgenommen.

Hunger und Sturm hatte die Besatzung hauptsächlich zu fürchten. Was das Geschütz betraf, so befanden sich auf dem Thurme einige alte Stücke, welche die veralteten Namen: Feldschlangen, Falkonette und Falkonettchen führten. Diese ließ der Major mit Hülfe John Gudyills reinigen, laden, und so richten, daß sie den Rücken des gegenüberliegenden Hügels bestrichen, wo die Rebellen herabkommen mußten. Zugleich ließ er einige Bäume niederhauen, welche die Wirkung des Geschützes verhindert haben würden. Aus diesen Baumstämmen und andern Materialien ließ er Barrikaden auf dem Wege von der Landstraße zum Schlosse anlegen, und zwar der Art, daß eine die andere beherrschte. Das große Hofthor ließ er noch stärker verrammeln, und nur ein Pförtchen zum Durchgang offen. Was er am meisten zu befürchten hatte, war die schwache Besatzung; denn alle Bemühungen des Verwalters waren nicht im Stande, mehr als neun Mann, ihn und Gudyill mit gerechnet, unter Waffen zu bringen; so sehr war die Mehrzahl für die Insurgenten gestimmt. Major Bellenden und sein zuverläßiger Diener Pike vermehrten die Zahl auf eilf, wovon die Hälfte aus alten Männern bestand. Man hätte es zum Dutzend bringen können, wenn die alte Lady erlaubt hätte, daß Gänse-Gibbie wieder die Waffen ergriffe. Als aber Gudyill den Vorschlag dazu machte, erschrak sie so sehr davor, daß sie erklärte, sie wolle lieber das Schloß verloren sehen, als daß dieser zur Vertheidigung desselben geworben werden sollte. Mit eilf Mann, sich selbst mit eingeschlossen, war also Major Bellenden Willens, das Schloß bis auf's Aeußerste zu verteidigen. Die Vertheidigungsanstalten wurden nicht ohne den bei solchen Gelegenheiten üblichen Lärm getroffen. Die Weiber schrieen, das Vieh brüllte, die Hunde bellten, die Menschen liefen schwörend und fluchend durch einander, das Hin- und Herschleppen des alten Geschützes erschütterte die Zinnen; der Hof ertönte von dem Hufschlag eilender Boten, welche mit wichtigen Sendungen gingen und kamen, und das Getöse kriegerischer Zurüstungen vermischte sich mit den Klagetönen der Frauen. Eine solche babylonische Verwirrung hätte die Todten aufwecken können; es dauerte daher auch nicht lange, daß Ediths Bellenden aus ihren Träumereien aufgeschreckt wurde. Sie schickte Jenny ab, um sich nach der Ursache des Lärms zu erkundigen, welcher das Schloß bis in seine Grundpfeiler erschütterte; als aber Jenny vom brausenden Strudel ergriffen war, hatte sie so viel zu fragen und zu hören, daß sie ganz vergaß, in welchem Zustande ängstlicher Ungewißheit sie ihre junge Gebieterin zurückgelassen. Da sie keine Taube nach Kunde auszuschicken hatte, als ihr Rabe nicht zurückkam, so war Editha genöthigt, sich selbst aus der Arche ihres Kämmerleins in die Sündfluth der Verwirrung zu wagen, welche das Schloß überschwemmte. Sechs Stimmen beantworteten ihre erste Frage auf einmal, daß Claverhouse mit seiner ganzen Mannschaft getödtet sei, und daß zehntausend Whigs zur Belagerung des Schlosses herbeieilten, angeführt von John Balfour von Burley, dem jungen Milnwood und Cuddie Headrigg. Diese sonderbare Zusammenstellung schien die Lüge der ganzen Geschichte zu bekunden, und dennoch zeigte der allgemeine Lärm im Schlosse, daß man wirklich Gefahr befürchte.

»Wo ist Lady Margaretha?« war Editha's zweite Frage.

»In ihrem Betzimmer,« war die Antwort. Dies war ein an die Kapelle anstoßendes Gemach, in welchem die gute alte Dame gewohnt war, den größeren Theil der Tage zuzubringen, welche nach den Vorschriften der bischöflichen Kirche zu gottesfürchtigen Uebungen bestimmt waren, sowie die Todestage ihres Gemahls und ihrer Kinder darin zugebracht wurden und überhaupt alle Stunden, die durch allgemeines oder häusliches Unglück zu einer innigem und feierlichem Anrufung Gottes aufforderten.

»Wo ist denn Major Bellenden?« fragte Edith« höchst bestürzt.

»Auf den Zinnen des Thurms, Fräulein; er richtet dort die Kanonen,« war die Antwort.

Dahin ging sie nun, unterwegs von tausend Hindernissen aufgehalten, und fand den alten Herrn ganz in seinem Elemente, befehlend, verweisend, ermunternd, belehrend und unterrichtend, kurz, alle Pflichten eines guten Commandanten ausübend.

»Um Gotteswillen, was gibt es, Oheim?« rief Editha.

»Was gibt es, Kind,« erwiderte der Major ganz ruhig, als er mit der Brille auf der Nase die Richtung einer Kanone untersuchte. – »Was es gibt? – Ei – John, den Brohk etwas höher! – Was es gibt –, nun, Claverhouse ist geschlagen, mein Kind, und die Whigs kommen mit Macht gegen uns, das ist Alles.«

»Allmächtiger Gott!« sagte Editha, welche in diesem Augenblicke auf den Weg blickte, der an dem Fluß herauf lief: »dort kommen sie ja schon!«

»Dort? Wo?« rief der Veteran, und indem seine Augen dieselbe Richtung nahmen, bemerkte er eine große Schaar Reiter den Weg herabkommen. »Zu den Kanonen, Leute!« war sein erster Ausruf. »Sie sollen uns Zoll bezahlen, wenn sie da durchwollen. – Doch halt, halt, das sind gewiß die Leibwachen!«

»O nein, Oheim, nein!« erwiderte Editha; »seht nur, wie unordentlich sie reiten und wie schlecht sie sich in den Gliedern halten, das können unmöglich die hübschen Soldaten von heute Morgen sein.«

»Ach, liebes Mädchen!« antwortete der Major, »du kennst den Unterschied noch nicht zwischen Kriegern vor der Schlacht und nach einer Niederlage; aber die Leibgarden sind's, ich sehe das Roth und Blau und die königlichen Fahnen. Es freut mich nur, daß noch diese davon gekommen.«

Seine Meinung war bestätigt, als die Reiter näher kamen und endlich in dem Wege unter dem Schlosse Halt machten. Während sie hier verschnauften und die Pferde fütterten, ritt der commandirende Offizier eilends den Hügel hinauf.

»Wahrlich das ist Claverhouse selbst,« sagte der Major. »Es freut mich, daß er entkommen ist, aber er hat seinen berühmten Rappen verloren. Sagt's der gnädigen Frau, John Gudyill, besorgt Erfrischungen und Haber für die Pferde der Soldaten; und wir, Editha, wollen zur Halle, ihn zu empfangen. Ich fürchte, wir werden nicht die angenehmsten Neuigkeiten hören.«


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