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Zwölftes Kapitel.

Als Tressilian in seltsamer Erregung kaum ein paar Stufen der Wendeltreppe herabgestiegen war, begegnete er zu seinem großen Erstaunen und Mißbehagen Michael Lambourne, der ihm mit so unverschämt vertraulicher Miene entgegentrat, daß Tressilian sich fast versucht sah, ihn die Treppe hinunterzuwerfen. Aber er besann sich, daß Amy, um die allein er besorgt war, Unannehmlichkeiten haben könne, wenn er sich zu dieser Zeit und an diesem Orte zu irgendwelcher Gewalttat hinreißen ließ.

Er sah daher Lambourne nur starr an, wie einen, der gar nicht wert ist, bemerkt zu werden, und versuchte an ihm vorbeizukommen ohne irgend ein Zeichen des Erkennens. Aber Lambourne, der bei der überreichen Gastlichkeit dieses Tages nicht verfehlt hatte, einen gehörigen Humpen Wein zu trinken, wenn auch noch nicht so viel, daß er völlig betrunken gewesen wäre – war nicht in der Laune, sich von irgendwem über die Achsel behandeln zu lassen.

Ohne die geringste Verlegenheit hielt er Tressilian auf der Wendeltreppe an und redete ihn an, als wenn er auf vertrautem Fuße mit ihm stände:

»Was? doch kein böses Blut zwischen uns wegen alter Geschichten, Meister Tressilian? – Nein, ich bin einer, der eine Freundlichkeit länger behält als einen Streit – ich will Euch den Beweis liefern, daß ich es ehrlich und gut mit Euch gemeint habe.«

»Ich wünsche keine Vertraulichkeit von Eurer Seite,« sagte Tressilian. »Verkehrt Ihr mit Euresgleichen.«

»Nu, gleich wieder hui, hui!« sagte Lambourne. »Nur gemach! Wie doch die nobeln Herren, die ohne Frage aus dem Porzellan der Erde gemacht sind, verächtlich auf den armen Michael Lambourne herabsehen! Ihr wollt den Heiligen spielen, Meister Tressilian, und vergeßt, daß Ihr doch eben zur Schmach für das Schloß Mylords in Eurem Schlafzimmer selber ein Weibchen habt, ha ha ha! Hab ich Euch erwischt, Junker Tressilian?«

»Ich weiß nicht, was Ihr wollt,« sagte Tressilian, aber er mußte doch annehmen, daß dieser unverschämte Gesell Kenntnis von Amys Anwesenheit in seinem Zimmer erlangt haben müsse. »Aber wenn Ihr hier auf die Zimmer aufzupassen habt, und ein Trinkgeld haben wollt, so ist hier eins, dafür laßt Ihr wohl mein Zimmer unbehelligt?«

Lambourne sah das Geldstück an und steckte es in die Tasche.

»Ich weiß nicht,« sagte er, »aber durch ein freundliches Wort hättet Ihr vielleicht mehr bei mir erreicht als durch dieses glänzende Stückchen. Aber im Grunde – wer mit Gold bezahlt, bezahlt gut, und Lambourne ist nie ein Spielverderber gewesen. Leben und leben lassen, das ist mein Motto. Aber wenn ich Euer Geheimnis bewahre, Meister Tressilian, so könnt Ihr mich wenigstens anständig angucken – der beste unter uns, seht Ihr, macht gern mal so ein kleines Späßchen – und so macht mit Euerm Zimmer, was Ihr wollt, und mit dem Vögelchen drin auch – Michael Lambourne schert sich den Kuckuck drum!«

»Macht Platz!« sagte Tressilian, der nicht länger seine Frechheiten mit anhören konnte, »Ihr habt Euer Trinkgeld!«

»Hm!« machte Lambourne, während er aus dem Wege trat, aber er brummte zwischen den Zähnen, Tressilians Worte wiederholend: »Macht Platz – hm! – Ihr habt Euer Trinkgeld – hm – aber es macht nichts – ein Spielverderber bin ich nicht – aber ein räudiger Hund bin ich auch nicht.«

Er sprach desto lauter, je mehr Tressilian, vor dem er im Grunde Angst hatte, sich entfernte:

»Ich bin kein räudiger Hund, das laßt Euch gesagt sein, mein Meister Tressilian. Und ich will mir die Dirne mal angucken, die Ihr da so behaglich in dem alten Geisterzimmer einquartiert habt – vielleicht fürchtet sie sich vor Gespenstern und schläft nicht gern allein. Na gut – durch diese glückliche Entdeckung habe ich Meister Tressilian mit Kopf und Kragen in der Hand, das eine steht fest – und ich will zusehen, ob ich diese Dulcinea von ihm zu sehen bekomme, das ist auch abgemacht!«


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